Abtretungsbeschränkung zwecks Verhinderung des Ankaufs von Ausgleichszahlungsansprüchen
AG Bremen: Abtretungsbeschränkung zwecks Verhinderung des Ankaufs von Ausgleichszahlungsansprüchen
Die Klägerin forderte aus abgetretenem Recht eines Fluggastes eine Ausgleichszahlung für eine mehr als 3-stündige Flugverspätung.
Das Amtsgericht Bremen wies die Klage ab, da ein Abtretungsverbot in den Allgmeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten wirksam in den Vertragsschluss einbezogen worden war.
AG Bremen | 9 C 63/17 (Aktenzeichen) |
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AG Bremen: | AG Bremen, Urt. vom 01.06.2017 |
Rechtsweg: | AG Bremen, Urt. v. 01.06.2017, Az: 9 C 63/17 |
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Leitsatz:
2. Eine Klausel in den allgemeinen Beförderungsbedingungen einer Fluggesellschaft, welche die Abtretung vertraglicher Ersatzansprüche an Dritte, die nicht Passagier des gleichen Fluges oder gesetzlicher Vertreter des Fluggastes sind, verbietet, ist rechtmäßig und wirksam.
Zusammenfassung:
3. Die Klägerin forderte aus abgetretenem Recht eines Fluggastes eine Ausgleichszahlung für eine über 3-stündige Flugverspätung. Die Beklagte berief sich auf eine Klausel in ihren allgmeinen Beförderungsbedingungen, welche die Abtretung vertraglicher Ausgleichsansprüche an Personen, die nicht Passagier des selben Fluges, Angehörige der selben Reisegruppe oder gesetzlicher Vertreter minderjähriger Fluggäste sind, verbietet. Diese Klausel wurde von der Klägerin als unwirksam angefochten.
Das Amtsgericht Bremen wies die Klage ab, da die Klägerin nicht aktivlegitimiert war. Die allgeinen Beförderungsbedingungen waren beim Vertragsschluss wirksam einbezogen worden, da der Fluggast bei der Buchung diesen zugestimmt hatte. Die streitige Klausel war ebenfalls nicht unwirksam, da sie die Ausgleichsrechte des Passagiers selbst nicht einschränkte. Ein Recht auf Anspruchsabtretung ist nämlich in der Fluggastrechteverordnung nicht vorgesehen und das Abtretungsverbot schützt das wirtschaftliche Interesse des Flugunternehmens, den Handel mit Ausgleichsforderungen zu unterbinden.
Tenor:
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
5. Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Ausgleichsanspruch aus abgetretenem Recht geltend.
6. Die Zedentin K… buchte bei der Beklagten für den 23.06.2016 den Flug … von Dublin nach Bremen.
7. Art. 15.3 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten regelt Folgendes:
8. „Die Abtretung von Ausgleichs-, Schadensersatz- und Rückerstattungsansprüchen gegen uns ist ausschließlich an natürliche Personen zulässig, die in Ihrer Buchung als weitere Fluggäste mit aufgeführt sind oder, falls Sie Teilnehmer einer Reisegruppe sind, an andere Teilnehmer dieser Reisegruppe, sowie bei minderjährigen und geschäftsunfähigen Fluggästen an ihre gesetzlichen Vertreter. Im Übrigen ist die Abtretung von Ausgleichs-, Schadensersatz- und Rückerstattungsansprüchen gegen uns an Dritte ausgeschlossen.
9. Das Abtretungsverbot gilt nicht bei außervertraglichen Schadensersatzansprüchen gegen uns sowie in Fällen, in denen die Abtretung bzw. der Forderungsübergang gesetzlich vorgesehen ist oder wenn zwingende Umstände, die in der Person des Fluggastes selbst begründet sind, dies erfordern.“
10. Der Flug … erreichte sein Endziel mit einer Verspätung von mehr als 3 Stunden.
11. Am 27.06.2016 (Bl. 6, 7 d.A.) schlossen die Klägerin, die insbesondere Ansprüche nach der Fluggastrechteverordnung via Internet gewerblich aufkauft, und Frau K… einen Abtretungsvertrag über den obigen Ausgleichsanspruch und Verzicht auf das Widerrufsrecht.
12. Die Klägerin trägt vor, dass sie aktivlegitimiert und die Abtretungsklausel unwirksam sei.
14. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 250,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
die Klage abzuweisen.
16. Sie trägt vor, dass die Abtretungsklausel wirksam in den Vertrag einbezogen worden sei; zudem stünde der Beklagten mangels Nachweises einer rechtswirksamen Abtretung ein Zurückbehaltungsrecht zu.
17. Die Klage ist am 20.12.2016 zugestellt worden. Das Gericht hat den Parteien mit Beschluss vom 23.03.2017 einen Hinweis erteilt.
Entscheidungsgründe:
18. Die zulässige Klage ist unbegründet. Unter Zurückstellung der mit Hinweisbeschluss vom 23.03.2017 ausgeführten Bedenken erachtet das Gericht die Abtretungsklausel der Beklagten für rechtswirksam; im Einzelnen:
19. Das Amtsgericht Bremen ist sachlich und örtlich zuständig. Der EuGH geht bei Forderungen aus der Fluggastrechteverordnung (EG) Nr. 261/2004 vom Anknüpfungsgegenstand einer vertraglichen Forderung aus (EuGH, Urt. v. 09.07.2009 – C-204/08; EuGH, Urt. v. 13.03.2014 – C-548/12). Bei Flugreisen stellen sowohl Abflug- als auch Ankunftsort eine ausreichende Nähe zum Sachverhalt dar, dem Kläger steht somit ein Wahlrecht zu (EuGH, Urt. v. 09.07.2009 – C-204/08). Die Passagierin und Zedentin K… wurde nach Bremen befördert, sodass das Amtsgericht Bremen demnach örtlich zuständig ist.
20. Zwar kommt ein Anspruch der Zedentin gegen die Beklagte auf Zahlung von 250,00 € aus Art. 7 Abs. 1a der Fluggastrechteverordnung (EG) Nr. 261/2004 in Betracht.
21. Diesbezüglich ist die Klägerin mangels rechtswirksamer Abtretung (§ 398 BGB) jedoch nicht aktivlegitimiert. Denn der Abtretungsvertrag zwischen der Frau K… als Zedentin und der Klägerin als Zessionarin ist aufgrund des zwischen der Zedentin/Anspruchsinhaberin und der Beklagten wirksam vereinbarten Abtretungsverbots unwirksam (§ 399 Alt. 2 BGB).
22. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten wurden wirksam in den Beförderungsvertrag zwischen Frau K… und der Beklagten einbezogen (§§ 305, 145 ff. BGB). Die Klägerin hat den Umstand, dass Frau K… bei der Buchung des Fluges via Internet den AGB der Beklagten insgesamt zustimmen musste, nicht substantiiert bestritten. Sie hat diesen Umstand vielmehr mit Nichtwissen bestritten. Ein Bestreiten mit Nichtwissen ist allerdings nicht zulässig, soweit sich dieses auf Umstände bezieht, die Gegenstand von Handlungen und Wahrnehmung des Zedenten sind (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 15.07.2009 – 17 U 1/09, juris). Im Übrigen ist gerichtsbekannt, dass Flüge bei der Beklagten über deren Internetplattform gebucht werden und eine Buchung ohne Zustimmung zu den AGB der Beklagten dort nicht möglich ist.
23. Der streitige Anspruch wird als „Ausgleichszahlungsanspruch“ von dem vertraglichen Abtretungsverbot erfasst. Die Klägerin gehört nicht zu dem vom Verbot ausgenommenen Personenkreis. Nach Art. 15.4 S. 3 der AGB der Beklagten sind zwar außervertragliche Schadensersatzansprüche ausdrücklich vom Abtretungsverbot ausgenommen. Der Ausgleichszahlungsanspruch ist jedoch kein echter Schadensersatzanspruch und basiert auf einer vertraglichen Grundlage.
24. Zur inhaltlichen Bewertung der streitgegenständlichen Klausel ist deutsches Sachrecht anzuwenden. Die Anwendbarkeit deutschen Sachrechts ergibt sich aus den Art. 14 Abs. 2, 5 Abs. 2 Rom I-VO. Die Fluggastrechte-VO enthält keine Regelung zu Abtretungsverboten. Zum Zweck des Lückenschlusses ist durch das IPR des lex fori, hier des deutschen IPR, zu ermitteln, welches Sachrecht unabhängig vom Einheitsrecht, hier der Fluggastrechte-VO, gelten würde. Die Fluggastentschädigungsansprüche sind als vertragliche Forderungen zu qualifizieren (vgl. EuGH, Urt. v. 09.07.2009 – C-204/08; EuGH, Urt. v. 13.03.2014 – C-548/12). Somit ist die Rom I-VO anzuwenden. Nach Art. 14 Abs. 2 Rom I-VO ist das Forderungsstatut, also auch das für die Wirksamkeit eines Abtretungsverbotes maßgebliche Sachrecht, jenes Recht, welches auf die übertragene Forderung anzuwenden ist. Nach Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 1 S. 1 Rom I-VO ist auf diese deutsches Recht anzuwenden. Die in den AGB der Beklagten enthaltene Wahl irischen Rechts – die von den Parteien ohnehin nicht problematisiert wurde – ist in diesem Fall nicht für das auf die Fluggastentschädigungsansprüche anzuwendende Sachrecht maßgeblich. Die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 erfordert nämlich nicht, dass Anspruchsteller und Anspruchsgegner Vertragsparteien sind. Der Vertrag zwischen Kunden und Luftfahrtunternehmen bzw. zwischen Kunden und Reiseveranstalter stellt eine gegenüber der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 eigenständige Rechtsquelle dar. Dementsprechend muss auch bei der Anknüpfung i.R.d. Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 1 S. 1 Rom I-VO getrennt werden (vgl. Staudinger, JM 2016, 448-454). Vorliegend sollte eine Deutsche Passagierin nach Deutschland befördert werden. Es gilt daher Deutsches Recht.
25. Die streitgegenständliche Abtretungsklausel verstößt nicht gegen das Deutsche AGB-Recht (a.A.: Durchlaub, MDR 2017, 63, AG Hannover, RRa 2012, 129 (obiter dictum, Ziff. 11)). Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist die Vereinbarung eines formularmäßigen Abtretungsverbots grundsätzlich unbedenklich (Palandt, 75. A., § 399, Rn. 10 m.w.N.). Eine solche Klausel ist nur dann nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an dem Abtretungsverbot nicht besteht oder die berechtigten Belange des Vertragspartners an der freien Abtretbarkeit vertraglicher Ansprüche das entgegenstehende Interesse des Verwenders überwiegen. (BGH, Urt. v. 13.07.2016 – VII ZR 51/05; BGH, Urt. v. 15.06.1989 – VII ZR 205/88).
26. Vorliegend ist entscheidend, dass durch die Klausel die Abtretung lediglich beschränkt und nicht (wie etwa im Fall des BGH NJW 2012, 2107) ausgeschlossen wurde; ein Vertrag zulasten Dritter liegt also nicht vor. Insbesondere werden von der Klausel Ansprüche der originär anspruchsberechtigten Passagiere, die selbst nicht unmittelbare Vertragspartner wurden, aber drittbegünstigte Fluggäste im Sinne des § 328 BGB sind (z.B. mitreisende minderjährige Kinder), nicht erfasst. Dies spricht für die Zulässigkeit der – primär gegen das Factoring gerichteten – Abtretungsklausel (vgl. OLG Köln, RRa 2009, 18 (Ziff. 22 ff.) für Pauschalreisevertrag).
27. Zwar dürfte die Beklagte bei nachträglicher Einführung der Abtretungsklausel keineswegs von altruistischen Motiven geleitet worden sein; dass die Fluggäste durch die Abtretung auf einen Teil ihrer Forderung als Kaufpreis verzichten, ist ohnehin unbeachtlich. Jede AGB dient letztendlich der Gewinnmaximierung des wirtschaftlich agierenden Verwenders. Die zu vermutende Erwartung der Beklagten, dass ohne die risikolose Möglichkeit des Internetfactoring viele Fluggäste ihre Ansprüche aus Trägheit, Überforderung oder finanziellen Gründen gegen das international agierende Luftfahrtunternehmen nicht geltend machen werden, mag moralisch fragwürdig sein, ist rechtlich aber nicht zu beanstanden. Im Rahmen des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB werden lediglich Interessen und keine Intentionen abgewogen. Der berechtigte Ausblick, dass das wirksame Abtretungsverbot zu einer regelmäßigen Geltendmachung der Ansprüche über das Online-Formular der Beklagten führt, begründet bereits ein schützenswertes Interesse der Beklagten an dem Abtretungsverbot:
28. Die Beklagte kann insofern ein schützenswertes Interesse an dem Abtretungsverbot geltend machen. Als solches ist vorliegend die Klarheit und Übersichtlichkeit der Vertragsabwicklung anzusehen (vgl. BGH, Urt. v. 15.06.1989 – VII ZR 205/88, BGHZ 108, 52). Die Vielzahl an Abtretungen von Fluggastentschädigungsansprüchen gegen die Beklagte über sogenannte Fluggast-Portale kann eine genaue Zuordnung der Forderungen erschweren. Dem Gericht sind Fälle bekannt, in denen die Zuordnung des abgetretenen Anspruchs zu einem bestimmten Flug und einem bestimmten Fluggast nur über die interne Bearbeitungsnummer des Zessionars möglich war. Die Abtretung war in den dortigen Fällen wegen hinreichender Bestimmbarkeit – nicht Bestimmtheit – noch rechtswirksam, führte jedoch zu einem erhöhten Prüfungs- und Verwaltungsaufwand. Auch wenn diese Erwägung im vorliegenden Fall nicht greift (siehe Abtretungserklärung vom 27.06.2016, Bl. 6 d.A.) besteht diese Erschwernis bei verallgemeinernder Betrachtung grundsätzlich. Außerdem stellt sich die Problematik der Widerruflichkeit der gewerblich per Internetgeschäft erworbenen Forderungen. Im streitgegenständlichen Fall verzichtete der private Zedent/Verbraucher vorab in einem vom Zessionar vorformulierten Text auf sein Widerrufsrecht, was gemäß §§ 355 II, 356 IV, 361 II BGB unzulässig sein könnte. In diesem Fall bestünde ein über 2 Wochen hinausgehendes Widerrufsrecht hinsichtlich des nur schwebend wirksamen Abtretungsgeschäfts; die Beklagte könnte sich daher nicht hinreichend sicher sein, wer zum Zeitpunkt der Geltendmachung der berechtigte Anspruchsinhaber ist. Diese Problematik gilt grundsätzlich für jedes Abtretungsgeschäft und wird durch die §§ 405 ff. BGB nur unzureichend kompensiert.
29. Dem kann nicht entgegengehalten werden, das Geschäftsmodell der Fluggast-Portale vereinfache die Vertragsabwicklung in der Funktion eines Filters unberechtigter Forderungen. Selbst wenn die Zessionare die Forderungen vorher tatsächlich ausgiebig prüften, wird die Beklagte die abgetretenen Forderungen, berechtigterweise, selbst prüfen, um sich vor unberechtigten Forderungen zu schützen.
30. Das übliche Prozessrisiko muss auch der Verbraucher hinnehmen. Zwar ist nicht zu verkennen, dass der Fluggast dem Luftfahrtunternehmen in besonderer Weise strukturell unterlegen ist. Denn die Luftfahrtunternehmen sitzen oftmals im Ausland, vereinbaren regelmäßig die Geltung ihres ausländischen Rechts und korrespondieren häufig in einer Fremdsprache. Dem Fluggast bleibt es jedoch unbenommen, nach ergebnisloser Fristsetzung einen Anwalt zu kontaktieren. Der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung steht jedem frei. Gerade für Ansprüche nach der Fluggastverordnung bieten sich das vereinfachten europäische Mahnverfahren (Verordnung EG Nr. 1896/2006) und Bagatellverfahren (Nr. 861/2007) an.
31. Es besteht in der Gesamtschau daher kein Übergewicht der Belange der Passagiere gegenüber den Interessen der Beklagten.
32. Weiterhin liegt auch keine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB vor. § 399 Alt. 2 BGB belegt, dass nach der Grundwertung des Gesetzgeber die Vereinbarung eines Abtretungsverbots zulässig ist; die Unzulässigkeit eines formalvertraglichen Abtretungsverbots wurde in den §§ 309, 308 BGB gerade nicht geregelt.
33. Das Abtretungsverbot erscheint auch mit Art. 15 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vereinbar. Nach Art. 15 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 haben die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 zwingenden Charakter. Das Abtretungsverbot schränkt den Ausgleichsanspruch nach Art. 7 Abs. 1a der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 oder sonstige Ansprüche des Fluggastes aber nicht ein. Denn das Recht der freien Abtretbarkeit vertraglicher Ansprüche ergibt sich nicht aus der Verordnung (EG) Nr. 261/2004, sondern aus dem jeweiligen nationalen Zivilrecht, vorliegend aus § 398 BGB. Die Abtretbarkeit betrifft nicht den Umfang des (geschützten) materiellen Rechts, sondern die Verfügungsbefugnis über dieses. „Verpflichtungen gegenüber Fluggästen gemäß dieser Verordnung“ im Sinne des Art. 15 Abs. 1 der Verordnung sind daher nicht betroffen. Diese Interpretation entspricht auch dem Leitbild des EuGH vom mündigen, also aktiven und informierten, Verbraucher. Diesem kann zugemutet werden, sich – bis zu einem gewissen Maß – über seine rechtlichen Möglichkeiten zu informieren und – wiederum bis zu einem gewissen Maß – bei der Durchsetzung seines Ausgleichsanspruchs nach Art. 7 Abs. 1a der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 selbst aktiv zu werden, zumal eine Hinweispflicht nach Art. 14 der Verordnung besteht.
34. Ob ein Forderungseinzug auf fremde Rechnung i.S.d. § 2 Abs. 2 S. 1 RDG vorliegt und insofern § 134 BGB greift oder aber ein Forderungskauf, also ein Forderungseinzug auf eigene Rechnung (vgl. Deckenbrock/Henssler, RDG, 4. Aufl., § 2 Rn. 72 ff.) muss nicht mehr entschieden werden.
35. Dahinstehen kann auch, ob der Beklagten gemäß §§ 405, 273 BGB ein Zurückbehaltungsrecht zugestanden hätte.
36. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zu vorläufigen Vollstreckbarkeit basiert auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der streitgegenständlichen Rechtsfrage und einer Vielzahl gleich gelagerter Parallelverfahren wird gemäß § 511 Abs. 4 ZPO die Berufung zugelassen.
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