Bindungswirkung der Reiseanmeldung

AG Bad Homburg: Bindungswirkung der Reiseanmeldung

Ein Reisender verklagt seinen Reiseveranstalter auf Erstattung des Reisepreises, weil der Hinflug vor Antritt mehrmals verschoben wurde. Im Anschluss an die Erstattung fordert der Kläger zudem Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude. Der Beklagte weigert sich der Zahlung, da der Anspruch verfristet sei.

Das Amtsgericht Bad Homburg hat dem Kläger Recht zugesprochen. Durch die Wahrung der Frist des Erstattungsanspruchs, sei auch eine darauf aufbauende Forderung auf Schadensersatz nicht ausgeschlossen.

AG Bad Homburg 2 C 950/12 (Aktenzeichen)
AG Bad Homburg: AG Bad Homburg, Urt. vom 28.06.2012
Rechtsweg: AG Bad Homburg, Urt. v. 28.06.2012, Az: 2 C 950/12
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Hessen-Gerichtsurteile

Amtsgericht Bad Homburg

1. Urteil vom 28. Juni 2012

Aktenzeichen: 2 C 950/12

Leitsatz:

2. Anspruchsanmeldung bei Reisegewährleistung umfasst auch andersartige Folgeansprüche.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger buchte bei dem beklagten Reiseveranstalter eine Pauschalreise. Weil sein Flug jedoch mehrmals verschoben wurde, verzichtete er auf den Reiseantritt und verlangte stattdessen eine Erstattung der Kosten. Nachdem der Reiseveranstalter ihm den Preis zurückzahlte, forderte der Kläger zudem eine Schadensersatzzahlung wegen entgangener Urlaubsfreude.
Der Beklagte weigert sich der Zahlung. Er ist der Ansicht, der Anspruch auf Schadensersatz sei verfristet und könne nicht durch den bereits geltend gemachten Anspruch auf Erstattung durchgesetzt werden.

Das Amtsgericht Bad Homburg hat dem Kläger Recht zugesprochen. Der Reiseteilnehmer muss sich bei Anmeldung seiner Gewährleistungsansprüche nach Kündigung des Reisevertrages nicht auf bestimmte Ansprüche festlegen.
Hat er im Anspruchsschreiben die Mängel angezeigt und die Rückerstattung des Reisepreises verlangt, so reicht diese Anspruchsanmeldung auch für weitere Ansprüche aus.

Der Reiseteilnehmer ist daher auch nach Ablauf der Frist des § 651g Abs. 1 BGB nicht gehindert, auch weitere Ansprüche, insbesondere Schadensersatzansprüche wegen entgangener Urlaubsfreude geltend zu machen.
Da er seinen Urlaub, im Vertrauen auf die Durchführung der Reise, verplant hatte, sei der entsprechende Schadensersatzanspruch zudem zu bejahen.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 578,– € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 08.12.2011 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

5. Auf die Darstellung des Tatbestandes wird verzichtet, da das Urteil nicht rechtsmittelfähig ist (§ 313 a ZPO).

Entscheidungsgründe

6. Die Klage ist begründet.

7. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude (§ 651 f Abs. 2 BGB).

8. Der Kläger hatte eine einwöchige Urlaubsreise bei der Beklagten gebucht. Der Hinflug verschob sich zunächst um 30 Stunden. Der angekündigte Ersatztermin konnte nicht durchgeführt werden und ein neuer Termin wurde nicht genannt. Mit Blick auf die gebuchte Kurzreise war dem Kläger ein weiteres Zuwarten nicht zumutbar. Es lag eine erhebliche Änderung der Reiseleistung vor. Gleichfalls lag ein erheblicher Mangel vor, der zur Kündigung berechtigte (§ 651 e BGB).

9. Den Reisepreis hat die Beklagte bereits zurückerstattet. Der Kläger hat zudem einen Anspruch auf Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude. Die gebuchte Reise fand nicht statt, der Kläger musste die vorgesehene Urlaubszeit zuhause verbringen. Mit der Rechtsprechung des BGH (RRa 2005, 57) ist die Festsetzung des Schadenersatzanspruchs auf die Hälfte des Reisepreises nicht zu beanstanden.

10. Die Beklagte kann nicht damit gehört werden, dass der Kläger den Anspruch nicht rechtzeitig angemeldet habe (§ 651 g Abs. 1 BGB). Unstreitig hat der Kläger mit E-Mail vom 20.06.2011 der Beklagten den Mangel mitgeteilt und die Rückerstattung des Reisepreises gefordert. Dies reicht als Anspruchsanmeldung auch für weitere Ansprüche aus. Der Reisende muss sich in seiner Anmeldung nicht auf bestimmte Ansprüche festlegen (vgl. Führich Reiserecht, Seite 372 ff). Eine Bezifferung hat keine Bindungswirkung für einen späteren Prozess, insbesondere sind Schadenersatzansprüche nicht ausgeschlossen.

11. Eine vertragliche Vereinbarung zur Abgeltung der Ansprüche des Klägers hat die Beklagte weder vorgelegt noch hinreichend konkretisiert. Zu einer telefonischen Vereinbarung fehlt es an näheren Angaben. Ein Schreiben vom 27.06.2011 liegt nicht vor.

12.Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280, 286 BGB.

13. Als unterlegene Partei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 ZPO).

14. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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