Konkrete Zugverbindung bei Rail & Fly Tickets nicht notwendig

AG Hannover: Konkrete Zugverbindung bei Rail & Fly Tickets nicht notwendig

Ein Reisender verlangte eine Reisepreisminderung und Erstattung von Mietwagenkosten, nachdem er aufgrund einer Flugverspätung die zugebuchte Weiterbeförderung mit der Bahn nicht wahrnehmen konnte.

Das Amtsgericht Hannover hat der Klage wurde weitestgehend stattgegeben. Sowohl der Flug als auch der Zug seien Bestandteile der gesamten Reiseleistung, für deren Mangelhaftigkeit der Reiseveranstalter verantwortlich sei.

AG Hannover 414 C 8013/15 (Aktenzeichen)
AG Hannover: AG Hannover, Urt. vom 12.11.2015
Rechtsweg: AG Hannover, Urt. v. 12.11.2015, Az: 414 C 8013/15
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Amtgericht Hannover

1. Urteil vom 12. November 2015

Aktenzeichen 414 C 8013/15

Leitsatz:

2. Im Rahmen eines Zug-zum-Flug-Tickets ist zwar keine konkrete Zugverbindung geschuldet, dafür jedoch die Beförderung mit dem Zug zu zumutbaren Zeiten.

Zusammenfassung:

3. Bei der Rückkehr aus einer Pauschalreise, zu deren Bestandteilen auch Flug und Zugfahrt gehörten, verspätete sich der Heimflug des Klägers um 14 Stunden. In der Folge standen ihm nach der Ankunft in Frankfurt nur Bahnverbindungen in seine Heimat Bielefeld zur Verfügung, die seine Heimreise noch weiter verzögert und eine Übernachtung in Frankfurt erfordert hätten. Daher mietete er ein Kraftfahrzeug und fuhr damit nach Hause. Von der Reiseveranstalterin verlangte er die Minderung des Reisepreises und Erstattung der Kosten für den Mietwagen.

Das Amtsgericht Hannover gab der Klage weitgehend statt. Die Flugverspätung stellte einen Reisemangel im Sinne von § 651c BGB dar, aus dem sich eine Reisepreisminderung um 5% ergab. Zwar war der Beklagten zugute zu halten, dass sie im Rahmen des Zug-zum-Flug-Tickets nicht die Beförderung mit einer konkreten Zugverbindung schuldete. Jedoch lag durch die Flugverspätung eine Leistungsunterbrechung vor, welche Bahnfahrten nach Hause ingesamt unmöglich machte.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 143,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.05.2015 zu zahlen. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger vorprozessuale Kosten in Höhe von 70,20 € zu erstatten. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte 40%, der Kläger trägt 60%. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Streitwert wird auf bis 500 € festgesetzt.

Dieses Urteil enthält gemäß §§ 495a, 313 a ZPO keinen Tatbestand.

Entscheidungsgründe:

5. Die Klage ist zulässig und in der im Tenor bezeichneten Höhe begründet. Unstreitig hat der Kläger bei der Beklagten eine Fernreise gebucht, der gesamte Reisepreis beträgt 4228 €, bei einer Reisedauer vom 21;03. bis 03.04.2015 ergibt das einen Tagespreis von 302 €.

6. Die Beklagte schuldete sowohl die Unterbringung im Hotel, die Flugreise wie auch ein Rail & Fly Ticket.

7. Der Kläger kann, nachdem der Rückflug unstreitig mehr als 14 Stunden verspätet war, gegen die Beklagte einen Anspruch auf teilweise Rückzahlung des Reisepreises aufgrund einer eingetretenen Reisepreisminderung wegen des Reisemangels „Flugverspätung“ gemäß §§ 651c Abs. 1, 651 d Abs. 1 BGB geltend machen.

8. Die Verspätung von über 14 Stunden in Frankfurt stellt einen Reisemangel dar. Hinsichtlich der Berechnung der Minderung wird ausgeführt, dass nach ständiger Rechtsprechung bei Flügen grundsätzlich mit einer gewissen Verspätung zu rechnen ist, gleichwohl bei einer Verspätungszeit von mehr als 5 Stunden ab der 5. Stunde eine anteilige Reisepreisminderung von 5% des anteiligen Tagesreisepreises pro Stunde auszugehen ist; im vorliegenden Fall sind also 5% x 10 x 302,00 = 151.00 € angemessen.

9. Die Forderung auf Erstattung der im Zusammenhang mit dem verspäteten Rückflug entstandenen Mietwagenkosten ist ebenfalls begründet.

10. Die Beklagte schuldete wegen der Buchung des Rail & Fly Tickets einen Transport vom Zielflughafen zu dem Heimatort des Klägers. Der Beklagten ist zwar insoweit zuzugestehen, dass eine bestimmte Zugverbindung für die Rückfahrt nicht geschuldet war, gleichwohl ist unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten zu beachten, dass es dem Kläger aufgrund der späten Landung in Frankfurt nicht mehr möglich war, die Rückfahrt in zumutbarer Weise mit dem Zug anzutreten. Der Kläger hat unter Vorlage einer Auskunft der Deutschen Bahn dargelegt, dass er bei einer entsprechend späten Fahrt eine Fahrzeit von fast 8 Stunden erreichen würde mit der Folge, dass er seinen Heimatort Bielefeld erst am folgenden Morgen gegen 6:00 Uhr erreicht hätte. Das ist unter keinem Gesichtspunkt zumutbar, so dass er alternativ in Frankfurt/Flughafen hätte übernachten müssen. Das Gericht schätzt die Unterbringungskosten in einem Hotel für 2 Personen auf 140 € -180 € pro Nacht, dabei hat das Gericht auch berücksichtigt, dass dem Kläger keine Vorbuchungsfrist zur Verfügung stand, sondern er auf eine kurzfristige Verfügbarkeit von Zimmern angewiesen gewesen wäre.

11. Tatsächlich hat sich der Kläger jedoch entschieden, die Heimreise mit dem Mietwagen anzutreten, wodurch ihm Kosten in Höhe von.184,29 € entstanden sind, was die Kosten einer Übernachtung nicht oder nicht wesentlich überschreitet.

12. Aus diesem Grund hat die Beklagte auch die Mietwagen- und die Tankkosten zu erstatten. Insgesamt kann der Kläger von der Beklagten damit 335,29 € verlangen, hierauf hat die Beklagte unstreitig bereits 192 € gezahlt, so dass eine Restforderung in Höhe von 143,29 € verbleibt.

13. Es bleibt das Geheimnis der Beklagten, warum ein Zug-zum-Flug-Ticket generell nicht geeignet sein soll, Schadensersatzansprüche zu begründen. Vorliegend geht es nicht um Schadensersatzansprüche, die durch eine Zugverspätung oder Probleme mit der Bahn allgemein ausgelöst wurden, sondern durch die Verspätung des gebuchten Fluges. Tatsächlich schuldet die Beklagte jedenfalls den Transport vom Zielflughafen zu einem heimatsnahen Bahnhof. Selbst wenn der Kläger für die Anreise zum Flughafen und zurück selbstverantwortlich ist, ist die Beklagte jedoch verpflichtet, den Kläger so zum Zielflughafen zurückzubringen, wie es ursprünglich vereinbart war. Dass durch die Flugverspätung in die Nacht hinein ein Transport mit der Deutschen Bahn nicht mehr möglich war, hat jedenfalls nicht der Kläger zu vertreten. Insgesamt geht das Gericht davon aus, dass neben der Reiseleistung Hotel auch der Rückflug und Zugfahrt geschuldet war. Die „Leistungsunterbrechung“ (verspäteter Flug) ist der Beklagten zuzurechnen.

14. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob die Zugverbindung immer die beste Möglichkeit ist, zum Flughafen zu kommen oder vom Flughafen nach Hause zu fahren, hierauf hat die Beklagte in der Tat keinen Einfluss. Gleichwohl hat sie dem Kläger das Angebot Zug-zum-Flug gemacht, was dieser angenommen hat. Daran muss sie sich nun festhalten lassen.

15. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten kann der Kläger aus dem Gesichtspunkt des Verzuges (§ 286 BGB) verlangen, wobei diese sich nach dem Streitwert bis 500 € berechnen. Dies ergibt einen erstattungsfähigen Betrag von 70,20 €.

16. Die Zinsforderung ergibt sich aus §§ 288, 286 BGB.

17. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihren Rechtsgrund in §§ 708 Nummer 11, 713 ZPO.

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