Schadensersatzanspruch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubzeit bei Änderung der Reisedaten

LG Hannover: Schadensersatzanspruch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubzeit bei Änderung der Reisedaten

Ein Reisender forderte Schadensersatz für vertane Urlaubszeit, weil seine Pauschalreise um einen Tag nach hinten verschoben worden war. Die Klage wurde in zwei Instanzen abgewiesen, weil keine erhebliche Beeinträchtigung vorlag.

LG Hannover 10 S 4/12 (Aktenzeichen)
LG Hannover: LG Hannover, Urt. vom 23.03.2012
Rechtsweg: LG Hannover, Urt. v. 23.03.2012, Az: 10 S 4/12
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Landgericht Hannover

1. Urteil vom 23. März 2012

Aktenzeichen 10 S 4/12

Leisatz:

2. Die vier Monate vor Reisebeginn durch den Veranstalter mitgeteilte eintägige Verschiebung einer Pauschalreise begründet keinen Anspruch auf Schadensersatz für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte für sich und Familienangehörige eine 14-tägige Pauschalreise gebucht. Vier Monate vor dem Reiseantritt teilt die Reiseveranstalterin mit, dass es um eine jeweils eintägige Verschiebung des An- bzw. Abreisedatums komme. Hierfür verlangte der Kläger Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit.

Nachdem die Klage in erster Instanz abgewiesen wurde, verfolgte der Kläger mit der Berufung vor dem Landgericht Hannover sein Begehren weiter. Doch auch dies blieb ohne Erfolg. Da bei nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit ein immaterieller Schadensersatz ohne materielle Anknüpfungspunkte entschädigt wird, hat das Gericht den Einzelfall zu bewerten. Vorliegend lag offensichtlich keine erhebliche Beeinträchtigung des Erholungsgehaltes der Reise vor und die Änderung war von der Beklagten rechtzeitig angekündigt worden.

Gründe:

4. Es wird darauf hingewiesen, dass die Kammer erwägt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO n. F. zurückzuweisen, weil die Kammer einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (I.), die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (II.), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert (III.) und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (IV.).

I.

5. Nach Auffassung der Kammer dürfte die Berufung offensichtlich aussichtslos sein, weil für jeden Sachkundigen ohne längere Nachprüfung erkennbar ist, dass die vorgebrachten Berufungsgründe das angefochtene Urteil nicht zu Fall bringen können (vgl. S. 9 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT Drucksache 17/6404). Das angefochtene Urteil beruht weder auf einem Rechtsfehler (§§ 513 Abs. 1, 1. Alternative, 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1, 2. Alternative ZPO).

6. Zur Begründung nimmt die Kammer auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Hannover vom 10.01.2012 Bezug und schließt sich den dortigen rechtlichen Erwägungen – soweit sie durch die eingelegte Berufung einer Überprüfung zugänglich sind – an. Die Berufungsbegründung des Klägers vom 10.03.2012 gibt keinen Anlass zu einer abweichenden rechtlichen Würdigung.

7. Durch die dem Kläger über 4 Monate vor Reisebeginn aufgezeigte geringfügige Änderung der Reisedaten von jeweils einem Tag bei Hin- und Rückreise wurde die Reise nicht derart erheblich beeinträchtigt, dass dem Kläger ein Anspruch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit zusteht. Da die Flugzeiten und die Streckenführung – wie im Pauschalreise- und Charterflugverkehr üblich – unter Änderungsvorbehalt standen, ist bereits fraglich, ob der Beklagten überhaupt ein Verschuldensvorwurf zu machen ist, was insbesondere vor dem Hintergrund bedenklich erscheint, dass die Änderung der Reisedaten bereits viele Monate vor Reiseantritt mitgeteilt wurde und dem Kläger so ermöglicht wurde, sich auf die veränderten Termine einzustellen, bzw. von der Reise Abstand zu nehmen und eine andere Reise zu buchen. Da das Vertretenmüssen i.S.d. § 651 f Abs. 1 HS 2 BGB aber vermutet wird, wäre es Sache der Beklagten gewesen, zu den Gründen der Terminsverschiebung näher vorzutragen.

8. Im Ergebnis nicht festgestellt werden kann jedoch, dass die geringfügige Terminsverlegung bei der für 14 Tage geplanten Reise zu einer so erheblichen Beeinträchtigung geführt hat, dass man zugunsten des Klägers von deren gänzlicher Vereitelung ausgehen müsste. Dem allgemein gehaltenen Vortrag des Klägers, er und seine Tochter hätten bereits am Ankunftstag der angebotenen Alternativreise wieder Termine wahrzunehmen gehabt, so dass sie dieses Angebot nicht hätten annehmen können, fehlt – wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt und begründet hat – die erforderliche Substanz.

9. Ebenfalls nicht ausreichend dargelegt wird, dass der Kläger und seine Familie überhaupt nutzlos aufgewendete Urlaubszeit hinzunehmen hatten. Trotz entsprechenden Hinweises durch das Amtsgericht ist nicht zu der sich aufdrängenden Frage vorgetragen worden, ob es dem Kläger noch gelungen ist, zu diesem oder aber einem anderen Zeitpunkt eine Ersatzreise zu buchen, welche Anstrengungen er hierfür hat unternehmen müssen und ob diese letztlich von geringerem Erholungswert war. Entgegen der Auffassung des Klägers sind diese Umstände für die Bemessung des Schadensersatzanspruches nach § 651 f Abs. 2 BGB nicht gänzlich bedeutungslos. Mit einer Klage nach § 651 f Abs. 2 BGB wird der Ersatz von immateriellen Schäden begehrt, die – gerade weil keine materiellen Anknüpfungspunkte zur Verfügung stehen – jeweils nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles bemessen werden können. So liegt es beispielsweise im Ermessen des Tatrichters, in Bagatellfällen von der Zuerkennung einer Entschädigung insgesamt abzusehen, selbst wenn bei formaler Betrachtung die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen (vgl. hierzu BGH NJW 2005, 1047).

10. Bereits hieraus ergibt sich, dass die pauschale Berufung auf nutzlos aufgewendete Urlaubszeit per se ohne näheren Sachvortrag nicht genügen kann. Dies gilt umso mehr, wenn – wie vorliegend – die Reisedatenänderung mit einem über 4-​monatigen Vorlauf bekannt gegeben wurde.

11. Im Ergebnis zutreffend hat das Amtsgericht darüber hinaus die Erstattung vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten versagt. Nachdem die Beklagte bereits vor Einschaltung des Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 20.06.2011 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hatte, dass sie nicht bereit sei, über die Rückerstattung des bereits angezahlten Reisepreises hinaus weiteren Schadensersatz zu leisten, hätte es nahegelegen, sogleich Klage zu erheben. Die Fertigung eines weiteren außergerichtlichen anwaltlichen Mahnschreibens war im Rahmen einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung schon aus diesem Grund nicht mehr angezeigt.

II.

12. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht zu erkennen. Es handelt sich um die Entscheidung eines Einzelfalles.

III.

13. Die vorliegende Rechtssache hat keine Bedeutung für die Fortbildung des Rechts. Die streitgegenständlichen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung hinreichend geklärt. Eine einheitliche Rechtsprechung muss nicht gesichert werden, weil keine unterschiedlichen Gerichtsentscheidungen für vergleichbare Sachverhalte bekannt sind.

IV.

14. Besondere Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sind nicht zu erkennen. Die entscheidenden rechtlichen Gesichtspunkte können in einer mündlichen Verhandlung nicht anders oder besser erörtert werden als schriftlich. Es ist auch nicht zu erkennen, dass die Rechtsverfolgung vorliegend für den Beschwerdeführer existentielle Bedeutung – wie z.B. bei Arzthaftungssachen – hätte.

V.

15. Frist zur Stellungnahme und zu einer weitere Kosten teilweise noch vermeidenden Rücknahme der Berufung: 3 Wochen.

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