Wegfall des Erholungszwecks bei technischem Defekt am Flugzeug

AG Duisburg: Wegfall des Erholungszwecks bei technischem Defekt am Flugzeug

Auf dem Flug kam es zu einem technischen Defekt, weshalb sich die Ankunft um 15 Stunden und 30 Minuten verzögerte. Die Fluggesellschaft leistete deswegen eine teilweise Kostenerstattung. Der Kläger fordert darüber hinaus Minderung des Reisepreises und Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit, da der Erhokungswert durch den Defekt nachträglich zunichte gemacht worden sei.

Das Gericht wies die Klage ab. Die Verzögerung der Ankunft sei durchaus als Reisemangel zu werten, da jede Verzögerung über vier Stunden nicht mehr hinzunehmen sei. Dieser sei aber durch die Zahlung der Fluggesellschaft abgegolten. Ein regulärer technischer Defekt an einem Flugzeug, der sich nicht als lebensgefährliches Sicherheitsrisiko darstellt, sei grundsätzlich nicht geeignet, den Erholungswert einer Reise zunichte zu machen. Daher bestehe kein Anspruch.

AG Duisburg 71 C 1784/12 (Aktenzeichen)
AG Duisburg: AG Duisburg, Urt. vom 09.07.2012
Rechtsweg: AG Duisburg, Urt. v. 09.07.2012, Az: 71 C 1784/12
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Amtsgericht Duisburg

1. Urteil vom 09. Juli 2012

Aktenzeichen 71 C 1784/12

Leitsatz:

2. Ein regulärer technischer Defekt an einem Flugzeug, der sich nicht als lebensgefährliches Sicherheitsrisiko darstellt, ist grundsätzlich nicht geeignet, den Erholungswert einer Reise zunichte zu machen.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Reise mit Hin- und Rückflug gebucht. Auf dem Rückflug kam es zu einem technischen Defekt, weshalb sich die Ankunft am Zielflughafen um 15 Stunden und 30 Minuten verzögerte. Die Fluggesellschaft leistete deswegen eine teilweise Kostenerstattung. Der Kläger fordert darüber hinaus Minderung des Reisepreises und Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit, da der Erhokungswert durch den Defekt nachträglich zunichte gemacht worden sei.

Das Gericht wies die Klage ab. Die Verzögerung der Ankunft sei durchaus als Reisemangel zu werten, da jede Verzögerung über vier Stunden nicht mehr hinzunehmen sei. Für jede weitere angefangene Stunde sei eine Minderung von 5 % des Tagesreisepreises angemessen. Dies sei aber durch die Zahlung der Fluggesellschaft bereits abgegolten.

Ein regulärer technischer Defekt an einem Flugzeug, der sich nicht als lebensgefährliches Sicherheitsrisiko darstellt, sei grundsätzlich nicht geeignet, den Erholungswert einer Reise zunichte zu machen. Solche Defekte seien zwar für die Reisenden unangenehm und psychisch belastend, aber nicht von der Schwere, dass sie übermäßige Ängste rechtfertigen. Daher bestehe kein weitergehender Anspruch als der bereits abgegoltene.

Tenor

4. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar

Gründe

I.

5. Die Klage ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

1.

6. Dem Kläger stehen gegen die Beklagte wegen Mängeln der Reise zwar Minderungsansprüche gemäß §§ 651 d Abs. 1, 638 Abs. 4 BGB zu. Diese Ansprüche übersteigen jedoch nicht den von der Fluggesellschaft X.Flugdienst GmbH anerkannten Betrag in Höhe von 73,- €, den die Streitverkündungsgegnerin, die für die Beklagte den Flug durchgeführt hat, dem Kläger gewährt hat. Das Vorliegen von Reisemängeln, die zum Eintreten einer höheren Minderung geführt hätten, kann nicht festgestellt werden.

7. Die bei der Beklagten gebuchte Reise war teilweise fehlerhaft im Sinne von § 651 c Abs. 1 BGB. Nach dem zugrunde zu legenden subjektiven Fehlerbegriff ist dafür ein Abweichen der erbrachten Leistung von der geschuldeten Leistung erforderlich. Dabei kommt es ohne individuelle Vereinbarung darauf an, wie ein verständiger potenzieller Durchschnittsreisender die Beschreibung im Reiseprospekt des Veranstalters verstehen durfte, wobei auch der Art der Reise, dem Preis und der Ortsüblichkeit Bedeutung zukommen (Eckart in: Staudinger BGB, § 651 c, Rand-Nr. 10 m.w.N.).

8. Ein Mangel der Reise im Sinne von § 651 c Abs. 1 BGB liegt darin, dass sich die Ankunft des Rückflugs in Leipzig um 15 ½ Stunden nach hinten verschoben hat. Ursprünglich geplante Reiseankunftszeit war am 25.09.2011 um 13.40 Uhr, tatsächlich landeten der Kläger und seine Ehefrau aufgrund eines Defekts des Flugzeugs erst am 26.09.2011 um 5.10 Uhr in Leipzig. Dieser Beförderungsmangel trat auch noch während des Urlaubs auf, da der mit der Beklagten getroffene Pauschalreisevertrag den Hin- und Rückflug umfasst.

9. Grundsätzlich sieht die Regelung des § 651 d BGB eine Minderung für die Dauer des Mangels vor. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei einem Reisevertrag, der auch die Luftbeförderung beinhalt, eine Verspätung von vier Stunden zwar ärgerlich, aber hinzunehmen, so dass für diesen Zeitraum keine reisevertraglichen Ansprüche bestehen (vgl. auch LG Frankfurt AZ: 2-24 S 177/08, Urteil vom 27.01.2009). Eine über diesen Zeitraum hinausgehende Verzögerung begründet dann einen Minderungsanspruch für jede weitere angefangenen Stunde von 5% des Tagespreises, hier also für 11 ½ Stunden.

10. Soweit der Kläger geltend macht, aufgrund der katastrophalen Rückreise sei jedwede Erholung und Urlaubsfreude nachträglich zunichte gemacht worden, will er auf eine rückwirkende Mangelbehaftung der Reise aufmerksam machen. Ausnahmsweise ist die Minderung durch eine Flugverspätung nicht auf die Dauer des Mangels beschränkt, nämlich z.B. dann, wenn der Urlaub mit einem für den Reisenden besonders schwerwiegenden Ereignis endet, das zu einem gravierenden Reisemangel führt (BGH NJW 2008, 2775, 2776). Ein solcher absoluter Sonderfall eines außergewöhnlich schwerwiegendes Mangels kann vorliegend aber nicht festgestellt werden. Defekte an Flugzeugen, wie die Unmöglichkeit des Einfahrens der Landeklappen oder aber das Ausfallen der Hilfsturbinen, sind zwar für die Reisenden psychisch belastend und unangenehm und begründen einen Mangel, insbesondere wenn sie zu einer Flugverspätung führen, den Einsatz eines anderen Flugzeuges oder aber einer Zwischenlandung erforderlich machen. Sie sind aber nicht von solcher Schwere, dass der Erholungszweck durch das Ereignis gänzlich überlagert oder entfallen ist. Dies wäre nur der Fall gewesen, wenn sich die Störung – über den technischen Mangel am Flugzeug und die psychische Beeinträchtigung hinausgehend – als lebensgefährliches Sicherheitsrisiko dargestellt hätte und hierdurch übermäßige Ängste der Passagiere gerechtfertigt gewesen wären.

11. Vorliegend ist danach eine Minderung lediglich für die Zeit des Mangels, hier also für 11 ½ Stunden, zu bemessen. Bei einem Reisepreis von 1.208,- errechnet sich bei insgesamt 10 Übernachtungen ein Tagespreis von 120,80 €. 5 % hiervon betragen 6,04 €. Die eingetretene Minderung beläuft sich hochgerechnet auf 12 x 6,04 €= 72,48 €. Durch die Streitverkündungsgegnerin hat die Beklagte vorgerichtlich 73,- € bezahlt, so dass ein weitergehender Anspruch nicht gegeben ist.

12. Mangels Hauptsacheanspruchs besteht kein Anspruch auf Zahlung von Zinsen.

II.

13. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

III.

14. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

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