Werbung mit Sicherungsschein unzulässig
OLG Köln: Werbung mit Sicherungsschein unzulässig
Eine Prüfstelle reklamiert, dass ein Reiseveranstalter seine Angebote auf einer Internetseite mit einem Sicherungsschein bewirbt. Dieser garantiere den Kunden ihre vertraglichen Ansprüche. Da dies eine gesetzliche und keine privat auszustellende Garantie ist, klagt die Prüfstelle auf Unterlassung.
Das Oberlandesgericht Köln hat der Klägerin Recht zugesprochen. Der Reiseveranstalter dürfe in den Kunden nicht den falschen Eindruck erwecken, die Einhaltung der vertraglichen Rahmenbedingungen sei durch einen besonderen Service seinerseits garantiert.
OLG Köln | 6 W 21/13 (Aktenzeichen) |
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OLG Köln: | OLG Köln, Urt. vom 01.02.2013 |
Rechtsweg: | OLG Köln, Urt. v. 01.02.2013, Az: 6 W 21/13 |
LG Bonn, Urt. v. 29.11.2012, Az: 30 O 61/12 | |
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Leitsätze:
2. Wenn bei Reisen mit einem Sicherungsscheins geworben wird, liegt eine irreführende Werbung vor, da der Sicherungsschein gesetzlich vorgeschrieben ist.
Werbung mit Selbstverständlichkeiten ist eine irreführende Werbung.
Zusammenfassung:
3. Die Beklagte, ein Reiseveranstalter, warb auf seiner Website mit folgender Aussage: „Mit Ihrer Anzahlung garantiert ein Sicherungsschein Ihre Ansprüche.“ Die Klägerin hat diese Aussage als Werbung mit Selbstverständlichkeiten erkannt, da eine vertraglich erbrachte Leistung stets den entsprechenden Gegenanspruch garantiere. Die Klägerin begehrt darum die Unterlassung dieser Aussage.
Das Oberlandesgericht Köln hat der Klägerin Recht gegeben. Der Sicherungsschein stelle keine besondere Leistung des Reiseveranstalters dar, sondern sei etwas gesetzlich Vorgeschriebenes.
Somit werbe in diesem Fall die Beklagte mit einer Selbstverständlichkeit und nicht mit einer besonderen Leistung.
§ 5 Abs. 1 UWG untersagt es, durch irreführende geschäftliche Handlungen eine geschäftliche Handlung des Verbrauchers herbeizuführen, die er ohne dieses Zutun nicht unternommen hätte. Die ausdrückliche Zusicherung eines vermeintlich exklusiven Sicherungsscheins, der dem Kunden nur Ansprüche suggeriert, die ihm auch der gesetzliche Verbraucherschutz zuspricht, ist als solche Handlung zu sehen.
In der Folge wurde der Beklagte zur Unterlassung der entsprechende Werbeaktivitäten verurteilt.
Tenor:
4. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 30. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 18. 9. 2012 – 30 O 61/12 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.
Gründe:
5. Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Bonn vom 18. 9. 2012 hat auch in der Sache Erfolg. Die Kosten des Rechtsstreits waren gemäß § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO der Klägerin aufzuerlegen.
6. Nach dem Sach- und Streitstand wäre die Klägerin auch dann, wenn der Anlass zur Klageerhebung nicht bereits vor Rechtshängigkeit weggefallen wäre, in dem Rechtsstreit unterlegen. Die von der Beklagten abgegebene Unterlassungserklärung ist in diesem Zusammenhang unerheblich, da sie auch in der Fassung vom 26. 8. 2012 – zwar rechtsverbindlich, aber ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht abgegeben worden ist. Durch diese Erklärung hat sie zwar eine Wiederholungsgefahr ausgeräumt, nicht aber den von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch anerkannt (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl. 2013, § 12 Rn. 1.109).
7. Ein solcher Anspruch bestand auch nicht. Die von der Klägerin beanstandete Aussage auf der Internetseite der Beklagten verstieß nicht gegen Nr. 10 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG. Durch diese Bestimmung wird Werbung untersagt, durch die der Unternehmer dem Verbraucher von Gesetzes wegen zustehenden Rechte – wie beispielsweise Widerrufs- oder Gewährleistungsrechte – als eine Besonderheit, als eine kennzeichnende Eigenschaft („distinctive feature“, „une caractéristique propre“) seines Angebots herausstreicht und den unzutreffenden Eindruck erweckt, sein Angebot zeichne sich gegenüber den Angeboten seiner Wettbewerber durch diese Besonderheit aus. Der Tatbestand ist dagegen nicht erfüllt, wenn der Unternehmer auf die gesetzlich verbrieften Rechte nur hinweist. Die Rechte müssen als Besonderheit dargestellt, also besonders herausgehoben werden (Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl. 2013, Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG Rn. 10.1; Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl. 2010, Anhang zu § 3, Rn. 27). Eine Äußerung, die keine besondere Aufmerksamkeit erweckt, sondern in Schriftgröße und –gestaltung dem Angebot insgesamt entspricht und grafisch nicht besonders hervorgehoben ist, erfüllt diese Voraussetzungen nicht (KG, Beschluss vom 9. 11. 2007 – 5 W 304/07 – GRUR-RR 2008, 131, 134 – Eigentümerversand).
8. Im vorliegenden Fall findet sich die von der Klägerin beanstandete Äußerung in dem allgemeinen Katalog der Leistungen, ohne in besonderer Weise hervorgehoben zu sein. Dieser Leistungskatalog befindet sich auch nicht, soweit sich dies den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen entnehmen lässt, an einer besonders prominenten Stelle des Internetauftritts der Beklagten, sondern lässt sich nur erreichen, wenn der von den konkreten Angeboten der Beklagten abgetrennte Menüpunkt „Leistungen“ gewählt wird. Die Klägerin selber charakterisiert die Darstellung in der Klageschrift als „gleichberechtigt und ein weiterer Unterpunkt“. Vor diesem Hintergrund wird mit der Aussage, zu den Leistungen der Beklagten gehöre ein Sicherungsschein, nicht der Anschein erweckt, dass es sich dabei um eine besondere, nur das Angebot der Beklagten kennzeichnende Eigenschaft handele. Dies gilt auch für die Formulierung, „unsere Kunden gehen kein Risiko ein: Mit Ihrer Anzahlung garantiert ein Sicherungsschein Ihre Ansprüche“, die lediglich eine Beschreibung der Funktion des Sicherungsscheins darstellt.
9. Vor diesem Hintergrund kann die beanstandete Aussage auch nicht als irreführende Werbung im Sinn der §§ 3, 5 Abs. 1 UWG gewertet werden. Sonstige Billigkeitsgesichtspunkte, die es rechtfertigen würden, der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, sind nicht ersichtlich.
10. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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