Haftung bei Subcharter-Flügen

AG Rüsselsheim: Haftung bei Subcharter-Flügen

Ein Ehepaar bucht bei einem Luftfahrtunternehmen einen Flug. Weil dieser als Subcharter-Flug gekennzeichnet ist, wird er allerdings von einer anderen Airline ausgeführt. Als sich der entsprechende Flug um mehr als 3 Stunden verspätete, verlangten die Kläger von der Airline, bei der sie den Flug gebucht hatten, eine Ausgleichszahlung.
Das Unternehmen weigerte sich, weil es keinen Einfluss auf die Verspätung hatte.

Das Amtsgericht Rüsselsheim hat den Klägern den Anspruch zugesprochen. Weil die ausführende Airline als Erfüllungsgehilfin tätig geworden sei, sei der Beklagten ihr Handeln zuzurechnen.

AG Rüsselsheim 3 C 1961/12 (31) (Aktenzeichen)
AG Rüsselsheim: AG Rüsselsheim, Urt. vom 09.01.2013
Rechtsweg: AG Rüsselsheim, Urt. v. 09.01.2013, Az: 3 C 1961/12 (31)
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Hessen-Gerichtsurteile

Amtsgericht Rüsselsheim

1. Urteil vom 09. Januar 2013

Aktenzeichen: 3 C 1961/12 (31)

Leitsatz:

2. Führt ein Luftfahrtunternehmen einen Flug durch ein Subcharter-Luftfahrtunternehmen durch, so haftet das Luftfahrtunternehmen für das Subcharter-Luftfahrtunternehmen, da dieses hier als Erfüllungsgehilfe auftritt.

Zusammenfassung:

3. Die Kläger waren für einen so genannten Subcharter Flug eingetragen, welcher mit einer Verspätung von mehr als 3 Stunden am Zielflughafen landete.
Unter einem Subcharter Flug versteht man einen Flug der im Auftrag eines Luftfahrtunternehmens von einem anderen Luftfahrtunternehmen durchgeführt wird.

Die Kläger begehren von der Beklagten eine Ausgleichspauschale gemäß Art. 7 Abs. 1 b der Verordnung (EG) Nr. 261/2004.
Die Beklagte ist hierbei nicht das tatsächlich ausführende Luftfahrtunternehmen sondern jenes, bei welchem der Flug ursprünglich gebucht wurde
Sie verteidigt sich damit, dass sie die Pauschalen nicht zahlen muss, da sie den Flug nicht tatsächlich ausgeführt hat.

Das Amtsgericht Rüsselsheim hat den Klägern die begehrten Pauschalen zugesprochen. Die Beklagte habe den Flug zwar nicht selbst durchgeführt, jedoch den Beförderungsvertrag mit den Passagieren abgeschlossen.
Die ausführende Airline agierte in diesem Fall nur als Erfüllungsgehilfe.
Gemäß §278 I BGB hat der Schuldner, hier die beklagte Airline, das Verschulden der Person zu vertreten, derer er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient.
Aus diesem Grund muss sich die Beklagte Airline die Verspätung des Subcharter-Fluges anrechnen lassen und für die Ausgleichszahlung aufkommen.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger je 400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.04.2012 zu zahlen; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 13 % und die Beklagte zu 87 % mit Ausnahme der durch die Anrufung des unzuständigen Amtsgerichts Bad Homburg vor der Höhe entstandenen Verfahrenskosten, die die Kläger alleine zu tragen haben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten ist gestattet, eine Zwangsvollstreckung gegen Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Forderung abzuwenden, soweit nicht die Kläger vor Vollstreckungssicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand:

5. Die Parteien streiten um Ausgleichsansprüche nach der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 sowie Verzugschaden.

6. Die Kläger waren bei der Beklagten als ausführenden Luftfahrtunternehmen auf einen Flug von Larnaca nach Berlin-Schönefeld am 24.10.2011 unter der Flugnummer … eingebucht.

7. Dieser Flug im Subcharter wurde nicht planmäßig ausgeführt. Es lag sowohl eine Abflug- als auch Ankunftsverspätung von mehr als drei Stunden vor.

8. Mit Schreiben vom 24.10.2011 (Kopie hiervon Blatt 7 d. A.) forderten die Kläger von der Beklagten Ausgleichszahlungen in Höhe von zweimal 400,00 €. Die Beklagte bestätigte den Eingang des Forderungsschreibens am 25.10.2011 und bat um etwas Geduld. Mit Schreiben vom 29.11.2011 (Kopien hiervon Blatt 8 – 9 d. A.) forderten die Prozessbevollmächtigten der Kläger von der Beklagten erneut die Zahlung einer Entschädigung von je 400,00 €. Mit Schreiben vom 27.12.2011 (Kopie hiervon Blatt 10 d. A.) wies die Beklagte gegenüber dem Kläger zu 1) die geltend gemachten Ansprüche zurück.

9. Im vorliegenden Verfahren verfolgen die Kläger ihre Zahlungsansprüche weiter und begehren darüber hinaus die Freistellung von vorprozessual entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 120,67 €. Die Kläger vertreten die Ansicht, dass sie wegen der fehlenden Reaktion der Beklagten auf ihre Forderung berechtigt gewesen seien, einen Anwalt einzuschalten.

10. Die Kläger beantragen die Beklagte zu verurteilen, an sie je 400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.04.2012 zu zahlen und sie von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 120,67 € freizustellen.

11. Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.

12. Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass sie nicht passiv legitimiert sei, da sie den streitgegenständlichen Flug nicht durchgeführt habe sondern die bulgarische Fluggesellschaft … .

13. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

14. Die Klage ist überwiegend begründet.

15. Die Kläger haben im zuerkannten Umfang einen Anspruch auf Zahlung der Ausgleichspauschale gemäß Art. 7 Abs. 1 b der Verordnung (EG) Nr. 261/2004. Unstreitig wurde der Flug … am 24.10.2011 nicht planmäßig sondern mit mehr als dreistündiger Verspätung durchgeführt. Den Klägern stehen daher nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 18.02.2010; Aktenzeichen Xa ZR 95/06) Ausgleichszahlungen gemäß Art. 7 der vorgenannten Verordnung zu.

16. Diesem Ergebnis steht nicht der Einwand der Beklagten entgegen, sie sei nicht passiv legitimiert. Die Beklagte hat selbst in ihrem Informationsschreiben über einen Subcharter dargelegt, dass sie aus „operativen Gründen der Flugplanung“ die bulgarische Fluggesellschaft … beauftragt habe den streitgegenständlichen Flug durchzuführen. Dies ist nichts anderes als die Einschaltung eines Erfüllungsgehilfen für die Ausführung des Beförderungsvertrages aufgrund dessen die Beklagte verpflichtet war, die Kläger von Larnaca nach Berlin-Schönefeld zu transportieren. Die Beklagte bleibt daher für den streitgegenständlichen Flug ausführendes Luftfahrtunternehmen.

17. Der Zinsanspruch ist gemäß § 291 BGB begründet.

18. Die Kläger haben jedoch keinen Anspruch auf Freistellung von vorprozessual entstandenen Rechtsanwaltskosten. Insoweit war die Klage abzuweisen. Ausweislich ihres eigenen Vortrags wurden die Kläger aufgrund ihres Forderungsschreibens vom 24.10.2011 von der Beklagten nach Eingangsbestätigung gebeten, sich noch etwas zu gedulden. Die genaue Formulierung ist dem Gericht nicht bekannt, da das diesbezügliche Antwortschreiben dem Gericht nicht vorgelegt wurde. Das Gericht vermag daher nicht festzustellen, ob mit der Beauftragung der Prozessbevollmächtigten und deren Schreiben vom 29.11.2011 schon eine angemessene Wartefrist abgelaufen war und es aus Sicht der Kläger gerechtfertigt war, über ihre späteren Prozessbevollmächtigten vorprozessual die Ansprüche gegenüber der Beklagten erneut geltend zu machen. Da vorprozessual entstehende Rechtsanwaltskosten nur als Verzugsschaden geltend gemacht werden können, vermag das Gericht auch nicht einen Verzug bei der Beklagten festzustellen, sodass die Kläger keinen Ersatzanspruch; und hier dementsprechend kein Freistellungsanspruch gegenüber der Beklagten hinsichtlich der geltend gemachten vorprozessualen Rechtsanwaltskosten haben.

19. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2, 281 Abs. 3 ZPO. Die Überbürdung der gesamten Verfahrenskosten auf eine Partei setzt nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO eine geringfügige zu viel Forderung und keine besondere oder nur geringfügige höhere Kosten voraus. Die zu viel Forderung hier Freistellung von vorprozessualen Rechtsanwaltskosten – war jedoch in Ansehung der Hauptforderung nicht mehr geringfügig. Insoweit ist für die Anwendung von § 92 ZPO ohne Bedeutung, dass die zu viel Forderung aus einer den Streitwert nicht erhöhenden Nebenforderung resultiert und ebenso ob die Partei mit einem Haupt- oder Nebenanspruch teilweise obsiegt oder unterliegt (siehe hierzu auch BGH – NJW 1988, 2173 ff.).

20. Die Entscheidung wird die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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