Wirksamkeit einer Fremdleistungsklausel im Reisevertrag

OLG Frankfurt: Wirksamkeit einer Fremdleistungsklausel im Reisevertrag

Einem Reiseveranstalter wurde untersagt, sich in den AGB die Änderung des Reisepreises vorzubehalten, ohne die Kriterien der Berechnung zu nennen, sowie auf uneindeutige Weise Leistungsinhalte als Fremdleistungen zu deklarieren.

OLG Frankfurt 1 U 63/01 (Aktenzeichen)
OLG Frankfurt: OLG Frankfurt, Urt. vom 31.10.2002
Rechtsweg: OLG Frankfurt, Urt. v. 31.10.2002, Az: 1 U 63/01
LG Frankfurt, Urt. v. 22.03.2002, Az: 20 O 31/00
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main

1. Urteil vom 31. Oktober 2002

Aktenzeichen 1 U 63/01

Leitsätze:

2. Eine AGB-Klausel, welche die Möglichkeit einer Erhöhung des Reisepreises vorsieht, ohne die Kritieren der Berechnung darzulegen, benachteiligt den Kunden unangemessen und ist deshalb unwirksam.

Eine AGB-Klausel, welche vorsieht, dass Leistungen einer Reise Fremdleistungen sind, wenn darauf im Katalog und der Buchungsbestätigung ausdrücklich hingewiesen wird, ist uneindeutig und daher unwirksam.

Zusammenfassung:

3. Ein Verbraucherschutzverband klagte gegen eine Reiseveranstalterin wegen der Verwendung verschiedener Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die er für unrechtmäßig erachtete. Hinsichtlich zweier Klauseln wurde der Klage in erster Instanz stattgegeben und die Beklagte zur Unterlassung ihrer Verwendung verurteilt. Mit der Berufung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt verfolgte der Kläger seinen Unterlassungsanspruch gegen drei weitere Klauseln weiter.

Hinsichtlich einer Klausel, welche der Beklagten die Änderung des Reisepreises vorbehielt, gab das Gericht der Klage statt, denn eine solche Klausel ist unwirksam, wenn sie die Kritieren, nach denen der neue Preise ermittelt wird, nicht nennt.

Eine weitere Klausel sah vor, dass alle Leistungen, die im Reisekatalog als Fremdleistungen bezeichnet werden, auch als solche zu behandeln sind. Auch diese Klausel wurde vom Gericht für unwirksam erklärt, da der ausdrückliche Hinweis nicht eindeutig war und sich die Leistung für den Kunden dennoch als Eigenleistung darstellen konnte.

Erfolglos blieb die Klage hinsichtlich der Klausel, die den Haftungsausschluss für Fremdleistungen vorsah. Dies war rechtmäßig, da bei tatsächlichen Fremdleistungen der Vermittler nicht dafür haften muss.

Tenor:

4. Auf die Berufung des Klägers wird das am 22.3.2001 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert.

Der Beklagten wird über die Verurteilung erster Instanz hinaus bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – zu vollziehen an den Geschäftsführern – für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, in Bezug auf Reiseverträge folgende und diesen inhaltsgleiche Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden, ausgenommen gegenüber einer Person, die in ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):

(4.3. Leistungs- und Preisänderungen)

behält sich vor, die ausgeschriebenen und mit der Buchung bestätigten Preise im Fall der Erhöhung der Beförderungskosten oder der Abgaben für bestimmte Leistungen die Hafen- oder Flughafengebühren, in dem Umfang zu ändern, wie sich die Erhöhung der Beförderungskosten oder der Abgaben für bestimmte Leistungen pro Person bzw. pro Sitzplatz auf den Reisepreis auswirkt, sofern zwischen dem Zugang der Reisebestätigung beim Kunden und dem vereinbarten Reisetermin mehr als vier Monate liegen.

(9.3.2. Gewährleistung/Haftung)

Die im Rahmen einer Reise oder zusätzlich zu dieser erbrachte Beförderung im Linienverkehr, für die Ihnen ein entsprechender Beförderungsausweis ausgestellt wurde, erbringen wir als Fremdleistung, sofern wir in der Reiseausschreibung und in der Reisebestätigung ausdrücklich darauf hinweisen. Wir stehen daher nicht für die Erbringung der Beförderungsleistung selbst ein.

Dem Kläger wird die Befugnis zugesprochen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung des verurteilten Verwenders auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben die Beklagte 4/5 und der Kläger 1/5 zu tragen. Von den Kosten der Berufung haben die Beklagte 2/3 und der Kläger 1/3 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

5. Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 22 a AGBG, §§ 4, 16 Abs. 4 UKlaG eingetragen ist. Das beklagte Reiseunternehmen verwendet gegenüber ihren Kunden Allgemeine Geschäftsbedingungen, die u.a. folgende Klauseln enthalten:

6. Leistungs- und Preisänderungen „4.3. a. behält sich vor, die ausgeschriebenen und mit der Buchung bestätigten Preise im Falle der Erhöhung der Beförderungskosten oder der Abgaben für bestimmte Leistungen wie Hafen- oder Flughafengebühren, in dem Umfang zu ändern, wie sich die Erhöhung der Beförderungskosten oder der Abgaben für bestimmte Leistungen pro Person bzw. pro Sitzplatz auf den Reisepreis auswirkt, sofern zwischen dem Zugang der Reisebestätigung beim Kunden und dem vereinbarten Reisetermin mehr als vier Monate liegen. … “

7. Gewährleistung/Haftung

8. „9.3.2. Die im Rahmen einer Reise oder zusätzlich zu dieser erbrachte Beförderung im Linienverkehr, für die Ihnen ein entsprechender Beförderungsausweis ausgestellt wurde, erbringen wir als Fremdleistung, sofern wir in der Reiseausschreibung und in der Reisebestätigung ausdrücklich darauf hinweisen. Wir stehen daher nicht für die Erbringung der Beförderungsleistung selbst ein. … “

9. Gewährleistung/Haftung

10. „9.4.5. Wir haften nicht für Leistungsstörungen im Bereich von Fremdleistungen, die lediglich vermittelt werden und in der Reiseausschreibung ausdrücklich als solche gekennzeichnet werden.“

11. Gegen diese Klauseln – sowie gegen zwei weitere Klauseln, die Gegenstand des ersten Rechtszugs waren – wendet sich der Kläger mit der Unterlassungsklage. Mit Urteil vom 22.3.2001 hat das Landgericht die Klage wegen der genannten Klauseln abgewiesen und ihr im übrigen stattgegeben (Bl. 136 bis 144 d.A.). Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen Unterlassungsantrag weiter, soweit die Klage abgewiesen wurde.

12. Der Kläger beantragt, das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 22.3.2001 abzuändern und den Beklagten über die Verurteilung erster Instanz hinaus bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – zu vollziehen an den Geschäftsführern – für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu untersagen, in Bezug auf Reiseverträge folgende und diesen inhaltsgleiche Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden, ausgenommen gegenüber einer Person, die in ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):

1.

13. (4.3. Leistungs- und Preisänderungen) a. behält sich vor, die ausgeschriebenen und mit der Buchung bestätigten Preise im Fall der Erhöhung der Beförderungskosten oder der Abgaben für bestimmte Leistungen wie Hafen- oder Fluggebühren, in dem Umfang abzuändern, wie sich die Erhöhung der Beförderungskosten oder Abgaben für bestimmte Leistungen pro Person bzw. pro Sitzplatz auf den Reisepreis auswirkt, sofern zwischen dem Zugang der Reisebestätigung bei Kunden und dem vereinbarten Reisetermin mehr als vier Monate liegen.

2.

14. (9.3.2. Gewährleistung/Haftung) Die im Rahmen einer Reise oder zusätzlich zu dieser erbrachte Beförderung im Linienverkehr, für die Ihnen ein entsprechender Beförderungsausweis ausgestellt wurde, erbringen wir als Fremdleistung, sofern wir in der Reiseausschreibung und in der Reisebestätigung ausdrücklich darauf hinweisen. Wir stehen daher nicht für die Erbringung der Beförderungsleistung selbst ein.

3.

15. (9.4.5. Gewährleistung/Haftung) Wir haften nicht für Leistungsstörungen im Bereich von Fremdleistungen, die lediglich vermittelt werden und in der Reiseausschreibung ausdrücklich als solche gekennzeichnet werden.

16. Dem Kläger wird die Befugnis zugesprochen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung des verurteilten Verwenders auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen.

17. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

18. Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht insbesondere zur Klausel 4.3. geltend, dass ein Verlangen nach Preiserhöhung für den Kunden nach Grund, Zeitpunkt und Höhe nachvollziehbar sei, weil sie im Gegensatz zu der nicht durchsichtigen Kalkulation eines Pauschalreiseveranstalters, der Flugkontingente bei Charterfluggesellschaften einkaufe, nur die konkret von jeder Luftverkehrsgesellschaft geforderten Erhöhungen an den Kunden „durchreiche“. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei verjährt oder jedenfalls verwirkt, da die beanstandeten Klauseln seit dem Jahre 1994 und entsprechend der Empfehlung des Konditionenmodells, welches der DRV mit dem Bundeskartellamt abgestimmt habe, verwendet würden.

19. Die Berufung ist überwiegend begründet. Für die rechtliche Überprüfung der beanstandeten Klauseln ist gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB, § 16 Abs. 1 UKlaG weiterhin das AGBG zugrunde zu legen.

20. Die Klausel zur Regelung von Preisänderungen gemäß Nr. 4.3 der AGB der Beklagten ist unwirksam, weil sie den Reisekunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (§ 9 AGBG). Die Begründung für den Verstoß der beanstandeten Klausel gegen § 9 AGBG ergibt sich aus den Erwägungen des Urteils des OLG Düsseldorf 6 U 103/01 vom 22.11.2001 (RRa 2002, 32 ff.), denen sich der Senat anschließt. Nach § 651 a Abs. 4 Satz 1 BGB kommt eine Erhöhung des Reisespreises nur dann in Betracht, wenn dies mit genauen Angaben zur Berechnung des neuen Preises im Vertrag vorgesehen ist. Diesen Anforderungen wird die Klausel nicht gerecht, weil sie nicht die maßgeblichen Berechnungskriterien zur Ermittlung des neuen Preises benennt und damit den Kunden nicht in die Lage versetzt, die Preiserhöhung nach Grund und Höhe nachzuvollziehen. Hierzu hat das OLG Düsseldorf a.a.O. ausgeführt:

21. „Diesen Anforderungen wird die beanstandete Klausel nicht gerecht. Zwar bezeichnet sie … die Kostenpositionen, die als Grundlage einer Preiserhöhung in Betracht kommen. Es fehlt jedoch die Angabe der Bezugszeitpunkte für die Ermittlung der an den Kunden weiterzureichenden Kostensteigerungen. Insbesondere bleibt unklar, ob alle seit der Preisbildung oder der Drucklegung des Prospektes eingetretenen Mehrbelastungen der Beklagten oder nur diejenigen nach Vertragsschluss mit dem Kunden in die Berechnung einzubeziehen sind. Im ersten Falle wäre ein gerechter Interessenausgleich zwischen den Vertragspartnern nicht mehr gewahrt. … Die Unklarheit lässt sich auch nicht im Wege der Auslegung beheben. Das Gebot der „unverzüglichen“ Unterrichtung des Kunden von Nachforderungen hindert die Beklagte nur, die Entscheidung über eine Preiserhöhung längere Zeit hinauszuschieben, nicht jedoch in eine rechtzeitig mitgeteilte Erhöhung frühere, selbst vorvertragliche Kostensteigerungen einzuschließen. Damit verbleibt ihr schon im Ansatz ein erheblicher Gestaltungsraum, der sich auch auf unangemessene Berechnungsweisen erstreckt, während der Kunde weder die möglichen Preiserhöhungen überblicken noch diese anhand vorgegebener Berechnungskriterien nachvollziehen kann. Schon dies führt zu einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden und damit zur Unwirksamkeit der Klausel gemäß § 9 Abs. 1 AGBG„. Die Angabe der Beklagten, bei den Fluggesellschaften keine Flugkontingente einzukaufen, sondern bei der jeweiligen Fluggesellschaft nach Maßgabe des jeweiligen Tarifsystems entsprechend den Bestellungen ihrer Kunden Flüge zu buchen und Preiserhöhungen für den jeweils gebuchten Flug lediglich „durchzureichen“, mag der (derzeitigen) tatsächlichen Handhabung bei der Abwicklung von Reiseverträgen entsprechen. Sie findet indes in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen keinen Niederschlag und ist deshalb für die Beurteilung der Wirksamkeit der Klausel ohne Belang.

22. Die Berufung ist auch insoweit begründet, als sie sich gegen die Verwendung der Klausel Nr. 9.3.2. hinsichtlich der Gewährleistung/Haftung für Fremdleistungen wendet. Diese Klausel verstößt gegen § 651 a Abs. 2 BGB. Sie ist deshalb nach § 9 AGBG unwirksam, da sie den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (OLG Frankfurt, NJW-​RR 1988, 1328; BGH NJW 1992, 3158, 3161 m.w.N.).

23. Die Beklagte ist Reiseveranstalter. Sie bietet eine Gesamtheit von Reiseleistungen, die auch Flüge mit Linienfluggesellschaften beinhalten, zum Pauschalpreis an. Für ihre Verträge sind deshalb die Bestimmungen des § 651 a BGB maßgeblich, von denen nach § 651 l BGB nicht zum Nachteil des Reisenden abgewichen werden kann.

24. Gegenstand des Reisevertrages sind alle Leistungen, die der Veranstalter dem Reiseinteressenten nach einem vorher festgelegten und ausgeschriebenen Reiseprogramm anbietet. Der Veranstalter verspricht damit eine bestimmte Gestaltung der Reise. Er vermittelt nicht nur Fremdleistungen, sondern übernimmt selbst die Haftung für deren Erfolg, soweit dies er von seinen Leistungen abhängt (BGH NJW 2000, 1188, 1189 m.w.N.).

25. Nach § 651 a Abs. 2 BGB bleibt die Erklärung eines Reiseveranstalters, nur Verträge mit den Personen zu vermitteln, welche die einzelnen Reiseleistungen ausführen sollen (Leistungsträger), unberücksichtigt, wenn nach den sonstigen Umständen der Anschein begründet wird, dass der Erklärende vertraglich vorgesehene Reiseleistungen in eigener Verantwortung erbringt. Nach dieser Bestimmung werden die einzelnen Reiseleistungen von dem Veranstalter in eigener Verantwortung erbracht, sofern er nicht eindeutig und ausdrücklich darauf hinweist, dass er für eine bestimmte Teilleistung lediglich eine Vermittlungstätigkeit erbringt. Diesen Anforderungen genügt die Klausel Nr. 9.3.2 nicht, da die erbrachte Beförderung im Linienverkehr bereits dann als Fremdleistung anzusehen sein soll, wenn in der Reiseausschreibung und in der Reisebestätigung „ausdrücklich“ darauf hingewiesen wurde. Trotz eines ausdrücklichen Hinweises auf die bloße Vermittlungstätigkeit des Reiseveranstalters für eine Teilleistung kann sich diese für den Kunden als eine Eigenleistung des Veranstalters darstellen. Der Inhalt eines ausdrücklichen Hinweises, seine drucktechnische Gestaltung und seine Platzierung innerhalb des Kataloges oder sonstige Umstände können gleichwohl den Anschein begründen, dass der Reiseveranstalter die betreffende Teilleistung in eigener Verantwortung erbringt. Der (ausdrückliche) Hinweis auf die Vermittlungstätigkeit des Reiseveranstalters muss demgemäß auch eindeutig sein. Zu Unrecht macht die Beklagte geltend, die Vermittlerklausel gemäß Nr. 9.3.2. ihrer AGB entspreche den Anforderungen der Entscheidung OLG Frankfurt NJW-​RR 1988, 1328. In dieser Entscheidung wird wiederholt und zu Recht die Forderung erhoben, dass die Vermittlungsklausel eindeutig sein müsse. Ebenso geht der BGH im Urteil vom 14.12.1999 – X ZR 122/97, NJW 2000, 1188, 1189 – davon aus, dass der Reiseveranstalter, der nicht „eindeutig und ausdrücklich“ sein umfassendes Angebot einschränkt, indem er … auf ein Fremdunternehmen hinweist und dadurch seine Vermittlungstätigkeit zum Ausdruck bringt, durch den Pauschalreisevertrag für die in der Reisebeschreibung genannten Einzelleistungen einzustehen hat.

26. Danach genügt die Vermittlerklausel gemäß Nr. 9.3.2. der AGB nicht den Anforderungen des § 651 a Abs. 2 BGB. Daraus folgt ohne weiteres die Unwirksamkeit der Klausel nach § 9 AGBG. Denn sie stellt die Rechtslage unzutreffend dar und ermutigt auf diese Weise den Verwender bei dem Versuch, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die Klauselgestaltung abzuwehren (BGH NJW 1992, 3158, 3161 m.w.N.).

27. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist nicht verjährt. Die Verjährungsfrist von vier Jahren gemäß § 13 Abs. 4 AGBG beginnt von der jeweiligen Verwendung an. Der Abdruck der beanstandeten Klauseln in dem Katalog der Beklagten für 1999/2000 belegt, dass sie innerhalb der Verjährungsfrist vor Klageerhebung im April 2000 verwendet wurden. Der Durchsetzung des Unterlassungsanspruches steht auch nicht der rechtliche Gesichtspunkt der Verwirkung entgegen. Der Anspruch aus § 13 AGBG unterliegt wegen des öffentlichen Interesses an seiner Durchsetzung der Verwirkung nicht (BGH NJW 1995, 1488).

28. Unbegründet ist die Berufung hingegen insoweit, als sich der Kläger gegen die Verwendung der Klausel Nr. 9.4.5. zur Beschränkung der Haftung im Bereich von Fremdleistungen wendet. Eine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des Reisevertragsrechts liegt nicht vor. Vielmehr ergibt sich bereits aus dem Gesetz, dass die Beklagte für Leistungsstörungen im Bereich von lediglich vermittelten Fremdleistungen – also von solchen Leistungsträgern, die nicht Erfüllungsgehilfen des Reiseveranstalters sind – nicht haftet. Für lediglich vermittelte Teilleistungen eines Fremdunternehmens hat der Reiseveranstalter nicht einzustehen. Über diese sich bereits aus dem Gesetz ergebende Haftungsbeschränkung geht die Regelung der beanstandeten Klausel nicht hinaus. Wenn sie wegfallen würde, ergäbe sich keine andere Rechtslage. Von der Klausel unberührt bleibt die Haftung des Reiseveranstalters für etwaige Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Vermittlung von Fremdleistungen, etwa bei der Auswahl und Überwachung des Leistungsträgers oder bei der Beratung des Kunden bei Vertragsschluss.

29. Die Kostenentscheidung entspricht dem Anteil des Obsiegens und Unterliegens der Parteien im ersten und zweiten Rechtszug (§§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO n.F.. Die Zulassung der Revision erfolgt zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung durch eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n.F.).

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