Ersatz bei Nichtbeförderung

AG Lübeck: Ersatz bei Nichtbeförderung

Nachdem eine Reisende ihren Personalausweis vergessen und sich ein amtliches Ersatzdokument bei der Bundespolizei hatte ausstellen lassen, verweigerte ihr das Personal einer Airline den Zutritt zum Flugzeug. Die Reisende verlangt nun eine Ausgleichszahlung wegen Nichtbeförderung.

Das Amtsgericht Lübeck hat der Klägerin Recht zugesprochen. In der Weigerung der Airline, ein amtlich anerkanntes Dokument als Reisepass zu akzeptieren, sei eine unbegründete Nicht-Beförderung zu sehen.

AG Lübeck 28 C 331/07 (Aktenzeichen)
AG Lübeck: AG Lübeck, Urt. vom 13.09.2007
Rechtsweg: AG Lübeck, Urt. v. 13.09.2007, Az: 28 C 331/07
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Amtsgericht Lübeck

1. Urteil vom 13. September 2007

Aktenzeichen: 28 C 331/07

Leitsätze:

2. Auf den in Deutschland per Internet geschlossenen Vertrag eines ausländischen Lufttransportunternehmens zur Beförderung deutscher Passagiere mit Abflugort in Deutschland ist nach Art. 28 Abs. 5 EGBGB deutsches Recht als das Recht des Staates mit der engsten Vertragsbindung anzuwenden.

Die Beförderung darf nicht verweigert werden, wenn der Passagier ein von der Bundespolizei ausgestelltes Ersatzdokument vorlegt, das im Einreisestaat als Ausweispapier akzeptiert wird; gegenteilige AGB des Transportunternehmens verstoßen gegen § 307 Abs. 1 BGB.

 Zusammenfassung:

3. Eine Reisende buchte bei einem Luftfahrtunternehmen einen Linienflug von Deutschland nach Schweden. Als sie am Flughafen bemerkte, dass sie ihren Personalausweis nicht bei sich hatte, ließ sie sich von der Bundespolizei ein Ersatzreisedokument ausstellen. Weil ein solches Dokument nicht in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Airline aufgeführt wurde, verweigerte das Personal der Klägerin die Mitreise.

In der Folge verlangt die Reisende von der Fluggesellschaft eine Ausgleichszahlung wegen Nichtbeförderung. Die Airline weigert sich der Zahlung.

Das Amtsgericht Lübeck hat der Klage stattgegeben. Die Klausel in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Airline, die ausschließlich Lichtbildausweise als gültige Reisedokumente ausweist, verstoße gegen §307 BGB. Hierdurch werde der Reisende unangemessen benachteiligt, indem ihm die Nutzung eines amtlichen Ausweisdokuments untersagt werde.

In der Weigerung der Airline, die Reisende zu befördern, sei folglich eine Nichtbeförderung im Sinne von Art. 7 der Fluggastrechte Verordnung zu sehen.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 746,42 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.01.2006 sowie weitere 62,26 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.04.2007.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte am 29.09.2006 vertragswidrig die Beförderung der Klägerin auf der Strecke L-​S verweigert hat.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

5. Die Klägerin buchte für sich, ihren Ehemann und ihren Sohn einen Flug der Beklagten der Strecke L-​S. Der Hinflug sollte am 29.09.2006 um 16:40 h stattfinden, der Rückflug am 03.10.2006. Für den Beförderungsvertrag galten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten. Darin ist unter der Überschrift „Ausweispapiere“ u.a. Folgendes bestimmt:

6. „Alle Fluggäste müssen für alle Flüge bei der Abfertigung einen gültigen Lichtbildausweis vorlegen. Als Lichtbildausweis (…) wird ausschließlich Folgendes akzeptiert:

– Ein gültiger Reisepass

– Ein gültiger Personalausweis (…)

– Ein gültiger Führerschein mit Lichtbild kann nur für Reisen auf Inlandsflügen in Großbritannien und Italien sowie auf Strecken zwischen Großbritannien und Irland verwendet werden“

7. Für den weiteren Inhalt der Klausel wird auf Bl. 40 d.A. verwiesen. Die Klägerin vergaß bei dem Hinflug ihren Personalausweis und Reisepass. Die Beklagte verweigerte deshalb die Beförderung der Klägerin. Sie war auch nicht bereit, die Klägerin mit einem von der Bundespolizei auszustellenden Ersatzreisedokument zu befördern. Die Klägerin flog daher am selben Tag mit einem anderen Unternehmen von H nach S. Der Rückflug erfolgte mit der Beklagten. Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 20.12.2006 erfolglos zur Zahlung bis 05.01.2006 auf.

8. Die Klägerin behauptet, die am 29.09.2006 um 15:15 h auf dem Flughafen L diensthabenden Beamten der Bundespolizei seien bereit gewesen, der Klägerin auf Grundlage ihres Führerscheins mit Foto einen deutschen Ersatzausweis auszustellen. Ihr seien 6, – EUR zusätzliche Beförderungskosten innerhalb Deutschlands entstanden In S seien 440 SEK (entspr. 48,65 EUR) zusätzliche Transportkosten entstanden.

9. Die Klägerin ist der Ansicht, sie hätte mit dem Ersatzdokument in Schweden einreisen können.

10. Die Klägerin beantragt die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 746,42 EUR nebst 5 %- Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 6.1.2007 zu zahlen, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 62,26 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin am 29.09.2006 vertragswidrig die Beförderung auf der Strecke L-​S verweigert hat.

11. Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe:

12. Die Klage ist zulässig.

13. Das Amtsgericht Lübeck ist örtlich zuständig. Nach dieser Vorschrift kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats hat, in einem anderen Mitgliedsstaat verklagt werden, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre.

14. Der Zwischenfeststellungsantrag – Antrag zu 3.) ist zulässig. Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 2 ZPO sind erfüllt. Es ist ein Urteilsverfahren über die Hauptklage in einer Tatsacheninstanz noch hinsichtlich des Anspruchsgrundes anhängig. Das Rechtsverhältnis, dessen Feststellung die Klägerin begehrt, ist zwischen den Parteien im Rahmen des Hauptanspruches streitig. Das Bestehen oder Nichtbestehen dieses Rechtsverhältnisses, das heißt, die Frage, ob die Beklagte die Beförderung der Klägerin vertragswidrig abgelehnt hat, ist für die Entscheidung in der Hauptsache vorgreiflich. Im Falle einer Entscheidung über den geltend gemachten Hauptanspruch erwachsen die präjudiziellen Rechtsverhältnisse nicht in Rechtskraft. Das Urteil über die Hauptsache regelt die Rechtsbeziehungen der Parteien nicht bereits erschöpfend. Stets zulässig ist dabei die Feststellungsklage, wenn mit der Hauptklage mehrere selbstständige Ansprüche aus demselben Rechtsverhältnis verfolgt werden. Dies ist hier der Fall. Mit der Klage werden mehrere selbstständige Ansprüche aus demselben Rechtsverhältnis, nämlich dem Beförderungsvertrag und seiner behaupteten Verletzung, geltend gemacht. Dies ist zum einen der Schadensersatzanspruch wegen zusätzlicher Transportkosten, darüber hinaus der Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Anwaltskosten.

15. Die Klage ist begründet. Die Beklagte kann von der Klägerin die Zahlung von 746,42 EUR sowie 62,26 EUR, jeweils nebst Zinsen, verlangen.

16. Der Anspruch auf Zahlung von 746, 42 EUR beruht auf den §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1, Abs. 2 BGB.

17. Auf das Rechtsverhältnis der Parteien ist deutsches Recht anzuwenden. Dies folgt aus Art. 28 EGBGB. Die Parteien haben keine Rechtswahl gem. Art. 27 EGBGB getroffen. Nach Art. 28 Abs. 1 EGBGB unterliegt dann der Vertrag dem Recht des Staates, mit dem er die engste Verbindung aufweist. Dies ist hier Deutschland. Dabei greift die Vermutung des Art. 28 Abs. 2 EGBGB nicht. Nach Anwendung dieser Vorschrift wäre irisches Recht anzuwenden, da die Beklagte eine Niederlassung in Deutschland nicht besitzt. Gem. Art. 28 Abs. 5 EGBGB gilt jedoch die Vermutung des Abs. 2 nicht, wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass der Vertrag engere Verbindungen mit einem anderen Staat aufweist. So liegt der Fall hier. Der zwischen den Parteien bestehende Beförderungsvertrag weist die engsten Verbindungen zu Deutschland auf. Die Beklagte operiert von Deutschland aus und bietet internationale Flüge von und nach Deutschland an. Die Klägerin, die deutsche Staatsangehörige ist, hat auf der deutschsprachigen Internetseite der Beklagten einen Flug von Deutschland nach Schweden und zurück gebucht.

18. Zu den Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1, Abs. 2 BGB gehört, dass ein Schuldverhältnis vorliegt, das die Beklagte schuldhaft eine Pflicht aus diesem Schuldverhältnis verletzt hat, dass der Beklagten von der Klägerin erfolglos eine Frist zur Erbringung der Leistung gesetzt wurde, oder eine Fristsetzung entbehrlich war, sowie, dass ein Schaden entstanden ist.

19. Diese Voraussetzungen sind erfüllt:

20. Zwischen den Parteien bestand ein Schuldverhältnis, nämlich ein Beförderungsvertrag.

21. Die Beklagte hat eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt. Aufgrund des Beförderungsvertrages bestand die Pflicht der Beklagten, die Klägerin am 29.09.2006 von Lübeck nach Stockholm zu befördern. Dies ist pflichtwidrig unterblieben. Dabei kann sich die Beklagte nicht auf ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen, wonach bei der Abfertigung ein gültiger Reisepass oder ein gültiger Personalausweis vorzulegen ist. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, die Vertragsbestandteil geworden sind, sind in Bezug auf die Regelungen über Ausweispapiere unwirksam, soweit sie eine Beförderung von Passagieren mit einem amtlichen deutschen Ersatzpersonaldokument ausschließen, obwohl eine Einreise im Zielland mit einem solchen Dokument möglich ist. Der Ausschluss dieser Möglichkeit stellt eine unangemessene Benachteiligung gem. § 307 Abs. 1 BGB dar.

22. Die streitige Klausel unterliegt der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB. Gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 sind kontrollfähig Bestimmungen in AGB, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. So liegt der Fall hier. Die Regelung der allgemeinen Geschäftsbedingungen über Ausweispapiere ergänzen die zwischen den Parteien getroffenen Regelungen zum Beförderungsbetrag.

23. Die Unwirksamkeit der Klausel, soweit sie eine Beförderung mit amtlichen deutschen Ersatzdokumenten ausschließt, beruht auf § 307 Abs. 1 BGB. Nach dieser Norm sind Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. So liegt der Fall hier. Die Unwirksamkeit steht aufgrund einer Abwägung der wechselseitigen Interessen fest. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Dabei sind die Interessen der Vertragspartner zu ermitteln und gegeneinander abzuwägen. Unangemessen wäre eine Regelung dann nicht, wenn die Benachteiligung des Vertragspartners durch höherrangige oder zumindest gleichwertige Interessen des Verwenders gerechtfertigt sind (BGH ebenda). Die Interessen der Klägerin an der Beförderung mit einem amtlichen Ersatzdokument sind hier höher zu bewerten als die Interessen der Beklagten, eine Identifizierung der Vertragspartner mit gültigem Reisepass oder gültigem Personalausweis vorzunehmen.

24. Dies folgt daraus, dass mit der Vorlage eines Lichtbildausweises die Beklagte zwei Interessen verfolgt. Dies ist zum einen die Identifizierung der Vertragspartner, da die Beklagte überprüfen können muss, ob die im Internet als Vertragspartner angegebene Person mit derjenigen Person identisch ist, die unter dem Namen des Vertragspartners bzw. der Vertragspartnerin befördert werden möchte. Ein weiteres Interesse an der Vorlage gültiger Personaldokumente besteht darin, dass die Beklagte verpflichtet wäre, Passagiere auf eigene Kosten zurückzubefördern, wenn diese nicht die Einreisevoraussetzungen des Ziellandes erfüllen und dies bei einer Kontrolle durch die Beklagte hätte festgestellt werden können.

25. Diesen Interessen der Beklagten kann zumindest bei Flügen von Deutschland aus zu Zielen innerhalb der europäischen Union auch durch amtliche deutsche Ersatzdokumente, etwa einen durch die Bundespolizei ausgestellten Ersatzausweis, Rechnung getragen werden.

26. Die Identifizierung der Passagiere erfolgt durch einen Vergleich des Namens und der weiteren angegebenen persönlichen Daten mit dem vorgelegten Dokument, das heißt, den im Dokument enthaltenen Angaben und dem dortigen Passbild. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Identifizierung erschwert wird, wenn etwa ein Passagier, wie die Klägerin, einen von der deutschen Bundespolizei ausgestellten Ersatzausweis vorlegt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bundespolizei ein solches Ersatzdokument nur ausstellt, wenn die für die Bundespolizei handelnde Beamten von der Identität der Person überzeugt sind. Dies wird einem Passagier im Regelfall nur gelingen, wenn er ein anderes Lichtbilddokument als einen gültigen Reisepass oder gültigen Personalausweis vorlegen kann, etwa einen abgelaufenen Reisepass oder Personalausweis oder einen – ebenfalls mit Lichtbild versehenen – deutschen Führerschein.

27. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die Gültigkeit eines von der Bundespolizei auszustellenden Ersatzausweises an die Vorlage etwa des abgelaufenen Passes, des abgelaufenen Ausweises oder des Führerscheines zu knüpfen. Deshalb kommt es für die Entscheidung hier auch nicht darauf an, ob ein solcher Ersatzausweis selbst noch ein Lichtbild enthält, sofern nur sichergestellt ist, dass er nur Gültigkeit in Verbindung mit einem mit Lichtbild versehenen Personaldokument entfaltet. Vorliegend hätte die Bundespolizei am Flughafen L der Klägerin einen solchen Ersatzausweis ausgestellt. Die Klägerin verfügte über ihren deutschen Führerschein und ein weiteres Lichtbild. Dies ergibt sich aus der glaubhaften und irrtumsfreien Aussage des Zeugen L.

28. Die Beklagte ist zur Identifizierung ihrer Vertragspartner auch nicht auf die Vorlage eines Ausweises oder Reisepasses angewiesen. Dies folgt schon aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen selbst, die unter anderem für Inlandsflüge in Italien und Großbritannien die Vorlage eines gültigen Führerscheines mit Lichtbild ausreichen lassen. Dies bezieht sich aufgrund der eindeutigen Formulierung der allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht nur auf britische und italienische Staatsangehörige, sondern auf alle Reisenden auf Inlandsflügen in diesen Staaten. Dabei stellt zumindest Italien auch Personalausweise aus. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Identifizierung von Vertragspartnern für die Beklagte in Italien mit Führerscheinen möglich ist, während es in Deutschland nicht möglich sein soll.

29. Dem Interesse der Beklagten, keine Rückbeförderung auf eigene Kosten von Personen vornehmen zu müssen, die für die Einreise in das Zielland keine ausreichenden Dokumente haben, lässt sich – zumindest für Flüge von Deutschland nach Schweden – auch durch einen amtlichen deutschen Ersatzausweis Rechnung tragen. Die Einreise nach Schweden kann nicht nur mit Reisepass und Personalausweis, sondern auch mit vorläufigem Reisepass und vorläufigem Personalausweis erfolgen. Es ist nicht ersichtlich, dass ein deutscher Ersatzausweis, der entweder selbst mit einem Lichtbild versehen ist oder nur in Verbindung mit einem amtlichen Lichtbilddokument Geltung hat, zur Einreise nach Schweden nicht geeignet ist. Dies ergibt sich aus den Angaben des auswärtigen Amtes zur Einreise nach Schweden (http://www.auswaertigesamt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Schweden/Sicherheitshinweise.html#t5).

30. Dem Interesse der Beklagten an der Vorlage eines gültigen Reisepasses oder gültigen Personalausweises steht das Interesse von Passagieren gegenüber, mit einem amtlichen deutschen Ersatzdokument befördert zu werden. Dieses Interesse an der Beförderung ist aufgrund der vorgenannten Umstände höher zu bewerten als das Interesse der Beklagten an der Vorlage eines gültigen Reisepasses oder gültigen Personalausweises.

31. Die Beklagte hat die Pflichtverletzung zu vertreten. Gem. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB hat sich der Schuldner zu entlasten. Dies ist der Beklagten nicht gelungen. Entlastende Umstände hat sie nicht vorgetragen.

32. Eine Fristsetzung der Klägerin gegenüber der Beklagten mit der Aufforderung, die Leistung zu erbringen, war gem. § 281 Abs. 2 BGB entbehrlich. Die Beklagte hat ernsthaft und endgültig die Beförderung der Klägerin verweigert.

33. Der Klägerin ist ein Schaden von 746,42 EUR entstanden.

34. Ein Betrag von 691,77 EUR entfällt auf den Preis für das Flugticket H-​S. Das einfache Bestreiten des Betrages durch die Beklagte ist insoweit nicht ausreichend. Die Beklagte verfügt als Luftfahrtunternehmen aus eigener Kenntnis über ausreichend Informationen zu Flügen am 29.09.2006. Sie hätte daher konkrete Alternativen angeben müssen. Dabei hilft es auch nicht weiter, auf günstigere Flüge, als die Klägerin ihn wahrgenommen hat, zu verweisen. Zum einen kann von möglicherweise günstigeren Flügen auf der Strecke H-​L nicht auf ebenso günstige Flüge von H nach S geschlossen werden. Zum anderen fehlen Angaben der Beklagten, die sie aus eigener Kenntnis mitteilen könnte, ob entsprechende, unbekannt gebliebene, günstigere Angebote für die Klägerin überhaupt verfügbar waren.

35. Weitere 54,65 EUR entfallen auf zusätzliche Transportkosten in S und von L nach H. Das Gericht schätzt aufgrund der konkreten Angaben und der genauen Berechnung der Klägerin den Schaden insoweit in dieser Höhe. Es ist lebensnahe und daher glaubhaft, dass die Klägerin am 29.09.2006 mit dem Taxi zu ihrem Hotel in S fahren musste. Unstreitig geblieben ist auch, dass der Flug, mit dem die Klägerin nach S flog, zu einem anderen Flughafen ging, als der Flug der Beklagten. Aus diesem Grunde konnte die Klägerin das günstigere Busticket nicht in Anspruch nehmen. Gleichfalls zutreffend ist die Berechnung der zusätzlichen Transportkosten in Deutschland. Auch hier hat die Klägerin zutreffend ersparte Parkgebühren abgezogen.

36. Die Pflichtverletzung ist kausal für den Schaden gewesen. Hätte die Beklagte die Klägerin befördert, hätte die Klägerin weder einen Flug von H nach S, noch zusätzliche Transportmöglichkeiten in S und Deutschland in Anspruch nehmen müssen.

37. Auf die Hauptforderung von 746,42 EUR stehen der Klägerin gem. §§ 280 Abs. 2, 286, 288 Abs. 1 BGB Zinsen seit dem 06.01.2007 zu. Die Beklagte ist erfolglos aufgefordert worden, bis zum 05.01.2007 Schadensersatz zu leisten.

38. Die Klägerin kann darüber hinaus von der Beklagten die Zahlung von weiteren 62,26 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-​Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.04.2007 verlangen. Die außergerichtlichen Anwaltskosten der Klägerin sind ersatzfähiger Schaden. Sie sind aufgrund der schuldhaften Pflichtverletzung der Beklagten entstanden. Auch die Höhe der geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühr ist nicht zu beanstanden. Sie entspricht den Regelungen des RVG. Der Zinsanspruch beruht auf § 291 BGB.

39. Die Klägerin kann auch die begehrte Zwischenfeststellung verlangen. Die Beklagte hat – was sich aus den Ausführungen unter II.), 1.), c), bb) der Gründe ergibt – die Klägerin pflichtwidrig, das heißt, vertragswidrig, nicht am 29.09.2006 von L nach S befördert.

40. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

41. Der Streitwert wird auf 800,00 EUR festgesetzt. Dabei entfällt ein Betrag von 746,42 EUR auf den Klagantrag zu 1.) und der restliche Betrag auf den Klagantrag zu 3.).

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