Minderung für fehlende direkte Strandlage und Überbuchung

AG München: Minderung für fehlende direkte Strandlage und Überbuchung

Die Klägerin hatte bei der Beklagten eine Reise mit Unterkunft in einem Studio gebucht. Vor Ort erfolgte der Transport in ein anderes Studio. Dieses war anders gelegen als das ursprünglich gebuchte, weshalb die Klägerin Minderung des Reisepreises und Ersatz für entstandene Kosten verlangt.

Dem gab das Gericht weitestgehend statt. Da die Klägerin eine Unterkunft in unmittelbarer Strandlage gebucht hatte, sei die Unterbringung auch schon in 250 m Entfernung zum Strand ein Reisemangel. Daher sei der Reisepreis zu mindern. Da die neue Unterkunft nicht in Nähe eines Supermarktes war, musste die Klägerin Restaurants besuchen. Diese Kosten könne sie teilweise erstattet verlangen.

AG München 244 C 15777/12 (Aktenzeichen)
AG München: AG München, Urt. vom 21.02.2013
Rechtsweg: AG München, Urt. v. 21.02.2013, Az: 244 C 15777/12
AG München, Urt. v. 23.08.2012, Az: 244 C 15777/12
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Amtsgericht München

1. Urteil vom 21. Februar 2013

Aktenzeichen 244 C 15777/12

Leitsätze:

2. Wird eine Unterkunft in unmittelbarer Strandnähe vereinbart, ist bereits eine Entfernung von 250 m zum Strand ein Reisemangel.

Wird eine Unterkunft in der Nähe eines Supermarkts vereinbart, ist der Zugang lediglich zu einem 800 m entfernten Minimarkt ein Reisemangel.

Zusammenfassung:

3. Die Klägerin hatte bei der Beklagten für sich und ihre Töchter eine Reise mit Unterkunft in einem Studio in Griechenland gebucht. Eine ursprüngliche Buchung, die auch Zugtickets umfasste, wurde wegen Überbuchung einvernehmlich aufgelöst und nicht unmittelbar durch die in Rede stehende Buchung ersetzt. Die neue Buchung umfasste keine Zugtickets. Vor Ort erfolgte der Transport in ein anderes Studio als gebucht. Dieses war anders gelegen als das ursprünglich gebuchte, weshalb die Klägerin Minderung des Reisepreises und Ersatz für entstandene Kosten verlangt.

Dem gab das Gericht weitestgehend statt. Da die Klägerin eine Unterkunft in unmittelbarer Strandlage gebucht hatte, sei die Unterbringung auch schon in 250 m Entfernung zum Strand ein Reisemangel. Außerdem habe die Beklagte nicht rechtzeitig über die Verlegung informiert. Daher sei der Reisepreis um 20 % zu mindern. Da die neue Unterkunft nicht in Nähe eines Supermarktes war, musste die Klägerin Restaurants besuchen. Diese Kosten könne sie teilweise erstattet verlangen. Nicht erstattungsfähig seien hingegen die Zugtickets, da die gebuchte Reise keine Ersatzleistung zur ursprünglichen Leistung war und insofern unabhängig betrachtet werden müsse. Außerdem sei die Unterbringung in einem Studio mit nur einem Zimmer kein Mangel, da anderes nicht vereinbart war.

Tenor

4. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts München vom 23.08.2012, Az. 244 C 15777/12 wird insoweit aufrechterhalten, als die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 891,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.09.2010 sowie weitere 120,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 28.06 2012 sowie weitere 9,00 € zu bezahlen.

Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 64 % und die Beklagte 36 % zu tragen mit Ausnahme der Säumniskosten, die der Beklagten auferlegt werden.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann von der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags und von der Klägerin in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwendet werden, wenn nicht dis Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

5. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Minderungs- und Schadenersatzansprüche aus einem Reisevertrag geltend.

6. Die Klägerin buchte am 16.07.2010 über … bei der Beklagten für sich und ihre zwei Töchter für den Zeitraum vom 07.08.2010 bis 21.08.2010 ein Appartement in den Studios … auf der Insel Korfu zum Preis von 2.008,00 €. Bei Buchung buchte die Klägerin zugleich sog. rail-and-fly-Tickets für alle drei Personen mit. Am 21.07.2010 erhielt die Klägerin eine e-Mail von …, in der mitgeteilt wurde, dass die gebuchte Reise überbucht sei. Ein erfolgtes Alternativangebot nahm die Klägerin nicht an.

7. Am 21.08.2010 buchte die Klägerin sodann bei der Beklagten für den genannten Zeitraum die Unterkunft … Studios. Die Unterkunft bestand aus einem Raum. Von den vorhandenen zwei Kochfeldern funktionierte lediglich eines.

8. Unbedingte Buchungsvoraussetzung der Klägerin war jeweils die direkte Strandlage sowie nahegelegenen Einkaufsmöglichkeiten.

9. Da die am 21.08.2010 gebuchte Reise rail-and-fly-Tickets nicht enthielt, entstanden für die Klägerin durch die zu lösenden Fahrkarten Mehraufwendungen in Höhe von 318,00 €.

10. Am 07.08.2010 erreichte die Klägerin das Reiseziel und sie wurde vereinbarungsgemäß von einem Fahrer abgeholt, der die Klägerin und ihre Töchter jedoch nicht wie gebucht zu der Unterkunft … Studios, sondern zum Studio … am anderen Ende der Insel fuhr. Die Klägerin widersprach sofort der anderen Unterbringung. Der Reiseleiter teilte der Klägerin mit, die Änderungen seien abgestimmt und war für die Klägerin im Übrigen nicht mehr erreichbar.

11. Die Unterkunft, das Studio … hatte keine direkte Strandlage.

12. Nach Urlaubsende mache die Klägerin mit Schreiben vom 25.08.2010 den ihr entstandenen Schaden gegenüber der Beklagten geltend.

13. Die Klägerin behauptet, sie habe eine Unterkunft mit 2 Räumen gebucht. Die Klägerin behauptet, der Strand sei gut 10 Minuten, mindestens ein bis zwei Kilometer entfernt gewesen, Lebensmittelläden seien in der Nähe nicht vorhanden gewesen. Beim ca. 30 Minuten entfernten Lebensmittelladen habe es sich nur um einen Notlebensmittelladen gehandelt. Da mangels Einkaufsmöglichkeiten eine eigene Verpflegung wie geplant nicht möglich gewesen sei, seien die Klägerin und ihre Töchter gezwungen gewesen, alle drei Mahlzeiten in einem der nahegelegenen Restaurants einzunehmen. Hierdurch seien Kosten in Höhe von ca. 70.00 € pro Tag verursacht worden, mithin in Höhe von insgesamt 980,00 €. Abzüglich der Verpflegungskosten, die für die Klägerin und ihre Töchter ohnehin angefallen wären, seien damit zusätzliche Kosten mit hälftigem Wert von 490,00 € angefallen.

14. Zunächst begehrte die Klägerin einen Betrag in Höhe von 2.510,00 €, mit Schriftsatz vom 15.08.2012 erfolgte teilweise Klagerücknahme, so dass nach Säumnis der Beklagten im Termin vom 31.07.2012 am 23.08.2012 ein Versäumnisurteil erging, wonach die Beklagte verurteilt wurde, an die Klägerin 1.711,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.09.2010 sowie Nebenforderungen in Höhe von 229,55 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28.06.2012, sowie Kosten für einen Handelsregisterauszug in Höhe von 9,00 € zu bezahlen.

15. Gegen das der Beklagten am 03.09.2012 zugestellte Versäumnisurteil legte die Beklagte am 14.09.2012 Einspruch ein.

16. Die Klägerin ist der Auffassung, aufgrund der Informationspflichtverletzung der Beklagten bestehe ein Anspruch in Höhe von 15 % des Reisepreises.

17. Die Klägerin beantragte zuletzt,

18. das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten,

19. Die Beklagte beantragte zuletzt,

20. das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

21. Die Beklagte behauptet, der Strand befinde sich 250 Meter entfernt von der Unterbringung. In 800 Metern Entfernung befinde sich ein Minimarkt/Supermarkt.

22. Die Beklagte ist deshalb der Auffassung, es wäre nicht nötig gewesen, 490,00 € an Restaurantrechnungen zu produzieren. Stattdessen hätte man sich mit vertretbare Aufwand selbst versorgen können.

23. Ergänzend wird Bezug genommen auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die bis 12.02.2013 bei Gericht eingingen, sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 31.07.2012 und 08.01.2013.

Entscheidungsgründe

I.

24. Der zulässige Einspruch erwies sich teilweise als begründet.

25. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Minderungsanspruch aus § 651 d in Höhe von 20 % des Reisepreises, damit in Höhe von 401,60 € sowie einen Schadenersatzanspruch aus § 651 f BGB in Höhe von 490,00 €. Weitere Minderungs- und Schadenersatzansprüche bestehen nicht.

26. Ein Abhilfeverlangen i.S.d. § 651 c BGB war gegenüber dem Reiseleiter erfolgt bzw. war im Weiteren nicht mehr möglich, da der Reiseleiter für die Klägerin nicht mehr erreichbar war. Die Ansprüche wurden fristgerecht gem. § 651 g BGB geltend gemacht.

1.

27. Minderungsanspruch mangels direkter Strandlage

28. Unstreitig befand sich die Ersatzunterkunft nicht wie die gebuchte Unterkunft … Studios direkt am Strand, sondern mindestens 250 Meter entfernt. Nur die direkte Strandlage, die Buchungsbedingung für die Klägerin war, ermöglicht jedoch ein spontanes und unkompliziertes Schwimmengehen am Morgen und ist deshalb nicht mit zusätzlichem Aufwand verbunden. Anders bei einer Entfernung der Unterkunft von mindestens 250 Metern, die erforderlich macht, dass man sich entsprechend kleidet und jeweils eine Strecke zu Fuß geht. Damit ist nicht entscheidend, ob sich der Strand 1 Kilometer oder 250 Meter entfernt befindet, da es sich hierbei jeweils um bewältigbare Fußstrecken handelt, vielmehr ist entscheidend, dass sich die Unterkunft nicht direkt am Strand befindet, so dass nicht nur eine unerhebliche Abweichung vorliegt. Mangels direkter Strandlage ist der Reisepreis deshalb um 5 %, d.h. um 50,40 € zu mindern (vgl. LG Kleve, Urteil v. 18.06.1997, RRa 1998, 15).

2.

29. Minderungsanspruch aufgrund Unterbringung in 1 Raum anstatt in Unterkunft mit 2 Räumen

30. Ein Minderungsanspruch aufgrund Unterbringung in einer Unterkunft bestehend nur aus einem Raum, besteht nicht.

31. Mit der als Anlage K5 vorgelegten Rechnung und der als Anlage B1 vorgelegten Buchungsbestätigung steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass von der Klägerin nur ein „Studio“ gebucht wurde, welches auch nur aus einem Wohn-/Schlafraum besteht. Damit weicht die Unterbringung in der Ersatzunterkunft hinsichtlich der Anzahl der Räume nicht von der Buchung ab, so dass ein Minderungsanspruch insoweit ausscheidet.

3.

32. Minderungsanspruch infolge Informationspflichtverletzung

33. Erst bei Ankunft wurde der Klägerin mitgeteilt, dass die gebuchte Unterkunft überbucht sei, so dass der Reisemangel der Informationspflichtverletzung vorliegt, für den eine Minderungsquote von 15 %, damit hier i.H.v. 301,20 € angemessen ist (LG Frankfurt, Urteil v. 28.03.2008, NJW-RR 2008, 1638). Damit ist insoweit völlig ohne Bedeutung, ob die Reise im Übrigen mangelfrei war.

4.

34. Schadenersatz für Fahrtkosten

35. Der ursprüngliche Reisevertrag betreffend die Buchung vom 16.07.2010, der rail-and-fly-Tickets enthielt, wurde einverständlich aufgehoben, nachdem die Klägerin das Alternativ-Angebot nicht angenommen hatte.

36. Hiervon unabhängig ist die neue Buchung der Klägerin vom 21.08.2010 zu sehen, durch die ein neuer Reisevertrag zustande kam. Mit diesem Vertrag wurden rail-and-fly-Tickets nicht gebucht, so dass auch ein Schadenersatz für die für Zugfahrten angefallenen Kosten ausscheidet.

5.

37. Schadenersatz für Verpflegungskosten

38. In 800 Meter Entfernung zur Unterkunft befand sich nur ein Minimarkt. Ein derartiger Minimarkt ist – wie das Gericht aus eigener Erfahrung aus Reisen auf griechische Inseln weiß – nicht mit Supermärkten oder Einkaufsmöglichkeiten in einem Ort vergleichbar. Das Warenangebot ist äußerst eingeschränkt, weshalb derartige Geschäfte auch nur als Minimarkt bezeichnet werden, wie es auch der Reisekatalog der Beklagten, vorgelegt als Anlage K1 belegt. Auch wenn eine Strecke von 800 Metern zu Fuß zu bewältigen sein mag, wobei andere Reiseveranstalter offensichtlich die Buchung eines Mietwagens empfehlen (s. Anlagenkonvolut B2, … Touristik), ist ein einzelner derartiger Minimarkt nicht geeignet, die Verpflegung über insgesamt 14 Tage in zumutbarer Art und Weise zu ermöglichen und ist nicht vergleichbar mit Einkaufsmöglichkeiten in einem Ort, wie es das gebuchte … Studio nach Katalog-Beschreibung der Beklagten ermöglicht hätte. Weiter ist hier zu berücksichtigen, dass von den vorhandenen Kochfeldern lediglich eines funktionierte.

39. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hat die Klägerin einen Schadenersatzanspruch aus § 651 f BGB für die zusätzlichen Verpflegungskosten, die durch die Verpflegung in Restaurants entstanden sind.

40. 70,00 € pro Tag für die Verpflegung von 3 Personen sind in ausreichender Weise durch die – wenn auch nur in griechischer Sprache vorgelegten – Rechnungen belegt. Eine Auflistung der einzelnen Speisen und Kosten ist weder zumutbar, noch für eine ausreichende Substantiierung erforderlich. Vielmehr hält auch das Gericht 70,00 € pro Tag für die Verpflegung von 3 Personen für angemessen, § 286 ZPO. Da von der Klägerin die Sowieso-Kosten bereits durch Halbierung in angemessener Weise berücksichtigt wurden, hat die Klägerin einen Schadenersatzanspruch in Höhe der Hälfte der angefallenen Verpflegungskosten, damit hier in Höhe von 490,00 €

6.

41. Schadenersatz für entgangene Urlaubsfreuden

42. Da nur eine Reisepreisminderung in Höhe von 20 % anzunehmen ist, rechtfertigt diese Reisepreisminderung keine Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreuden gem. § 651 f Abs. 2 BGB.

II.

43. Nebenforderungen

44. Verzugszinsen sind aus § 286 Abs. 3, 288 Abs. 1 geschuldet.

45. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten sind aus §§ 286, 280 BGB geschuldet, jedoch nur aus einem Gegenstandswert in Höhe der zugesprochenen Hauptforderung, damit aus 891,60 €. Auskunftskosten sind als Rechtsverfolgungskosten ebenfalls aus §§ 280, 286 BGB geschuldet.

III.

46. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 95, 269 Abs. 3 ZPO.

IV.

47. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Aachener Zeitung: Kein Supermarkt bei Ferienwohnung: Urlauber bekommt Geld zurück
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