Sturzunfall auf einer Matte im Hoteleingang

LG Frankfurt: Sturzunfall auf einer Matte im Hoteleingang

Ein Ägyptenurlauber stürzte bei seiner Ankunft am Hotel durch einen rutschigen Fußabtreter. Seine Schadensersatzklage gegen den Reiseveranstalter wurde abgewiesen, da es an einer Pflichtverletzung dessen fehlte.

LG Frankfurt 2-24 O 82/12 (Aktenzeichen)
LG Frankfurt: LG Frankfurt, Urt. vom 12.02.2014
Rechtsweg: LG Frankfurt, Urt. v. 12.02.2014, Az: 2-24 O 82/12
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Landgericht Frankfurt am Main

1. Urteil vom 12. Februar 2014

Aktenzeichen 2-24 O 82/12

Leitsatz:

2. Um aus einem Sturz im Hotelurlaub einen Anspruch auf Schmerzensgeld abzuleiten, muss der geschädigte Reisende nachweisen, dass der Reiseveranstalter seine Verkehrssicherungspflichten verletzt hat. Dabei sind die örtlichen und nicht deutsche Sicherheitsstandards anzulegen.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte für sich und seine Ehefrau bei der Beklagten eine Pauschalreise nach Ägypten vom 29. Januar bis 12. Februar 2011 gebucht. Bei der Ankunft am Hotel rutschte er auf einer Bodenmatte aus und brach sich das Knie. Er musste mehrmals operiert und nach Hause geflogen werden und war einige Zeit auf einen Rollstuhl angewiesen. Von der Reiseveranstalterin verlangte er dann vor dem Landgericht Frankfurt Schadensersatz.

Die Klage wurde abgewiesen, denn der Kläger hatte nicht nachgewiesen, dass sein Unfall auf einer Sicherungspflichtverletzung der Beklagten beruht hatte. Das bloße Auslegen einer unterseitig nicht gummierten Matte stellt an sich noch keine zu vermeidende Gefahrenquelle dar. Hinsichtlich der Sicherheitsstandards muss auf die örtlichen, nicht die deutschen abgestellt werden. Daher hatte der Kläger keine Ansprüche gegen die Beklagte.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

5. Der Kläger hatte bei der Beklagten für sich und seine Ehefrau eine Pauschalreise nach H., Hotel M., vom 29.1.11 bis 12.2.11 gebucht. Als er nach der Anreise gegen Mitternacht hinter seiner Ehefrau das Hotel betreten wollte, kam er zu Fall und verletzte sich erheblich am Knie. Der Eingangsbereich des Hotels ist auf den Lichtbildern Bl. 233 ff d. A. und Bl. 274 ff d. A. zu sehen. Nach einer Operation in Ägypten wurde er am 3.2.11 nach Hause geflogen, wo eine Nachoperation mit kompletter Neuversorgung erfolgte. Mit Fax-​Schreiben vom 9.2.11 (Bl. 349 f d. A.) hatte er gegenüber der Beklagten Ansprüche angemeldet.

6. Der Kläger behauptet, er sei bei der Ankunft im Hotel unmittelbar vor einem Nebeneingang gestürzt, weil die dort ausgelegte Schmutzfangmatte beim Betreten weggerutscht sei. Die Matte sei auf der Rückseite nicht gummiert gewesen und habe nicht auf dem Boden gehaftet, weil sich auf dem Boden ein Film von Sand und Dreck befunden habe. Aus der Art seiner Verletzung (Patellatrümmerfraktur rechts) ergebe sich, dass er mit dem rechten Knie gegen die Kante einer Stufe aufgeprallt sei. Wäre er über die Stufe gestolpert und mit dem Knie auf einer ebenen Fläche aufgeschlagen, hätte sich ein anderes Verletzungsbild ergeben.

7. Bis März 2011 habe er einen Rollstuhl benötigt. Noch heute leide er nach dem Aufstehen an starken stechenden Schmerzen am Muskel über dem Knie, die erst nach ca. ein bis zwei Stunden nachlassen. Nach längerem Sitzen leide er beim Aufstehen unter Schmerzen. Zum Anziehen von Schuhen und Strümpfen benötige er Hilfe, ebenso beim Baden. Er könne nicht mehr knien, die Beweglichkeit des rechten Kniegelenks sei dauerhaft eingeschränkt. Es entwickele sich eine posttraumatische Arthrose. Am rechten Bein sei Muskelschwund und eine Verschwellung des Kniegelenks eingetreten. Vor jeder Stufe oder Treppe habe er Angst.

8. Der Kläger verlangt Ersatz des Reisepreises, Ersatz von Auslagen und Fahrtkosten, Eigenanteil von Krankenbehandlungskosten sowie Schmerzensgeld, das er in Höhe von 25.000,– € für angemessen hält.

9. Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.751,81 € sowie ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.4.2011 zu zahlen,

ferner,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jedweden immateriellen als auch materiellen Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund des Unfalls vom 30./31. Januar 2011 beim M-​P-Hotel entstanden ist

und

den Kläger von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.196,43 € freizustellen.

10. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

11. Sie behauptet, in der Nacht zum 30.1.11 sei der Kläger gestürzt, weil er über eine beleuchtete Stufe gestolpert sei. Durch den Sturz sei die dort ausgelegte Schmutzfangmatte verschoben worden; der Nebeneingang werde täglich von Hunderten von Gästen benutzt, ohne dass es zu ähnlichen Vorfällen gekommen sei. Nach dem Unfall habe der Zeuge … festgestellt, dass die Unfallstelle ausgeleuchtet gewesen und die Matte rutschsicher ausgelegt gewesen sei; insbesondere sei sie gummiert gewesen. Der Eingang werde stark frequentiert, ohne dass es zu vergleichbaren Unfällen gekommen wäre. Bei dem Kläger habe sich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, für das die Beklagte nicht verantwortlich sei.

12. Es ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeugin … und durch Einholung schriftlicher Aussagen der Zeugen … und … Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 9.1.13 Bl. 267 ff d. A. und die schriftlichen Aussagen Bl. 253 ff d. A. verwiesen. Es ist ferner Beweis erhoben worden durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Bezüglich des Ergebnisses wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. … vom 2.7.13 verwiesen. (Bl. 358 ff d. A.).

Entscheidungsgründe:

13. Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Schadensersatzansprüche (§§ 651 f, 651 c, 253, 278 BGB) nicht zu. Er kann nicht beweisen, dass der Unfall Folge einer Verkehrssicherungspflichtverletzung von Mitarbeitern des Leistungsträgers der Beklagten und damit eines Reisemangels ist. Das Auslegen einer Matte ohne Rahmen oder ohne eine sonstige besondere Befestigung auf einer glatten Oberfläche stellt noch keine zu vermeidende Gefahrenquelle dar (OLG Bamberg NJW-​RR 13, 1148). Hinsichtlich der einzuhaltenden Sicherheitsstandards darf nicht auf deutsche Maßstäbe abgestellt werden; vielmehr sind die Verhältnisse im Reiseland zu berücksichtigen. Den Nachweis, dass eine für den Steinfußboden von vornherein ungeeignete Matte ohne rutschhemmende Gummierung auf der Unterseite ausgelegt worden war, kann er nicht führen. Der Kläger und seine als Zeugin vernommene Ehefrau hatten hierzu keine Feststellungen getroffen. Aus den vorgelegten Lichtbildern der Matte, lässt sich eher schließen, dass es sich um eine handelsübliche Schmutzfangmatte handelte. An den Rändern ist eine umlaufende Gummierung zu sehen. Den Nachweis, dass die Matte derart auf Sand ausgelegt worden war, dass sie eine optisch nicht zu erkennende Rutschgefahr darstellte, kann der Kläger nicht führen. Die als Zeugin vernommene Ehefrau, die vor dem Kläger hergegangen war, konnte dazu keine Angaben machen, da sie sich hierum nicht gekümmert hatte. Den Sturz hatte sie nicht beobachtet. Die Lage des Klägers und der Matte nach dem Sturz lassen keinen sicheren Schluss auf die Unfallursache zu. So steht schon nicht sicher fest, an welcher Stelle der Kläger zu Fall kam. Nach Darstellung des Klägers lag die Matte unmittelbar vor einer podest- oder rampenartig ausgebildeten Stufe direkt vor der Eingangstür, die auf den Bildern Bl. 234 ff d. A. zu sehen ist. Laut Aussage der Ehefrau lag sie an einer nicht fotografierten Stelle vor einer anderen Stufe, die näher zum Bordstein hin liegt. Ein Stolpern, das dann bei dem Versuch, einen Sturz zu vermeiden, ein Verschieben der Matte ausgelöst haben könnte, kann auch eine andere Ursache gehabt haben. Die Zeugin und andere Gäste haben die Matte jedenfalls problemlos passiert.

14. Es besteht kein Anlass, ein Sachverständigengutachten zur Unfallrekonstruktion einzuholen. Hierfür fehlen ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte. Die Lage des Klägers lässt sich mit Hilfe der Aussage der Ehefrau nicht genau genug feststellen, um hieraus Rückschlüsse ziehen zu können. Seine Behauptung, er müsse mit der Matte ausgerutscht sein, da er mit dem Knie gegen eine Kante geprallt sei, kann er nicht beweisen. Der Sachverständige hat dies nicht bestätigt. Die Art der Verletzung schließt nicht aus, dass der Kläger über die Stufe gestolpert und auf eine ebene Fläche aufgeschlagen ist. Das Foto vom 4.2.11 zeigt keine quere Verletzung der Haut am Knie als Zeichen eines Aufpralls auf eine Kante. Deren Fehlen spricht nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. … gegen einen solchen Aufprall. Bei dem behaupteten Sturz auf die Kante einer Stufe wäre auch eher eine Patellaquerfraktur zu erwarten gewesen als die eingetretene Trümmerfraktur. Genaue Feststellungen dazu, wie die Matte nach dem Sturz gelegen hatte, fehlen ebenfalls. Die Zeugin hatte sich um Hilfe für ihren Ehemann gekümmert und nicht um die Lage des Schmutzfangteppichs. Sein Verschieben ergab sich aus Äußerungen des Klägers und einer Mitreisenden.

15. Eine Parteivernehmung des Klägers gem. § 448 ZPO als Mittel zur Gewinnung letzter Klarheit kommt nicht in Betracht. Seine Anhörung in der Sitzung vom 9.1.13 und die Vernehmung der Ehefrau haben hierfür keinen ausreichenden Anfangsbeweis erbracht. So haben beide bereits unterschiedliche Angaben zur genauen Unfallstelle gemacht. Es bleiben Zweifel, ob sie Schlussfolgerungen und tatsächlich Erlebtes sicher auseinanderhalten können.

16. Ein Anscheinsbeweis kommt dem Kläger nicht zu Gute. Voraussetzung hierfür wäre, dass eine objektive Pflichtverletzung feststeht, und sich dann die Gefahr verwirklichte, zu deren Abwehr die Pflicht dient. Ob vor Ort eine Gefahrenquelle geschaffen wurde, steht aber nicht fest. Allein das Auslegen einer Schmutzfangmatte reicht dafür nicht aus.

17. Da der Anspruch bereits zum Grunde nicht besteht, bestand kein Anlass, den Sachverständigen Dr. … ergänzend zum Ausmaß der Beeinträchtigungen des Klägers zu hören.

18. Mangels Anspruch kommt auch eine Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten nicht in Betracht.

19. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 I, 709 ZPO.

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