Angemessene Abhilfefrist bei Überbuchung eines Hotels

AG Duisburg: Angemessene Abhilfefrist bei Überbuchung eines Hotels

Ein Ehepaar wird, wegen Überbuchung, in ein ungleichwertiges Ersatzhotel verlegt. Weil der Hotelier erst für den dritten Tag der einwöchigen Reise eine Umbuchung anbot, reisten die Kläger umgehend ab. Neben der im Anschluss erfolgten Rückerstattung, fordern sie nun Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit sowie eine Erstattung der Anwalts- und Fahrtkosten.

Das Amtsgericht Düsseldorf hat den Klägern nur teilweise zugestimmt. So seien ihnen die Anwaltskosten für die Geltendmachung der Reisekosten zu erstatten, ein darüber hinausgehender Anspruch bestehe jedoch nicht.

AG Duisburg 49 C 5022/06 (Aktenzeichen)
AG Duisburg: AG Duisburg, Urt. vom 25.01.2007
Rechtsweg: AG Duisburg, Urt. v. 25.01.2007, Az: 49 C 5022/06
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Nordrhein-Westfalen-Gerichtsurteile

Amtsgericht Duisburg

1. Urteil vom 25. Januar 2007

Aktenzeichen: 49 C 5022/06

Leitsatz:

2. Kein Anspruch auf Erstattung bei Ablehnung von Abhilfevorschlägen im Voraus.

Zusammenfassung:

3. Ein Ehepaar buchte bei einem Reiseveranstalter einen Hotelaufenthalt. Am Ferienort angekommen wurde ihnen mitgeteilt, dass das gewünschte Hotel überbucht sei und sie deshalb in eine Ersatzunterkunft verlegt würden. Nach einer Nacht in dem neuen Hotel machten die Kläger die Reiseleitung darauf aufmerksam, dass dieses nicht den gebuchten Standards entspreche. Weil der Beklagte erst für den dritten Tag der einwöchigen Reise einen Wechsel in das Wunschhotel in Aussicht stellte, traten die Kläger unverzüglich die Rückreise an.
Neben der bereits gewährten Erstattung der Reisekosten, verlangen sie nun Schadenersatz wegen vertaner Urlaubszeit, einen Ausgleich für die aufgewendeten Fahrtkosten sowie die Erstattung der Anwaltskosten.

Das Amtsgericht Duisburg hat den Klägern nur teilweise Recht zugesprochen. Neben der Hauptforderung, die eine Erstattung des gesamten Reisepreises beinhalte, müsse der Beklagte in jedem Fall die entstandenen Anwaltskosten der Kläger übernehmen. Die Rechtshängigkeit der Sache sei auf die Unfähigkeit  des Beklagten zurückzuführen, die geschuldete Leistung zu erbringen. Aus diesem Grund müsse er die notendigen Auslagen ersetzen.

Darüber hinausgehende Ansprüche, die sich auf Fahrtkosten oder eine entgangene Urlaubsfreude beziehen, seien hingegen nicht zu gewähren. Anders als von der Klägerseite vorgebracht, war es ihnen sehr wohl möglich den Urlaub, wenn auch anfangs in einem ungleichwertigen Hotel, wie geplant zu verbringen.
Ist eine Unterbringung im gebuchten Hotel wegen Überbuchung nicht möglich, so ist bei einer einwöchigen Reise eine Frist von 1 Tag zur Abhilfe nach § 651e BGB angemessen. Eine Abhilfe hinsichtlich der Unterbringung in einem nicht gleichwertigen Ersatz-Hotel noch am gleichen Tag könne nicht verlangt werden.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 145,00 € zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 84 % , die Beklagte zu 16 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des gegen sie vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

5. Die Klägerin macht aus eigenem und abgetretenem Recht Ansprüche aus einem Reisevertrag geltend. Sie buchte für sich und ihren Ehemann am 15.08.2006 bei der Beklagten für den Zeitraum vom 17.08.2006 bis zum 24.08.2006 eine Flugreise nach Mallorca in die Hotelanlage „A“. Der Reisepreis betrug insgesamt 1.332 €.

6. Am Anreisetag fuhr die Klägerin mit ihrem Ehemann im eigenen PKW vom Wohnort B bei Trier zum ca. 203 km entfernten Flughafen Düsseldorf, wo sie den PKW im Parkhaus abstellte.

7. Nach der Ankunft in Palma de Mallorca wurden die Klägerin und ihr Ehemann am späten Abend zunächst per Bus zum gebuchten Hotel „A“ gebracht. Dort erklärte ihnen die Reiseleiterin der Beklagten, dass das Hotel ausgebucht und eine Unterbringung dort nicht möglich sei; ein Doppelzimmer könne nur im ca. 35 km entfernten Hotel „C“ in S’Illot bezogen werden.

8. Die Klägerin und ihr Ehemann fuhren daraufhin mit dem Taxi in dieses Hotel, wofür sie 31 € aufwandten. Im Hotel „C“ wurde ihnen ein Schreiben der Beklagten (Bl. 11 d.A.) überreicht, in dem sie einen schönen Aufenthalt in diesem Hotel wünschte und für die abweichende Unterbringung eine Entschädigung ankündigte, wegen derer die Klägerin und ihr Ehemann sich am Freitag um 16.45 Uhr oder am Samstag um 11.15 Uhr an die Reiseleiterin am Reiseleitertisch im Hotel „C“ wenden sollten.

9. Am 18.08.2006 lehnten die Klägerin und ihr Ehemann gegenüber der im Hotel angetroffenen Reiseleitung der Beklagten eine weitere Unterbringung im Hotel „C“ wegen erheblicher Unterschiede zu Lage, Größe und Ausstattung des gebuchten Hotels „A“ ab. Die Reiseleiterin füllte eine von der Klägerin unterzeichnete „Umbuchung/Beanstandung“ (Bl. 16 d.A.) aus, in der unter „Gründe“ u.a. aufgeführt ist: „Hotel A ist überbucht gewesen, Info an Gäste erst auf Mll., Umzug wäre erst am 19.08. möglich gewesen, jedoch ist das den Gästen bei einer Woche Urlaub zu spät.“

10. Die Klägerin und ihr Ehemann flogen noch am Abend des 18.08.2006 nach Düsseldorf zurück, nachdem sie für ein Taxi zum Flughafen nochmals 31 € gezahlt hatten. Im Parkhaus zahlten sie für das Abstellen ihres Pkw, mit dem sie anschließend nach B zurückfuhren, 39 € am Parkscheinautomaten.

11. Der Ehemann der Klägerin trat sämtliche ihm wegen der Reise gegen die Beklagte zustehenden Schadensersatzansprüche an die Klägerin ab.

12. Mit Anwaltsschreiben vom 30.08.2006 ließen sie die Beklagte zur Zahlung von 2.243,52 € sowie der Anwaltskosten in Höhe von 265,99 € auffordern. Die Beklagte erstattete den kompletten Reisepreis von 1.332 € sowie die auf Mallorca angefallenen Taxikosten von zusammen ca. 97 €. Sie verlangen nunmehr noch als Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit 666 €, die Kosten für den Parkplatz in Düsseldorf von 39 €, Fahrtkosten zum und vom Flughafen Düsseldorf in Höhe von 0,27 € je gefahrenem Kilometer, d.h. 109,62 € sowie die vorprozessualen nicht auf die Verfahrensgebühr anrechenbare Anwaltkosten in Höhe von 216,98 €.

13. Die Klägerin hat in der Klageschrift behauptet, dass die Reiseleiterin am 18.08.2006 erst am Nachmittag für sie erreichbar gewesen sei; nachdem diese angeboten habe, am 19.08.2006 in das Hotel „A“ umzuziehen, habe sie dies abgelehnt und beschlossen, noch am selben Tag den Rückflug nach Düsseldorf anzutreten.

14. Im Schriftsatz vom 19.12.2006 hat sie dazu klargestellt, dass sie die Reiseleiterin schon zu einem Termin um 13.00 Uhr hätten veranlassen können. Nachdem sie ihr erklärt habe, dass entweder ganz kurzfristig Abhilfe geschaffen würde oder sie mit ihrem Ehemann nach Hause fliege, habe die Reiseleiterin erklärt, dass es vielleicht möglich sei, ihr ein anderes mit dem Hotel „A“ vergleichbares Hotel zur Verfügung zu stellen, allerdings erst am Samstag, dem 19.08.2006.

15. Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr ein Anspruch aus § 651 f Abs. 2 BGB zustehe, weil die Beklagte die Reise durch die Unterbringung in einer nicht gebuchten Unterkunft vereitelt habe.

16. Sie sei wegen der abweichenden Unterbringung zudem zur Kündigung des Reisevertrags berechtigt, wobei es wegen der Unmöglichkeit einer Abhilfe einer Fristsetzung nicht bedurft habe. Ein weiterer Umzug in das Hotel „A“ sei wegen der kurzen Dauer der verbleibenden Reisezeit nicht zumutbar gewesen.

17. Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 814,52 € nebst 5 % Zinsen hieraus seit dem 18.08.2006 zu zahlen,

18. die Beklagte zu verurteilen, an sie 216,98 € zu zahlen.

19. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

20. Sie behauptet, dass es sich bei dem gebuchten und dem tatsächlich zunächst zur Verfügung gestellten Hotel um im Wesentlichen vergleichbare Anlagen handele.

21. Sie meint, dass die Klägerin und ihr Ehemann das Angebot der Reiseleiterin, am Folgetag umzuziehen, hätte annehmen müssen. Die Voraussetzungen einer Kündigung hätten mangels erheblicher Beeinträchtigung der Urlaubsreise sowie angesichts der fehlenden Fristsetzung nicht vorgelegen.

Entscheidungsgründe

22. Die Klage hat lediglich im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; darüber hinaus ist sie zwar zulässig, aber unbegründet.

23. Die Klägerin kann die geltend gemachten Anwaltskosten in Höhe von 145 € gemäß § 651 f Abs. 1 BGB ersetzt verlangen. Diese stellen eine im Rahmen des Schadensersatzes zu ersetzende Position dar, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich waren. Dies trifft insoweit zu, als die Beklagte vorprozessual eine Zahlung vorgenommen hat, d.h. zu einem Gegenstandswert von 1.429 €. Eine 1,3-Geschäftsgebühr zuzüglich Kostenpauschale und Mehrwertsteuer zu diesem Gegenstandswert entspricht 145 €. Eine Anrechnung auf die Verfahrensgebühr findet nicht statt, weil diese Positionen nicht Gegenstand des Verfahrens waren; vielmehr werden die Anwaltskosten insoweit nicht als Neben-, sondern mangels entsprechender noch offener Hauptforderung selbst als Hauptforderung geltend gemacht.

24. Darüber hinausgehende Ansprüche stehen der Klägerin dagegen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

25. Sie hat aus eigenem und abgetretenem Recht keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit aus § 651 f Abs. 2 BGB.

26. Voraussetzung dafür ist, dass die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt war.

27. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise i.d.S. lag nicht vor. Dahinstehen kann dabei, ob eine solche erhebliche Beeinträchtigung eine Minderung des Gesamtreisepreises um 50 % erfordert oder bereits eine Minderung von 30 % oder sogar 25 % ausreichen können, weil sämtliche dieser als Anhaltspunkt vertretenen Grenzen vorliegend nicht erreicht sind.

28. Zu berücksichtigen ist, dass eine Minderung des Reisepreises für den nach dem 19.08.2006 liegenden Zeitraum nicht einbezogen werden kann, weil sich die Klägerin darauf nach § 242 BGB nicht berufen kann. Gegen Treu und Glauben verstößt u.a. ein widersprüchliches Verhalten, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (Palandt-Heinrichs, 66. Auflage 2007, § 242 Rn. 55 m.w.N.). Dies trifft auf das Verhalten eines Reisenden zu, der eine angebotene Maßnahme zur Mängelbeseitigung ablehnt, um später Ansprüche wegen Reisemängeln geltend zu machen. Die Klägerin und ihr Ehemann haben ein zumutbares Abhilfeangebot abgelehnt und müssen sich deshalb so behandeln lassen, als wäre eine diesem Angebot entsprechende Abhilfe erfolgt.

29. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Reiseleiterin der Beklagten der Klägerin und ihrem Ehemann am 18.08.2006 angeboten hat, am Folgetag in ein anderes Hotel umzuziehen. Zu diesem Umzug war die Klägerin verpflichtet; eine Abhilfe durch Umzug in ein anderes Hotel war nicht allein deshalb unzumutbar, weil dieser erst am Folgetag hätte erfolgen können. Der gebuchte Urlaub der Klägerin umfasste neben dem An- und dem Abreisetag weitere sechs volle eigentliche Urlaubstage. Bei einem Umzug am 19.08.2006, vom dem davon ausgegangen werden kann, dass er spätestens am Mittag abgeschlossen gewesen wäre, hätte sie davon lediglich 1,5 Tage im Hotel „C“ bzw. mit einem Umzug verbracht, jedoch 4,5 Tage in der als Abhilfe angebotenen Unterkunft. Ein so deutlich vor der geplanten Abreise liegender Umzug ist dem Reisenden ohne weiteres zuzumuten; dies gilt vorliegend umso mehr, als dieser Zeitraum den deutlich überwiegenden Teil des Urlaubs dargestellt hätte.

30. Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte möglicherweise gar keine zumutbare Abhilfe geschaffen hätte. Nach ihrem eigenen Vortrag in der Klageschrift ist ein Umzug in die ursprünglich gebuchte Hotelanlage „A“ angeboten worden, d.h. genau die vertraglich zugesagte Leistung angekündigt worden. Auch wenn der spätere Vortrag der Klägerin dahin zu verstehen sein soll, dass doch u.U. eine andere Anlage hätte bezogen werden sollen, steht dies der Bewertung des Angebots als zumutbar nicht entgegen. Die Klägerin hat – wie sowohl aus der schriftlichen Beanstandung als auch aus ihrem Vortrag im Verfahren hervorgeht – einen Umzug deswegen abgelehnt, weil er erst am Folgetag hätte erfolgen können, nicht aber wegen einer möglichen Unzumutbarkeit der Ersatzunterkunft. Da sie demnach in keine, d.h. nicht einmal die eigentlich gebuchte Unterkunft umgezogen wäre, brauchte die Beklagte weder vor Ort konkrete Angebote zu unterbreiten noch nunmehr im Einzelnen vortragen und ggf. beweisen, inwiefern ein Umzug hätte erfolgen können.

31. Eingetreten ist eine Minderung demnach lediglich bezüglich der abweichenden Unterbringung am ohnehin nicht der Erholung dienenden halben Anreisetag sowie dem Folgetag; bei Annahme des Abhilfeangebots wäre zusätzlich der Reisepreis für den Zeitraum am 19.08.2006 gemindert gewesen, den der Umzug in Anspruch genommen hätte. Selbst wenn die ersten 1,5 Urlaubstage (17./18.08.2006) wegen der abweichenden Unterbringung sowie der Notwendigkeit, Kontakt mit der Reiseleiterin aufzunehmen als so erheblich beeinträchtigt anzusehen sein sollten, dass eine Minderung des Reisepreises um bis zu 80 % eingetreten wäre und der Umzug am 19.08.2006 einen halben Tag in Anspruch genommen hätte, wäre damit eine Minderung um weniger als 25 % des Gesamtreisepreises gegeben gewesen. Eine zu einer geringeren Minderung als 25 % führende Urlaubsbeeinträchtigung kann dagegen einen Anspruch nach § 651 f Abs. 2 BGB grundsätzlich nicht begründen, weil bei diesem Verständnis der Vorschrift deren Tatbestandsmerkmal „erheblich“ unberücksichtigt bliebe.

32. Eine abweichende Beurteilung ist hier auch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht gerechtfertigt. Eine besondere Situation, aufgrund derer Urlaubszeit auch dann als vertan anzusehen sein kann, wenn die grundsätzlich erforderliche Minderungsgrenze insgesamt nicht erreicht ist, hat nicht vorgelegen; vielmehr lag hier eine zeitlich klar begrenzte Beeinträchtigung vor, so dass die qualitative Bewertung der quantitativen entspricht.

33. Die Reise war auch nicht vereitelt i.S. von § 651 f Abs. 2 BGB. Eine Reise ist vereitelt, wenn sie gar nicht angetreten werden kann oder sie gleich zu Anfang abgebrochen werden muss, was auch in Betracht kommt, wenn der Reisende wegen einer Überbuchung oder der Zuweisung einer unzumutbaren Ersatzunterkunft berechtigt kündigt (Führich, Reiserecht, 5. Auflage 2005, Rn. 411). Eine berechtigte Kündigung der Klägerin und ihres Ehemanns hat nicht vorgelegen.

34. Gemäß § 651 e Abs. 2 BGB ist die Kündigung wegen eines Mangels erst zulässig, wenn der Reiseveranstalter eine ihm vom Reisenden bestimmte angemessene Frist hat verstreichen lassen, ohne Abhilfe zu leisten. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte die Klägerin entsprechend § 6 Abs. 2 Nr. 7 BGB-InfoV auf diese Obliegenheit hingewiesen hat. Die Klägerin behauptet selbst, tatsächlich eine Frist gesetzt zu haben, so dass ihr die Obliegenheit nach eigenem Vortrag bekannt war und sich ein fehlender Hinweis nicht ausgewirkt haben kann.

35. Ob die Behauptung der Klägerin, dass sie eine Frist gesetzt habe, zutrifft, kann dahinstehen, weil diese nach ihrem eigenen Vortrag, wonach sie einen Umzug noch am selben Tag verlangt hat, jedenfalls nicht angemessen war. Die Länge einer angemessenen Frist ist im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung des Veranstalters und des Kunden zu bemessen. Auch wenn die zeitliche Begrenzung der Reise und das baldige Interesse des Reisenden an der Mängelbeseitigung einzubeziehen und Fristen damit grundsätzlich kurz zu bemessen sind, ist andererseits auch der Abhilfezeitraum einzubeziehen, der normalerweise erforderlich ist, um einen Mangel zu beseitigen (Führich a.a.O., Rn. 370, 276). Ein Ersatzhotel muss die Reiseleitung danach binnen eines Tages zur Verfügung stellen (Führich a.a.O. Rn. 276 m.w.N.). Die Klägerin und ihr Ehemann hätten die Durchführung eines Umzugs nicht davon abhängig machen dürfen, dass dieser noch am selben Tag erfolgen würde, sondern hätten eine Frist frühestens auf den nächsten Tag setzen dürfen. Dies gilt umso mehr, als eine Abhilfe für den Folgetag bereits angekündigt worden war. Ebenso wie die Ablehnung dieses Abhilfeangebots erscheint eine Fristsetzung auf einen vor dieser angekündigten zumutbaren Abhilfe liegenden Zeitpunkt treuwidrig i.S. von § 242 BGB.

36. Die Setzung einer angemessenen Frist war auch nicht gemäß § 651 e Abs. 2 S. 2 BGB entbehrlich, wozu die Abhilfe unmöglich sein, der Reiseveranstalter die Abhilfe verweigern oder eine sofortige Kündigung aufgrund eines besonderen Interesses des Reisenden gerechtfertigt gewesen sein muss. Dass eine Abhilfe unmöglich war, steht nicht fest, weil die Klägerin abreiste, statt das Angebot der Beklagten in Anspruch zu nehmen. Ebenso wenig hat die Beklagte eine Abhilfe verweigert; im Gegenteil hat sie eine solche für den nächsten Tag in Aussicht gestellt. Weshalb sie an der Kündigung ein besonderes, über das normale Interesse eines Reisenden hinausgehendes Interesse gehabt haben soll, hat die Klägerin nicht dargelegt.

37. Etwas Anderes folgt auch nicht aus der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung. Während in dem vom OLG Düsseldorf am 29.06.1989 entschiedenen Fall (NJW-RR 1989, 1078) der Kläger eine Kündigung tatsächlich erst nach Fristsetzung ausgesprochen hat, ist in der anderen zitierten Entscheidung des OLG Düsseldorf (NJW-RR 1994, 950) ausdrücklich erwähnt, dass eine Abhilfe nicht in Aussicht gestellt worden sei. Diese Annahme, dass Abhilfe nicht hätte erfolgen können, liegt auch den genannten BGH-Entscheidungen klar zugrunde, während vorliegend sogar die Möglichkeit im Raum stand, dass die Klägerin die ursprünglich gebuchte Anlage würde beziehen können.

38. Die Ausführungen im nicht nachgelassenen Schriftsatz der Klägerin vom 08.01.2007 geben keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

39. Weitere Anwaltskosten kann die Klägerin nicht verlangen. Soweit diese sich auf die Verfolgung der nicht von der Beklagten vorprozessual erfüllten Ansprüche bezieht, stellen sie keine zweckentsprechenden Kosten der Rechtsverfolgung dar, weil weitergehende Ansprüche nicht bestanden haben.

40. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 S. 1 und 2 ZPO.

41. Der Streitwert wird auf 959,52 € festgesetzt.

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