Angaben zur Erstattungspflicht im Vertrag

LG Hamburg: Angaben zur Erstattungspflicht im Vertrag

Die Klägerin, eine Verbraucherschutzorganisation, bemängelt von der Beklagten regelmäßig verwendete Vertragsklauseln. Sie klagt deshalb auf Unterlassung. Insbesondere geht es um die Erstattungspflicht bei Vorauszahlungen. Die Beklagte sieht in § 5 ihrer AGB vor, bereits geleistetes nicht zurückerstatten zu müssen.

Das AG Hamburg entschied entschied, dass die von der Beklagten verwendeten Klauseln gegen geltendes Recht verstoßen.

LG Hamburg 312 O 173/09 (Aktenzeichen)
LG Hamburg: LG Hamburg, Urt. vom 20.10.2009
Rechtsweg: LG Hamburg, Urt. v. 20.10.2009, Az: 312 O 173/09
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Landgericht Hamburg

1. Urteil vom 20.10.2009

Aktenzeichen 312 O 173/09

Leitsatz:

2. Bereits geleistetes ist zurückzuerstatten und kann nicht durch AGB abbedungen werden.

Zusammenfassung:

3. Die Klägerin, eine Verbraucherschutzorganisation, bemängelt von der Beklagten regelmäßig verwendete Vertragsklauseln. Der Ansicht der Klägerin nach, sind die Vertragsklauseln rechtswidrig. Sie klagt deshalb auf Unterlassung. Insbesondere geht es um die Erstattungspflicht bei Vorauszahlungen. Die Beklagte sieht in § 5 ihrer AGB vor, bereits geleistetes nicht zurückerstatten zu müssen.

Das AG Hamburg entschied entschied, dass die von der Beklagten verwendeten Klauseln gegen geltendes Recht verstoßen. Als Begründung führt das Gericht an, dass die §§ 5 und 11 der AGB gegen die Inhaltskontrolle verstoßen, weil die Beklagte nach diesen Klauseln sich nicht zur Rückerstattung von Vorauszahlungen verpflichtet sieht.

Tenor

4. Der Beklagte wird unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,–; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) verurteilt

es zu unterlassen,

im Rahmen von Teilnahmeverträgen für Gastschulaufenthalte gleichzeitig nachfolgende oder inhaltsgleiche Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Verbrauchern zu verwenden:

a) „§ 5 Programmpreis und Kostenbeitrag

(1) (…)

Bestandteil dieses Vertrages ist auch der anliegende „Zahlungsplan“, der lediglich aus Gründen der Übersichtlichkeit gesondert abgedruckt ist.

Zahlungsplan

(…)

Wir verpflichten uns, den vollen Programmpreis nach § 5 des Teilnahmevertrages in Höhe von Euro <>, minus vollständig bis zum unten genannten Termin an Y..D.. zu zahlen.“

b) „§ 11 Rücktritt durch Y..D..

(2) (…)

Ist auch dies nach besten Kräften nicht möglich, so ist Y..D.. zum Rücktritt von diesem Teilnahmevertrag berechtigt.“

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von Euro 272,87 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.04.2009 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist im Tenor zu 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 2.500,– und im Tenor zu 2. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

5. Die Parteien streiten um die Zulässigkeit von Vertragsklauseln, die die Beklagte regelmäßig verwendet.

6. Der Kläger ist ein Verband, der in die Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen ist.

7. Der Beklagte ist ein Reiseveranstalter, der Gastschulaufenthalte vermittelt und durchführt. Dabei verwendet der Beklagte folgende Klauseln:

8. § 5 Programmpreis und Kostenbeitrag

9. (1) Die folgenden Zahlungsbedingungen in Absatz 2 bis 4 gelten für Kostenbeiträge, die von Gastschüler oder Eltern oder zugunsten des Gastschülers oder der Eltern von anderen Privatpersonen erbracht werden. Sie gelten nicht für eine Teilnahme am parlamentarischen Patentschaftprogramm oder bei Gewährung eines anderen Vollstipendiums. Bestandteil dieses Vertrages ist auch der anliegende „Zahlungsplan“, der lediglich aus Gründen der Übersichtlichkeit gesondert abgedruckt ist.

10. „Zahlungsplan

11. Anlage zum Teilnahmevertrag internationaler Schüleraustausch

12. (…)

13. Wir verpflichten uns, den vollen Programmpreis nach § 5 des Teilnahmevertrages in Höhe von Euro <>,- vollständig bis zum unten genannten Termin an Y..D.. zu zahlen.“ (…).

14. § 11 Rücktritt durch Y..D..

15. (2) Die von Y..D.. erbrachte Vermittlungsleistung ist davon abhängig, dass sich geeignete Gastfamilien und Gastschulen ohne Gegenleistung freiwillig zur Aufnahme der Gastschüler bereiterklären. Es liegt damit außerhalb des Leistungsvermögens von Y..D.., ob die Partnerorganisation rechtzeitig vor der vorgesehenen Abreise eine genügende Anzahl geeigneter Gastfamilien und Gastschulen im vorgesehenen Aufnahmeland findet. Es ist daher möglich, dass die Vermittlung des Gastschülers in eine geeignete Gastfamilie oder Gastschule im vorgesehenen Aufnahmeland nicht gelingt. Einen solchen Fall hat es in der jahrzehntelangen Praxis von Y..D.. bislang nicht gegeben. Sollte es aber der Partnerorganisation nicht möglich sein, rechtzeitig vor der vorgesehenen Abreise eine Platzierung in dem Aufnahmeland vorzunehmen, wird Y..D.. sich bemühen, einen Platz im Programm einer Partnerorganisation in einem anderen Aufnahmeland anzubieten. Ist auch dies nach besten Kräften nicht möglich, so ist Y..D.. zum Rücktritt von diesem Teilnahmevertrag berechtigt. Unbeschadet dessen sind in diesem Fall auch die Reisenden zum kostenfreien Rücktritt berechtigt (s. auch § 13 Abs. 3 S. 2 bis 4).

16. Der Kläger mahnte den Beklagten zunächst selbst, dann auch anwaltlich, ab und forderte ihn auf eine strafbewerte Unterlassungserklärung abzugeben. Der Beklagte tat dies nicht.

17. Der Kläger meint, die vom Beklagten verwendete Klausel „Programmpreis und Kostenbeitrag“ nebst der Anlage „Zahlungsplan“ sei mit dem wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren und deshalb gemäß § 307 Abs. 2 Ziff. 1 BGB unwirksam.

18. Denn wenn in einer Klausel der AGB eines Reiseveranstalters vorgesehen sei, dass der vollständige Reisepreis vor Programmbeginn zu bezahlen sei, und der Reiseveranstalter sich in einer weiteren Klausel dennoch das Recht vorbehalte, die Reise noch bis zum Antritt des Aufenthaltes und damit nach dem Zeitpunkt der vollständigen Bezahlung wegen mangelnder Platzierung der Gastschüler abzusagen, so sei dies eine unangemessene Benachteiligung des Kunden durch die Kombination der Klauseln.

19. Weiterhin sei die verwendete Klausel „§ 11 Rücktritt durch Y..D..“ unwirksam. Die Klausel, in welcher sich der Beklagte ein Rücktrittsrecht vorbehalte, falls eine Platzierung des Gastschülers nicht möglich sei, verstoße gegen § 307 i.V.m. § 651 m BGB und sei daher unwirksam. Es handle sich um einen unzulässigen Rücktrittsgrund.

20. Organisatoren von Gastschulaufenthalten seien Reiseveranstalter im Sinne des § 651a BGB. Nach den Regelungen des Pauschalreiserechts könne ein Veranstalter sich dann vom Vertrag lösen, wenn ein Fall höherer Gewalt nach § 651 j BGB, ein zulässiger Rücktrittsgrund im Sinne von § 651 a V BGB oder ein wichtiger Kündigungsgrund gemäß § 314 BGB vorliege. Zudem komme ein Rücktritt nach § 323 BGB in Betracht. Dem Anbieter von Gastschulaufenthalten stünden keine zusätzlichen Rücktritts- oder Kündigungsrechte zu. Die Pauschalreiserichtlinie zähle die zulässigen Rücktrittsgründe, nämlich Nichterreichen der Mindestteilnehmerzahl, höhere Gewalt und in der Person bzw. im Verhalten des Reisenden liegende Gründe, abschließend auf. Diese Vorgabe habe der deutsche Gesetzgeber für den Gastschulaufenthalt umgesetzt, da er diese Reiseform den §§ 651a ff. BGB unterstellt habe.

21. Zudem verstoße die Klausel gegen § 308 Nr. 8 i.V.m. Nr. 3 BGB und sei deshalb unwirksam. Danach sei die Begründung eines Rücktrittsrechts in Folge der Nichtverfügbarkeit der Leistung nur wirksam, wenn die Klausel neben den Anforderungen des § 308 Nr. 3 BGB auch die des § 308 Nr. 8 BGB erfülle. Der Verwender müsse sich ausdrücklich verpflichten, den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und die Gegenleistung unverzüglich zu erstatten. Informationen und Erstattungen müssten auch tatsächlich unverzüglich erfolgen. Fehle eine entsprechende Verpflichtung, sei der Rücktritt auch dann unwirksam, wenn der Verwender unverzüglich informiere und erstatte.

22. In der beanstandeten Klausel behalte sich der Beklagte nur ein Rücktrittsrecht vor, wenn die Platzierung eines Gastschülers nicht möglich sei, unterlasse es aber, sich ausdrücklich zu verpflichten den Gastschüler/Vertragspartner unverzüglich über die fehlende Platzierungsmöglichkeit zu informieren und bereits geleistete Zahlungen zu erstatten.

23. Der Kläger ist der Auffassung, dass der Beklagte die Aufwendungen des Klägers für die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten in Höhe von Euro 668,54 zu tragen habe. Die umfangreiche Prüfung des Teilnehmervertrages rechtfertige den Ansatz einer Geschäftsgebühr von 1,8.

24. Der Kläger hatte zunächst einen Antrag angekündigt, der dem unten stehenden in der mündlichen Verhandlung vom 22.09.2009 tatsächlich gestellten bis auf das Wort „gleichzeitig“ in Zeile 2 des Antrags zu 1) entsprach. Mit Schriftsatz vom 09.06.2009 hat er diesen Antrag um das Wort „gleichzeitig“ ergänzt.

25. Der Kläger beantragt,

26. 1. Der Beklagte wird verurteilt es zu unterlassen, im Rahmen von Teilnahmeverträgen für Gastschulaufenthalte gleichzeitig nachfolgende oder inhaltsgleiche Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Verbrauchern zu verwenden:

27. a) „§ 5 Programmpreis und Kostenbeitrag

28. (3) (…)

29. Bestandteil dieses Vertrages ist auch der anliegende „Zahlungsplan“, der lediglich aus Gründen der Übersichtlichkeit gesondert abgedruckt ist.

30. Zahlungsplan

31. (…)

32. Wir verpflichten uns, den vollen Programmpreis nach § 5 des Teilnahmevertrages in Höhe von Euro <>, minus vollständig bis zum unten genannten Termin an Y..D.. zu zahlen.“

33. b) „§ 11 Rücktritt durch Y..D..

34. (4) (…)

35. Ist auch dies nach besten Kräften nicht möglich, so ist Y..D.. zum Rücktritt von diesem Teilnahmevertrag berechtigt.“

36. 2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von Euro 668,64 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

37. 3. Gegen den Beklagten wird bei Verstoß gegen das Verbot, die unter Ziff. 1 genannten Klauseln zu verwenden, ein Ordnungsgeld, und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft angedroht.

38. Der Beklagte beantragt,

39. die Klage abzuweisen.

40. Der Beklagte meint, die Verwendung der angegriffenen Klauseln in §§ 5, 11 des Teilnahmevertrages sei rechtmäßig. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestehe nicht.

41. Der Beklagte trägt vor, seit mehr als 50 Jahren Gastschulaufenthalte im internationalen Schüleraustausch zu vermitteln. Dabei arbeite der Beklagte intensiv mit Partnerorganisationen der aufnehmenden Ländern zusammen. Über diese Partnerorganisationen müssten insbesondere Gastfamilien gefunden werden, die sich zur Aufnahme von Schülern bereit erklärten. Ein Austauschjahr beginne in der Regel im August. In der Zeit zwischen Juni des Vorjahres und März des Austauschjahres fänden Auswahlgespräche statt, nach einer positiven Auswahlentscheidung erfolge der Vertragsschluss. Nach dem Vertragsschluss, der regelmäßig in der Zeit zwischen Sommer des Vorjahres und Frühjahr des Austauschjahres liege, würden Unterlagen an die Partnerorganisationen übersandt. Diese beginne etwa ab Januar des Austauschjahres mit der Suche nach Gastfamilien. Es sei praktisch unmöglich, mit hundertprozentiger Sicherheit zu gewährleisten, dass für jeden Schüler, mit dem ein Teilnahmevertrag geschlossen wurde, rechtzeitig vor Beginn des jeweiligen Programmjahres eine geeignete Gastfamilie vermittelt werden könne. Dem Beklagten sei es allerdings im Laufe seiner 50-jährigen Tätigkeit immer gelungen.

42. Die Inanspruchnahme durch den Kläger befremde angesichts der langjährigen und uneigennützigen und im Sinne des Steuerrechts auch gemeinnützigen Tätigkeit des Beklagten. Zwar sei der Beklagte als Reiseveranstalter im Sinne der §§ 651a ff. BGB einzustufen, dennoch sei im Rahmen der Abwägung der beiderseitigen Interessen im Rahmen der Wirksamkeitsprüfung der Klauseln der Besonderheiten des Gastschulaufenthalts und der besonderen Organisation des Beklagten Rechnung zu tragen.

43. Die Argumentation des Klägers zum Gebot der einheitlichen Auslegung einer Norm nach EU-Recht und nationalem Recht treffe auf die Regelungen des Reiserechts und die Unterwerfung des Gastschulaufenthaltsrechts unter die Vorschriften der §§ 651a ff. BGB nicht zu. Der Gesetzgeber habe bei der Schaffung des § 651a V BGB den Gastschulaufenthalt als Reisevertragstyp nicht im Auge gehabt. Da der § 651a V S. 1 BGB weder seinem Wortlaut, noch seinem Zweck nach ein Verbot zur Vereinbarung von Rücktrittsgründen enthalte, sei die Regelung in § 11 II des Teilnahmevertrages auch nicht nach § 307 II Nr. 1 BGB unzulässig.

44. Auch eine Unzulässigkeit nach § 308 Nr. 3, 8 BGB liege nicht vor. Die Voraussetzungen für einen Rücktritt des Beklagten seien in § 11 II des Teilnahmevertrages umfassend dargelegt und erläutert, so dass die Klausel § 308 Nr. 3 BGB entspreche.

45. Hinsichtlich der angegriffenen Regelung § 5 sei bereits fraglich, ob die Vorschriften über allgemeine Geschäftsbedingungen anwendbar seien Die vom Beklagten vorformulierten Teilnahmeverträge enthielten keine festen Zahlungsbedingungen, die Zahlungspläne würden vielmehr individuell vereinbart. Dabei werde auf die finanziellen Möglichkeiten der Eltern sowie auf mögliche Stipendien Rücksicht genommen.

46. Der Kläger hat repliziert, das angesichts des Vortrages des Beklagten zum Tatsächlichen keine Notwendigkeit ersichtlich sei, die streitgegenständlichen Klauseln zu verwenden. Der Kläger vertieft seinen Vortrag dahin, dass die Kombination der Klauseln gemäß Ziffer 1.a) und b) der Klage unzulässig sei.

47. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.09.2009 verwiesen.

Entscheidungsgründe

48. Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.

1.

49. Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Unterlassungsanspruch aus § 1 UKlaG i.V.m. §§ 308 Nr. 8, Nr. 3 BGB zu.

50. Die beanstandeten Klauseln § 5 und § 11 sind Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB. Denn bei dem als Anlage K 2 vorliegenden Mustervertrag handelt es sich um vertragsgestaltende Regelungen, die für mehrfache Verwendung in einer Vielzahl von Verträgen formuliert sind und die der Beklagte als Verwender seinen Kunden bei Abschluss eines Vertrages stellt.

51. Der Beklagte verstößt gegen § 308 Nr. 8 BGB, weil er in § 11 des Mustervertrages einen zwar nach § 308 Nr. 3 BGB zulässigen Vorbehalt vereinbart, sich aber nicht entsprechend § 308 Nr. 8 BGB im Vertrag verpflichtet, den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit der Leistung zu informieren und Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten.

52. Das Rücktrittsrecht, welches der Beklagte sich vorbehält, ist nach § 308 Nr. 3 BGB sachlich gerechtfertigt. Im Mustervertrag der Beklagten ist in § 11 II als Grund für das Rücktrittsrecht angegeben, dass sich trotz vielfacher Vermittlungsbestrebungen eine geeignete Gastfamilie für einen Gastschüler nicht finden lässt.

53. Die sachliche Rechtfertigung des Rücktrittes ergibt sich aus den Besonderheiten der Vermittlung eines Gastschulaufenthaltes. Die besondere persönliche Nähe, die ein Gastschulaufenthalt für Schüler und Gastfamilie bedeutet, unterscheidet die Vermittlung eines Gastschulaufenthaltes von der Vermittlung von anderen Pauschalreisen im Sinne der §§ 651 a ff. BGB und macht seine Planung deutlich unsicherer und schwieriger.

54. Während ein Pauschalreiseveranstalter seine verfügbaren Kontingente genau planen kann, indem er eine feste Zahl von Unterbringungsmöglichkeiten wie Hotelzimmer vorab einkauft, kann dies der Veranstalter des Gastschulaufenthaltes nicht. Er kann Maßnahmen entfalten, um die Bereitschaft von Gastfamilien zur Aufnahme eines Schülers zu fördern, er kann aber nicht auf einem “Gastfamilienmarkt” Kontingente einkaufen (vgl. Klein, RRa 2008, 2 f.). Häufig wird es aufgrund individueller Wünsche oder Besonderheiten länger dauern, eine Gastfamilie zu finden oder es wird aber notwendig sein, erneut zu suchen, wenn eine Gastfamilie sich kurzfristig doch gegen die Aufnahme eines fremden Schülers entscheidet.

2.

55. Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung eines Teils der geltend gemachten Abmahnkosten aus §§ 683, 677, 670 BGB.

56. Der von ihm insgesamt für den Unterlassungsanspruch angesetzte Gegenstandswert von € 5.000 ist angemessen. Davon entfallen auf die auch mit der Abmahnung hinsichtlich der Vertragsklauseln § 5 und § 11 einzeln geltend gemachten Unterlassungsansprüche jeweils € 2.500,–. Dass die Ansprüche einzeln verfolgt werden sollten, ergibt sich aus Ziffer 1 und Ziffer 2 der vorgeschlagenen Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung (Anlage K 5). In Ziffer 2 heißt es ausdrücklich. „[…] für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung gegen eine der unter Ziffer 1 genannten Unterlassungsverpflichtungen […]“ (Hervorhebung durch das Gericht).

57. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 I 2 BGB.

58. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.

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