Minderungsanspruch bei Flugverspätung
LG Frankfurt: Minderungsanspruch bei Flugverspätung
Im vorliegenden Fall schlossen die Parteien einen Reisevertrag. Dieser beinhaltete einen Hin-und Rückflug. Diese Flüge hatten eine erhebliche Verzögerung von mehr als vier Stunden, sodass der Kläger Minderungs-, Entschädigungs- sowie Schadensersatzansprüche gemäß §§ 651 d Abs. 1, 651 f Abs. 1 und 2 BGB gegen die Beklagten geltend macht.
Das Landgericht Frankfurt sprach dem Kläger diese Ansprüche zu, da die Verzögerung über 4 Stunden nicht mehr hinnehmbar ist und somit reisevertragliche Ansprüche begründet werden.
LG Frankfurt | 2-24 S 177/08 (Aktenzeichen) |
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LG Frankfurt: | LG Frankfurt, Urt. vom 27.01.2009 |
Rechtsweg: | LG Frankfurt, Urt. v. 27.01.2009, Az: 2-24 S 177/08 |
AG Bad Homburg, Urt. v. 07.08.2008, Az: 2 C 97/08 (15) | |
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Leitsatz:
2. Bei einem Reisevertrag, der auch eine Luftbeförderung beinhaltet, ist eine Verzögerung des Fluges bis zu 4 Stunden grundsätzlich hinzunehmen und begründet keine reisevertraglichen Ansprüche.
Zusammenfassung:
3. Vorliegend schlossen der Kläger und die Beklagte einen Reisevertrag, welcher eine Luftbeförderung beinhaltete. Der Hinflug hatte allerdings 26 Stunden und fünf Minuten, der Rückflug 13 Stunden und zehn Minuten Verzögerung. Er verlangt nun von der Beklagten Minderung, Schadensersatz und Entschädigung gemäß §§ 651 d Abs. 1, 651 f Abs. 1 und 2 BGB.
Das Landgericht Frankfurt entschied nach der Berufung der Beklagten, dass dem Kläger ein solcher Anspruch zusteht. Eine Verzögerung bis zu 4 Stunden ist nach ständiger Rechtsprechung der Kammer, hinzunehmen und begründet keine reisevertraglichen Ansprüche. Jedoch überstieg die Verzögerungszeit diese Grenze, sodass eine Entschädigung gerechtfertigt ist.
Diese Grundsätze führen in diesem Fall bezüglich des Hinfluges zu einer Minderung von 115 % des anteiligen Tagesreisepreises und für den Rückflug zu einer Minderung von 50 % des anteiligen Reisepreises. Des Weiteren kommt eine Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude in Betracht, da hierdurch der Urlaubsaufenthalt verkürzt wurde und der Urlaubszweck damit beeinträchtigt wurde. Mithin steht ihm Schadensersatz für Aufwendungen zur Verpflegung während der Wartezeit des Hinfluges und der Wartezeit des Rückfluges § 651 f Abs. 1 BGB gemäß zu.
Tenor:
4. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 7.8.2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bad Homburg v. d. H. – Az. 2 C 97/08 (15) – teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 710,33 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.8.2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger zu 43 % und die Beklagte zu 57 % zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 26 % und die Beklagte zu 74 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
5. Von der Wiedergabe der tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts und der Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen wird abgesehen (§§ 540 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO).
6. Die zulässige, insbesondere fristgemäß eingelegte und fristgemäß begründete Berufung der Beklagten hat in der Sache zur zum Teil Erfolg.
7. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 710,33 Euro zu. Der Kläger kann von der Beklagten wegen der verzögerten Hin- und Rückreise Minderung, Schadensersatz und Entschädigung verlangen (§§ 651 d Abs. 1, 651 f Abs. 1 und 2 BGB).
8. Nach dem Vortrag des Klägers sollte der Hinflug am 10.7.2007 um 6.35 Uhr erfolgen. Der tatsächliche Abflug fand jedoch erst am 11.7.2007 um 8.40 Uhr statt. Hieraus errechnet sich eine Verzögerung von 26 Stunden und 5 Minuten.
9. Der Rückflug am 24.7.2007 sollte am 19.20 Uhr gestartet werden.
10. Tatsächlich begann der Rückflug am 25.7.2007 um 8.30 Uhr. Hieraus errechnet sich eine Verzögerung von 13 Stunden und 10 Minuten.
11. Soweit die Beklagte in der Berufungsbegründung auf ihren Vortrag in erster Instanz verweist, wonach die Verzögerung der Hinreise „knapp 26 Stunden“ und der Rückreise „knapp 13 Stunden“ betragen haben soll, unterlässt es die Beklagte jedoch, konkrete Abflug- und Ankunftstermine zu benennen. Vielmehr hätte sich die Beklagte zu den konkreten Flugdaten äußern müssen, falls die von dem Kläger benannten Zeiten unzutreffend gewesen sein sollten. Auch in der Berufungsinstanz erfolgt kein weitergehender, insbesondere zu den Angaben des Klägers abweichender Vortrag.
12. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer, von der abzuweichen dieser Rechtsstreit keinen Anlass gibt, ist bei einem Reisevertrag, der auch eine Luftbeförderung beinhaltet, eine Verzögerung des Fluges bis zu 4 Stunden grundsätzlich hinzunehmen und begründet keine reisevertraglichen Ansprüche (vgl. Kammerurteil vom 26.7.2007, Az. 2-24 S 223/06). Erst eine über diesen Zeitraum hinausgehende Verzögerung begründet einen Minderungsanspruch für jede weitere angefangene Stunde von 5 % des jeweiligen Tagesreisepreises.
13. Diese Grundsätze führen in diesem Fall bezüglich des Hinfluges zu einer Minderung von 115 % des anteiligen Tagesreisepreises (weitere Flugverzögerung von 22 Stunden, 5 Minuten, also 23 x 5 %) und für den Rückflug zu einer Minderung von 50 % des anteiligen Reisepreises (weitere Flugverzögerung von 9 Stunden 10 Minuten, also 10 x 5 %).
14. Als maßgeblicher Reisepreis ist von einem Betrag von 2.846 Euro auszugehen. Zwar betrug der Reisepreis ursprünglich 2.144 Euro. Die Parteien haben sich jedoch nachträglich, einen Tag nach Beginn der Reise, auf eine Abänderung des Reisevertrages verständigt. Es liegt keine Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Hotel vor. Aus dem Zahlungsbeleg (Bl. 40 d. A.) folgt, dass hier der Reiseleiter für die Beklagte gehandelt hat. Maßgeblicher Bezugspunkt für die Berechnung der Minderung ist der Gesamtreisepreis. Ohne Bedeutung bleibt, wann sich die Parteien auf den endgültigen Reisevertrag verständigt haben. Durch die Abänderung der vertraglichen Leistungen ist die Reise insgesamt wertvoller geworden. Dies wirkt sich auch auf den Hinflug aus, der notwendiger Bestandteil der Reise war. Es besteht kein gerechtfertigter Grund, die Hinreise geringer zu bewerten als die Rückreise.
15. Ausgehend von einer Reisedauer von 14 Tagen beträgt der Tagesreisepreis 203,28 Euro. Die Minderung für den Hinflug beläuft sich damit auf 233,77 Euro und für den Rückflug auf 101,64 Euro.
16. Dem Kläger steht ferner sowohl für den Hinflug als auch für den Rückflug ein Anspruch auf Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit zu (§ 651 f Abs. 2 BGB).
17. Auch im Falle einer verzögerten Hinreise und einer verspäteten Rückreise kann eine Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude gerechtfertigt sein (vgl. Kammerurteil vom 30.10.2008 Az. 2-24 S 119/08). Die verzögerte Hinreise verkürzt den Aufenthalt am Urlaubsort und führt deshalb zu einer Beeinträchtigung des Urlaubszweckes. Bei einer Verlängerung des Urlaubs ist die überzogene Zeit – abzüglich der Toleranzgrenze von vier Stunden – als verfehlter Zeiteinsatz anzusehen. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass ggf. ein zusätzlicher Urlaubstag angefallen ist. Ein zwangsweises Verweilen am Urlaubsort stellt keinen geldwerten Vorteil dar, der die Entschädigung nach § 651 f II BGB mit ihrem immateriellen Ausgleichscharakter kompensieren könnte (vgl. schon Urteil der Kammer vom 07.01.1991, NJW-RR 1991, 630, 631).
18. Nach der nunmehrigen ständigen Rechtsprechung der Kammer ist als geeigneter Maßstab für die Bemessung der Entschädigung nach § 651 f II BGB auf den Reisepreis abzustellen, zu dem die Entschädigung in angemessenem Verhältnis zu stehen hat (vgl. z. B. RRa 2006, 264, 266; RRa 2008, 27, 28).
19. Angesichts der Verspätung des Hinfluges von mehr als 26 Stunden unter Berücksichtigung der Toleranzgrenze von vier Stunden hält die Kammer eine Entschädigung in Höhe von einem Tagesreisepreis für angemessen.
20. Für den Rückflug ist eine Entschädigung in Höhe eines hälftigen Tagesreisepreises gerechtfertigt. Hier beträgt die relevante Verzögerung mehr als 9 Stunden.
21. Der Kläger kann ferner für seine Aufwendungen zur Verpflegung während der Wartezeit des Hinfluges und der Wartezeit des Rückfluges Schadensersatz gemäß § 651 f Abs. 1 BGB verlangen. Mit dem Amtsgericht ist die Höhe des Schadens auf 70 Euro zu schätzen (§ 287 ZPO). Es ist nahe liegend, dass während der Wartezeit eine Verpflegung mit Essen und Trinken notwendig war. Nach dem nicht bestrittenen Vortrag des Klägers sind Verpflegungsgutscheine in Höhe von 7,– Euro und 10,– Euro übergeben worden. Diese Gutscheine dürften für eine Verpflegung des Klägers und seiner mitreisenden Ehefrau nicht ausreichend gewesen sein. Der Kläger gibt seine Aufwendungen für Frühstück und Mittagessen mit insgesamt 84,10 Euro an. Insoweit verbleibt ein Differenzbetrag von 64,10 Euro. Dass auf einem Flughafen Verpflegungskosten in dieser Höhe aufgewendet werden müssen, erscheint durchaus als wahrscheinlich. Da auch Verpflegungskosten für die Wartezeit beim Rückflug angefallen sein dürften, ist der Betrag von 70 Euro angemessen. Da es sich um einen geringfügigen Betrag handelt und der Aufwand für eine konkrete Ermittlung der aufgewendeten Kosten unverhältnismäßig groß ist, sind die Voraussetzungen für eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO erfüllt.
22. Insgesamt steht dem Kläger damit ein Zahlungsanspruch von 710,33 Euro zu. Der Zinsanspruch beruht auf §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Dieser wird von der Beklagten in der Berufungsinstanz auch nicht angegriffen.
23. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und des Berufungsverfahrens sind in dem Verhältnis des jeweiligen Obsiegens unter Berücksichtigung der jeweiligen Streitwerte verhältnismäßig zu teilen (§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO).
24. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
25. Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung besteht nicht, nachdem die Beschwer für eine Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO in der Fassung des 2. JuMoG vom 22.12.2006 nicht erreicht wird.
26. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).
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