Unrichtige Information über Abflugverzögerung
AG München: Unrichtige Information über Abflugverzögerung
Der Kläger hatte bei der Beklagten einen Pauschalreise mit Flug gebucht. Er fand sich rechtzeitig vor Abflug am Check-In, wo ihm mitgeteilt, dass sich der Abflug verzögere. Dies passierte nicht. Der Kläger erreichte den Check-In-Schalter erst, als die gebuchte Maschine bereits abgefertigt war. Daher buchte er selbst andere Tickets, um zum Zielort zu gelangen. Die Ticketkosten verlangt er ersetzt.
Dem gab das Gericht statt. Die Fluggesellschaft habe organisatorisch durch die Falschinformation am Schalter und die Überbelastung am Check-In das Verpassen der Maschine hervorgerufen. Sie sei Erfüllungsgehilfin der Beklagten, sodass diese hafte.
AG München | 113 C 2852/00 (Aktenzeichen) |
---|---|
AG München: | AG München, Urt. vom 06.07.2000 |
Rechtsweg: | AG München, Urt. v. 06.07.2000, Az: 113 C 2852/00 |
Fragen & Antworten zum Thema | |
Verwandte Urteile | |
Weiterführende Hinweise und Links | |
Hilfe und Beratung bei Fragen |
Leitsatz:
2. Informiert eine Fluggesellschaft am Informationsschalter falsch über eine angebliche Verzögerung des Abflugs und sorgt dadurch und durch Überbelastung des Check-Ins für ein Verpassen eines Fluges, so haftet der Reiseveranstalter, deren Erfüllungsgehilfin die Fluggesellschaft ist, für die Kosten von Ersatztickets.
Zusammenfassung:
3. Der Kläger hatte bei der Beklagten einen Pauschalreise mit Flug nach Ibiza gebucht. Er fand sich rechtzeitig, das heißt 1 Stunde und 45 Minuten vor Abflug am Check-In ein. Dort befand sich eine lange Menschenschlange. Am Informationsschalter wurde ihm mitgeteilt, dass sich der Abflug verzögere. Dies passierte tatsächlich nicht. Als der Kläger den Check-In-Schalter erreichte, wurde ihm mitgeteilt, dass die gebuchte Maschine bereits abgefertigt war. Daher buchte er selbst andere Tickets, um über Mallorca nach Ibiza zu gelangen. Die Ticketkosten in Höhe von 780 DM verlangt er ersetzt.
Dem gab das Gericht statt. Die Fluggesellschaft habe organisatorisch durch die Falschinformation am Schalter und die Überbelastung am Check-In das Verpassen der Maschine hervorgerufen. Sie hätte etwa die noch nicht abgefertigten Fluggäste des in Rede stehenden Fluges gesondert aufrufen können. Sie sei Erfüllungsgehilfin der Beklagten, sodass diese hafte und die Kosten ersetzen müsse.
Tenor
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 780,– nebst 4 % Zinsen hieraus seit 05.02.00 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
5. Der Kläger buchte bei der Beklagten eine Pauschalreise für zwei Personen vom 22.8. bis 29.8.1999 nach Ibiza. Die Abflugzeit war am 22.8.99 um 12.35 Uhr.
6. Der Kläger behauptet, er habe sich am 22.8.99 bereits um 10.55 Uhr am Check-in Schalter der Fluglinie C eingefunden und sich hinter einer riesigen Menschenschlange angestellt. Nach einer Stunde habe er sich zum Informationsschalter begeben, wo ihm mitgeteilt wurde, dass sich der Abflug bis 13.45 Uhr verzögerte.
7. Als er um 12.20 Uhr am Check-In Schalter angekommen sei, sei ihm mitgeteilt worden, dass das Flugzeug bereits abgefertigt sei.
8. Der Kläger kaufte sodann einen Flug für zwei Personen für 580,– DM nach Mallorca, und von dort für 200,– DM einen Flug nach Ibiza.
10. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 780,– DM nebst 4 % Zinsen seit 5.2.2000 zu bezahlen.
13. Die Beklagte bestreitet, dass sich der Kläger bereits um ca. 10.55 Uhr am Check-in Schalter eingefunden habe. Die Beklagte bestreitet die falsche Auskunftserteilung am Informationsschalter.
14. Außerdem sei dem Kläger auf „stand-by-Basis“ angeboten worden, kostenfrei nach Mallorca zu fliegen. Das Angebot habe der Kläger jedoch nicht angenommen.
15. Der Kläger hätte sich rechtzeitig um die Abfertigung bemühen müssen.
16. Das Gericht vernahm die Zeugen …, … und ….
17. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
I.
Entscheidungsgründe
18. Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch gemäß § 651 f Abs. 1 BGB auf Erstattung der Flugkosten in Höhe von 780,-- DM zu.
19. Die Zeugen … und … bekundeten, dass der Kläger sich um 10.55 Uhr am Check-In Schalter eingefunden habe.
20. Die Zeugin … konnte sich nicht mehr daran erinnern, ob der Kläger zu ihr sagte, er sei 45 oder 1 Stunde 45 Minuten am Schalter gestanden.
21. Das Gericht geht folglich davon aus, dass sich der Kläger bereits um 10.55 Uhr, also eine 1 Stunde 40 Minuten vor dem Abflug am Check-In Schalter der Fluggesellschaft Condor eingefunden hatte. Er konnte folglich darauf vertrauen, rechtzeitig abgefertigt zu werden und mitfliegen zu können. Er wurde überdies durch eine falsche Information am Informationsschalter in Sicherheit gewiegt, wonach sich der Abflug bis 13.45 Uhr verzögerte. Der Kläger hatte folglich keinen Anlass, sich vorzudrängen.
22. Die Fluggesellschaft C hätte durch organisatorische Maßnahmen sicherstellen müssen, dass Fluggäste für den Abflug um 12.35 Uhr rechtzeitig abgefertigt wurden. Sie hätte die noch nicht abgefertigten Fluggäste aufrufen und bevorzugt abfertigen müssen. Dies ist nicht geschehen.
23. Die Beklagte bediente sich der Fluggesellschaft C als Erfüllungsgehilfin und haftet hierfür gemäß § 278 BGB.
II.
24. Kosten: § 91 ZPO.
III.
25. Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Ziffer 11, 711, 713 ZPO.
Fragen & Antworten zum Thema
Fragen & Antworten zum Thema: Unrichtige Information über Abflugverzögerung
Verwandte Entscheidungen
OLG Berlin, Urt. v. 18.01.12, Az: 23 U 166/11
AG Rüsselsheim, Urt. v. 27.06.12, Az: 3 C 2655/11 (36)
AG Aschaffenburg, Urt. v. 19.05.16, Az: 112 C 2436/14
Berichte und Besprechungen
Mitteldeutsche Zeitung: Fluggesellschaften müssen rechtzeitig abfertigen
Spiegel: Abfertigung: Eile geboten
Forum Fluggastrechte: Verzögerte Abfertigung
Passagierrechte.org: Probleme beim Check-In
Rechtsanwälte für Reiserecht
Hilfe bei rechtlichen Fragen: Rechtsanwälte für Reiserecht oder Rechtsanwälte für Fluggastrechte