Begriff der Pauschalreise
EuGH: Begriff der Pauschalreise
Ein Urlauber buchte bei einem Reiseveranstalter eine Pauschalreise. Weil in dem von ihm gebuchten Feriendorf eine Wespenplage herrschte, verlangt der Reisende nach seiner Rückkehr das gezahlte Geld gemäß Art. 2 der Richtlinie 90/314 zurück. Der Veranstalter weigert sich der Zahlung. Die Verordnung sei nicht anwendbar, da es sich vorliegend um eine à la carte Reise und keine Pauschalreise gehandelt habe.
Der Europäische Gerichtshof hat dem Kläger Recht zugesprochen. Auch sogenannte à la carte Reisen, bei dem der Urlauber die Reiseleistungen selbst zusammenstellt, seien wie Pauschalreisen zu behandeln.
EuGH | C-400/00 (Aktenzeichen) |
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EuGH: | EuGH, Urt. vom 30.04.2002 |
Rechtsweg: | EuGH, Urt. v. 30.04.2002, Az: C-400/00 |
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Leitsätze:
2. Der Begriff „Pauschalreise“ schließt Reisen ein, die auf Verlangen und nach den Wünschen eines Verbrauchers oder einer beschränkten Verbrauchergruppe organisiert werden.
Zusammenfassung:
3. Der Kläger buchte bei einem Reisebüro eine zweiwöchige Flugreise einschließlich Unterkunft und Vollpension in einem griechischen Feriendorf. Die Club-Tour wandte sich an das Reisebüro, das sich um die erforderlichen Reservierungen kümmerte, das Programm des Aufenthalts ausarbeitete und den Pauschalpreis dafür festsetzte.
Bei seiner Ankunft im Feriendorf hatte der Kläger die unangenehme Überraschung, dieses Dorf übersät mit Tausenden von Wespen vorzufinden, weshalb er seine Ferien nicht in vollem Umfang genießen konnte.
Bei seiner Rückkehr nach Portugal weigerte sich der Kläger, den vereinbarten Preis zu zahlen. Der Veranstalter erhob daraufhin Klage.
In diesem Zusammenhang hat das portugiesische Gericht dem Gerichtshof eine Frage zur Gemeinschaftsrichtlinie von 1990 über Pauschalreisen zur Vorabentscheidung vorgelegt, um festzustellen, ob der Begriff „Pauschalreise“ auch Reisen „à la carte“ (d. h. Reisen, die auf Wunsch und nach den Vorgaben eines Verbrauchers oder einer beschränkten Verbrauchergruppe organisiert werden) einschließt.
Der Europäische Gerichtshof hat dem Kläger Recht zugesprochen. Der Begriff „Pauschalreise“ in Artikel 2 Nummer 1 der Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen sei dahingehend auszulegen, dass er Reisen einschließt, die von einem Reisebüro auf Wunsch und nach den Vorgaben eines Verbrauchers organisiert werden.
Urteil
4. Das Tribunal Judicial da Comarca do Porto hat dem Gerichtshof mit Entscheidung vom 31. Oktober 2000, beim Gerichtshof eingegangen am 3. November 2000, gemäß Artikel 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung des Artikels 2 Nummer 1 der Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen (ABl. L 158, S. 59; im Folgenden: Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
5. Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Reisebüro Club-Tour, Viagens e Turismo SA (im Folgenden: Klägerin) und Alberto Lobo Gonçalves Garrido (im Folgenden: Beklagter) über die Zahlung des Preises für eine Ferienreise.
Rechtlicher Rahmen
6. Die Richtlinie bezweckt die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Pauschalreisen (einschließlich Pauschalurlaubsreisen und Pauschalrundreisen), die in der Gemeinschaft verkauft oder zum Kauf angeboten werden.
7. Artikel 2 Nummer 1 der Richtlinie bestimmt:
8. „Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet:
9. Pauschalreise: die im Voraus festgelegte Verbindung von mindestens zwei der folgenden Dienstleistungen, die zu einem Gesamtpreis verkauft oder zum Verkauf angeboten wird, wenn diese Leistung länger als 24 Stunden dauert oder eine Übernachtung einschließt:
… touristische Dienstleistungen, die nicht Nebenleistungen von Beförderung oder Unterbringung sind und einen beträchtlichen Teil der Gesamtleistung ausmachen.
10. Auch bei getrennter Berechnung einzelner Leistungen, die im Rahmen ein und derselben Pauschalreise erbracht werden, bleibt der Veranstalter oder Vermittler den Verpflichtungen nach dieser Richtlinie unterworfen.“
Das Ausgangsverfahren und die Vorabentscheidungsfragen
11. Der Beklagte buchte bei der Klägerin zum Preis von 1 692 928 PTE eine zweiwöchige Flugreise einschließlich Unterkunft und Vollpension in dem Feriendorf Gregolimano (Griechenland).
12. Für diese Reise erwarb die Klägerin beim Reisebüro Club Med Viagens Lda (im Folgenden: Club Med) die Unterkunft des Beklagten. Der Club Med kümmerte sich somit um die erforderlichen Buchungen beim Feriendorf Gregolimano für Unterkunft, Mahlzeiten und Transfers, arbeitete das Programm für den Aufenthalt aus, veröffentlichte es und setzte den Pauschalpreis dafür fest.
13. Sogleich bei ihrer Ankunft in diesem Feriendorf konnten der Beklagte und seine Familie feststellen, dass dieses von Tausenden von Wespen übersät war. Dies hinderte sie während der gesamten Dauer des Aufenthalts daran, ihre Ferien in vollem Umfang zu genießen. Außerdem konnte dem von dem Beklagten sofort geäußerten Verlangen, ihn und seine Familie in einem anderen Dorf unterzubringen, von der Klägerin nicht entsprochen werden, da der Club Med, mit dem diese sich in Verbindung gesetzt hatte, erklärte, er sei nicht in der Lage, schnell eine geeignete Alternative anzubieten.
14. Aus diesem Grund weigerte sich der Beklagte bei seiner Rückkehr, den mit der Klägerin vereinbarten Reisepreis zu zahlen. Diese erhob daraufhin Klage beim Tribunal Judicial da Comarca do Porto und beantragte, den Beklagten zur Zahlung dieses Preises zu verurteilen.
15. Vor diesem Gericht hat die Klägerin insbesondere die Anwendbarkeit der Richtlinie auf den vorliegenden Fall bestritten und geltend gemacht, die verkaufte Reise falle nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie.
16. In der Erwägung, dass die Richtlinie den Verbraucher, der touristische Dienstleistungen in Anspruch nimmt, dadurch schützen soll, dass die Reiseveranstalter und die Reisebüros für die Schäden verantwortlich gemacht werden, die auf eine mangelhafte Erfüllung eines Vertrages zurückzuführen sind, und dass das innerstaatliche Recht im Einklang mit der Richtlinie auszulegen und anzuwenden ist, hat das Tribunal Judicial da Comarca do Porto dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
17. Sind Reisen, die auf Wunsch und Anregung eines Verbrauchers oder einer beschränkten Verbrauchergruppe gemäß dessen bzw. deren Vorgaben organisiert werden, die Beförderung und Unterkunft in einer Ferienanlage zu einem Gesamtpreis umfassen und länger dauern als 24 Stunden oder eine Übernachtung einschließen, als „Pauschalreise“ im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 der Gemeinschaftsrichtlinie über Pauschalreisen anzusehen?
18. Ist der Ausdruck „im Voraus festgelegte Verbindung“ in dieser Bestimmung so auszulegen, dass er sich auf den Zeitpunkt bezieht, zu dem der Vertrag zwischen dem Reisebüro und dem Kunden geschlossen wird?
19. Die erste Frage des vorlegenden Gerichts geht im Wesentlichen dahin, ob der Begriff „Pauschalreise“ in Artikel 2 Nummer 1 der Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er Reisen einschließt, die von einem Reisebüro auf Wunsch und gemäß den Vorgaben eines Verbrauchers oder einer beschränkten Verbrauchergruppe organisiert werden.
20. Wie die Regierungen, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, und die Kommission vorgeschlagen haben, ist diese Frage zu bejahen.
21. Die Richtlinie, die insbesondere Verbraucher schützen soll, die „Pauschalreisen“ kaufen, gibt nämlich eine Definition dieses Begriffes, wonach es für die Qualifizierung einer Leistung als „Pauschalreise“ genügt, dass die Verbindung von touristischen Dienstleistungen, die ein Reisebüro für einen Gesamtpreis verkauft, zwei der drei in dieser Vorschrift genannten Dienstleistungen umfasst (nämlich die Beförderung, Unterbringung und andere touristische Dienstleistungen, die nicht Nebenleistungen von Beförderung oder Unterbringung sind und einen beträchtlichen Teil der Gesamtleistung ausmachen) und dass diese Leistung länger als 24 Stunden dauert oder eine Übernachtung einschließt.
22. Diese Definition enthält nichts, was implizieren würde, dass Reisen, die auf Wunsch und nach den Vorgaben eines Verbrauchers oder einer beschränkten Verbrauchergruppe organisiert werden, nicht als „Pauschalreisen“ im Sinne der Richtlinie angesehen werden können.
23. Diese Auslegung wird durch Buchstabe j des Anhangs der Richtlinie bekräftigt; danach gehören zu den erforderlichen Angaben in einem durch die Richtlinie erfassten Vertrag alle „Sonderwünsche, die der Verbraucher dem Veranstalter oder dem Vermittler bei der Buchung mitgeteilt hat und die beide Parteien akzeptiert haben“.
24. Unter diesen Voraussetzungen ist auf die erste Frage zu antworten, dass der Begriff „Pauschalreise“ in Artikel 2 Nummer 1 der Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er Reisen einschließt, die von einem Reisebüro auf Wunsch und nach den Vorgaben eines Verbrauchers oder einer beschränkten Verbrauchergruppe organisiert werden.
26. Die zweite Vorabentscheidungsfrage des vorlegenden Gerichts geht im Wesentlichen dahin, ob der in Artikel 2 Nummer 1 der Richtlinie verwendete Begriff „im Voraus festgelegte Verbindung“ dahin auszulegen ist, dass er Verbindungen von touristischen Dienstleistungen einschließt, die in dem Zeitpunkt vorgenommen werden, zu dem der Vertrag zwischen dem Reisebüro und dem Verbraucher geschlossen wird.
27. In Anbetracht der Antwort, die die Regierungen, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, und die Kommission für die erste Frage nahe legen, schlagen sie vor, die zweite Frage zu bejahen.
28. Da in Randnummer 16 dieses Urteils entschieden worden ist, dass der Begriff „Pauschalreise“ in Artikel 2 Nummer 1 der Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er gemäß den Vorgaben des Verbrauchers organisierte Reisen einschließt, erfasst der Begriff „im Voraus festgelegte Verbindung“, der einen der Bestandteile der Definition der „Pauschalreise“ darstellt, notwendigerweise die Fälle, in denen die Verbindung von touristischen Dienstleistungen auf Wünschen beruht, die dieser Verbraucher bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Parteien zu einer Vereinbarung gelangen und den Vertrag schließen, geäußert hat.
29. Auf die zweite Frage ist daher zu antworten, dass der in Artikel 2 Nummer 1 der Richtlinie verwendete Begriff „im Voraus festgelegte Verbindung“ dahin auszulegen ist, dass er Verbindungen von touristischen Dienstleistungen einschließt, die in dem Zeitpunkt vorgenommen werden, in dem der Vertrag zwischen dem Reisebüro und dem Verbraucher geschlossen wird.
Kosten
30. Die Auslagen der portugiesischen, der belgischen, der spanischen, der französischen und der österreichischen Regierung sowie der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
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