Rücktritt vom Reisevertrag und Stornokosten

AG Bad Homburg: Rücktritt vom Reisevertrag und Stornokosten

Eine Reiseveranstalterin verdoppelte den Reisepreis, als ein Kunde eine Namensänderung vornehmen lassen wollte. Dieser trat zurück und erklagte erfolgreich die Erstattung der Stornogebühren.

AG Bad Homburg 2 C 2576/14 (27) (Aktenzeichen)
AG Bad Homburg: AG Bad Homburg, Urt. vom 20.04.2015
Rechtsweg: AG Bad Homburg, Urt. v. 20.04.2015, Az: 2 C 2576/14 (27)
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Amtsgericht Bad Homburg

1. Urteil vom 20. April 2015

Aktenzeichen 2 C 2576/14 (27)

Leitsatz:

2. Erhöht ein Reiseveranstalter auf den Namensänderungswunsch eines Kunden hin den Reisepreis in einem nicht aufgeschlüsselten Missverhältnis, hält er ihn von der Wahrnehmung seiner Rechte ab, was den Kunden zur Vertragskündigung berechtigt.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte bei der Beklagten als Reiseveranstalterin für sich, seine Ehefrau und den gemeinsamen Sohn eine Pauschalreise nach Spanien zum Reisepreis von 1.259,- € gebucht. Nachdem der Kläger und seine Familie an der Teilnahme an der Reise gehindert waren, wollte der Kläger von seinem vertraglichen Recht einer Namensänderung Gebrauch machen und den Reisevertrag an jemand anderen überschreiben. Hierfür sollte eigentlich nur eine Bearbeitungsgebühr von 33,- € pro Person anfallen, jedoch wies die Beklagte auf den Änderungswunsch hin einen neuen Reisepreis von 2.998,- € aus. Daraufhin kündigte der Kläger den Reisevertrag und verfolgte dann gerichtlich die Rückforderung der Stornogebühren von 1.133,- €.

Das Amtsgercht Bad Homburg gab der Klage weitgehend statt. Dem Kläger stand die Erstattung der Stornokosten zu, weil ein grobes Missverhältnis zwischen ursprünglichem Reisepreis und dem neu errechneten nach dem Änderungswunsch bestand. Die Mehrkosten waren auch nicht aufgeschlüsselt worden. Die Beklagte hatte ihn dadurch von der Wahrnehmung seiner Rechte abgehalten, was ihn zur Kündigung des Reisevertrages berechtigte. Er erhielt 1.133,- € Stornokosten zurück.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 1.133,- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28.01.2014 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

5. Die Parteien streiten um reisevertragliche Ansprüche. Der Kläger buchte für sich, seine Ehefrau sowie den 13-jährigen Sohn bei der Beklagten eine Pauschalreise nach Spanien. Die Reise sollte im Zeitraum vom 08.10.2013 bis zum 19.10.2013 erbracht werden. Gemäß Reisebestätigung vom 11.01.2013 betrug der vereinbarte Reisepreis € 1.259,- (BI. 6/7 f. d. A.). Der Kläger zahlte den gesamten Reisepreis in voller Höhe im Voraus. Seite 3 der Reisebestätigung enthält weitere Reise- und Zahlungsbedingungen, beinhaltend auch Sonderregelungen für die vorliegende Reise nach dem Prinzip des sog. „Packaging“. Auch beinhalten die Reise- und Zahlungsbedingungen Rücktrittspauschalen, die am Anreisetag 90% des Reisepreises betragen sollen. Hinsichtlich einer Ersatzperson/Namensänderung findet sich nachfolgender Passus: „Bei der Benennung einer Ersatzperson/Namensänderung berechnen wir Ihnen die entstehenden Mehrkosten (vom Leistungsträger). Als Bearbeitungsgebühr fallen zusätzliche Kosten von 33 Euro pro Person an“. Wegen des weiteren Inhalts der Bestimmungen wird auf dieselben Bezug genommen (BI. 8 d. A.). Der Kläger und seine Familie waren an der Teilnahme an der Reise gehindert. Im Hinblick hierauf beabsichtigte der Kläger, andere Personen an der Reise teilnehmen zu lassen und richtete über das die Reise vermittelnde Reisebüro die Anfrage an die Beklagte nach den Kosten einer Namensänderung. Dem Kläger wurde mit E-Mail vom 05.10.2013 mitgeteilt, dass die Namensänderung 33,- € pro Person kosten wird. Mit E-Mail vom 07.10.2013 teilte der Kläger an das buchende Reisebüro die Namen der Ersatzreisenden mit. Mit E-Mail vom 07.10.2013 teilte das buchende Reisebüro seinerseits neben den Kosten für die Namensänderung einen neuen Reisepreis in Höhe von € 2.998,- mit. Mit weiterer E- Mail vom gleichen Tage wurde von der Vermittlerin aufgrund eines vorausgegangenen Telefonats mit dem Kläger nochmals der neue Reisepreis in Höhe von € 2.998,- bestätigt. Mit darauffolgender E-Mail vom 07.10.2013 hat der Kläger infolge der hohen Kosten für den Wechsel des Reisenden den Rücktritt vom Vertrag erklärt. Das buchende Reisebüro teilte mit E-Mail vom gleichen Tage mit, dass der Stornierungsauftrag an den Reiseveranstalter weitergeleitet wurde. Die Beklagte bestätigte gegenüber dem Vermittler die Vertragsbeendigung und kündigte Stornokosten in Höhe von € 1.133,- an. Mit E-Mail vom 11.10.2013 wurde dann die Stornorechnung über die bereits angekündigten € 1.133,- an den Kläger übersandt. Hieraufhin beauftragte der Kläger den Prozessbevollmächtigten mit der Wahrnehmung seiner Rechte im Hinblick auf die Rückforderung der Stornokosten. Es wurde eine Frist zum 27.01.2014 zur Rückzahlung gesetzt. Mit Schreiben vom 20.02.2014 wurden die Ansprüche zurückgewiesen.

6. Der Kläger ist unter Bezugnahme auf die vorgetragenen Literaturhinweise der Auffassung, er könne den beklagtenseits einbehaltenen Stornobetrag zurückverlangen. Die Beklagte habe durch ihr Verhalten den bestehenden Anspruch auf einen Wechsel des Reisenden gemäß § 651 b BGB vereitelt, so dass ihr auch keine weiteren Ansprüche zustünden. Im Übrigen seien die außergerichtlichen Anwaltskosten zu erstatten.

7. Der Kläger beantragt:

8. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.133,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 28. Januar 2014 zu bezahlen.

9. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von Honoraransprüchen seines Prozessbevollmächtigten für die vorgerichtliche Tätigkeit in Höhe von 201,71 EUR freizustellen.

10. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

11. Die Beklagte ist der Auffassung, dass aufgrund der im Vertrag getroffenen Regelungen unter Berücksichtigung der Reise- und Zahlungsbedingungen der einbehaltene Betrag zu Recht einbehalten worden sei. Die Reise sei nach dem Prinzip des sog. „Packaging“ zusammengestellt worden. Die Folgen einer Ersatzpersonbenennung seien abschließend geregelt, so dass dem Kläger der geltend gemachte Anspruch nicht zustehe.

12. Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze einschließlich beigefügter Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

13. Die Klage ist in tenoriertem Umfange begründet, im Übrigen unbegründet.

14. Der Kläger durfte aufgrund der gesetzlichen Bestimmung des § 651 b Abs. 1 BGB verlangen, dass statt seiner ein Dritter in die Rechte und Pflichten aus dem Reisevertrag eintritt. Mit E-Mail vom 07.10.2013 wurde mitgeteilt, dass eine Veränderung zwar möglich, allerdings ein neuer Reisepreis in Höhe von € 2.998,- zu entrichten sei. Dieser Reisepreis liegt um mehr als das Doppelte über dem gemäß Buchungsbestätigung zu zahlenden Reisepreis. Eine Aufschlüsselung der Mehrkosten im Einzelnen enthält diese Mail nicht. Aufgrund der Angabe eines derart erhöhten Reisepreises hat der Kläger dann von einer Vertragsübernahme abgesehen und seinerseits den Rücktritt vom Vertrag erklärt. Der Kläger war hierzu berechtigt, da aufgrund des Vorgenannten ein grobes Missverhältnis zwischen dem ursprünglich vereinbarten Reisepreis und dem für den Fall des Wechsels des Reisepartners zu zahlenden Reisepreis besteht. Im Übrigen wurden auch die Mehrkosten nicht substantiiert erläutert oder dargelegt, so dass aus Sicht des Reisenden aufgrund der Benennung des mehr als verdoppelten Reisepreises dieser von der Wahrnehmung seiner Rechte gemäß § 651 b BGB abgehalten wurde und werden sollte. Auf diesem Hintergrund war der Kläger berechtigt, den Reisevertrag zu stornieren. Die beklagtenseits einbehaltene Stornopauschale entspricht ebenfalls nicht den nach der jüngeren Judikatur zulässigen Stornopauschalen. Die entsprechende Klausel in den Reisebedingungen ist unwirksam. Diesbezüglich nimmt das Gericht vollinhaltlich Bezug auf die im Beschluss vom 16.02.2015 zitierten Rechtsprechungshinweise (BI. 43/44 d. A.). Die Beklagte hat durch Forderung des erhöhten Reisepreises die Umbuchung von einer entsprechenden Vorauszahlung abhängig gemacht, so dass auch der Beschluss des Landgerichts Frankfurt vom 01.02.2012, Aktenzeichen 2/24 T 1/12 auch für vorliegende Fallkonstellation anzuwenden ist. Die Beklagte schuldet daher die Rückzahlung der vereinnahmten Stornopauschale.

15. Die zuerkannten Nebenforderungen sind gemäß den §§ 286 ff. BGB begründet.

16. Die Freistellung von den geltend gemachten Anwaltskosten kann der Kläger nicht verlangen, da insoweit zum Zeitpunkt der außergerichtlichen anwaltlichen Tätigkeit ein Verzug hinsichtlich der vereinnahmten Stornokosten beklagtenseits nicht gegeben war. Entsprechend war die diesbezügliche Klage abzuweisen.

17. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, wobei darauf hinzuweisen ist, dass der Freistellungsantrag eine Nebenforderung betraf, die sich nicht streitwerterhöhend ausgewirkt hat.

18. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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