Wirksamkeit von Willenserklärung

OLG Hamm: Wirksamkeit von Willenserklärung

Ein Verein für Verbraucherschutz erreicht vor Gericht die Beanstandung der Werbung einer Unternehmerin als unzulässige Ankündigung einer Sonderveranstaltung. Als nach mehr als einem Monat keine Unterwerfungserklärung seitens der Beklagten eingegangen ist, klagt der Verein auf Unterlassung, um eine Wiederholung auszuschließen.

Die Beklagte behauptet die Dokumente zur Unterwerfung bereits abgeschickt zu haben und wehrt sich gegen die Klage.
Fraglich war in diesem Zusammenhang, ab wann eine Unterwerfungserklärung als wirksam anzusehen sei.

Das Oberlandesgericht Hamm hat dem Kläger Recht zugesprochen. Die Klage sei formell zulässig, da zum Zeitpunkt ihrer Erhebung noch kein Bescheid vorlag. Die Beweislast über den Zugang der Dokumente trage die Beklagte.

OLG Hamm 4 W 89/90 (Aktenzeichen)
OLG Hamm: OLG Hamm, Urt. vom 27.09.1990
Rechtsweg: OLG Hamm, Urt. v. 27.09.1990, Az: 4 W 89/90
LG Detmold, Urt. v. 25.07.1990, Az: 8 O 59/90
Fragen & Antworten zum Thema
Verwandte Urteile
Weiterführende Hinweise und Links
Hilfe und Beratung bei Fragen

Nordrhein-Westfalen-Gerichtsurteile

Oberlandesgericht Hamm

1. Urteil vom 27. September 1990

Aktenzeichen: 4 W 89/90

Leitsatz:

2. Wirksamkeit der Unterwerfungserklärung richtet sich nach Zugang

Zusammenfassung:

3. Ein Verein zum Schutz von Verbraucherinteressen erreicht vor Gericht eine Beanstandung der Werbemaßnahmen einer privaten Unternehmerin als Ankündigung einer unzulässigen Sonderveranstaltung. Weil nach mehr als einem Monat noch immer keine Unterwerfungserklärung der Beklagten abgegeben wurde, klagt der Verein nun auf Unterlassung, um die Gefahr einer Wiederholung auszuschließen.

Die Beklagte wehrt sich mit der Begründung gegen die Vorwürfe, sie habe die fragliche Unterwerfungserklärung bereits versandt. Eine Unterlassungsklage sei somit hinfällig.

Das Oberlandesgericht Hamm hat der Klage stattgegeben. Die Unterlassungsklage des Vereins sei formell zulässig, da die strittigen Dokumente dem Gericht zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht vorlagen.

Die Unterwerfungserklärung werde, nach § 130 Abs 1 S 1 und 2 BGB, erst mit ihrem Zugang rechtsgeschäftlich unwiderruflich wirksam. Somit werde auch erst mit ihrem Zugang die Wiederholungsgefahr beseitigt.

Die Beweislast in Bezug auf den Zugangs liege bei dem, der den Zugang behaupte.Vorliegend sei die Beklagte jedoch nicht im Stande gewesen, einen Nachweis für den Zugang der Erklärung vorzulegen.

Tenor:

4. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Der Beschwerdewert entspricht den Kosten des ersten Rechtszuges.

Gründe

5. Die zulässige sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.

6. Die Beklagte nimmt die materiellrechtliche Bewertung ihrer beanstandeten Werbung als Ankündigung einer unzulässigen Sonderveranstaltung gemäß § 7 Abs. 1 UWG hin, insoweit ist auch kein Rechtsfehler zu erkennen.

7. Mit ihrem Einwand, der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei aber aus dem Grunde von Anfang an unbegründet gewesen, weil mit Blick auf Übersendung ihrer dem Abmahnschreiben der Klägerin vom 21.12.1989 entsprechenden strafgesicherten Unterlassungsverpflichtung vom 29.12.1989 die Wiederholungsgefahr ausgeräumt gewesen sei, kann die Beklagte nicht durchdringen. Das Landgericht hat schon dazu richtig ausgeführt, daß das strafgesicherte Unterlassungsversprechen eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist, die gemäß § 130 Abs. 1 BGB erst mit ihrem Zugang bei dem Empfänger wirksam wird.

8. Ist besagte Unterwerfungserklärung der Klägerin nicht zugegangen, konnte diese mangels Wirksamkeit auch die Wiederholungsgefahr nicht ausräumen. Richtig ist zwar, daß der durch die Abgabe der Unterwerfungserklärung zum Ausdruck gebrachte innere Wille des Störers, eine als wettbewerbswidrig beanstandete Handlung zukünftig nicht mehr zu wiederholen, maßgebend ist für die Annahme des Wegfalls der Wiederholungsgefahr, feststellen läßt sich das aber erst an Hand der erkennbaren objektiven Umstände, die sich erst mit Zugang des Unterlassungsversprechens offenbaren, das erst mit dem Zugang unwiderruflich wird (§ 130 Abs. 1 S. 2 BGB). Entsprechendes ist hier erst nach Klageerhebung geschehen.

9. Von einer offenen Beweislage hinsichtlich der Frage des Zuganges der Unterlassungsverpflichtung kann entgegen der Auffassung der Beklagten keine Rede sein, weil eine Beweisaufnahme zu diesem Punkt nach Lage der Dinge zur Zeit der erklärten Hauptsacheerledigung nicht in Betracht kommen konnte. Die insoweit beweispflichtige Beklagte hat nämlich für den behaupteten Zugang des Unterlassungsversprechens bei der Klägerin keinen Beweis angetreten. Die behauptete und auch unter Beweis gestellte Absendung der Erklärung ist nicht geeignet, ebenfalls für deren Zugang bei der Klägerin Beweis zu erbringen; insoweit scheidet auch ein Anscheinsbeweis in diese Richtung zugunsten der Klägerin aus.

10. Soweit der Beklagte in ihrer Beschwerde zum Ausdruck bringen will, sie habe zur Klageerhebung keine Veranlassung gegeben, weil die Klägerin wegen des mehrmonatigen Zeitablaufs zwischen der aus deren Sicht erfolglosen Abmahnung und der Klageerhebung noch einmal bei ihr hätte nachfragen müssen, kann dem nicht gefolgt werden. Wenn die Abmahnung der Klägerin ohne Antwort blieb, rechtfertigte das die Annahme, nicht ohne gerichtliche Hilfe auskommen zu können, es sei denn, es wären Anhaltspunkte für ein Einlenken der Beklagten zutage getreten. Das war hier jedoch nicht der Fall, aus dem zwischenzeitlichen Zeitablauf können insoweit keine maßgeblichen Schlußfolgerungen gezogen werden.

Fragen zu diesem Urteil? Diskutiere in unserem Forum.

Fragen & Antworten zum Thema

Fragen & Antworten zum Thema: OLG Hamm: Wirksamkeit von Willenserklärung

Verwandte Entscheidungen

AG Bad Homburg, Urt. v. 19.02.2008, Az: 2 C 2973/07 (19)
AG Andernach, Urt. v. 17.09.2004, Az: 6 C 332/04

Berichte und Besprechungen

Die Zeit: Die Beweislast liegt beim Absender
Focus: Beweislast und Gefahrenübergang
Badische Zeitung: Absender trägt die Beweislast
Forum Fluggastrechte: Absender trägt Beweislast bei postalischen Sendungen
Passagierrechte.org: Absender muss Zugang beweisen

Rechtsanwälte für Reiserecht

Hilfe bei rechtlichen Fragen: Rechtsanwälte für Reiserecht oder Rechtsanwälte für Fluggastrechte.