Abgrenzung von Reisevermittlung und Reiseveranstaltung
LG Saarbrücken: Abgrenzung von Reisevermittlung und Reiseveranstaltung
Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Reise gebucht, die als Abenteuerreise mit Haitauchen stattfinden sollte. Vor Ort war ein Tauchen allerdings nicht möglich. Daher trat er vom Vertrag zurück und verlangt die Kosten für die Rückreise sowie Ersatz für nutzlos vertane Urlaubszeit heraus.
Das Amtsgericht hatte der Klage stattgegeben. Das Landgericht schloss sich dem an. Die Beklagte sei hier als Reiseveranstalterin anzusehen und habe daher für die mangelfreie Durchführung der Reise einzustehen.
LG Saarbrücken | 10 S 134/12 (Aktenzeichen) |
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LG Saarbrücken: | LG Saarbrücken, Urt. vom 08.02.2013 |
Rechtsweg: | LG Saarbrücken, Urt. v. 08.02.2013, Az: 10 S 134/12 |
AG Merzig, Urt. v. 25.05.2012, Az: 26 C 1062/11 (08) | |
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Leitsatz:
2. Reiseveranstalter ist, wer aus der Sicht des durchschnittlichen Kunden eine Gesamtheit der Reiseleistungen in eigener Verantwortung zu erbringen verspricht.
Zusammenfassung:
3. Der Kläger hatte bei der Beklagten, einem Reisebüro, eine Reise gebucht. Es handelte sich um eine eigens zusammengestellte Abenteuerreise mit Aufenthalt auf Bimini und dort durchgeführtem Tauchen mit Haien. Vor Ort war ein Tauchen allerdings nicht möglich. Daher und wegen der insgesamt schlechten Versorgungslage auf der Insel trat er vom Vertrag zurück und verlangt die Kosten für die Rückreise sowie Ersatz für nutzlos vertane Urlaubszeit heraus. Die Kosten der Reise hatte die Beklagte bereits ersetzt.
Das Amtsgericht hatte der Klage stattgegeben. Das Landgericht schloss sich dem an. Die Beklagte sei hier als Reiseveranstalterin anzusehen und habe daher für die mangelfreie Durchführung der Reise einzustehen. Die Beklagte sei nicht bloße Reisevermittlerin, auch wenn sie mehrere Leistungen dritter Unternehmen zur Reise gebündelt hatte.
Tenor
4. Die Berufung der Beklagten gegen das am 25.5.2012 verkündete Urteil des Amtsgerichts Merzig (Aktenzeichen: 26 C 1062/11 (08)) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
5. Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Erstattung von Mehraufwendungen nach Abbruch einer Urlaubsreise sowie auf Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit geltend.
6. Der Kläger beabsichtigte im Dezember 2009 einen „Abenteuerurlaub“ fernab von massentouristischen Zielen zu verbringen und suchte das Reisebüro der Beklagten auf, um sich entsprechende Vorschläge unterbreiten zu lassen. Am 14.11.2009 hat er schließlich bei der Beklagten verschiedene Reiseleistungen (Hin- und Rückflug einschließlich Zwischenflügen, Hotelaufenthalt) gebucht, deren erklärtes und auch der Beklagten bekanntes Ziel darin bestand, auf der in den Bahamas liegenden Insel Bimini einen Tauchurlaub zu verbringen, welche dem Kläger auch ein „Tauchen mit Haien“ ermöglichen sollte. Der Vorschlag für einen solchen Urlaub, der vom 7. bis zum 15. Dezember 2009 andauern sollte, stammte von der Beklagten.
7. Nach Ankunft auf der Insel Bimini reklamierte der Kläger gegenüber der Geschäftsführerin der Beklagten, dass es auf der Insel keine Möglichkeit gebe, sich zu verpflegen, weil sämtliche Restaurants geschlossen hätten. Im Übrigen sei auch das geplante Tauchen mit Haien nicht durchzuführen; der Kläger macht geltend, er sei der einzige Tourist auf der Insel gewesen. Die Tauchschule vor Ort sei geschlossen gewesen; der Inhaber der Tauchschule sei jedoch bereit gewesen, Tauchausflüge vorzunehmen, wenn der Kläger die sämtlichen Kosten – die üblicherweise auf die Tauchgesellschaft umgelegt werden – alleine trage. Die vom Kläger über die Problematik informierte Geschäftsführerin der Beklagten teilte dem Kläger mit Telefax vom 9.12.2009 mit, dass das Tauchen möglich sei, wenn der Kläger die Kosten für die volle Ausrüstung trage. Am 11.12.2009 brach der Kläger die Reise ab; er bat die Geschäftsführerin der Beklagten, die umgehende Rückreise zu arrangieren; die Geschäftsführerin der Beklagten teilte dem Kläger mit, dies sei am gleichen Tag nicht möglich, bemühte sich indes um eine Kulanzregelung für die Umbuchung des Rückfluges. Bevor ihre Bemühungen Erfolg hatten, organisierte der Kläger den Rückflug bereits selbst auf eigene Kosten und kehrte nach Deutschland zurück. Die Beklagte hat dem Kläger den vollen Reisepreis ersetzt.
8. Mit seiner Klage macht der Kläger den Ersatz der Aufwendungen für den selbst gebuchten Rückflug sowie Ansprüche wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit geltend. Er ist der Auffassung, dass das zwischen ihm und der Beklagten geschlossene Vertragsverhältnis rechtlich als Reisevertrag im Sinne der §§ 651 a ff BGB anzusehen sei. Die Beklagte geht demgegenüber davon aus, dass sie lediglich Reiseleistungen vermittelt habe. Es sei auch kein Pauschalpreis berechnet worden, sondern sie habe – was unstreitig ist – sämtliche Bestandteile, wie Flüge und Übernachtungen gesondert in Rechnung gestellt. Im übrigen habe der Kläger bei verschiedenen Komponenten, wie etwa Fluggesellschaft oder Hotelkategorie, mehrere Angebote zur Auswahl vorgelegt bekommen, was ebenfalls gegen eine Pauschalreise spreche.
9. Das Amtsgericht hat die Beklagte verurteilt. Es ist von einem Reisevertrag ausgegangen, der auch mangelhaft erfüllt worden sei. Insbesondere das mit der Reise bezweckte „Tauchen mit Haien“ sei nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand durchzuführen gewesen, da der Kläger die entstehenden Aufwendungen nicht – wie üblich – mit anderen Tauchinteressenten teilen konnte, sondern diese hätte alleine tragen müssen.
10. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
11. Die Berufung wendet sich gegen die Einordnung des Vertragsverhältnisses als Reisevertrag. Die Beklagte habe vom Kläger keinen Pauschalpreis verlangt, sondern sämtliche Bestandteile wie Flug und Übernachtung, die der Kläger auch eigenverantwortlich zusammengestellt habe, auf dessen Ansinnen und dessen Wunsch so gebucht. Ungeachtet dessen seien die Tauchgänge jedenfalls nicht Inhalt des Vertrages geworden sondern sollten vom Kläger selbst organisiert werden. Dass diese nicht zustande gekommen seien, liege deshalb in seinem Risikobereich.
13. unter Abänderung des am 25. 5. 2012 verkündeten und am 19.6.2012 zugestellten Urteils des Amtsgerichts Merzig (26 C 1026/11 (08)) die Klage abzuweisen.
16. Er verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft seinen Vortrag.
II.
17. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, da die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung nicht rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Mehraufwendungen für den Rückflug in Höhe von 653,29 Euro aus § 651e Abs. 4 S. 2 sowie auf Zahlung weiterer 667,00 Euro aus § 651f Abs. 2 BGB. Der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 280 Abs. 2, 286 BGB, der Anspruch auf Verzugszinsen aus §§ 286, 288 BGB.
A.
18. Der Kläger kann von der Beklagten gem. § 651e Abs. 4 S. 2 Ersatz der Mehrkosten verlangen, die nach der Kündigung des mit der Beklagten geschlossenen Reisevertrages angefallen sind.
1.
a)
19. Zwischen dem Kläger und der Beklagten ist ein Reisevertrag im Sinne der §§ 651a ff zustande gekommen. Ein Reisebüro, wie es von der Klägerin betrieben wird, kann als Erbringer von Reiseleistungen in eigener Verantwortung tätig werden und sich Dritter als Leistungsträger bedienen, kann aber auch, worauf sich die Beklagte beruft, bloß Vermittler solcher Reiseleistungen sein. Welcher Art von Tätigkeit vorliegt, hängt vom Inhalt und den weiteren Umständen der Vertragsverhandlungen ab. Hierbei ist gemäß § 651a Abs. 2 BGB entscheidend darauf abzustellen, wie das Reiseunternehmen aus der Sicht des Reisenden auftritt (BGHZ 61, 275, 277f; BGHZ 156, 220, 225f; BGH NJW 2011, 599). Reiseveranstalter und damit Vertragspartner des Reisevertrag ist derjenige, der aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Reisekunden als Vertragspartei eine Gesamtheit der Reiseleistungen in eigener Verantwortung zu erbringen verspricht (BGH NJW 2000, 1639, 1640; NJW 2006, 3137). Die Abgrenzung ist im Wege der Auslegung der Willenserklärungen nach den Maßstäben der §§ 133, 157, 164 Abs. 2 BGB und der besonderen Maßgabe des § 651a Abs. 2 BGB derart vorzunehmen, dass die Gesamtumstände und die Interessen der Parteien zu würdigen sind (BGH NJW 2011, 599).
b)
20. In Anwendung dieser Grundsätze ist der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag als Reisevertrag im Sinne des § 651a BGB anzusehen.
aa)
21. Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, dass sie nicht bereits eine über die Vermittlung einzelner Reiseleistungen hinausgehende Verantwortung übernommen hat, indem sie ohne die Leistungserbringer zu benennen dem Kunden nur ein Gesamtpreis für die Reise mitgeteilt hat (vergleiche zu diesen Fällen OLG Düsseldorf, OLG Report 1997, 313; Führich, Reiserecht, 6. Auflage, § 5 Rn. 88 d; Bamberger/Roth § 651a Rn. 19). Wie die Kammer im Rahmen der mündlichen Verhandlung klären konnte, hat die Beklagte vielmehr die Einzelpreise an den Kläger weitergegeben. Der Beklagte hat die Einzelpreise sodann selbst addiert und in einer Summe überwiesen. Auch spricht gegen einen Reisevertrag, dass dem Beklagten die Leistungsträger schon durch Übermittlung der Einzelrechnungen bekannt waren.
bb)
22. Die Benennung eines Gesamtpreises ist jedoch im Rahmen der Gesamtabwägung lediglich als ein Indiz, und nicht als eine zwingende Voraussetzung anzusehen. Von größerem Gewicht sind aus Sicht der Kammer hier die Umstände des Vertragsschlusses. Zwar ist mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs davon auszugehen, dass ein Reisevertrag nicht schon deshalb zu Stande kommt, weil die Auswahl auf einer Empfehlung von Mitarbeitern eines Reisebüros beruht, welche einzelne Elemente der Reise unter Berücksichtigung der Vorgaben des Buchenden zusammenstellen (BGH NJW 2011, 599). So liegt der Fall hier indes nicht. Vielmehr hat die Beklagte eine über die Vermittlung einzelner touristischer Leistungen hinausgehende Verantwortung dergestalt übernommen, dass dem auch bei der Auslegung der Willenserklärungen und der daraus resultierenden Bestimmung des Vertragstypus Rechnung zu tragen ist. Unstreitig ging es dem Kläger nämlich gerade darum, eine „Abenteuerreise“ durchzuführen, welche sich infolge der Beratung durch die Geschäftsführerin der Klägerin zunächst dahingehend konkretisiert hat, dass dem Kläger das „Tauchen mit Haien“ ermöglicht werden sollte; unstreitig hat die Geschäftsführerin der Klägerin zu diesem Zweck auch den später gebuchten Urlaubsort, die Insel Bimini, als geeignet vorgeschlagen. Es war daher auch für die Beklagte schon zum Zeitpunkt der Buchung ersichtlich, dass mit der geplanten Reise ein über das normale touristische Interesse hinausgehender Zweck erreicht werden sollte. So wie es dem Kläger ausschließlich um den besonderen Charakter der Reise als „Abenteuerurlaub“ ging, hat die Beklagte mit der Zusammenstellung eines Paketes an Leistungen, die dem Kläger dies ermöglichen sollte, auch die Verantwortung dafür übernommen, dass genau dies, das „Tauchen mit Haien“, im Rahmen des Urlaubes möglich ist. Eine Auslegung der Willenserklärungen, welche die vertragliche Verpflichtung der Beklagten auf die bloß additive Erbringung einzelner Reiseleistungen, nämlich die Vermittlung von Flügen und Unterkünften, beschränkt, würde dem offensichtlich nicht gerecht. Einerseits war nämlich die ordnungsgemäße Erbringung von Flug und Unterkunft für den Kläger gegenüber dem angestrebten besonderen Reiseerlebnis von völlig untergeordneter Bedeutung. Andererseits würde das eigentliche Anliegen des Klägers von der vertraglichen Vereinbarung nicht erfasst, weder bei der Beklagten noch – und zwar erst Recht nicht – bei den einzelnen Leistungsträgern. Soweit Reisebüros gerade durch Angebote in Spezialbereichen Marktnischen bedienen, die für Großveranstalter nicht interessant sind (vergleiche hierzu Führich a.a.O. Rn. 710), kann der Reisende auch erwarten, dass die Reisebüros für den besonderen Charakter der Reise auch vertraglich einstehen. Nicht anders sind die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB im Lichte des § 651a Abs. 2 BGB in diesen Fällen zu verstehen.
cc)
23. Der Einordnung des Vertrages als Reisevertrag steht auch nicht entgegen, dass dem Kläger hinsichtlich einzelner Teilleistungen verschiedene Auswahlmöglichkeiten (etwa bezüglich Fluggesellschaft und Hotelkategorie) vorgestellt wurden, unter denen er sich entscheiden konnte. Es entspricht der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs, dass eine Pauschalreise begrifflich auch dann vorliegt, wenn die Verbindung touristischer Dienstleistungen zu dem Zeitpunkt vorgenommen wird, zu dem der Vertrag zwischen dem Reisebüro und dem Verbraucher geschlossen wurde (EuGH, Slg 2002, I – 4051= RRa 2002,119 „Club-Tour“). Nichts anderes erfolgt auch bei einem Vertragsschluss in Form des „dynamic packaging“, bei dem in Internetportalen oder durch Reisebüros verschiedene Leistungen in Echtzeit miteinander kombiniert und gebucht werden können (vgl. hierzu Führich a.a.O. Rn. 88c sowie 710).
2.
24. Der Kläger hat den Reisevertrag wirksam gekündigt. Gemäß § 651e Abs. 1 BGB kann der Reisende den Vertrag kündigen, wenn die Reise infolge eines mangels erheblich beeinträchtigt wird.
a)
25. Mangelhaft im Sinne des § 651c BGB ist eine Reise nach dem hier anzuwendenden subjektiven Fehlerbegriff (vergleiche Bamberger/Roth a.a.O., § 651c Rn. 5), wenn die Ist- Beschaffenheit der von vertraglich vereinbarten Sollbeschaffenheit abweicht. Dies ist hier nicht zweifelhaft. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, ging es dem Kläger darum, Tauchausflüge, und zwar solche von einer besonderer Qualität zu erleben. Dies war auch Gegenstand der vertraglichen Verpflichtung. Dem steht nicht entgegen, dass die Tauchgänge selbst von dem Kläger vor Ort gebucht wurden: Wo besondere Sportmöglichkeiten zugesagt werden, muss der Veranstalter für deren Vorhandensein auch einstehen (Führich a.a.O. Rn. 348 mit umgangreichem Nachweis aus der Rechtsprechung). Das Tauchen war an dem Urlaubsort zu der gebuchten Urlaubszeit hier von vornherein nicht möglich. Es kann dabei dahinstehen, ob bereits der vom Amtsgericht gewürdigter Aspekt, dass der Kläger alleine die Kosten hätte tragen müssen, die „normalerweise“ unter einer aus mehreren Personen bestehenden Tauchgesellschaft aufgeteilt werden, einen Mangel darstellt. Dem mag man noch entgegen halten, dass der Kläger außerhalb der Urlaubssaison reisen wollte und daher möglicherweise damit rechnen musste, dass es bei der Zusammenstellung der Tauchgesellschaften zu Mehraufwendungen kommen kann. Mögen Mehrkosten in einem gewissen Rahmen noch als allgemeines Lebensrisiko hinzunehmen sein, ist ein Mangel jedenfalls dann gegeben, wenn – wie hier – überhaupt keine Möglichkeit besteht, den Zweck der Reise zu realisieren. Hiervon ist vorliegend allerdings schon deshalb auszugehen, weil dem Kläger auch kein Tauchpartner zur Verfügung stand. Wie der Kläger unbestritten vorgetragen hat, besteht ein wesentlicher Sicherheitsaspekt beim Tauchen gerade darin, dies nicht allein, sondern mit einem Partner oder in einer Gruppe vorzunehmen. Dies setzt aber gerade andere Tauchwillige voraus, die nicht zur Verfügung standen. Nach den vom Kläger vorgefundenen und nicht bestrittenen Verhältnissen war ihm das Tauchen auf der Insel Bimini daher nicht nur unter erhöhten Kosten sondern überhaupt nicht möglich.
b)
26. Durch den Mangel wurde die Reise auch erheblich beeinträchtigt. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise infolge eines Mangels ist aufgrund einer tatrichterlichen Gesamtwürdigung festzustellen, in die neben Reisezweck und Reisecharakter auch Dauer und Umfang der Mängel einbezogen werden müssen (Bamberger/Roth § 651e Rn. 4). Dies ist in vorliegendem Fall vor dem Hintergrund, dass der Zweck der Reise vollständig verfehlt wurde, nicht zweifelhaft.
c)
27. Der Kläger hat die Kündigung auch erklärt. Dies ergibt sich bereits aus dem unstreitigen Umstand, dass er die Beklagte gebeten hat, unverzüglich den Rückflug so organisieren. Dies konnte die Beklagte nicht anders denn als Kündigung des Reisevertrages verstehen.
d)
28. Allerdings setzt die Kündigung eines Reisevertrages grundsätzlich voraus, dass der Reiseveranstalter eine ihm vom Reisenden bestimmte angemessene Frist hat verstreichen lassen, ohne Abhilfe zu leisten (§ 651e Abs. 2 Satz 1 BGB). Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Abhilfe wie in vorliegendem Fall nicht möglich ist (§ 651e Abs. 2 Satz 2 BGB). Letzteres war hier schon deshalb der Fall, weil keine anderen Touristen auf der Insel waren, die Interesse an Tauchgängen hatten.
3.
29. Infolge der Kündigung hat die Beklagte dem Kläger die entstandenen Mehrkosten gemäß § 651e Abs. 4 Satz 2 BGB zu ersetzen. Dies gilt auch, soweit der Reisende zur Selbstabhilfe greift (Führich a.a.O Rn. 382). Ob der Anspruch des Reisenden entsprechend § 254 BGB zu kürzen ist, wenn es dem Reiseveranstalter möglich ist, eine günstigere Rückreisemöglichkeit zu vermitteln und dies durch die selbst Abhilfe des Reisenden vereitelt wurde, kann hier dahinstehen. Die Beklagte hat derartiges nicht vorgetragen.
B.
1.
30. Dem Kläger steht auch ein Anspruch auf eine angemessene Entschädigung für die nutzlos aufgewendete Urlaubszeit in zuerkannter Höhe zu. Ein solcher Anspruch setzt gemäß § 651f Abs. 2 BGB voraus, dass die Reise infolge eines Mangels vereitelt oder erheblich beeinträchtigt wird, was aus den oben genannten Gründen hier der Fall ist. Etwas anderes gilt nur, sofern der Mangel auf einem Umstand beruht, den der Reiseveranstalter nicht zu vertreten hat (§ 651f Abs. 1 BGB). Letzteres wäre nur dann der Fall, wenn es für die Beklagte unabsehbar gewesen wäre, das außerhalb der Saison Tauchmöglichkeiten auf Bimini nicht oder nur in eingeschränktem Umfange zur Verfügung stehen. Hierfür ist nichts ersichtlich, zumal gerade bei einer so kleinen Insel wie Bimini außerhalb der Saison nicht völlig fernliegend ist, dass touristischer Einrichtungen geschlossen haben. Derartiges kennt man selbst aus touristisch vollständig erschlossenen Urlaubsregionen. Es wäre daher ohne weiteres geboten gewesen, vor einem entsprechenden Angebot konkreter Erkundigungen bei Tauchschulen vorzunehmen, ob außerhalb der Saison, und zwar konkret zu der hier vorgesehenen Urlaubszeit ein „Tauchen mit Haien“ möglich ist.
2.
31. Die Höhe der geltend gemachten Entschädigung ist nicht zu beanstanden. Zwar ist es verfehlt, dass der Kläger ein Berechnungsmodell gewählt hat, welches von dem Einkommen des Reisenden ausgeht. Das Einkommen des Reisenden ist kein geeigneter Maßstab für die Höhe der Entschädigung (BGH NJW 2005, 1047, 1049). Angemessen ist es demgegenüber, den Reisepreis als Bemessungsgrundlage zu nehmen (BGH a.a.O.), da dieser regelmäßig zeigt, wie viel Geld der mit der geplanten Reise verbundene immaterielle Gewinn dem Kunden wert war. Geht man davon aus, dass für jeden gänzlich vertanen Urlaubstag die zeitanteilige Quote des vollen Reisepreises anzusetzen ist (Bamberger/Roth § 651f, Rn. 19), so ist in Anbetracht des Umstandes, dass die Urlaubszeit vorliegend völlig vergeudet wurde und auch kein Resterholungswert ersichtlich ist, der hier geltend gemachte Betrag in jedem Falle gerechtfertigt.
C.
32. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
33. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 2, 713 ZPO.
34. Die Revision war mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht zuzulassen.
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