Beschädigung des Triebwerks durch Plastikfolie auf Rollfeld

AG Rüsselsheim: Beschädigung des Triebwerks durch Plastikfolie auf Rollfeld

Flugreisende forderten eine Ausgleichszahlung wegen einer mehr als 3-stündigen Flugverspätung. Der Klage wurde stattgegeben, weil das Gericht einen Triebwerkschaden durch angesaugte Plastikfolie nicht als außergewöhnlichen Umstand anerkannte.

AG Rüsselsheim 3 C 2715/13 (38) (Aktenzeichen)
AG Rüsselsheim: AG Rüsselsheim, Urt. vom 31.10.2013
Rechtsweg: AG Rüsselsheim, Urt. v. 31.10.2013, Az: 3 C 2715/13 (38)
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Amtsgericht Rüsselsheim

1. Urteil vom 31. Oktober 2013

Aktenzeichen 3 C 2715/13 (38)

Leitsatz:

2. Ein durch auf dem Rollfeld angesaugte Plastikfolie verursachter Triebwerkschaden fällt ins das gewöhnliche Betriebsrisiko des Flughafenverkehrs und stellt somit keinen außergewöhnlichen Umstand dar.

 Zusammenfassung:

3. Flugreisende forderten eine Ausgleichszahlung gemäß der europäischen Fluggastrechteverordnung wegen einer Flugverspätung von über 3 Stunden. Die Fluggesellschaft verweigerte diese und verwies auf einen durch angesaugte Folie verursachten Triebwerkschaden als außergewöhnlichen Umstand.

Das Amtsgericht Rüsselsheim gab der Klage statt und sprach den Klägern 400,- € nebst Zinsen zu. Ein Triebwerkschaden durch angesaugte Plastikfolie fällt als  normaler Vorfall im Flughafenbetrieb in den Verantwortungsbereich der Beklagten. Daher konnte sie sich von der Ausgleichspflicht nicht befreien.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-​Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.08.2013 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch den jeweiligen Kostengläubiger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls nicht der Kostengläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

5. Entfällt gem. §§ 313a Abs. 1, 313b Abs. 1 ZPO.

Entscheidungsgründe:

6. Die Klage ist begründet.

7. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Ausgleichszahlung in der tenorierten Höhe nach Art. 5 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 lit. a) EG-​VO 261/2004 wegen einer Ankunftsverspätung des streitgegenständlichen Fluges über drei Stunden.

8. Die Beklagte ist nicht wegen eines außergewöhnlichen Umstandes nach Art. 5 Abs. 3 VO leistungsfrei. Der hier behauptete Vorfall (angesaugte Plastikfolie und Beschädigung eines Triebwerkes) fällt als normaler Geschehensablauf in den Verantwortungsbereich des Luftfahrtunternehmens (BGH, Urt. v. 12.11.2009 – XA ZR 76/07 -, juris, Abs.-​Nr. 13 f.; vgl. insoweit auch AG Frankfurt, Urt. v. 02.01.2013 – 29 C 1462/12 (21) –, im Verfahren von der Klägerseite vorgelegt). Auf die entsprechende Begründung wird Bezug genommen.

9. Nach der Rechtsprechung des EuGH fällt ein technisches Problem nur dann unter den Begriff des „außergewöhnlichen Umstandes“ wenn es auf Vorkommnisse zurückgeht, die aufgrund der „Natur der Sache“ (insoweit missverständlich das AG Frankfurt am Main: „Natur oder Ursache“, S. 4 d. Umdr., oben 1. Zeile – vermutlich Diktat- oder Übertragungsfehler) nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sind und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen sind.

10. Defekte eines Treibwerks sind nur dann als außergewöhnlichen Umstand zu werten, wenn sie aufgrund von versteckten Fabrikationsfehlern, Sabotageakten oder terroristischen Angriffen (BGH, a.a.O., Abs.-​Nr. 14) entstehen. Beschädigungen auf dem Rollfeld durch infolge des normalen Betriebs dort vorfindliche Fremdkörper fallen in die Sphäre der Beklagten.

11. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 und 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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