Vorlageverfahren wegen Flugverspätung
OLG Frankfurt: Vorlageverfahren wegen Flugverspätung
Vorliegend verlangt der Kläger von der Beklagten eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 261/2004, wegen Annullierung des Fluges im Sinne der Fluggastverordnung, da er einen Flug von Frankfurt am Main nach Dubai buchte, welcher sich um rund 25 Stunden verzögerte.
Das Oberlandesgericht Frankfurt setzt die Verhandlung bis zur Erledigung eines Vorlageverfahren vor dem Bundesgerichtshof aus, denn die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits hängt von der Beantwortung der Frage ab, ob es sich hier um eine Flugverspätung, oder um eine Flugannullierung im Sinne der Fluggastverordnung handelt.
OLG Frankfurt | 21 U 23/07 (Aktenzeichen) |
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OLG Frankfurt: | OLG Frankfurt, Urt. vom 26.09.2007 |
Rechtsweg: | OLG Frankfurt, Urt. v. 26.09.2007, Az: 21 U 23/07 |
AG Frankfurt, Urt. v. 13.02.2007, Az: 30 C 2192/06 | |
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Leitsatz:
2. Die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits hängt von der Beantwortung der Frage ab, ob in der Verzögerung des gebuchten Fluges um rund 25 Stunden eine Annullierung im Sinne des Art. 2 lit. l der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 oder eine Verspätung im Sinne der Vorschriften dieser Verordnung zu sehen ist.
Zusammenfassung:
3. Im vorliegenden Fall buchte der Kläger für sich und seine Ehefrau bei der Beklagten einen Linienflug von Frankfurt am Main nach Dubai. Der Abflug verzögerte sich um rund 25 Stunden. Der Kläger verlangt nun von der Beklagten eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 261/2004, wegen Annullierung des Fluges im Sinne der Fluggastverordnung.
Die Beklagte wendet ein, dass es sich hier nicht um eine Flugannullierung, sondern um eine Flugverspätung im Sinne des Art. 6 der Verordnung handelt. Würde es sich jedoch um eine Annullierung handeln hat sie diese nicht zu vertreten, da die Verzögerung des Fluges auf sehr schlechte Wetterbedingungen zurückzuführen sei.
Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied die Verhandlung bis zur Erledigung eines Vorlageverfahren vor dem Bundesgerichtshof auszusetzen, da der vorliegende Rechtstreit davon abhängt, ob es sich hier um eine Flugverspätung, oder um eine Flugannullierung im Sinne der Fluggastverordnung handelt. Weiterhin muss entschieden werden, ob und wenn ja nach welcher Dauer eine Verspätung in eine Annullierung umschlagen kann sowie ob es Voraussetzung der Annahme einer Annullierung ist, dass das Luftfahrtunternehmen seine ursprüngliche Flugplanung hinsichtlich des verzögerten Fluges aufgegeben hat.
Tenor:
4. Die Verhandlung wird bis zur Erledigung des Vorlageverfahrens in dem vor dem Bundesgerichtshof anhängigen Rechtsstreit mit dem Aktenzeichen X ZR 95/06 ausgesetzt.
Gründe:
5. Der Kläger und seine Ehefrau hatten im Rahmen einer …reise bei der Beklagten für den 3.3.2006 einen Linienflug (Flugnummer EK 0046) von Frankfurt am Main nach Dubai gebucht, dessen Start planmäßig um 14:25 Uhr in Frankfurt am Main und dessen Ankunft planmäßig um 23:35 Uhr in Dubai sein sollte. Der Abflug verzögerte sich; die Maschine flog erst am folgenden Tag zwischen 15:00 Uhr und 16:00 Uhr in Frankfurt am Main ab.
6. Mit der Klage verlangt der Kläger aus eigenem Recht und abgetretenem Recht seiner Ehefrau gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.02.2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/911 von der Beklagten Ausgleichszahlungen in Höhe von 600 € pro Person mit der Begründung, dass der gebuchte Flug durch die Beklagte annulliert worden sei. Die Beklagte tritt dem entgegen mit der Begründung, es liege lediglich eine verspätete Beförderung im Sinne des Art. 6 der Verordnung vor. Jedenfalls habe die Beklagte eine etwaige Annullierung wegen der am 3.3.2006 herrschenden sehr schlechten Wetterbedingungen nicht zu vertreten (Art. 5 Abs. 3 in Verbindung mit Erwägungsgrund 14 der Verordnung).
7. Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.
8. Die Verhandlung ist entsprechend § 148 ZPO bis zur Erledigung des Vorlageverfahrens in dem vor dem Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen X ZR 95/06 anhängigen Rechtsstreit auszusetzen.
9. Die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits hängt von der Beantwortung der Frage ab, ob in der Verzögerung des gebuchten Fluges um rund 25 Stunden eine Annullierung im Sinne des Art. 2 lit. l der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 oder eine Verspätung im Sinne der Vorschriften dieser Verordnung zu sehen ist. Dabei ist unter anderem zu entscheiden, ob und wenn ja nach welcher Dauer eine Verspätung in eine Annullierung umschlagen kann sowie ob es Voraussetzung der Annahme einer Annullierung ist, dass das Luftfahrtunternehmen seine ursprüngliche Flugplanung hinsichtlich des verzögerten Fluges aufgegeben hat.
10. Vor dem Bundesgerichtshof ist unter dem Aktenzeichen X ZR 95/061 ein Rechtsstreit anhängig, in dem der dortige Kläger von der dort beklagten Fluggesellschaft wegen eines ebenfalls um etwa 25 Stunden verzögerten Fluges u. a. Ausgleichszahlungen von 600,00 € pro Person verlangt. Der Bundesgerichtshof hat durch Beschluss vom 17.07.2007 das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Auslegung von Art. 2 lit. l, 5 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 zur Vorabentscheidung die Fragen vorgelegt,
ob bei der Auslegung des Begriffs „Annullierung“ entscheidend darauf abzustellen ist, ob die ursprüngliche Flugplanung aufgegeben wird, so dass eine Verzögerung unabhängig von ihrer Dauer keine Annullierung darstellt, wenn die Fluggesellschaft die Planung des ursprünglichen Fluges nicht aufgibt
und
– falls die Frage zu 1 verneint wird -, unter welchen Umständen eine Verzögerung des geplanten Fluges nicht mehr als Verspätung, sondern als Annullierung zu behandeln ist sowie ob die Beantwortung dieser Frage von der Dauer der Verspätung abhängt.
11. Von der Beantwortung dieser Fragen hängt auch die Entscheidung des Senats im vorliegenden Rechtsstreit ab. Da sie bereits Gegenstand einer Vorlage gemäß Art. 234 Abs. 1 lit. b, Abs. 3 EG-Vertrag sind, hält der Senat es für zulässig und geboten, anstelle einer gemäß Art. 234 Abs. 2 EG-Vertrag möglichen eigenen Vorlage in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO die Verhandlung bis zur Erledigung jenes Verfahrens auszusetzen. Eine direkte Anwendung von § 148 ZPO scheidet aus, da Gegenstand der dem Europäischen Gerichtshof durch den Bundesgerichtshof vorgelegten Fragen nicht das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ist, von dem die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits abhängt, sondern die Auslegung bestimmter Vorschriften des Europäischen Gemeinschaftsrechts. Durch § 148 ZPO soll aber eine doppelte Prüfung derselben Fragen in mehreren Verfahren aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit und der Vermeidung widersprechender Entscheidungen verhindert werden. Hierfür wird der zeitweilige Stillstand und die Verzögerung des ausgesetzten Verfahrens in Kauf genommen.
12. Dieselbe Situation ist im vorliegenden Rechtsstreit gegeben, da die vom Europäischen Gerichtshof vorzunehmende Auslegung der betroffenen gemeinschaftlichen Rechtsnormen Präjudizwirkung für die Anwendung dieser Rechtsnormen durch den Senat hat (vgl. OLG Saarbrücken OLGReport 2001, 407 m.w.N.).
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