Schadensersatz wegen vertanen Urlaubs
LG Frankfurt: Schadensersatz wegen vertanen Urlaubs
Die Kläger buchten bei dem Beklagten einen Urlaub in einer Ferienwohnanlage in Florida. In der Ferienwohnanlage angekommen stellten sie zahlreiche Mängel fest und forderten vom Beklagten Rückerstattung des Reisepreises und Schadensersatz für entgangene Urlaubsfreude.
Das AG Frankfurt lehnte die Klage wegen Fristversäumung ab. Das LG Frankfurt gab in der Berufung den Klägern Recht.
LG Frankfurt | 2-24 S 307/82 (Aktenzeichen) |
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LG Frankfurt: | LG Frankfurt, Urt. vom 14.03.1983 |
Rechtsweg: | LG Frankfurt, Urt. v. 14.03.1983, Az: 2-24 S 307/82 |
AG Frankfurt, Urt. v. 6.8.1982, Az: 32 C 12 094/82 | |
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Leitsätze:
2. Eine Entschädigung der Urlaubs soll nach der Rechtsprechung dieser Kammer einen Vermögensschaden des Reisenden ausgleichen, der nach Aufwendungen für den notwendigen Ersatzurlaub zu berechnen ist.
Eine Begrenzung einer Entschädigung nach § 651f Abs. 2 BGB ist gem. § 251 Abs. 2 BGB gestattet, wenn die Aufwendungen für den Ersatzurlaub das Dreifache des auf die gleiche Zeitdauer entfallenden anteiligen Reisepreises übersteigen würden.
Meldet der Reisende nach Reiseende Ansprüche an, muss er neben der Erklärung, dass er Ersatz verlangt, mindestens stichwortartig die anspruchsbegründenden Mängel nennen.
Zusammenfassung:
3. Die Kläger buchten bei dem beklagten Reiseveranstalter einen Urlaub in einer Ferienwohnanlage in Florida für die Zeit vom 7.10.1981 bis zum 28.10.1981 zu einem Gesamtpreis von 7.587,– DM. In der Ferienwohnanlage angekommen stellten sie zahlreiche Mängel fest. Unter anderem in der Anlage herumliegender Bauschutt, geschlossene Swimmingpools und von der Wand bröckelnder Putz. Sie forderten vom Beklagten Rückerstattung des Reisepreises und Schadensersatz für entgangene Urlaubsfreude.
Das AG Frankfurt lehnte die Klage wegen Fristversäumung ab. Das LG Frankfurt gab in der Berufung den Klägern Recht. Es beurteilte den Zustand der Anlage als unzumutbar sprach ihnen insgesamt 2.590,91 DM an Reisepreiserstattung und Schadensersatz zu.
Tenor:
4. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 6.8.1982 – 32 C 12 094/82 – abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 2.590,91 DM nebst 4 % Zinsen seit 19.12.1981 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand:
5. Die Kläger machen gegen die Beklagte als Reiseveranstalter Ansprüche auf Rückerstattung des Reisepreises und auf Schadensersatz geltend. Sie buchten über die Firma i-Weltreisedienst GmbH, K, bei der Beklagten für die Zeit vom 7.10.1981 bis 28.10.1981 eine Reise nach Fort L, USA, Florida, einschließlich Unterbringung in der Ferienwohnanlage „T Resort, P Beach“ zum Gesamtpreis von 7.587,– DM. In dem der Buchung zugrundeliegenden Prospekt ist das gebuchte Objekt Nr. 2600 wie folgt beschrieben:
7. Aus der Vogelperspektive ähnelt Fort L einem Schachbrett. Es besteht aus quadratischen Feldern mit vielen Kanälen und Wasserwegen, umsäumt von hübschen Häusern mit Anlegestegen. Deswegen wird der Ort auch gern als Venedig Amerikas bezeichnet. Am 10 km langen Strand befindet sich der Atlantic Boulevard mit vielen schönen Hotels, hunderten von Restaurants und Geschäften. Fort Lauderdale bietet alle Sport- und Unterhaltungsmöglichkeiten und hat ein „junges“ Flair, ohne dabei laut und hektisch zu sein. …
9. schließt sich nördlich an Fort L an. Schöne Strände, Kanäle, Bootsmarinas, zahlreiche Restaurants, erstklassige Shopping-Centers, großes Sport- und Wassersportangebot, Ausflüge.
12. Lage: Nördlich Fort L, direkt am Meer mit 120 m eigenem Strandabschnitt, auf weitem Grundstück mit Grünflächen.
13. Sport und Unterhaltung: Mehrere Swimming-pools, Pool-Bar, Sonnenterrassen, 2 Tennisplätze, Shuffle-Board, abends öfter Unterhaltung.
14. Anlage: Großes Objekt mit insgesamt 175 Wohneinheiten in 4 Gebäuden. Restaurant, Coffee-Shop, Bar, Minimarkt, Läden.
17. Wohn-Schlafzimmer mit Klimaanlage, Kochnische, Fernseher, Bad/WC, meist Balkon. …
19. Appartement für 2-4 Personen
wie oben, jedoch mit weiterem, zus. Doppelzimmer.“
20. Bei Ankunft stellten die Kläger fest, dass von den 175 Wohneinheiten 170 leerstanden und der Zustand des Anwesens nicht als voll bewohnbar bezeichnet werden konnte; die Kläger betonen im Prozess, dass das Objekt insgesamt den Eindruck machte, als werde es in kürzester Zeit abgerissen werden. Die Beklagte räumt ein, dass offensichtlich eine umfangreiche Sanierung bevorstand, die zu dem Zeitpunkt, als die Kläger ihren Urlaub antraten, bereits eingeleitet worden sei. Die Kläger setzten sich mit der von der Beklagten angegebenen Kontaktadresse in Miami in Verbindung, die sie an eine Mrs. G und an einen Herrn R verwies. Nach deren Benachrichtigung erschienen diese am 19.10.1981 auf dem Anwesen „T Resort“, worauf die Kläger für die letzte der drei Wochen in der Anlage „Villa S“ untergebracht wurden, deren Qualität sie nicht beanstanden.
21. Die Kläger verlangen für die dritte Woche die Differenz zwischen dem bezahlten Appartementpreis für das gebuchte Objekt und dem Preis für die „Villa S“ sowie für die beiden ersten Wochen Minderung, Aufwendungsersatz, Auslagenersatz und Schadensersatz für entgangene Urlaubsfreuden. Unter Vorlage von Fotos tragen sie vor, dass entgegen der vertraglichen Zusage auf dem Anwesen „T Resort, P Beach“ Appartements mit einem Wohn-Schlafzimmer und zwei zusätzlichen Schlafzimmern nicht existierten. Von den im Prospekt angegebenen „mehreren Swimmingpools“ seien nur zwei vorhanden gewesen, davon der eine mit brackigem, dunkelbraunem Wasser gefüllt und offiziell geschlossen, der andere mit ähnlich verschmutztem Wasser gefüllt, aber für die Benutzung unzumutbar. „Pool-Bar“, „Shuffle-Board“, Mini-Markt und Läden habe es nicht gegeben; das Restaurant sei geschlossen, der Coffee-Shop sei nur gelegentlich geöffnet gewesen; die angepriesenen Tennisplätze hätten sich 500 m entfernt befunden. Die angekündigte „abendliche Unterhaltung“ habe allenfalls darin bestanden, dass bei 170 (von 175) leerstehenden Einheiten im Wind die Türen und Fenster nachts auf – und zuschlugen.
22. Die Kläger haben beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.590,91 DM nebst 4 % Zinsen seit 19.12.1981 zu zahlen.
23. Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
24. Der angeblich desolate Zustand des Gebäudes und seiner Einrichtungen müsse bestritten werden. Sie habe von dem angeblich desolaten Zustand der Anlage keine Kenntnis gehabt. Etwaige Ansprüche der Kläger seien gemäß § 651g I BGB ausgeschlossen, da das von dem Prozessbevollmächtigten der Kläger innerhalb der Monatsfrist eingereichte Schreiben vom 3.11.1981 die Mängel nicht substantiiert angegeben habe. In diesem Schreiben heißt es unstreitig:
25. „… Zwecks Fristwahrung wird Ihnen hiermit angekündigt, dass wir für unsere Mandanten Schadensersatzansprüche aus den von Ihnen in der Zeit vom 7.10.1981 bis 28.10.1981 erbrachten mangelhaften Reisevertragsleistungen geltend machen.
26. In der Zeit vom 17. bis 20.10.1981 befanden sich unsere Mandanten im „S Resort“ in P, Florida/USA. Die Unterbringung sowie die Service-Leistungen waren absolut unzumutbar. Ferner verloren unsere Mandanten durch Nachlässigkeiten Ihrer örtlichen Repräsentanten mehrere Urlaubstage dadurch, dass ihnen ein neues Quartier zugewiesen werden sollte. Die substantiierte Darlegung der Schadensersatzansprüche unserer Mandanten bleibt einem weiteren Schriftsatz vorbehalten.“
27. Das Amtsgericht hat die Klage wegen Fristversäumung (§ 651g I BGB) abgewiesen. Gegen das am 18.8.1982 zugestellte Urteil haben die Kläger am 3.9.1982 Berufung eingelegt und diese am 28.9.1982 begründet.
28. Die Kläger halten die Monatsfrist des § 651g I BGB für gewahrt und sind im übrigen der Auffassung, dass die am Urlaubsort gegenüber Mrs. G und Mr. R erfolgte Reklamation die Anmeldung nach § 651g I BGB entbehrlich mache. Sie beantragen,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach dem in erster Instanz gestellten Klageantrag zu erkennen.
die Berufung zurückzuweisen.
30. Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor: Die Monatsfrist könne mit dem Schreiben vom 3.11.1981 nicht als gewahrt angesehen werden. Es sei hierbei zu berücksichtigen, dass ihr Vertragsverhältnis zu dem amerikanischen Vertragspartner mit Ablauf des 30.11.1981 beendet worden sei und sie nach Fristablauf keine Möglichkeiten mehr zur Überprüfung der Beanstandungen habe.
Entscheidungsgründe:
31. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet. In der Sache hat sie Erfolg.
32. Den Klägern stehen nach dem unstreitigen und durch Fotos belegten Klagevorbringen Zahlungsansprüche in Höhe von mindestens der Klageforderung zu.
1)
33. Die Kläger können zunächst gemäß §§ 651c, 651d BGB im Wege der Minderung Rückzahlung des anteiligen Reisepreises verlangen. Die von ihnen gebuchten Appartements in der Anlage „The Surf Rider Resort“ entsprachen nicht den vertraglichen Vereinbarungen, wie sie sich aufgrund des Prospektes darstellten. Danach stand den Klägern ein Anspruch auf eine intakte Appartementanlage mit den angegebenen Nebeneinrichtungen zu.
a)
34. Der Anspruch auf Einzug in eine intakte Anlage ergibt sich aus der Prospektbeschreibung in Verbindung mit einer an Treu und Glauben (§ 157 BGB) orientierten Vertragsauslegung. Zweck einer Urlaubsreise ist nicht nur ein vom Reisenden gewünschter „Tapetenwechsel“ und die Möglichkeit, vom Urlaubsstandort die nähere und weitere Umgebung des Urlaubsortes zu erkunden, sondern sich auch in der Unterkunft nebst ihren Nebenanlagen (Restaurant, Bar, Swimmingpool, Strand, Meer) zu erholen. Dazu gehört eine behagliche und freundliche Atmosphäre, die von der Beklagten im Prospekt durch den Hinweis auf Felder mit Kanälen, hübschen Häusern, schönen Hotels und dem Vergleich mit Venedig angedeutet wird. Der Reisende hat zwar keinen Anspruch darauf, dass die gebuchte Anlage vollkommen ausgebucht und von Hotelgästen bewohnt wird, auch kann er Komfort nur im Rahmen der Prospektbeschreibung verlangen. Nicht hinzunehmen braucht er jedoch, dass die gebuchte Appartementanlage so verwahrlost ist, dass man sie als abbruchreif – so die Kläger – oder „sanierungsreif“ – so die Beklagte – bezeichnen muss. Die Kläger haben durch die vorgelegten Fotos zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass die Anlage in einem derart desolaten Zustand war, dass ein Verweilen für einen Urlaubsgast als unzumutbar bezeichnet werden muss. Herausgerissene und auf den Wegen lose herumliegende Bauteile und Schutt, aufgezogene Gräben vor den Terrassen und sich von den Wänden lösende Putzteile vermitteln den Eindruck einer Baustelle, aber nicht eines bewohnten Hotels. Hinzu kommt, dass der eine Swimmingpool laut Foto „closed“ war. Das Gericht hat bei dieser Sachlage auch keine Zweifel, dass der übrige Vortrag der Kläger, dass der zweite Swimmingpool nicht benutzbar, das Restaurant geschlossen, der „Coffee-Shop“ nur gelegentlich geöffnet war und „abendliche Unterhaltungen“ nicht stattfanden, richtig ist. Das Gericht folgert dies aus der Tatsache, dass die Beklagte diesem Vortrag nicht substantiiert entgegengetreten ist, sondern nur einräumt, dass „offensichtlich eine umfangreiche Sanierung bevorstand“. Aus dem gleichen Grund ist das Gericht auch davon ausgegangen, dass Minimarkt und Läden nicht vorhanden und die Tennisplätze 500 m entfernt waren.
35. Schließlich ist die Beklagte auch dem Vortrag der Kläger, dass es Appartements mit einem weiteren zusätzlichen Doppelzimmer nicht gab, nicht entgegengetreten. Letzteres kann aber dahingestellt bleiben, weil bereits die vorangegangenen Tatsachen ausreichen, um den Minderungsanspruch zu rechtfertigen.
b)
36. Die unter a) getroffenen Feststellungen rechtfertigen es, den Wert der zur Verfügung gestellten Unterkunft mit 0 anzusetzen, wobei die Kammer folgende Minderungssätze für gerechtfertigt hält:
Schäden in den Appartements | 20 % |
Schäden in den Außenanlagen | 10 % |
Fehlende swimming-pools | 20 % |
Weite Entfernung des Tennisplatzes | 10 % |
Fehlendes Restaurant | 20 % |
Fehlende Länden | 5 % |
Nur gelegentlich geöffneter Coffee-Shop | 5 % |
Fehlende Unterhaltung | 10 % |
100 %. |
37. Den Klägern steht der anteilige Reisepreis für 2 Wochen als Minderungsbetrag zu. Die Kläger haben diesen nur nach dem Preis für die Unterkunft mit 665,– DM berechnet. Ob darüber hinaus nicht auch der anteilige Flugpreis für 2 Wochen verlangt werden könnte, bedarf keiner Entscheidung, da dies nicht gefordert wird.
c)
38. Den Klägern stehen außerdem gemäß § 651c III BGB die zur Abhilfe erforderlichen Aufwendungen für die Fahrt nach Miami betreffend Erstattung der Mängelanzeige in Höhe von 40,– DM zu, deren Höhe die Beklagte nicht substantiiert bestritten hat. Gleiches gilt für die verauslagten Telefonkosten, die mit 50,– DM im Rahmen des § 287 ZPO nicht zu beanstanden sind.
d)
39. Die Kläger können weiterhin für die dritte Aufenthaltswoche zumindest eine Minderung in Höhe von 85,50 DM verlangen, was dem Unterschiedspreis für das gebuchte Objekt und das Ersatzobjekt „Villa S“ entspricht. Ob darüber hinaus Ansprüche bestanden hätten (vgl. LG Frankfurt, NJW 1983, 233), bedarf keiner Entscheidung.
2)
40. Die Kläger können weiterhin Schadensersatz für vertanen Urlaub gemäß § 651f II BGB verlangen.
a)
41. Es bedarf keiner näheren Ausführungen, dass die stattgefundene Reise erheblich beeinträchtigt war. Die Beklagte hat dies zu vertreten, wobei dahingestellt bleiben mag, ob dies auf einer Zurechnung des Verhaltens ihres Leistungsträgers gemäß § 278 BGB oder auf einem eigenen Organisationsverschulden beruht, weil ihr bei sorgfältiger Planung und Inspektion der desolate Zustand der Anlage hätte auffallen müssen. Das Gericht hat keine Bedenken, einen Ersatzurlaub in Höhe von 7 Tagen als angemessenen Ausgleich für die verlorenen zwei Wochen anzusetzen, da ein höherer Restwert der in der Anlage „The Surf Rider Resort“ verbrachten Tage nicht erkennbar ist.
b)
42. Hinsichtlich der Höhe des Schadensersatzes geht das Gericht im Anschluss an die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (insbesondere BGHZ 63, 98 = NJW 1975, 40; BGHZ 77, 116 = NJW 1980, 1947; BGHZ 80, 366 = NJW 1981, 1833; BGH NJW 82, 1522) von dem anteiligen Nettoeinkommen der Reisenden aus, das die Kläger unbestritten mit 645,80 DM und 1.104,61 DM angegeben haben.
43. Zwar hat in letzter Zeit der BGH in mehreren Entscheidungen seine bisherige Rechtsprechung abgewandelt und nunmehr die Auffassung vertreten, bei der Berechnung des Schadensersatzes nach § 651f II BGB komme es nicht mehr allein auf das Arbeitseinkommen des Reisenden an, sondern auch auf andere Umstände, vor allem den Reisepreis an; dem Tatrichter sei hierbei ein weiterer Ermessensspielraum einzuräumen (BGH, NJW 1983, 35; 1983, 218).
44. Dieser Auffassung vermag sich die Kammer aus grundsätzlichen Erwägungen nicht anzuschließen. Sie hält, wovon schon im Urteil vom 9.8.1982 (NJW 1982, 2452) stillschweigend ausgegangen wurde, auch für das neue Recht an der vermögensrechtlichen Natur des Anspruchs aus § 651f II BGB fest (ebenso Bartl, NJW 1979, 1388; dess. Reiserecht, 2. Aufl., Rdnr. 100; Tonner, § 651 f BGB, Rdnr. 12; Hoppmann, BlGBW 1979, 169; Teichmann, JZ 1979, 740). Der BGH hatte in seiner damaligen Grundsatzentscheidung (BGHZ 63, 98 = NJW 1975, 40) seinen damaligen Standpunkt über die Kommerzialisierung des Urlaubs unter Hinweis auf den normativen Schadensbegriff und die Verkehrsauffassung begründet: „Soweit ein Lebensgut im Verkehr in gewisser Weise kommerzialisiert“ ist, d.h. durch entsprechende Vermögensaufwendungen erkauft werden kann, stellt eine Einbuße an ihm einen materiellen Schaden dar“ (BGH a.a.O.). Dieser Auffassung, die anschließend von den meisten Instanzengerichten akzeptiert wurde, ist durch die Neuregelung in § 651f II BGB nicht die Grundlage entzogen worden (im Ergebnis ebenso Tonner, JUS 1982, 411). Die teilweise im Schrifttum (Larenz, SchuldR, AT, 12, Aufl., § 29, II, d; Löwe, BB 1979, 1364; ders. MK, § 651 f BGB, Rdnr. 20) vertretene These von der immateriellen Natur des Schadensersatzanspruches aus § 651f II BGB, lehnt die Kammer ab. Der Gesetzgeber des Reisevertragsgesetzes hat ausweislich der Gesetzesmaterialien die Streitfrage zumindest nicht im Sinne eines immateriellen Schadens entscheiden wollen; vielmehr ist im Bericht des Rechtsausschusses (Bundestagsdrucksache 8/2343 vom 4.12.1978, abgedruckt bei Klatt „Gesetz über den Reisevertrag“, 1979, S. 199, 213) zu lesen, dass mit dieser Regelung „ein wichtiger Grundsatz der höchstrichterlichen Rechtsprechung festgeschrieben wurde“. Es bestünden sicher keine Bedenken, aufgrund inzwischen anderweit gewonnener Erkenntnisse von der Kommerzialisierungsthese Abstand zu nehmen. Wenn nunmehr der BGH im Urteil vom 23.9.1982 – VII ZR 22/82 = NJW 1983, 35, 36 – schreibt, bis zum 1.10.1979 habe der Senat § 651f II BGB nicht anwenden können, eine Pflicht zum Schadensersatz für vertanen Urlaub habe sich nur mit der Entstehung eines Vermögensschadens begründen lassen, während sich nunmehr die Bemessung der Entschädigung auch an anderen Anknüpfungspunkten ausrichten könne, so mag dies richtig sein. Es erhebt sich aber die Frage, ob die in BGHZ 63,98 mit Recht festgestellte Verkehrsauffassung ab 1.10.1979 nicht mehr gelten soll. Diese Frage wird von der Kammer eindeutig verneint. Sie ist wie bisher der Auffassung, dass in der Bevölkerung als tragfähiger und plausibler Grund für einen Schaden wegen vertanen Urlaubs nur die Tatsache herangezogen werden kann, dass ein notwendiger Ersatzurlaub mit zusätzlichen Kosten, nämlich der Inanspruchnahme unbezahlten Urlaubs bzw. der Einstellung von Ersatzkräften bewerkstelligt werden kann.
45. Demgegenüber vermag die These vom immateriellen Schaden nicht zu überzeugen. Es ist nicht ersichtlich, welcher immaterielle Schaden hier ausgeglichen werden soll, wenn man von dem Ärger des Reisenden, nutzlos in Urlaub gefahren zu sein, absieht (vgl. auch KG, NJW 1972, 769). Irgendwelche greifbaren Gesundheitsschäden – körperlicher oder psychischer Art – liegen nicht vor. Bezeichnenderweise finden sich bei den Vertretern der immateriellen Natur des Schadens kaum geeignete Hinweise, wie die Entschädigung nun eigentlich zu berechnen ist (vgl. etwa Landwehrmann, NJW 1970, 1867; Heldrich, NJW 1967, 1737; Grunsky, NJW 1975, 609; Löwe, MK, § 651 f, Rdnr. 20; Derleder, AK, § 651 f, Rdnr. 6; Blaurock, NJW 1980, 1949). Die Konsequenz, dass auch Schüler (Studenten, Rentner) nach dem Urteil des BGH vom 21.10.1982 – VII ZR 61/82 = NJW 1983, 218 eine Entschädigung verlangen können, wird zwar bei sozialer Betrachtungsweise Beifall finden (so z.B. AG Berlin-Schöneberg, NJW 1982, 771; Bendref, JR 1980, 359). Es erhebt sich aber auch hier die Frage, welcher immaterielle Schaden bei ihnen nun ausgeglichen werden soll. Bezeichnenderweise lässt der BGH in dem zitierten Urteil einen Schadensersatzanspruch der klagenden Schüler von 8 und 17 Jahren im Ergebnis daran scheitern, dass bei ihnen eine Beeinträchtigung der Reise nicht festzustellen sei. Schließlich müssten bei gleichzeitiger Berücksichtigung materieller und immaterieller Beeinträchtigungen die erwerbstätigen Reisenden eigentlich eine doppelte Entschädigung erhalten, einmal für ihre vermögensrechtlichen Aufwendungen betr. den Ersatzurlaub, andererseits aber auch zusätzlich für den immateriellen Ärger, den sie ebenso wie der nicht Erwerbstätige erleiden, ein sicher nicht akzeptables Ergebnis. Die Kammer ist deshalb der Auffassung, dass bei nicht erwerbstätigen Personen – über die Rückzahlung des Reisepreises im Wege der Minderung (§ 651d BGB) hinaus – ein weiterer Ausgleich mangels eines greifbaren Schadens nicht sachgerecht ist.
46. Kommen somit nur materielle Schäden zum Ausgleich, so ist nach Auffassung der Kammer die Entschädigung nach wie vor an dem Aufwand auszurichten, der durch die Inanspruchnahme unbezahlten Urlaubs bzw. die vorübergehende Einstellung einer Aushilfe entsteht. Dass bei dieser Berechnungsmethode die Höhe des Schadens je nach dem Einkommen des Reisenden verschieden hoch ist, ist nichts Besonderes, sondern Ausfluss der konkreten Schadensberechnung (so auch BGHZ 63, 98 = NJW 1975, 40, 42). Den Reisepreis vermag die Kammer nicht als gleichgewichtigen Berechnungsfaktor anzuerkennen ebenso BGH, NJW 1982, 1522 (gegen OLG Frankfurt, NJW 1981, 827). Es will nicht einleuchten, dass dieser ein geeigneter Maßstab für die Bemessung der Schwere des Ausgleichs darstellen soll. Der Schwere des Ausgleichs wird durch die Bemessung der Dauer des Ersatzurlaubs unter Berücksichtigung des Restwerts des beeinträchtigten Urlaubs Rechnung getragen. Vom praktischen Standpunkt her ergeben sich auch Zweifel, in welchem Verhältnis Arbeitslohn und Reisepreis in die Berechnung eingestellt werden sollen. Der BGH hat dies im Urteil vom 23.9.1982 (NJW 1983, 35) dem Ermessen des Tatrichters überlassen. Die Kammer ist der Auffassung, dass damit die grundsätzliche Frage nicht gelöst ist und sowohl den Tatrichtern für die Entscheidung als auch den Parteien für eine vorprozessuale vergleichsweise Regelung keine greifbaren Richtlinien gegeben werden, die im Interesse der Rechtssicherheit und Berechenbarkeit der Entscheidung aber erforderlich sind.
47. Die Kammer sieht aber ausnahmsweise in dem Reisepreis einen die Höhe der Entschädigung begrenzenden Faktor. Hierfür bietet sich die Anwendung des § 251 II BGB und die analoge Berücksichtigung der Regeln über den wirtschaftlichen Totalschaden bei Kraftfahrzeugen an. § 251 II BGB liegt der Gedanke zugrunde, dass der eingetretene Schaden nicht mit unverhältnismäßigen Aufwendungen ausgeglichen werden darf. Daraus folgt für § 651f II BGB, dass bei einer billigen Reise ein Hochverdienender nicht Ersatz für einen Ersatzurlaub in Höhe des unbeschränkt Mehrfachen des Reisepreises verlangen darf. Eine solche Beschränkung wird – in Anlehnung an § 651h I BGB – in der Regel nur in Betracht kommen, wenn der Aufwand für den Ersatzurlaub die Höhe des dreifachen Reisepreises, der auf die Dauer des Ersatzurlaubs anteilig entfällt, überschreitet. Auf diese Weise werden klare Berechnungsmaßstäbe geschaffen. Ein solcher Ausnahmefall ist aber hier offensichtlich nicht gegeben.
3)
48. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts sind die Ansprüche der Kläger nicht wegen Versäumung der Monatsfrist (§ 651g I BGB) ausgeschlossen.
49. Die Kammer hält zwar an ihrer im Urteil vom 12.5.1980 (2/24 S 33/80) vertretenen Rechtsauffassung fest, daß die Anmeldung der Ansprüche nach § 651g I BGB zwar keine Bezifferung erfordert, andererseits aber nicht die pauschale Erklärung, man verlange Schadensersatz, weil die Reise mangelhaft, unzumutbar, katastrophal etc. gewesen sei, genügt. Die Anmeldung hat den dreifachen Zweck, den Reiseveranstalter überhaupt von der Geltendmachung der Ansprüche zu informieren, um eine etwaige Rückstellung vorzunehmen, aber auch um Recherchen über die behaupteten Mängel anzustellen und dem verantwortlichen Leistungsträger Regressansprüche anzudrohen. Daraus folgt die Notwendigkeit einer Konkretisierung der Anmeldung durch stichwortartige Bezeichnung der geltend gemachten Mängel (schlechtes Essen, verschmutzter Strand, fehlender swimming-pool, Beeinträchtigung durch Baulärm), während eine weitere Substantiierung innerhalb der Frist nicht erforderlich ist (zust. Erman-Seiler, 7.Aufl., § 651 g, Rdnr. 2). Soweit die Gegenmeinung jegliche pauschale Anmeldung genügen lassen will (vgl. etwa Löwe, BB 1979, 1357; Bartl, Reiserecht, 2. Aufl. 1981, Rdnr. 107), übersieht sie den Zweck der Vorschrift und lässt deren Anwendung zu einer reinen Formalie werden. Unter Zugrundelegung der von der Kammer im Grundsatz verlangten Maßstäbe entspricht das Schreiben der Kläger vom 3.11.1981 nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anmeldung, da aus ihm für die Beklagte nicht ersichtlich ist, was an Mängeln geltend gemacht wird.
50. Gleichwohl ist die Anmeldefrist gewahrt, da auf die oben erwähnte Konkretisierung nach der Rechtsprechung der Kammer in Ausnahmefällen, in denen der Reiseveranstalter unter Beachtung der Gesetzeszwecke nicht schutzwürdig ist, verzichtet werden kann. So hat die Kammer im Urteil vom 30.6.1980 – 2/24 S 54/80 – auf die Konkretisierung verzichtet, wenn der Reiseveranstalter von dem (eindeutigen) Mangel bereits anderweit sichere Kenntnis hatte oder wenn der Reiseveranstalter auf die Anmeldung hin die fehlende fristgerechte Konkretisierung nicht rügt. Gleiches gilt, wenn der Reiseveranstalter arglistig gehandelt hat (LG Frankfurt, NJW 1978, 1008) oder wenn am Urlaubsort eine Niederschrift über die vorhandenen Mängel von dem Reiseleiter angefertigt wird (LG Frankfurt, NJW 1978, 1488; die Polemik von Würfel, MDR 1982, 539 geht ins Leere, da er Abhilfeverlangen nach § 651c II BGB und Niederschrift nicht auseinanderhält).
51. In vorliegendem Fall geht das Gericht davon aus, dass die örtliche Reiseleitung der Beklagten in den USA Kenntnis von dem desolaten Zustand der Anlage hatte. Diese Kenntnis muss sich die Beklagte in Analogie zu §§ 278, 166 BGB zurechnen lassen. Außerdem liegt zumindest ein grobfahrlässiger Organisationsmangel bei der Beklagten vor, wenn sie Buchungen für eine derart desolate Appartementanlage, die nach ihren eigenen Angaben „vor einer umfangreichen Sanierung steht“, entgegennimmt und die Reisenden die Reise antreten lässt. Es widerspricht in einem so eklatanten Fall dem Grundsatz von Treu und Glauben, die geltend gemachten Ansprüche an einer Formalie scheitern zu lassen, zumal nicht ersichtlich ist, dass der Beklagten durch die um ca. 4 Wochen spätere mit Schreiben vom 3.12.1981 erfolgte Konkretisierung ein Nachteil entstanden ist. Der Umstand, dass das Vertragsverhältnis mit dem amerikanischen Leistungsträger per 30.11.1981 ausgelaufen sein soll, hindert die Beklagte nicht, Recherchen anzustellen und Regresansprüche gegen den Leistungsträger geltend zu machen.
4)
52. Der Zinsanspruch ist nach §§ 286, 288 BGB begründet.
53. Die Beklagte war nach alledem unter Abänderung des angefochtenen Urteils entsprechend dem Klageantrag zu verurteilen.
54. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
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