Vogelschlag als außergewöhnlicher Umstand

LG Darmstadt: Vogelschlag als außergewöhnlicher Umstand

Ein Fluggast verlangt wegen einer mehrstündigen Flugverspätung eine Ausgleichszahlung von der zuständigen Airline. Das Luftfahrtunternehmen verweigert diese mit dem Verweis auf einen Vogelschlag, der als haftungsbefeiender außergewöhnlicher Umstand zu sehen sei.

Das Landgericht Darmstadt hat der Beklagten Recht zugesprochen. Es sei nicht die Aufgabe der Airline das Vogelaufkommen am Flughafen zu regulieren.

LG Darmstadt 7 S 242/12 (Aktenzeichen)
LG Darmstadt: LG Darmstadt, Urt. vom 24.07.2013
Rechtsweg: LG Darmstadt, Urt. v. 24.07.2013, Az: 7 S 242/12
AG Rüsselsheim, Urt. v. 16.11.2012, Az: 3 C 1960/12
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Hessen-Gerichtsurteile

Landgericht Darmstadt

1. Urteil vom 24. Juli 2013

Aktenzeichen: 7 S 242/12

Leitsätze:

2. Ein Vogelschlag stellt einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der EG-VO Nr. 261/2004 dar.

Für das Abwenden von Vögeln aus dem Flughafenbereich ist nicht das Luftfahrtunternehmen, sondern der Flughafenbetreiber zuständig.

Zusammenfassung:

3. Im vorliegenden Fall verlangen die Kläger von der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen, eine Ausgleichzahlung wegen einer Flugverspätung gemäß Art. 7 der EG-VO Nr. 261/2004 da sie erst mit einer Verspätung von fast 10 Stunden am Zielflughafen angekommen sind. Grund dafür war, dass während des Startvorgangs im Steigflug ein Vogel in das Triebwerk geraten ist (Vogelschlag) und das Flugzeug daher Notlanden musste. Die Beklagte weigert sich zu Zahlen und beruft sich bei diesem Vorfall auf einen haftungsbefreienden außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der EG-VO Nr. 261/2004.

Das Landgericht Darmstadt hat der Beklagten Recht zugesprochen. Zwar gehört ein Vogelschlag zu den allgemeinen Risiken im Luftverkehr, jedoch ist das Abwenden der Vögel vom Flughafenbereich nicht Aufgabe des Luftfahrtunternehmens, sondern des Flughafenbetreibers.

Eine Flugverspätung könne, gemäß Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechte-Verordnung, nur dann zu einer Ausgleichszahlung führen, wenn das Luftfahrtunternehmen nicht alles ihm zumutbare und in seiner Macht stehende getan hat, um die Verspätung zu vermeiden.
Airlines sind ausschließlich für Flugunternehmungen zuständig. Sie haben keinen Einfluss auf die Organisatorischen Maßnahmen rund um das Startfeld des Flughafens.
Aus diesem Grund sei das Unternehmen von der Haftung befreit.

Tenor:

4. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Rüsselsheim vom 16.11.2012 (3 C 1960/12) wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann jedoch die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 1.200,– Euro festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

5. 1) Der Kläger verlangt mit der am 05.06.2012 zugestellten Klage von der beklagten Charterfluggesellschaft für sich sowie aus abgetretenem Recht auch für seine Lebensgefährtin A, die seinerzeit die Flugreise über B bei der C GmbH gebucht hatte, Ausgleichsleistungen nach Art. 7 der EG-VO Nr. 261/2004 in Höhe von jeweils 600,– € im Zusammenhang mit einem für den 31.10.2011 mit Abflug um 06:20 Uhr gebuchten und dann um ca. 9 Stunden verspätet durchgeführten Flug von Hamburg nach Hurghada (Ägypten). Nach dem ersten Start mit ca. 40-minütiger Verspätung wurde beim Steigflug ein Triebwerk des Flugzeuges durch einen Vogelschwarm beschädigt, worauf eine Notlandung in Hamburg und die spätere Beförderung der Passagiere mit einem Ersatzflugzeug um 15:30 Uhr erfolgte. Der Kläger hat von der Beklagten als ausführendem Luftfahrtunternehmen Zahlung in Höhe von 1.200,– € nebst Zinsen sowie von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 89,55 € begehrt.

2) Die Beklagte hat u.a. eingewandt, daß die es sich bei der Ursache der Verspätung um Vogelschlag und damit um einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der EG-VO gehandelt habe. Mit Beschluss vom 19.06.2012 hat sich das zunächst angerufene Amtsgericht Bad Homburg v.d.H. für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Rüsselsheim verwiesen.

6. Insoweit wird ergänzend gemäß § 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil des Amtsgerichts Rüsselsheim Bezug genommen. Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser entscheidungserheblichen Feststellungen (§ 529 Abs. 1 Ziff.1 ZPO) sind nicht ersichtlich.

7. Das Amtsgericht Rüsselsheim hat mit Urteil vom 16.11.2012 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte sei wegen des Vorliegens eines außergewöhnlichen Umstandes gemäß Art 5 Abs. 3 der EG-VO Nr. 261/ 2004 nicht zur Zahlung der geltend gemachten Ausgleichspauschale wegen Flugverspätung verpflichtet, weil sich ein Luftfahrtunternehmen gegen das Vorhandensein von Vogelschwärmen nicht durch geeignete Maßnahmen schützen könne.

8. Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt mit dem Antrag, das amtsgerichtliche Urteil abzuändern und nach den erstinstanzlichen Klageanträgen zu entscheiden. Zur Begründung wird vorgetragen, im Hinblick auf den hier vorrangig zu beachtenden Verbraucherschutz habe die Beklagte, die wegen der wirtschaftlichen Lage in Griechenland jederzeit mit Streikmaßnahmen habe rechnen müssen, ihren Flugplan anders organisieren müssen, etwa durch Vorverlegung dieses Fluges oder Annullierung eines anderen Fluges. Der Kläger hat zudem die Zulassung der Revision angeregt. Die Beklagte verteidigt das amtsgerichtliche Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

9. Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und auch rechtzeitig begründet worden, mithin zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, weil das Amtsgericht die Klage zu Recht und auch mit zutreffender Begründung abgewiesen hat.

10. Auf Grund der in erster Instanz ordnungsgemäß erhobenen Feststellungen und auch des weiteren Vorbringens im Berufungsverfahren ist die Klage insgesamt nicht begründet.

11. Die Flugverspätung erfolgte aus Umständen, die die Beklagte auch dann nicht hätte vermeiden können, wenn von ihr alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären (Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechte-Verordnung).

12. 1) Nach zwischenzeitlich gefestigter Rechtsprechung stellen nicht im Zusammenhang mit der Abfertigung der Maschine am Boden stehende Einwirkungen von außen auf das Flugzeug, etwa durch Vogelschlag, einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der EG-VO Nr. 261/2004 und Nr. 14 der Erwägungsgründe dieser Fluggastrechteverordnung dar, der zu einer Haftungsbefreiung des auf Ausgleichszahlung in Anspruch genommenen ausführenden Luftfahrtunternehmens führt (sehr ausführlich LG Frankfurt a.M., Urteil vom 29.11.2012, 2-24 S 111/12, abgedruckt in RRa Heft 2/2013, S. 85-88 mit weiteren Nachweisen; bereits zuvor Urteile der hier erkennenden Kammer vom 18.04.2012, Az. 7 S 233/11 und vom 10.10.2012, Az. 7 S 103/12 des Landgerichts Darmstadt).

2) In die Triebwerke einfliegende oder eingesogene Vögel und daraus resultierende technische Defekte am Fluggerät fallen in den Bereich außerhalb des organisatorischen und technischen Bereichs der Luftfahrtgesellschaft und können von dieser weder beherrscht noch abgewendet werden.

13. Technische Probleme, die zu einer Verspätung führen, stellen grundsätzlich keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der EG-VO dar, es sei denn, das Problem geht auf Vorkommnisse zurück, die aufgrund ihrer Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sind und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen sind (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 22.12.2008, Az: C-549/07, Tz. 34; EuGH, Urteil vom 19.11.2009, Az: C-402/07, Tz. 72; BGH, Urteil vom 12.11.2009, Az: Xa ZR 76/07, Tz. 13).

14. Der Begriff der „außergewöhnlichen Umstände“ wird in der Verordnung selbst nicht definiert, sondern nur in Ziff. 14 der Erwägungsgründe mittels einer Aufzählung (politische Instabilität, schlechte Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken, unerwartete Flugsicherheitsmängel und Streiks) präzisiert. Nach Auffassung des EuGH kann zwar auch ein technischer Defekt einen unerwarteten Flugsicherheitsmangel darstellen, weil ein solcher die Lufttüchtigkeit der Maschine beeinträchtigen kann. Im Zusammenhang mit einem solchen technischen Defekt kann sich die Fluggesellschaft jedoch nur dann auf außergewöhnliche Umstände im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der EG-VO berufen, wenn dieser nicht im Rahmen der normalen Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens aufgetreten ist und auch nicht beherrschbar war. Dabei bemißt sich das Kriterium der Beherrschbarkeit insbesondere danach, ob der betreffende Vorgang unmittelbar in den betrieblichen Ablauf der Fluggesellschaft fällt. An ihr fehlt es, wenn der Fehler oder das Problem aus einer völlig anderen und deshalb von dem Unternehmen selbst nicht beherrschbaren Sphäre stammt. Mithin ist die Beherrschbarkeit an die Verantwortung für den Vorgang zu knüpfen, weshalb es unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der fraglichen EG-VO maßgeblich darauf ankommt, in wessen Verantwortungsbereich dieser Vorgang fällt (LG Darmstadt, Urteil vom 07.07.2010, Az: 7 S 229/09; AG Frankfurt a.M., Urteil vom 03.02.2010, 29 C 2088/09, abgedruckt in BeckRS 2010, 11001). Für das Vorliegen „außergewöhnlicher Umstände“ ist danach -unabhängig von der Kategorisierung als „technischer Defekt“ oder „unerwarteter Sicherheitsmangel“ – entscheidend, ob das zugrundeliegende Geschehen ein typisches und in Ausübung der betrieblichen Tätigkeit vorkommendes Ereignis darstellt oder ob es der Beherrschbarkeit der Fluggesellschaft völlig entzogen ist.

15. Der hier von der Beklagten geschilderte und vom Kläger nicht bestrittene Vogelschlag Steigflug nach dem ersten Start stellt ein nicht von der Beklagten beherrschbares Geschehen dar. Es handelt sich vielmehr um den geradezu klassischen Fall der Einwirkung „von außen“.

16. Zwar ist die Möglichkeit eines Vogelschlags als ein typisches und nicht ganz fern liegendes Risiko im Rahmen des Betriebs eines Flugzeugs zu bewerten; gleichwohl stellt sich der durch einen Vogelschlag verursachte technische Defekt bei wertender Betrachtung nicht als Teil der normalen Ausübung der Luftfahrttätigkeit dar. Vogelschlag läßt sich de facto nicht vermeiden. Vorbeugende Sicherungsvorkehrungen können allenfalls von Seiten der Flughafenbetreiber, nicht aber von den Fluglinien selbst, getroffen werden. Ein Unterlassen des Flughafenbetreibers (z. B. Vergrämen von Vögeln im Bereich der Piste) wäre dem Luftfahrtunternehmen nicht zuzurechnen. Das Risiko des Vogelschlags unterfällt daher nicht (mehr) der Zurechnungssphäre des Luftfahrtunternehmens. Insofern kann nicht darauf abgestellt werden, daß technische Defekte grundsätzlich der Risikosphäre des Luftfahrtunternehmens unterfallen, denn den aufgrund Vogelschlags verursachten Defekten läßt sich durch noch so intensive Wartungsarbeiten oder andere organisatorische Mehrleistungen gerade nicht begegnen. Bei dieser Bewertung ist auch zu berücksichtigen, daß die Ausgleichszahlungsverpflichtung neben der Wiedergutmachungsfunktion der Disziplinierung der Luftfahrtunternehmen dient. Ausfall- und Verspätungsrisiken sollen durch Optimierung der organisatorischen Abläufe soweit als möglich vermieden werden. Es würde nach Auffassung des Gerichts jedoch zu weit führen, die verschuldensunabhängige Haftung nach Art. 7 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung auch auf nicht vorhersehbare Naturereignisse zu erstrecken; Art. 5 Abs. 3 der Verordnung würde anderenfalls weitestgehend leer laufen (ebenso LG Darmstadt, Urteil vom 20.07.2011, Az: 7 S 46/11, RRa 2011, S. 236, 237)

17. Diese tatbestandlichen Voraussetzungen des Haftungsausschlusses lagen hier unstreitig vor.

18. Soweit in der Rechtsprechung die Ansicht vertreten wird, die Fluggesellschaft müßte darlegen, welche anderen personellen, materiellen und finanziellen Mittel ihr zur Verfügung standen, um den Flug zum geplanten Zeitpunkt durchzuführen und aus welchen Gründen es ihr ggf. nicht zumutbar war, auf diese Ressourcen zurückzugreifen (BGH, Urteil vom 14.10.2010, Az. Xa ZR 15/10, Tz. 29), hat die Beklagte hier noch ausreichend dargelegt, wie es zu der Flugverspätung kam und welche Anstrengungen sie unternommen hat, diese Verspätung möglichst gering zu halten. Im vorliegenden Fall sind auch keine Umstände erkennbar, daß die Folgeverspätung durch andere zumutbare Maßnahmen der Beklagten als durch den dann tatsächlich vorgenommenen Einsatz eines Ersatzflugzeuges hätte verhindert werden können.

19. Die Beförderung des Klägers und seiner Mitreisenden erfolgte mit einer Ankunftsverspätung von ca. 9 Stunden. Daß eine frühere Beförderungsmöglichkeit bestand, insbesondere innerhalb des nach Art. 67 der EG-Verordnung sanktionslosen Zeitraums von 3 Stunden nach der ursprünglich geplanten Abflugzeit, läßt sich dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen und ist auch aus den sonstigen Umständen nicht erkennbar. Die Beklagte hat mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom 03.07.2012 vorgetragen, daß nach der Notlandung in Hamburg durch eigens eingeflogene Techniker festgestellt wurde, daß sowohl Reifen als auch Bremsen des Hauptfahrwerks gewechselt werden mußten und der komplette Fan sowie der Einlaß des Triebwerks. Es ist gerichtsbekannt, daß bei derartigen Beschädigungen durch Vogelschlag nach der Landung zunächst eine sorgfältige Untersuchung des betroffenen Triebwerks, zumeist mittels einer aufwändigen Boroskopie, vorgenommen werden muß, um die Möglichkeiten einer Reparatur auszuloten. Wenn dann, wie im vorliegenden Fall, keine unverzügliche Reparatur des Flugzeugs vor Ort erfolgen kann, ist über den Einsatz einer Ersatzmaschine zu befinden. Insoweit ist ebenfalls bereits mehrfach entschieden worden, daß die Beklagte nicht auf allen von ihr planmäßig angeflogenen Flughäfen unverzüglich einsatzbereite Flugzeuge gleichsam in Reserve bereitstellen muß, insbesondere auch nicht im Ausland. Auch in Hamburg, wo der hier fragliche Flug starten sollte, müssen solche Maschinen nicht ständig bereitgehalten werden. Eine nach der gebotenen Untersuchung zu treffende Entscheidung, eine solche für den Flug nach Hurghada geeignete Ersatzmaschine von einem anderen Flughafen nach Hamburg zu beordern und für den beabsichtigten Flug nach Ägypten einsatzfähig zu machen, setzt Ermittlungen über verfügbare Kapazitäten ebenso voraus wie das Vorhandensein von Personal, das neue Flugzeug zum beabsichtigten Einsatzort zu bringen, um dann die Passagiere zu ihrem gebuchten Zielort zu befördern.

20. Vorsorglich weist die Kammer darauf hin, daß die Beklagte angesichts der hier gegebenen konkreten Umstände auch nicht verpflichtet war, unverzüglich nach der Notlandung in Hamburg eine Maschine einer anderen Fluggesellschaft samt Crew zu chartern und für den vom Kläger gebuchten Flug nach Hurghada einzusetzen.

21. Nach alledem hat die Beklagte noch nachvollziehbar dargestellt, wie sie den Schaden behoben und den drohenden vollständigen Flugausfall vermieden hat. Bei dieser Beschreibung ist nicht erkennbar, daß die Schadensbeseitigung oder die Ersatzbeschaffung schuldhaft verzögert erfolgte. Deshalb kann dahinstehen, inwieweit eine solche Verzögerung überhaupt beachtlich wäre, weil der Beklagtenvertreter auch darauf hingewiesen hat, daß die zumutbaren Maßnahmen im Sinne des Art. 5 Abs. 3 EG-VO sich nur auf den Eintritt des Ereignisses beziehen und nicht auf seine Folgen.

22. Mangels begründeter Hauptforderung bestehen auch der Zinsanspruch und der Erstattungsanspruch bezüglich vorgerichtlicher Anwaltskosten nicht.

23. Die zulässige Berufung des Klägers war daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

24. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung, aber mit Abwendungsbefugnis, ergibt sich aus § 708 Ziff. 10 ZPO in Verbindung mit § 711 ZPO.

25. Die Bemessung des Gegenstandswertes folgt dem Umfang der Anfechtung des amtsgerichtlichen Urteils bzw. dem bezifferten Rechtsmittelantrag, wobei sowohl die Zinsen als auch die vorgerichtlichen Anwaltskosten als Nebenforderung gemäß § 4 Abs. 1 ZPO außer Betracht zu bleiben hatten.

26. Auf Anregung des Klägers war gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Revision zuzulassen. Flugverspätungen aufgrund Vogelschlags und weitere Verzögerungen bei der Reparatur bzw. der Bereitstellung von Ersatzmaschinen stellen kein Einzelproblem dar. In einem vergleichbaren Fall hat das Landgericht Hannover (s.o.) Ausgleichsleistungen zugesprochen, aber die Revision zugelassen. Die Kammer selbst hat in früheren ähnlichen Fällen die Revision ebenso zugelassen (BGH: Az. X ZR 54/12, durch Revisionsrücknahme des Flugpassagiers erledigt, bzw. Az. X ZR 144/12) wie das Landgericht Frankfurt in seinem Urteil vom 29.11.2012 (Revisionsverfahren beim BGH Az. X ZR 160/12). Um eine Gleichbehandlung der Passagiere zu erreichen, war deshalb auch vorliegend die Revision zuzulassen, damit der Kläger, der dies ausdrücklich beantragt hat, die Entscheidung der Kammer durch das Revisionsgericht überprüfen lassen kann.

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