Stornokostenpauschale bei Abweichung von angemeldeter Teilnehmerzahl
AG Bielefeld: Stornokostenpauschale bei Abweichung von angemeldeter Teilnehmerzahl
Der Kläger betreibt ein Schullandheim. Der Beklagte hatte beim Kläger für mehrere Gruppen von Erwachsenen und Kindern Aufenthalte dort gebucht. Nach der teilweisen Stornierung der Reise durch den Beklagten fordert der Kläger nun noch weitere Zahlungen.
Das Gericht gab der Klage statt. Der Kläger habe ausreichend dargelegt, dass durch die Stornierungen des Beklagten Mehrkosten entstanden sind.
AG Bielefeld | 405 C 195/12 (Aktenzeichen) |
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AG Bielefeld: | AG Bielefeld, Urt. vom 25.01.2013 |
Rechtsweg: | AG Bielefeld, Urt. v. 25.01.2013, Az: 405 C 195/12 |
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Leitsatz:
2. Eine Klausel, die Stornierungskosten unabhängig vom Stornierungszeitpunkt vorsieht, ist unzulässig.
Zusammenfassung:
3. Der Kläger betreibt ein Schullandheim. Der Beklagte hatte beim Kläger für mehrere Gruppen von Erwachsenen und Kindern Aufenthalte dort gebucht. Teilweise war auch ein Bustransfer Teil der Vertragsleistung. Der Buchungsvertrag enthielt eine Klausel, nach der bei einem Abweichen der Teilnehmerzahl um mehr als 10 % nach unten der Tagesreisepreis der stornierten Teilnehmer als Stornokosten anfalle. Nachdem der Beklagte nur in geringerer Zahl angereist ist und die Reise insofern teilweise storniert hat, fordert der Kläger nun noch weitere Zahlungen.
Das Gericht gab der Klage statt. Die Stornoklausel des Vertrages sei unzulässig, da sie zu allgemeine Stornokosten festlege und insbesondere nicht nach dem Stornierungszeitpunkt differenziere. Der Kläger habe aber ausreichend dargelegt, dass durch die Stornierungen des Beklagten Mehrkosten entstanden sind. Insofern waren die Unmöglichkeit der anderweitigen Nutzung sowie die Anschaffung der Verpflegung im Voraus maßgeblich.
Tenor
4. Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger einen Betrag von 807,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.09.2010 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, den Kläger von der Gebührenforderung der prozessbevollmächtigten Rechtsanwälte in Höhe von 104, 50 € freizustellen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung in Höhe von 622,00 Euro hinsichtlich der Rechnungen für den Reisezeitraum vom 29.07.2010 bis 18.08.2010 hat.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
5. Der Kläger begehrt von der Beklagten Entschädigung wegen Teilrücktritts aus einem Reisevertrag vor Reisebeginn.
6. Der Kläger betreibt ein Schullandheim auf der Insel X.
7. Die Beklagte buchte insgesamt zu drei Zeitabschnitten eine Unterbringung im Schullandheim des Klägers auf der Insel X.:
1 Für die Zeit vom 29.07.2010 bis 12.08.2010 (für 31 Erwachsene, 30 Kindern zwischen 4-15 Jahren und 3 Kindern zwischen 1-3 Jahren).
2 Für die Zeit vom 01.08.2010 bis zum 09.08.2010 (für 4 Erwachsene und 4 Kindern zwischen 4-15 Jahren, alle ohne Bustransfer)
3 Für die Zeit vom 12.08.2010 bis zum 18.08.2010 (für 34 Erwachsene, 22 Kindern zwischen 4-15 Jahren und 8 Kindern zwischen 1-3 Jahren).
4 Zusätzlich für die Zeit vom 01.08.2010 bis zum 09.08.2010 (für 4 Erwachsene und 4 Kindern zwischen 4-15 Jahren, alle ohne Bustransfer)
8. Der Tagessatz pro Person betrug für Erwachsene 22,00 Euro, für Kinder zwischen 4-15 Jahren 19,50 Euro und für Kinder zwischen 1-3 Jahren 10,00 Euro.
9. Der Tagessatz beinhaltete: Vollpension (3 Mahlzeiten), Stehcafé, Gepäcktransport auf der Insel und Kurtaxe.
10. In Ziff. 6 des Buchungsformulars findet sich folgende Klausel:
11. „Wenn Gruppen mit weniger als ursprünglich angemeldeten Teilnehmern anreisen, finden wir meist eine sehr kulante und gästefreundliche Lösung. Aber bitte haben Sie Verständnis, dass wir bei einer Abweichung der Belegungszahl der verbindlich angemeldeten Personen von mehr als 10 % zu unseren Ungunsten den Tagessatz den Teilnehmern in Rechnung stellen müssen, Ausgenommen hiervon sind Schulklassen.“
12. Auch den Bustransfer zwischen C. und I. buchte die Beklagte bei dem Kläger. Es wurde vereinbart, dass 64 Reiseteilnehmer am 29.07.2010 nach I. und am 18.08.2010 zurück nach C. gefahren werden. Zwischendurch, am 12.08.2010, sollten dann 40 Teilnehmer „ausgewechselt“, d.h. zurück nach Bielefeld und andere 40 Teilnehmer im Gegenzug nach I. gebracht werden. Die Buskosten betrugen 25,00 Euro/Person.
13. Im Buchungsformular hieß es dazu weiterhin unter Nr. 5 (Bl. 13 d.A.):
14. „Die Buskosten beziehen sich auf die Fahrt (von C. und im Umkreis von 25 km) mit unserem Vertragsunternehmen M. ab 25 Personen und Nutzung der Buskette. Sollten weniger als 25 Personen den Bus nutzen, wird ein Aufschlag nach vorheriger Rücksprache erhoben (ausgenommen sind Schulklassen).“
15. Jeweils mit Rechnung vom 30.05.2010 stellte der Kläger der Beklagten einen Gesamtbetrag für die Zeit vom 29.07.2010 bis 12.08.2010 in Höhe von 19.450,00 Euro (zahlbar bis 08.07.2010), vom 01.08.2010 bis 09.08.2010 in Höhe von 1.328,00 Euro (zahlbar bis 11.07.2010) und vom 12.08.2010 bis 18.08.2010 in Höhe von 8.410,00 Euro (zahlbar bis 22.07.2010), in Rechnung, insgesamt also 29.188,00 Euro.
16. Die Beklagte überwies am 21.07.2010 einen Abschlag von 20.000,00 Euro und am 29.07.2010 einen weiteren Abschlag in Höhe von 8.000,00 Euro. Weitere Zahlungen leistete die Beklagte nicht.
17. Am 06.08.2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass am 12.08.2010 zwar wie vereinbart 40 Personen von I. nach C. reisen würden, dass aber sodann von C. nach I. anstatt der vereinbarten 40 Personen lediglich 16 Personen reisen würden. So geschah es dann auch.
18. Gemäß der Teilnehmerliste befanden sich im Zeitraum zwischen den 12.08.2010 und dem 18.08.2010 46 Personen im Schullandheim: 25 Erwachsene blieben für die gebuchten 6 Tage, 2 für 3 Tage und 2 für einen Tag: 12 Kinder zwischen 4-15 Jahren blieben für die gebuchten 6 Tage und 1 Kind für einen Tag; 3 Kinder zwischen 1-3 Jahren blieben für die gebuchten 6 Tage und 1 Kind für einen Tag (Bl. 28-31 d. A.). Am Bustransfer haben tatsächlich 18 Personen teilgenommen.
19. Auf Basis der tatsächlichen Teilnehmerzahl erfolgte eine Endabrechnung des Klägers. Er stellte der Beklagten jeweils einen Gesamtbetrag für die Zeit vom 29.07.2010 bis 12.08.2010 in Höhe von 20.051,50 Euro und vom 01.08.2010 bis 09.08.2010 in Höhe von 1.484,00 Euro in Rechnung.
20. Für den Zeitraum vom 12.08.2010 bis 18.08.2010 errechnete der Kläger einen Betrag in Höhe von 7.294,00 Euro (bestehend aus 7.410,00 Euro für die ursprünglich gebuchten Teilnehmerzahl, abzüglich 10%, also 741,00 Euro und weiteren 625,00 Euro für den Bustransfer) und bezog sich hierzu auf Nr. 6 des Buchungsformulars, welches unstreitig bei Vertragsschluss einbezogen worden war.
21. Für die nach Abzug der Abschläge verbleibende Restforderung in Höhe von 829,50 Euro setzte der Kläger der Beklagten eine Zahlungsfrist bis zum 06.09.2010. Mit Schreiben vom 13.09.2010 mahnte der Kläger die Beklagte zur Zahlung bis zum 20.09.2010.
22. Mit Rechnung vom 13.10.2010 korrigierte der Kläger die Rechnung für die Zeit vom 29.07.2010 bis 12.08.2010 auf einen Betrag von 20.029,50 Euro (Bl. 24 d.A.). Für die sodann verbliebene Restforderung in Höhe von 807,50 Euro setzte er der Beklagten eine Zahlungsfrist bis zum 23.10.2010 und mahnte mit Schreiben vom 25.10.2010 erneut zur Zahlung bis zum 02.11.2010 an.
23. Die Beklagte behielt sich vor, einen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 1.429,50 Euro (Bl. 27 d.A.) gegen den Kläger geltend zu machen.
24. Der Kläger behauptet, dass es ihm in der Kürze der Zeit nicht mehr möglich gewesen sei, das Schullandheim mit einer anderen Gruppe oder anderen Personen zu belegen. Weiterhin sei das Personal fest angestellt und wegen der Insellage seien auch bereits die Vorräte für die gebuchte Teilnehmerzahl eingekauft und nicht mehr anderweitige verwertbar gewesen. Auch bezüglich des Gepäcktransports sei keine Einsparung möglich wegen, da die Gruppe der Beklagten die doppelte Anzahl an Containern benötigt habe.
25. Der Kläger ist weiterhin der Ansicht, dass ihm eine Entschädigung für den teilweisen Reiserücktritt nach Nr. 6 des Buchungsformulars in Höhe von 1.579,50 Euro, sowie 625,00 Euro für den Bustransfer zustehe.
26. Beide Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2012 den Rechtsstreit hinsichtlich eines entsprechenden Gegenanspruchs der Beklagten auf Rückzahlung des Reisepreises in Höhe von 1.429,50 Euro, in Höhe von 807,50 Euro für erledigt erklärt.
28. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 807,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.09.2010 zu zahlen,
29. die Beklagte zu verurteilen, ihn von der Gebührenforderung der prozessbevollmächtigten Rechtsanwälte in Höhe von 104,50 Euro freizustellen,
30. nunmehr festzustellen, dass die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung in Höhe von 622,00 Euro hinsichtlich der Rechnungen für den Reisezeitraum vom 29.07.2010 bis 18.08.2010 hat.
33. Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Regelung zu den Ausfallgebühren nach Nr. 6 des Buchungsformulars unwirksam sei und ihr ein Rückzahlungsanspruch wegen Überbezahlung in Höhe von 622,00 Euro zustehe, wobei sie für den Zeitraum vom 12.8.2010 bis 18.08.2010 von Kosten für die tatsächliche Unterbringung der tatsächlich angereisten Teilnehmer in Höhe von 5.864,50 Euro ausgeht.
34. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
35. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die erhobene Feststellungsklage zulässig.
36. Das Feststellungsinteresse ist bei einer negativen Feststellungsklage gegeben, wenn dem Kläger eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass sich der Beklagte eines Rechts gegen ihn berühmt (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 32. Auflage, Reichold, § 256 Rn. 13). Dieses folgt vorliegend aus dem Schriftsatz der Beklagten vom 26.07.2012, wonach sie von einer Überbezahlung in Höhe von 1.429,50 Euro ausgeht und sich vorbehält diesen gerichtlich geltend zu machen. Das Feststellungsinteresse ist insbesondere auch nicht dadurch nachträglich entfallen, dass der Geschäftsführer der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, er verzichte auf die Geltendmachung des zu diesem Zeitpunkt noch in Rede stehenden Betrages von 622 €, wenn er diesen hätte geltend machen wollen, wäre dies längst geschehen. Denn zum einen setzt er sich mit dieser Erklärung in Widerspruch dazu, dass sich die Beklagte zuvor die Erhebung einer entsprechenden Widerklage ausdrücklich vorbehalten hat. Zum anderen entfällt es nicht ohne weiteres durch die Erklärung, der Anspruch werde nicht mehr geltend gemacht werden. So hat der Bundesgerichtshof in einem Fall, in dem nach Erhebung einer Teilklage eine negative Feststellungsklage in Bezug auf den noch nicht gegenständlichen Teil der in Rede stehenden Forderung entschieden, dass das Feststellungsinteresse nicht schon durch eine einseitige Erklärung des Gegners, er werde keine weiteren Ansprüche geltend machen, wenn er mit seiner erhobenen Teilklage rechtskräftig unterliege, entfallen kann (BGH, Urteil vom 04.05.2006, IX ZR 189/03). Vorliegend ist die Erklärung des Geschäftsführers für die Beklagte im Übrigen nicht bindend, insbesondere haben die Parteien letztendlich auch nicht den Streit über die Berechtigung der Forderung beigelegt und sich verbindlich auf einen Verzichtsvertrag oder dergleichen verständigt. Die Beklagte ist daher durch die Erklärung in der mündlichen Verhandlung insbesondere nicht gehindert, den Anspruch doch noch weiter zu verfolgen. Eine nicht bindende Verzichts- oder Beschränkungserklärung des Forderungsprätendenten bewirkt jedoch nicht den Wegfall des Feststellungsinteresses (BGH, a.a.O.; BGH, Urteil vom 18.05.1989, III ZR 204/88; BGH, Urteil vom 01.02.1989, II ZR 152/87). Der Kläger hat nach dem Zivilprozessrecht einen Anspruch darauf, eine der Rechtskraft fähige Entscheidung zu erwirken, durch die, soweit dem die materielle Rechtslage entspricht, gegenüber der Beklagten rechtskräftig festgestellt wird, dass die Forderung, deren sich der Beklagte berühmt hat, nicht besteht (BGH, Urteil vom 01.02.1989, II ZR 152/87).
II.
1.
38. Dem Kläger steht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 807,50 Euro aus §§ 651 a Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 651 i Abs. 2 S. 2, 3 BGB zu.
39. Die Parteien haben einen Reisevertrag in Sinne von § 651 a I BGB abgeschlossen. Danach wird der Reiseveranstalter verpflichtet, dem Reisenden eine Gesamtheit von Reiseleistungen (Reise) zu erbringen. Dabei handelt es sich um eine aus mehreren Einzelleistungen zu einer Einheit zusammengefasste, also solche angebotene und innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu erbringende Gesamtleistung zu einem in der Regel einheitlichen Preis, die als Veranstaltung, d.h. als über die Summe der Einzelleistungen hinausgehender Erfolg geschuldet ist (Palandt/Sprau, BGB, 71. Auflage, Einf v § 651 a Rn. 3). Vorliegend hat die Beklagte beim Kläger in dem Zeitraum vom 27.07.2010 bis 18.08.2010 Reiseleistungen zu gleichen Konditionen gebucht, wobei allein die Anzahl der Reiseteilnehmer zwischendurch variierte, sodass von einem einheitlichen Reisevertrag ausgegangen werden kann.
40. Die Beklagte ist wirksam teilweise vom Reisevertrag für den Zeitraum vom 12.08.2010 bis 18.08.2010 gemäß § 651 i I BGB zurückgetreten. Nach § 651 i I BGB kann ein Rückritt jederzeit vor Reisebeginn erfolgen, sodass der Rücktritt sechs Tage vor Reiseantritt rechtzeitig war.
41. Dem Grunde nach steht dem Kläger damit eine angemessene Entschädigung nach § 651 i Abs. 2 S. 2 BGB zu. Diese bemisst sich gemäß § 651 i Abs. 2 S. 3 BGB nach dem Reisepreis unter Abzug des Wertes der vom Reiseveranstalter ersparten Aufwendungen sowie dessen, was er durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen erwerben kann.
a)
42. Hierbei hat die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung eines pauschalen Vomhundertsatz des Reisepreises. § 651 i Abs. 3 BGB gibt dem Reiseveranstalter zwar die Möglichkeit, eine Pauschale als Vomhundertsatz des Reisepreises festzulegen. Macht er hiervon Gebrauch, stehen dem Reiseveranstalter die Alternativen offen, entweder eine die konkrete höhere Berechnung nach Abs. 2 ausschließende Entschädigung zu vereinbaren, oder aber ein Wahlrecht zwischen konkreter und pauschalierter Berechnung festzulegen (Palandt- Sprau, 71. Auflage, § 651 i Rn. 4 BGB).
43. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung allerdings vorliegend nicht im Wege pauschalierter Stornierungskosten nach Nr. 6 des Buchungsformulars gemäß § 651 i Abs. 3 BGB zu. Der Prozentsatz nach Abs. 3 muss für die in Frage stehende Reiseart unter Berücksichtigung der gewöhnlich ersparten Aufwendungen und des durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen gewöhnlich möglichen Erwerbs festgesetzt sein (BGH NJW-RR 90, 114).
44. Die gegenständliche Vereinbarung nach Nr. 6 des Buchungsformulars verstößt gegen § 651 m BGB und gereicht dem Reisenden zu Nachteil. Sie ist zu ungenau formuliert und vermag dem anderen Vertragspartner nicht den genauen Regelungsinhalt darzulegen. Darüber hinaus stellt sie nicht auf den gewöhnlich anderweitigen Erwerb ab und staffelt nicht beispielsweise je nach Zeitspanne zwischen der Rücktrittserklärung und des Reisebeginns. Vielmehr regelt sie eine Zahlung von 90 % des Reisepreises bei einer Abweichung der angemeldeten Teilnehmerzahl um mehr als 10 %, unabhängig davon, wann genau ein Rücktritt erfolgt und ob eine anderweitige Belegung möglich ist.
45. Die Regelung in Nr. 6 verstößt außerdem gegen § 307 BGB. Sie benachteiligt die Beklagte unangemessen und weicht in Anbetracht des § 651 i Abs. 3 BGB von wesentlichen Grundsätzen der gesetzlichen Regelung ab. § 309 Nr. 5 a) und b) kommt wegen § 310 Abs.1 S. 1 BGB nicht zur Anwendung.
b)
46. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten jedoch ein Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung nach § 651 i Abs. 2 S. 2 BGB zu. Hierfür hat der Reiseveranstalter eine konkrete Berechnung im Sinne von § 651 i Abs. 2 S. 3 BGB vorzunehmen. Den hieraus folgenden Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers.
47. Ausgangspunkt ist zunächst der Reisepreis, von dem sodann ersparte Aufwendungen sowie anderweitige Erwerbsmöglichkeiten in Abzug zu bringen sind, das heißt solche Beträge, die der Veranstalter durch anderweitige Verwertung der freigewordenen Reiseleistungen erlösen kann oder böswillig zu erwerben unterlässt (Palandt/Sprau, BGB, a.a.O. Rn. 3).
48. Dabei trägt grundsätzlich der Veranstalter die Darlegungs- und Beweislast für die Angemessenheit der Entschädigung also auch dafür, dass keine höheren Aufwendungen erspart worden sind und eine andere Verwertung der Reiseleistungen nicht möglich gewesen ist.
49. Die für eine gerichtliche Schätzung nach § 287 ZPO erforderlichen Tatsachengrundlagen hat der Kläger hinreichend substantiiert dargelegt, die Beklagte wiederum hat den substantiierten Vortrag des Klägers nicht ausreichend bestritten.
50. Was die anderweitige Verwertung der Reiseleistungen angeht hat der Kläger dargelegt, dass es aufgrund der Tatsache, dass es sich um ein Schullandheim handelt, nicht möglich war, kurzfristig anderweitige Belegungen für die nicht in Anspruch genommenen Reiseleistungen zu organisieren.
51. Dabei ist nach Auffassung des Gerichts zu berücksichtigen, dass es sich bei dem vom Kläger vorgehaltenen Schullandheim gerade nicht um ein Hotel handelt, das erfahrungsgemäß in gewissen Grenzen auch noch durch Last-Minute-Buchungen aufgefüllt werden kann. Vielmehr handelt es sich bei einem Schullandheim um eine Einrichtung, in der Gäste untergebracht werden, die in aller Regel in größeren Gruppen gemeinsam anreisen – wie es auch hier der Fall gewesen ist – sowie darüber hinaus, dass die Buchungen in einem derartigen Schullandheim gerade nicht kurzfristig erfolgen, sondern langfristig geplant sind, anders als dies bei Hotels der Fall ist. So ist auch die hier gegenständliche Reiseleistung mit einem deutlichen zeitlichen Vorlauf von rund acht Monaten gebucht worden. Aufgrund der Besonderheiten des Reiseortes hätte es daher nach Auffassung des Gerichts der Beklagten oblegen, substantiiert zu bestreiten, dass dem Kläger eine anderweitige Belegung nicht möglich gewesen ist. Es bestehen vorliegend keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger eine anderweitige Möglichkeit der Belegung von durch die Beklagte gebuchten Räumlichkeiten gehabt haben könnte. Weiterhin war die Zimmerbelegung durch die tatsächlichen Teilnehmer der Beklagten in dem Zeitraum vom 12.08.2010 bis 18.08.2010 uneinheitlich, indem manche Teilnehmer sich volle sechs Tage und andere nur drei oder einen Tag am Reiseort aufhielten, was die Planung und Verwertung erschwerte.
52. Auch in der Verpflegung und bei den Personalkosten hat der Kläger hinreichend substantiiert dargelegt, dass er keine Aufwendungen ersparen konnte, die über den bereits vom Reisepreis in Abzug gebrachten Betrag hinausgingen.
53. Ungeachtet der Frage, ob die Lebensmittel tatsächlich bereits vorab für die Teilnehmer auf die Insel gebracht worden sind, wofür bereits die Insellage spricht, wäre bei einem Tagessatz von 3,50 Euro pro Person maximal von einer Einsparung in Höhe von 462,00 Euro auszugehen. Diesen Tagessatz, welcher der Kalkulation des Klägers zugrunde liegt, hat die Beklagte nicht im Einzelnen bestritten, er ist daher bei der Schätzung des Gerichts im Rahmen von § 287 ZPO zugrunde zu legen.
54. Die Einsparungen für das Gepäck beliefen sich, bei Berechnung von 2,00 Euro pro Person für ein Gepäckstück, auf 44,00 Euro.
55. Weiterhin fielen die Kosten für die Busfahrt pro Gruppe an und wurden im Rahmen der Kalkulation auf alle Gruppenteilnehmer umgelegt. Da am 12.08.2010 40 Personen nach C., jedoch nur 18 Personen wieder zurück nach I. transportiert werden mussten, konnte selbstverständlich auch kein kleinerer Bus eingesetzt werden, so dass von den Kosten für den Bustransfer insgesamt kein Abschlag vorzunehmen ist, da die Rückreise mit dem gleichen Bus erfolgte und nicht ersichtlich ist, dass der Kläger hier etwaige Aufwendungen ersparen konnte.
56. Die Ersparnis während des streitgegenständlichen Zeitraums für den Minderverbrauch an Wasser und Energie für 22 Personen für 6 Tage bezifferte der Kläger mit nachvollziehbaren Ausführungen auf 157,37 Euro, die durch die Beklagte ebenfalls nicht hinreichend bestritten worden sind.
57. Sofern es ersparte Aufwendungen für Personaleinsatz angeht, hat der Klägerin ebenfalls substantiiert dargelegt, wie sich der Personaleinsatz für das Schullandheim gestaltete. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger sogar namentlich im Einzelnen dargelegt hat, wie das Schullandheim durch den Kläger personell ausgestattet war, hätte die Beklagte auch hier substantiiert bestreiten müssen. Allein das Bestreiten der Tatsache, dass etwaigen Kräften nicht hätte gekündigt werden können, ist nicht hinreichend. Zumal es auf der Hand liegt, dass Arbeitsverträge schon aus rechtlichen Erwägungen nicht ohne weiteres beendet werden können, weil sich eine Gruppe sechs Tage vor Reisebeginn dazu entscheidet, in verminderter Personenzahl die Reise anzutreten. Vor dem Hintergrund, dass jedenfalls die tatsächlich anwesenden Gäste versorgt werden mussten, erscheint das im Einzelnen dargelegte Personal unabhängig von der tatsächlichen Minderbelegung im Übrigen als erforderlich, um den Betrieb des Schullandheimes des Klägers zu gewährleisten.
58. Die Ersparnisse beliefen sich damit insgesamt auf maximal 663,37 Euro und im Ergebnis daher auf einen geringeren Betrag als denjenigen, den sich der Kläger im Ergebnis anrechnen lässt.
59. Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB ab dem 21.09.2010. Die unwesentliche Zuvielforderung mit Rechnung vom 29.08.2010 war dabei unschädlich, zumal sich der korrigierte Betrag aus dem unstreitig wie gebuchten und geplanten Zeitraum vom 29.07.2010 bis 12.08.2010 ergab. Diesen hätte die Beklagte zuverlässig ermitteln können.
60. Die Forderung eines zu hohen Betrags ist eine wirksame Mahnung, wenn der Schuldner die Erklärung des Gläubigers nach den Umständen des Falles als Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen muss und der Gläubiger zur Annahme der gegenüber seinen Vorstellungen geringeren Leistung bereit ist (Palandt- Grüneberg, BGB, 71. Auflage, § 286 Rn. 20).
61. Da die Beklagte in Zahlungsverzug war, kann der Kläger gemäß § 280 Abs. 2 BGB die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten erstattet verlangen.
2.
62. Der Feststellungsantrag ist begründet.
63. Der Beklagten steht kein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 622,00 Euro hinsichtlich der Rechnungen für den Reisezeitraum vom 29.07.2010 bis 18.08.2010 gemäß §§ 812 in Verbindung mit §§ 651 a Abs. 1 S. 2, 651 i Abs. 2 S. 2, 3 BGB zu.
64. Die Beklagte ist bei der vorliegenden negativen Feststellungsklage darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass sie den gegenständlichen Anspruch gegenüber der Beklagten innehat. Denn die Umkehr der Parteirollen ändert an der Darlegungs- und Beweislast nichts. Bleibt unklar, ob der in Streit stehende Anspruch besteht, so ist der negativen Feststellungsklage stattzugeben. (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 32. A., § 256 Rn. 21).
65. Der Beklagten ist der Nachweis einer Überbezahlung in Höhe von 622,00 Euro nicht gelungen. Die Berechnung der Beklagten ist hierbei im Einzelnen nicht nachvollziehbar dargelegt, insbesondere lässt sich nicht nachvollziehen, wie sich genau der von der Beklagten errechneten Betrag für den streitgegenständlichen Reisezeitraum in Höhe von 5.864,50 Euro zusammensetzen soll. Vielmehr kommt der Kläger für die tatsächliche Reiseleistung für den streitgegenständlichen Reisezeitraum mit nachvollziehbaren Berechnungen zu einem Reisepreis von 5.089,50 Euro, zuzüglich der geltend gemachten Entschädigung. Es kann somit nicht von einer Überbezahlung in Höhe von 622,00 Euro ausgegangen werden.
III.
66. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 91a, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
67. Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, waren die Kosten insoweit ebenfalls der Beklagten aufzuerlegen. Denn in Höhe von 807,50 € bestand der in dem Schreiben vom 26.07.2012 gegenüber der Klägerin geltend gemachte Zahlungsanspruch unzweifelhaft nicht, so dass die Feststellungsklage im Zeitpunkt der Erledigungserklärung zulässig und begründet gewesen wäre. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die Frage an, ob es sich hierbei erkennbar um die Klageforderung gehandelt haben kann, die durch die Beklagte versehentlich nochmals in eine Zahlungsaufstellung gegenüber der Klägerin selbst eingestellt worden ist. Denn dies ändert nichts an der Tatsache, dass sie sich zunächst eines Anspruches auch in dieser Höhe berühmt hat. Dass sich hierbei Unklarheiten im Rahmen der mündlichen Verhandlung haben ausräumen lassen und die Parteien daraufhin den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, führ nicht dazu, dass in diesem Umfang die Kosten der Klägerin aufzuerlegen wären. Denn die bis dahin tatsächlich und rechtlich bestehende Unsicherheit hat die Beklagte zu vertreten, die sich eines entsprechenden Anspruches unstreitig berühmte. Insbesondere war die Feststellungsklage auch nicht wegen entgegenstehender Rechtshängigkeit unzulässig, weil es sich hierbei im Ergebnis um den Betrag der Klageforderung handelte. Denn der Anspruch, dessen sich die Beklagte in Höhe von 807,50 € berühmte, ist mehr als die bloße Negation des Klageanspruches, weil die Beklagte insofern in ihrem außergerichtlichen Schreiben die Auffassung geäußert hat, sie könne diesen Betrag von dem Kläger beanspruchen.
IV.
68. Der Streitwert wird bis zum 07.08.2012 auf 807,50 €, seither bis zum 16.11.2012 auf 2.237,00 €, sodann auf 1.429,50 € festgesetzt.
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