Verpasster Anschlussflug

AG Frankfurt: Verpasster Anschlussflug

Die Kläger machen gegen das beklagte Luftfahrtunternehmen einen Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß der Fluggastverordnung geltend. Der gebuchte Flug der Kläger bestand aus zwei Teilflügen. Aufgrund der Verspätung des Zubringerfluges, kamen die Kläger erst 4 Stunden später am Zielort an.

Das Amtsgericht Frankfurt entschied, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch nach der Fluggastverordnung auf Ausgleichsleistung gegeben seien, da es lediglich auf die Verspätung von mindestens 3 Stunden am Endziel ankäme.

AG Frankfurt 29 C 341/14 (Aktenzeichen)
AG Frankfurt: AG Frankfurt, Urt. vom 03.12.2014
Rechtsweg: AG Frankfurt, Urt. v. 03.12.2014, Az: 29 C 341/14
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Amtsgericht Frankfurt

1.Urteil vom 03. Dezember 2014

Aktenzeichen 29 C 341/14

Leitsatz

2. Verspätet sich ein Flug am Endziel, um mehr als drei Stunden, so steht den Passagieren ein Anspruch aus Ausleichszahlung nach der Fluggastverordnung zu.

Zusammenfassung:

3.  Vorliegend buchten die Kläger bei der Beklagten eine Flugreise von Frankfurt am Main über Wien nach New York. Tatsächlich fand der Abflug in Frankfurt am Main verzögert statt, sodass die Kläger den Anschlussflug verpassten und New York letztlich mit einer Ankunftsverspätung von mehr als 4 Stunden erreichten. Er verlangt nun eine Ausgleichszahlung nach der Fluggastverordnung.

Das Amtsgericht Frankfurt sprach den Klägern einen Anspruch auf Ausgleichzahlung nach der Fluggastverordnung zu. Für den Anspruch nach der Fluggastverordnung sei lediglich eine Verspätung von 3 Stunden am Endziel Voraussetzung. Diese Voraussetzung sei hier erfüllt.

Ferner komme es nicht darauf an, ob der Anschlussflug von einem anderen Luftfahrtunternehmen ausgeführt wurde. Vorliegend wird das Luftfahrtunternehmen des Zubringerfluges, was die Ursache für die Versspätung am Endziel setzte, in Anspruch genommen. Ein außergewöhnlicher Umstand, welcher die Inanspruchnahme des Luftfahrtunternehmens ausschließen würde, sei ebenfalls nicht gegeben.

Tenor

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1) und den Kläger zu 2) jeweils 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 25.02.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte zu 90 % und die Kläger zu 10 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils für diesen insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollsteckenden Betrages leistet.

Tatbestand

5. Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zahlung von Ausgleichsleistungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 […] (im Folgenden: EGV 261/2004) wegen nicht ordnungsgemäß erbrachter Flugleistungen, in Anspruch.

6. Die Kläger buchten über einen Reiseveranstalter im Rahmen einer Pauschalreise einen Flug von Frankfurt am Main über Wien nach New York.

7. Die Mindestumsteigezeit am Flughafen in Wien beträgt 25 Minuten. Neben Direktflügen werden im Reservierungssystem auch Umsteigeflüge angeboten. Eine Buchung von Flugkombinationen, die die vorgegebene Mindestumsteigezeit unterschreiten ist nicht möglich. Bei der Einbuchung der Flüge von Frankfurt am Main nach New York sind die Umstiege über Wien und die Umstiegszeiten im Reservierungssystem vorgegeben gewesen, wobei streitig ist, ob über das Reservierungssystem der Beklagten oder … Airlines gebucht wurde.

8. Geplanter Abflug in Frankfurt am Main war am 13.10.2013 um 06:45 Uhr (Ortszeit). Die Ankunft in Wien war um 08:05 Uhr geplant. Der Flug von Wien nach New York sollte um 08:35 Uhr starten. Tatsächlich fand der Abflug in Frankfurt am Main verzögert statt. Die Ankunftsverspätung in Wien betrug 8 Minuten. Die Kläger verpassten den Anschlussflug und erreichten New York letztlich mit einer Ankunftsverspätung von mehr als 4 Stunden.

9. Der Flug von Frankfurt am Main nach Wien wurde von der Beklagten durchgeführt. Der Flug von Wien nach New York sollte von … Airlines durchgeführt werden.

10. Die Kläger beantragen:

11. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1) du den Kläger zu 2) jeweils 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 25.02.2014 zu zahlen.

12. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 2) vorgerichtliche Kosten in Höhe von 229,08 EUR zu zahlen.

13. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

14. Die Beklagte behauptet, die Kläger hätten den Flug über ein Reservierungssystem von … Airlines gebucht. Für Intercontinentalflüge sei eine Umsteigezeit von 1 Stunde angemessen. Sie behauptet, die Verspätung beruhe darauf, dass das Flugzeug nicht eher die Erlaubnis zum Verlassen des Gates von Seiten der Traffic Control erhalten habe.

15. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf alle Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und sonstigen Aktenbestandteile sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

16. Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

17. Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Ausgleichsanspruch in Höhe von jeweils 600,00 EUR nach Art. 5 i. V. m. 7 Abs. 1 EGV 261/2004 wegen Verspätung des Fluges von Frankfurt am Main über Wien nach New York.

18. Die Beklagte ist als ausführendes Luftfahrtunternehmen des Fluges von Frankfurt am Main nach Wien passivlegitimiert.

19. Nach dem Urteil des EuGH vom 26.02.2013 (Az. C-​11/11, juris) kommt es für den Anspruch nach Art. 5 i. V. m. 7 Abs. 1 EGV 261/2004 nur auf eine Verspätung am Endziel von mindestens drei Stunden an. Der EuGH hat folgendes ausgeführt:

„32. Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass Fluggäste, die eine große Verspätung erleiden, d. h. eine Verspätung von drei Stunden oder mehr; ebenso wie Fluggäste, deren ursprünglicher Flug annulliert wurde und denen das Luftfahrtunternehmen keine anderweitige Beförderung unter den in Art. 5 Abs. 1 Buchst, c Ziff. iii der Verordnung Nr. 261/2004 vorgesehenen Voraussetzungen anbieten kann, einen Ausgleichsanspruch auf der Grundlage von Art. 7 der Verordnung Nr. 261/2004 haben, da sie in ähnlicher Weise einen irreversiblen Zeitverlust und somit Unannehmlichkeiten erleiden (vgl. Urteile Sturgeon u.a., Randnrn. 60 und 61, und vom 23. Oktober 2012, Nelson u. a., C-​581 /10 und C-​629/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 34 und 40).

Da diese Unannehmlichkeiten im Fall verspäteter Flüge bei der Ankunft am Endziel eintreten, hat der Gerichtshof entschieden, dass das Vorliegen einer Verspätung für die Zwecke der in Art. 7 der Verordnung Nr. 261/2004 vorgesehenen Ausgleichszahlung anhand der planmäßigen Ankunftszeit am Endziel beurteilt werden muss (vgl. Urteile Sturgeon u. a., Randnr. 61, sowie Nelson u. a., Randnr. 40).

Der Begriff „Endziel“ wird in Art. 2 Buchst, h der Verordnung Nr. 261/2004 definiert als der Zielort auf dem am Abfertigungsschalter vorgelegten Flugschein bzw. bei direkten Anschlussflügen der Zielort des letzten Fluges.

Daraus folgt, dass es im Fall eines Fluges mit Anschlussflügen für die Zwecke der in Art. 7 der Verordnung Nr. 261/2004 vorgesehenen pauschalen Ausgleichszahlung allein auf die Verspätung ankommt, die gegenüber der planmäßigen Ankunftszeit am Endziel, d. h. dem Zielort des letzten Fluges des betreffenden Fluggasts, festgestellt wird.

Drittens betrifft Art. 6 der Verordnung Nr. 261/2004, der sich auf die Verspätung eines Fluges gegenüber der planmäßigen Abflugzeit bezieht, nach seinem Wortlaut nur die Festlegung der Voraussetzungen für einen Anspruch auf die in den Art. 8 und 9 der Verordnung vorgesehenen Unterstützungs- und Betreuungsleistungen.

Daraus folgt, dass die pauschale Ausgleichszahlung, auf die ein Fluggast nach Art. 7 der Verordnung Nr. 261/2004 Anspruch hat, wenn sein Flug das Endziel drei Stunden oder mehr nach der planmäßigen Ankunftszeit erreicht, nicht von der Einhaltung der in Art. 6 der Verordnung genannten Voraussetzungen abhängt.“

20. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Danach kommt es für die Leistung einer Ausgleichszahlung nur auf eine Verspätung am Endziel von mindestens drei Stunden an. Zielort im Sinne der EGV 261/2004 war als der Zielort des letzten Fluges New York. Die Kläger haben New York mit einer Verspätung von über 4 Stunden erreicht.

21. Diese Betrachtungsweise gilt auch im Falle einer Flugreise mit Anschlussflügen. So haben sowohl der EuGH (a.a.O.) als auch der BGH (Urteil vom 17. September 2013 – X ZR 123/10 -,juris; Urteil vom 07. Mai 2013 – X ZR 127/11 -, juris m. w. N.) entschieden, dass den Fluggästen eines verspäteten Fluges ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 EGV 261/2004 zusteht, soweit die Kläger infolge der Flugverspätung ihr individuelles Endziel mit einer Verspätung von mindestens drei Stunden erreichen, auch wenn die verspätete Ankunft am Endziel darauf beruht, dass infolge der Flugverspätung ein selbst nicht verspäteter Anschlussflug verpasst wird.

22. Hierbei kommt es nach Ansicht des Gerichts nicht darauf an, dass der Anschlussflug von Wien nach New York nicht durch die Beklagte selbst durchgeführt werden sollte, sondern durch ein anderes Luftfahrtunternehmen. Maßgeblich ist, ob die Beklagte die Ursache für die Verspätung am Endziel mit dem verspäteten Zubringerflug gesetzt hat (LG Frankfurt, Beschluss vom 26. März 2013 – 2-​24 S 16/13, 2/24 S 16/13 -, juris).

23. Etwas anderes ergibt sich weder aus der Verordnung selbst, noch aus der Rechtsprechung des EuGH. Dafür, dass sich die Formulierung „direkter“ Anschlussflug nur auf Flüge beziehen soll, die von dem gleichen Luftfahrtunternehmen durchgeführt werden, gibt es keine Anhaltspunkte (a. A. die von der Beklagten angeführte, soweit ersichtlich, nicht veröffentlichte Rechtsprechung). Es ist schon nicht nachvollziehbar, weshalb Fluggäste die eine Flugreise buchen, bei denen die einzelnen Teilstrecken (unter Umständen zufällig) von verschiedenen Luftfahrtunternehmen durchgeführt werden, anders behandelt werden sollen, als Fluggäste deren Flugreise insgesamt durch das gleiche Luftfahrtunternehmen durchgeführt wird. Für die Fluggäste macht es hinsichtlich der Unannehmlichkeiten, die durch die Verspätung verursacht werden, keinen Unterschied, ob der Anschlussflug von demselben Luftfahrtunternehmen durchgeführt wird, wie der Zubringerflug.

24. Hinsichtlich der finanziellen Konsequenzen für die Luftfahrtunternehmen hat der EuGH in seinem Urteil (a.a.O.) hervorgehoben, dass die finanziellen Konsequenzen gegenüber dem Ziel eines erhöhten Schutzes der Fluggäste nicht als unverhältnismäßig angesehen werden könnten und dass die Bedeutung, die dem Ziel des Schutzes der Verbraucher und somit auch der Fluggäste zukomme, negative wirtschaftliche Folgen selbst beträchtlichen Ausmaßes für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer rechtfertigen könne.

25.  Eine Kürzung des Anspruchs wegen der gewählten Umsteigezeiten unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens (§ 254 BGB) kommt vorliegend nicht in Betracht. Dabei kann dahinstehen, ob § 254 BGB überhaupt auf Ausgleichsansprüche im Rahmen der EGV 261/2004 anwendbar ist. Die Minderung des Schadensersatzanspruchs hängt nach § 254 Abs. 1 BGB jedenfalls davon ab, dass ein Verschulden des Geschädigten vorliegt. Ein solches Verschulden der Kläger ist vorliegend nicht ersichtlich. Erforderlich ist, dass der Geschädigte die Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die ein verständiger Mensch im eigenen Interesse aufwendet, um sich vor Schaden zu bewahren (MüKoBGB/Oetker BGB § 254 Rn. 30). Eine vorwerfbare Sorgfaltspflichtverletzung der Kläger ist nicht erkennbar. Die Kläger haben die Flugverbindungen nicht selbst zusammengestellt. Unstreitig wurde diese Flugverbindung im Reservierungssystem unter Einhaltung der Mindestumsteigezeit von einem Luftfahrtunternehmen angeboten. Wenn im Reservierungssystem neben Direktverbindungen auch Umsteigeverbindungen angeboten werden, kann es den Klägern nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn diese sich für einen angebotenen Umsteigeflug entscheiden. Eine andere Bewertung wäre gfs. dann vorzunehmen, wenn den Klägern eine Mindestumsteigezeit bei Intercontinentalflügen von 1 Stunde bekannt gewesen wäre oder hätte bekannt sein müssen. Dass bei Intercontinentalflügen eine Umsteigezeit von 1 Stunde mindestens erforderlich sei, hat die Beklagte weder vorgetragen, noch Beweis angeboten. Dass den Klägern eine solche Umsteigezeit bekannt war oder hätte bekannt sein müssen, hat die Beklagte auch nicht behauptet.

26. Die Beweislast für das Vorliegen eines Mitverschuldens trägt der Schädiger. Das gilt sowohl für den Grund des Mitverschuldens als auch für dessen Gewicht (MüKoBGB/Oetker BGB § 254 Rn. 145).

27. Hierbei kann letztlich auch dahinstehen, ob die Flugreise über das Reservierungssystem der Beklagten oder … gebucht wurde. Für die Frage eines etwaigen Mitverschuldens der Kläger macht dies ohnehin keinen Unterschied, wobei die Beklagte auch nicht vorgetragen hat, dass über ihr Reservierungssystem dieser Flug nicht angeboten worden ist.

28.  Die Beklagte ist von ihrer Verpflichtung zur Zahlung von Ausgleichsleistungen auch nicht nach Art. 5 Abs. 3 EGV 261/2004 freigeworden. Der Ausnahmetatbestand greift nicht. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückging, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

29. Ein außergewöhnlicher Umstand i. S. d. Art. 5 Abs. 3 EGV 261/2004 ist nur dann gegeben, wenn das Vorkommnis nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftverkehrsunternehmens und aufgrund seiner Natur oder Ursache von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen ist (EuGH, Urteil vom 22.12.2008 – C-​549/07, Wallentin-​, Hermann/Alitalia, Rn. 23 -juris).

30. Hierbei kennzeichnet es die gegebenenfalls zu einem Wegfall der Ausgleichsverpflichtung führenden Umstände, dass sie außergewöhnlich sind, d.h. nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entsprechen, sondern außerhalb dessen liegen, was üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist oder verbunden sein kann (vgl. BGH Urteil vom 21.08.2012, X ZR 138/11, Rn. 10, 13 – juris: „(als) außergewöhnlich aus den üblichen und erwartbaren Abläufen des Luftverkehrs herausragen“). Der Begriff soll Ereignisse erfassen, die nicht mit dem Luftverkehr verbunden sind, sondern als – jedenfalls in der Regel von außen kommende – besondere Umstände seine ordnungs- und plangemäße Durchführung beeinträchtigen oder unmöglich machen können (vgl. BGH a. a. O., Rn. 11 – juris). Erwägungsgrund 14 und 15 der Verordnung zeigen, dass für die Qualifikation der Umstände als außergewöhnlich weder ihre – möglicherweise vielfältigen – Ursachen noch ihre Herkunft aus dem Verantwortungsbereich des Luftverkehrsunternehmens oder eines Dritten oder ihre generelle Unbeeinflussbarkeit entscheidend sind, sondern vielmehr der Umstand, dass sie sich von denjenigen Ereignissen unterscheiden, mit denen typischerweise bei der Durchführung eines einzelnen Fluges gerechnet werden muss (vgl. BGH a. a. O., Rn. 14 – juris).

31. Diesen Vorgaben wird der Vortrag der Beklagten nicht gerecht. Es ist nicht dargetan, worauf die Entscheidung der Traffic Control beruhte. Es ist daher auch nicht erkennbar, ob es sich um ein Ereignis gehandelt hat, mit denen typischerweise bei der Durchführung eines einzelnen Fluges gerechnet werden muss.

32. Da damit schon die erste der beiden kumulativen Voraussetzungen für die Annahme eines außergewöhnlichen Umstands im Sinne des Art 5 Abs. 3 EGV 261/2004 fehlt, kommt es nicht mehr auf die zweite Voraussetzung an, namentlich die Frage, ob das Vorkommnis vom Luftfahrtunternehmen zu beherrschen ist oder nicht.

33. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren.

34. Die Kläger haben nicht dargetan, dass sich die Beklagte bereits bei Beauftragung seines jetzigen Prozessbevollmächtigten in Verzug befand. Die Kosten der den Verzug begründenden Erstmahnung kann der Gläubiger nicht ersetzt verlangen, weil sie nicht durch den Verzug verursacht worden ist und die nicht rechtzeitige Leistung (§ 280 Abs. 2 BGB) nur unter den Voraussetzungen des Verzuges eine Schadenersatzpflicht begründet (Palandt, 71. Auflage, § 280 BGB, Rn. 44 m. w. N.). Zwar geht das Gesetz davon aus, dass der bei Fälligkeit nicht leistende Schuldner eine Pflichtverletzung begeht (arg. § 280 Abs. 2 BGB: „zusätzlichen“). Die Folgen einer derartigen Vertragsverletzung sind jedoch, wie § 280 Abs. 2 BGB klarstellt, durch die Verzugsvorschriften abschließend geregelt; ein Rückgriff auf die allgemeine Schadensersatzpflicht nach § 280 Abs. 1 BGB ist daher nicht möglich (Ernst in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage, § 286 Rn 1a, 154).

35. Andere Anspruchsgrundlagen aus denen sich ein etwaiger Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren ergeben könnte, sind nicht ersichtlich.

36. Die zugesprochenen Zinsen stehen der Klägerseite gemäß den §§ 286, 291, 288 BGB zu.

37. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Angesichts dessen, dass abgewiesenen Nebenforderungen 10% des fiktiven Streitwerts (Hauptforderung, Zinsen, Kosten) überschreiten, war ungeachtet dessen, dass dieselbe Wertstufe vorliegt, eine Kostenquotelung vorzunehmen (vgl. Zöller-​Herget, § 92, 29. A., Rn. 11). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Maßgabe in §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

38. Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem Landgericht Frankfurt am Main, Gerichtsstraße 2, 60313 Frankfurt am Main.

39. Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 € übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

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