Verlust von Urlaubskleidung und Reisepreisminderung

AG Frankfurt: Verlust von Urlaubskleidung und Reisepreisminderung

Eine Jamaika-Urlauberin forderte eine Reisepreisminderung, weil ihr Gepäck mit erheblicher Verspätung geliefert worden war. Ihr stand die Minderung zu, da die Gepäckbeförderung als Teil der Reiseleistung mangelhaft war.

AG Frankfurt 30 C 3839/06 (Aktenzeichen)
AG Frankfurt: AG Frankfurt, Urt. vom 21.02.2008
Rechtsweg: AG Frankfurt, Urt. v. 21.02.2008, Az: 30 C 3839/06
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Amtsgericht Frankfurt

1. Urteil vom 21. Februar 2008

Aktenzeichen 30 C 3839/06

Leitsatz:

2. Ist die Gepäckbeförderung Teil einer Pauschalreise, so stellt deren Verspätung einen Minderungsansprüche begründenden Mangel dar.

Zusammenfassung:

3. Die Klägerin forderte für sich, ihre Tochter und deren Sohn eine Reisepreisminderung und Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude und für notweise beschaffte Kleidung, nachdem der Koffer der Tochter bei einem gemeinsamen Schiffs- und Hotelurlaub in Jamaika von 27.02. bis 13.03.2006 erheblich verspätet an den Urlaubsort geliefert wurde.

Die beklagte Reiseveranstalterin bestritt ihre Passivlegitimation. Diese wurde jedoch vom Amtsgericht Frankfurt festgestellt, weil die Beklagte als Vertragspartnerin der Kläger die Reiseleistungen zusammengestellt und die Bezahlung hierfür entgegen genommen hatte.

Ferner begründete die Gepäckverspätung einen Reisemangel, der eine Reisepreisminderung rechtfertigte, die sich für die im Hotel verbrachten Tage auf 30%, für die auf dem Schiff verbrachten auf 50% belief. Entschädigungsanspruch hatte jedoch nur die Tochter der Klägerin, da allein ihr Koffer verspätet war und ihre Mutter und ihr Sohn nur mittelbar von dem Mangel betroffen waren. Durch die Erheblichkeit des Mangels hätte ihr eine 50%ige Minderung des Gesamtreisepreises zugestanden, da sie jedoch nur 380,- € geltend gemacht hatte, wurde nur dieser Betrag zugestanden. Überdies hatte die Beklagte die Kosten für die nachweislich notweise beschaffte Ersatzkleidung zu übernehmen.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 2) 1.320,65 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.4.06 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits – mit Ausnahme der durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Amtsgerichts Köln entstandenen Kosten, die die Kläger alleine zu tragen haben – haben die Kläger als Gesamtschuldner 11/18, die Beklagte 7/18 zu tragen.

Von den außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Beklagten haben die Kläger 11/18 zu tragen, die Streithelferin selbst hat 7/18 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin zu 2) jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

5. Die Klägerin zu 1) beabsichtigte, zusammen mit ihrer Tochter, der Klägerin zu 2), sowie deren 5-jährigem Sohn, dem Kläger zu 3), eine Urlaubsreise zu buchen. Konkrete Vorstellungen über die genaue Art und Gestaltung der Reise bestanden nicht. Gemäß Absprache mit der Klägerin zu 2) sollte die Klägerin zu 1) die Reise als Vertreterin der Klägerin zu 2) buchen, wobei die Klägerin zu 2) für sich und ihren Sohn, den Kläger zu 3), Vertragspartner des Reisebüros werden sollte.

6. Die Klägerin begab sich in ein Reisebüro in C., dessen Rechtsnachfolger die Beklagte ist.

7. Die dortige Mitarbeiterin schlug der Klägerin zu 1) sodann eine kombinierte Hotel- und Schiffsreise vor, bezüglich deren bereits positive Vorerfahrungen einer anderen Kundin vorgelegen hatten. Zur besseren Information händigte die Mitarbeiterin des Reisebüros sodann der Klägerin zu 1) noch eine DVD aus, auf der Videoaufnahmen der Kundin von der Kreuzfahrt mit der … sowie von dem ersten später gebuchten Hotel auf Jamaika gespeichert waren.

8. Aufgrund der Beratung und der Informationen der Mitarbeiterin des Reisebüros buchte die Klägerin zu 1) sodann für sich und die weiteren Kläger eine kombinierte Flug- und Schiffsreise mit 2 Hotelaufenthalten in den Hotels … und … auf Jamaika.

9. Vom 27.2.06 bis zum 4.3.06 buchte die Klägerin den Aufenthalt im Hotel … zu einem Preis von 855,00 Euro. Vom 4.3.2006 bis zum 11.3.2006 buchte die Klägerin einen Aufenthalt auf dem Kreuzfahrtschiff … zum Preis von 1.720,00 Euro. Für die Zeit vom 11.3.06 bis zum 13.3.06 buchte die Klägerin zu 1) für 190,00 Euro einen Aufenthalt in dem Hotel …. Des Weiteren buchte sie Flüge für die Kläger von D. nach Montego Bay und zurück von Cancun nach D. zu einem Gesamtpreis von 2.581,00 Euro.

10. Wegen der Einzelheiten wird auf die der Klageschrift beigefügten Kopien der Buchungsbestätigungen von … betreffend die Hotelaufenthalte, der Fluggesellschaft … betreffend den Flug und der … betreffend die Kreuzfahrt Bezug genommen.

11. Wegen der Bezahlung hatte die Klägerin der Mitarbeiterin im Reisebüro die Daten ihrer Kreditkarte zur Abbuchung der Reisekosten überlassen. Die Reisekosten wurden später von der Firma … betreffend die Hotelaufenthalte und einer Firma … betreffend die Kreuzfahrt, abgebucht. Die Kosten für den Flug überwies die Klägerin zu 1) über ihr Girokonto an das Reisebüro selbst.

12. Bei Ankunft der Kläger in Jamaika stellten sie fest, dass der Koffer der Klägerin zu 2) mit sämtlichen Reiseutensilien und auch der Bekleidung des Klägers zu 3) nicht mitbefördert worden war. Ihr wurde sodann durch die Reiseleitung der Firma … in Jamaika mitgeteilt, dass der Koffer erst am 2. oder 3. März nach Jamaika nachgesandt werden könne. Sie könne sich jedoch für ca. 40,00 Euro pro Tag für sich und ihren Sohn Ersatzbekleidung beschaffen. Am 3.3.2006 wurde sodann den Klägern mitgeteilt, dass der Koffer am 4.3.2006 ankommen und der Klägerin zu 2) zur Verfügung gestellt würde. Am 4.3.2006, dem Tag des Eincheckens auf die … war der Koffer immer noch nicht an die Klägerin zu 2) ausgehändigt. Diese wandte sich sodann an die Rezeption des Hotels und bat, telefonisch sicherzustellen, dass der Koffer vom Flughafen direkt zum Schiff gebracht werden sollte. Tatsächlich erhielt die Klägerin zu 2) den Koffer mit den gesamten Urlaubssachen erst nach Abschluss der Kreuzfahrt am 11.3.2006, und auch dann nicht absprachegemäß bei Ankunft des Kreuzfahrtschiffes am Checkout-Schalter, sondern die Klägerin zu 2) war gehalten, den Koffer selbst vom Flughafen abzuholen.

13. Die Klägerin zu 2), Verkaufsleiterin eines Kongresshotels in C., die erheblichen Wert auf eine gute Bekleidung bei sich und ihrem Sohn legte, empfand den Verlust der Urlaubskleidung als ausgesprochen belastend. Im Hinblick auf die Ankündigung, der Koffer werde jedenfalls in einigen Tage, vor Beginn der Kreuzfahrt zur Verfügung stehen, besorgte sie für sich und den Kläger zu 3) zunächst eine „Erstausstattung“.

14. Die Kläger meinen, sie seien berechtigt, von der Beklagten als Rechtsnachfolgerin des Reisebüros in C. eine Minderung des Gesamtreisepreises von 5.556,00 Euro in Höhe von 50% gemäß näherer Aufstellung in der Klageschrift, auf die Bezug genommen wird, zu verlangen und machen für die Klägerin zu 1) einen Minderungsanspruch in Höhe von 1.093,00 Euro sowie von 1.685,00 Euro einen solchen für die Klägerin zu 2), diese zugleich für den Kläger zu 3), geltend. Darüber hinaus meinen die Kläger, die Klägerin zu 1) könne 120,00 Euro, die Klägerin zu 2) 380,00 Euro und der Kläger zu 3) 100,00 Euro Schadensersatz wegen vertanen Urlaubs verlangen. Sie tragen vor, der Verlust der Urlaubskleidung für die Klägerin zu 2) und den Kläger zu 3) habe nicht nur die Klägerin zu 2) nervlich extrem belastet, sondern habe die Urlaubsfreude auch der Klägerin zu 1) erheblich beeinträchtigt, die nervlich so angespannt gewesen sei, dass sie nach einem Zusammenbruch am 2.3.2006 ärztliche Hilfe habe in Anspruch nehmen müssen. Hierfür seien ihr Kosten in Höhe von 100 US-Dollar (= 83,80 Euro) entstanden, die die Klägerin zu 1) ersetzt verlangt. Die Klägerin zu 2) trägt unter Vorlage entsprechender Kaufbelege (Anlage K 9) vor, sie habe für die Ersatzbeschaffung von Kleidung für sich und den Kläger zu 3) 112,02 Euro aufgewendet. Diesen Betrag habe die Beklagte zu erstatten.

15. Die Kläger beantragen,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) einen Betrag in Höhe von 1.296,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. April 2006 zu zahlen;

2.

die Beklagte weiter zu verurteilen, an die Klägerin zu 2) einen Betrag in Höhe von 2.177,02 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. April 2006 zu zahlen;

3.

die Beklagte weiter zu verurteilen, an den Kläger zu 3) einen Betrag in Höhe von 100,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. April 2006 zu zahlen.

16. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

17. Sie hält sich schon nicht für passivlegitimiert und meint, die Kläger müssten sich an die für die einzelnen Reiseabschnitte verantwortlichen Reiseveranstalter wenden. Auch die Streithelferin der Beklagten meint, die Beklagte sei nicht passivlegitimiert und bestreitet im Übrigen sämtlichen Vortrag der Kläger mit Ausnahme der Durchführung der Reise als solche selbst.

18. Wegen des Parteivorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

19. Mit Schriftsatz vom 27.4.2007 ist die Streithelferin nach Streitverkündung durch die Beklagte der Beklagten als Streithelferin beigetreten.

20. Mit Beschluss vom 7.12.2006 hat sich das zunächst angerufene Amtsgericht Köln für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit antragsgemäß an das hier erkennende Gericht verwiesen.

Entscheidungsgründe:

21. Die Klage ist teilweise begründet.

22. Zunächst ist festzustellen, dass die Beklagte passivlegitimiert ist.

23. Entgegen der Ansicht der Beklagten, die lediglich als Vermittlerin der jeweiligen Leistungserbringer zu den einzelnen Reisebestandteilen aufgetreten sein will, ist die Beklagte Reiseveranstalterin im Sinne der §§ 651 a f. BGB hinsichtlich der von den Klägern gebuchten Reise. Eine Reise im Sinn von § 651 a Abs. 1 BGB liegt dann vor, wenn ein Reisebüro vor Vertragsschluss mehrere Reiseleistungen wie Flug, Hotel und Kreuzfahrt zusammenstellt, dieses Paket als eigene Leistung im eigenen Namen in Rechnung stellt und den Gesamtpreis vereinnahmt (Führig, Reiserecht, 5. Auflage, Anmerkung 88). Auch der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 30.4.2002 (Reiserecht aktuell, Heft 3/2002) darauf erkannt, dass es für die Qualifizierung einer Leistung als Pauschalreise genügt, dass die Verbindung von touristischen Dienstleistungen, die ein Reisebüro für einen Gesamtpreis verkauft, mindestens 2 der 3 in der Pauschalreiserichtlinie genannten Dienstleistungen umfasst, nämlich die Beförderung, Unterbringung und andere touristische Dienstleistungen, die nicht Nebenleistungen von Beförderung oder Unterbringung sind und einen beträchtlichen Teil der Gesamtleistung ausmachen. Allerdings muss das Reisebüro die von ihm zusammengestellten Reiseleistungen „als eigene“ anbieten, sie also in eigener Verantwortung auf den Markt bringen und ausführen (Führig, a. a. O.). Beschränkt sich das Reisebüro auf eine Vermittlungstätigkeit, muss dies deutlich zum Ausdruck gebracht werden. Ob das Reisebüro die Gesamtheit der Reiseleistungen in eigener Verantwortung zu erbringen verspricht, ist bei objektiver Würdigung der gesamten Umstände aus Sicht des Reisenden zu entscheiden (Führig, Anmerkung 89).

24. Aus Sicht der Klägerin als diejenige, die für sich und namens der Kläger zu 2) und 3) den Reisevertrag abgeschlossen hat, war Reiseveranstalter des von ihr gekauften Reisepakets die Beklagte. Dies ergibt sich nicht nur daraus, dass die Beklagte das von der Klägerin gebuchte Reisepaket selbst zusammengestellt und vorgeschlagen hat, sondern auch daraus, dass sie die Zahlung für die einzelnen Leistungspakete selbst entgegengenommen hat. Die Klägerin hat nämlich die Flugkosten direkt an die Beklagte überwiesen, die Kosten für die sonstigen Leistungsteile (Hotel und Kreuzfahrt) durch Angabe ihrer Kreditkartendaten gegenüber der Beklagten zur Abbuchung und die hierauf erfolgte Abbuchung erbracht. Ohne Bedeutung ist hierbei, dass die Abbuchung auf dem Kreditkartenkonto der Klägerin letztendlich zugunsten des Leistungserbringers der Hotelleistungen (…) erfolgte, betreffend die Kreuzfahrt zugunsten einer Firma …. Insbesondere die letzte Abbuchung zugunsten der Fa. … macht deutlich, dass hier keine Reisekostenvereinnahmung durch einen Vertragspartner der Klägerin zu 1) erfolgte. Denn eine Firma … ist den Buchungsunterlagen nicht zu entnehmen, kann mithin auch kein Vertragspartner der Klägerin zu 1) geworden sein. Gerade dieser Umstand macht deutlich, dass aus Sicht der Klägerin zu 1) die Beklagte ihr Vertragspartner war. Die Abbuchung durch eine für die Klägerin zu 1) völlig fremde Rechtsperson ist von ihr nur deshalb hingenommen worden, weil sie davon ausgehen konnte, dass die einziehende Rechtsperson, die Fa. … wohl als Einzugsstelle für die Beklagte fungierte. Aus Sicht der Klägerin stellte sich nach dem gesamten Ablauf der Buchung und der Hinnahme der Kreditkartendaten die Buchung als eine solche dar, bei der auf der anderen Seite als Vertragspartner das Reisebüro stand. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass in den von der Klägerin zu 1) unterschriebenen insgesamt 3 Reiseanmeldungen jeweils im Kopf einmal die Fluggesellschaft … individuell betreffend die Flugbuchung genannt ist, im Kopf der Reiseanmeldung betreffend die Hotelbuchungen … als Veranstalter genannt wird und im Kopf der Anmeldung zur Buchung der Schiffsreise eine Adresse in Rostock benannt wird. Dass die Einzelleistungsteile gemäß den verschiedenen zu unterzeichnenden Anmeldungen von verschiedenen Leistungserbringern realisiert werden würden, war für die Klägerin zu 1) in der Tat ersichtlich. Dieser Umstand ändert jedoch nichts daran, dass aus Sicht der Klägerin zu 1) gleichwohl das Reisebüro „der Vertragspartner“ für das Leistungspaket war. Hätte die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin wirklich nur als Vermittler auftreten wollen, hätte sie dies in gehöriger Form unmissverständlich und eindeutig gegenüber der Klägerin zum Ausdruck bringen müssen, etwa durch eine von der Klägerin zu unterzeichnende Erklärung, in der ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Beklagte lediglich als Vermittlerin auftritt und sämtliche Ansprüche aus dem Reisevertrag insbesondere Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche jeweils gegenüber den Einzelleistungserbringern geltend zu machen sind. Erfolgt ein solch eindeutiger und unmissverständlicher Hinweis durch das Reisebüro nicht, wird es durch die Buchung eines Leistungspakets mit verschiedenen Leistungsbestandteilen im Sinne des § 651 a Abs. 1 BGB und der Entgegennahme von Zahlungen oder auch nur Kreditkartendaten zur Abbuchung des Reisepreises aus Sicht des Kunden zum Vertragspartner betreffend sämtliche wechselseitigen Ansprüche und Verpflichtungen aus dem einheitlichen Reisevertrag.

25. Beklagte ist daher passivlegitimiert.

26. Die Klage der Klägerin zu 1) ist unbegründet, da sie von dem Kofferverlust der Klägerin zu 2) nicht betroffen war. Die von der Beklagten geschuldete Reiseleistung ist ihr gegenüber in vollem Umfang erbracht. Die – nachvollziehbaren – mittelbaren Auswirkungen der Tatsache, dass die Klägerin zu 2) nicht über ihren Koffer verfügte und damit die Urlaubsstimmung der Kläger insgesamt – einschließlich des Kindes – beeinträchtigt war, begründen keinen Reisemangel, sondern sind nur Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung gegenüber einem anderen Reisenden, hier der Klägerin zu 2) und dem Kläger zu 3). Begründet ist allerdings die Klage der Klägerin zu 2), soweit sie einen Minderungsanspruch und einen Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten gemäß § 651 d (Minderung) und 651 f (Schadensersatz wegen Urlaubsbeeinträchtigung) geltend macht. Ob es sich bei dem in Verlust geratenen Koffer der Klägerin zu 2) um einen „Schrankkoffer“ handelt oder aber einen sonstigen Koffer, ist ersichtlich bedeutungslos. Entscheidend ist, dass der Klägerin zu 2) der Koffer mit den üblichen Reiseutensilien durch Verschulden der Leistungsträger der Beklagten nicht ausgehändigt wurde. Damit ist ein Minderungsanspruch der Klägerin zu 2) für die ersten 5 Tage des Hotelaufenthalts in … eine 30%ige Minderung, für den Zeitraum der Schiffsreise (7 Tage) eine solche von 50% auf den Gesamtreisepreis gerechtfertigt.

27. Für die Berechnung des Minderungsanspruchs betreffend den Zeitraum der Hotelunterbringung in … (5 Tage) ergibt sich folgende Berechnung: Der Flugpreis für die Klägerin zu 2) beträgt 888,00 Euro zzgl. 70,00 Euro Treibstoffzuschlag, insgesamt 958,00 Euro. Die Kosten des Hotelaufenthalts sind auf die einzelnen Personen nicht aufgeschlüsselt, demgemäß sind die Gesamtkosten von 855,00 Euro für den Hotelaufenthalt in … (855,00 Euro) durch 3 zu teilen. Damit entfallen auf die Klägerin zu 2) für die Unterkunft im Hotel … 285,00 Euro. Der auf diesen Zeitraum entfallende Gesamtreisepreis (Flug und Hotelaufenthalt im … beläuft sich mithin auf 958,00 + 285,00 = 1.243,00 Euro. Gemessen an der Gesamtreisedauer von 16 Tagen berechnet sich mithin der anteilige Minderungsanspruch für den 5-tägigen Hotelaufenthalt bei einer 30%igen Minderungsquote auf 116,53 Euro.

28. Der Minderungsanspruch der Klägerin zu 2) betreffend die Schifffahrt beläuft sich auf 824,12 Euro. Er errechnet sich aus dem zeitanteiligen Flugpreis in Höhe von 419,12 Euro (= 958,00 Euro Gesamtflugkosten geteilt durch 16 mal 7 Tage Schifffahrt) zzgl. 50%iger Minderwert der auf die Klägerin zu 2) entfallenden Kosten der Schiffsreise, das sind 50% von 810,00 Euro = 405,00 Euro, insgesamt 824,12 Euro.

29. Insgesamt beläuft sich mithin der Minderungsanspruch der Klägerin zu 2) betreffend den Verlust ihres Koffers in der Zeit ihres Hotelaufenthalts und der Schiffsreise auf 940,65 Euro (= 116,53 Euro + 824,12 Euro).

30. Im Hinblick auf die erheblich fehlerhafte Leistungserbringung der von der Beklagten geschuldeten Reiseleistung (Mitbeförderung des Koffers) und der damit verbundenen nachvollziehbaren erheblichen Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Klägerin zu 2) steht ihr des weiteren ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 50% für die ersten 12 Tage des insgesamt 16-tägigen Urlaubs zu. Anknüpfungsgröße ist hierbei der Gesamtreisepreis (BGH in NJW 2005, 1047). Der Klägerin zu 2) steht mithin unter dem Gesichtspunkt der erheblichen Urlaubsbeeinträchtigung gemäß § 651 f Abs. 2 BGB ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 50% des Gesamtreisepreises zeitanteilig für 12 Tage zu. Allerdings macht die Klägerin nur 380,00 Euro geltend, so dass dieser Betrag zuzuerkennen war.

31. Begründet ist die Klage auch hinsichtlich der geltend gemachten Kosten für Ersatzbeschaffung in Höhe von 112,02 Euro. Dass diese – von der Beklagten bestrittenen – Kosten entstanden sind, liegt angesichts der Situation, in … ohne Koffer dazustehen, auf der Hand; die Ausgabe ist zudem durch Vorlage der Kaufquittungen belegt.

32. Insgesamt belaufen sich daher die Ersatzansprüche der Klägerin aus Minderung und Schadensersatz auf 1.320,65 Euro.

33. Wegen der weitergehenden Klage war die Klage abzuweisen.

34. Unbegründet ist auch die Klage des Klägers zu 3). Die Leistungserbringung gegenüber dem Kläger zu 3) erfolgte ordnungsgemäß, er war, ebenso wie die Klägerin zu 1) durch den Verlust des Koffers der Klägerin zu 2) nur mittelbar betroffen. Minderungs- oder gar Schadensersatzansprüche des Klägers zu 3) sind daher nicht ersichtlich.

35. Insgesamt war daher zu erkennen wie geschehen.

36. Der Zinsanspruch der Klägerin zu 2) ist gemäß §§ 284, 288 BGB begründet, da sich die Beklagte aufgrund anwaltlicher Fristsetzung jedenfalls seit dem 26.4.06 in Verzug befindet.

37. Die Kostenentscheidung war nach dem Maß des beiderseitigen Obsiegens und Unterliegens in dem Rechtsstreit zu treffen, § 92 Abs. 1 ZPO.

38. Die Kostenentscheidung betreffend die Kosten der Nebenintervention beruht auf § 101 ZPO.

39. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Ziff. 11, 711, 709 S. 1 ZPO.

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