Wirksamkeit einer Verjährungsklausel

LG Frankfurt: Wirksamkeit einer Verjährungsklausel

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Reiseveranstalters enthielten eine Klausel, die alle vertraglichen Ansprüche Reisenden einem Jahr nach der Reise verjähren lassen sollte. Das Landgericht Frankfurt am Main entschied, dass die Klausel unwirksam war, da die Verschuldenshaftung für Gesundheitsschäden nicht ausgeschlossen werden darf.

LG Frankfurt 2-24 S 84/08 (Aktenzeichen)
LG Frankfurt: LG Frankfurt, Urt. vom 29.01.2009
Rechtsweg: LG Frankfurt, Urt. v. 29.01.2009, Az: 2-24 S 84/08
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Landgericht Frankfurt

1. Urteil vom 29. Januar 2009

Aktenzeichen 2-24 S 84/08

Leitsätze:

2. Eine Klausel des Reiseveranstalters, die die vertraglichen Ansprüche des Reisenden ohne Ausnahme in einem Jahr verjähren lässt, sind aufgrund eines Verstoßes gegen die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 a und Nr. 7 b BGB unwirksam und dürfen somit nicht in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgenommen werden.

Damit der Inhalt der Klausel zulässig ist, müsste die Klausel, die in § 309 Nr. 7 a und Nr. 7 b BGB genannten Schadensersatzansprüche beinhalten.

Zusammenfassung:

3. Die zwei Kläger hatten mit dem Beklagten einen Reisevertrag nach § 651 BGB geschlossen und wollten aufgrund von Reisemängeln Ersatzansprüche geltend machen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Reisevertrags sahen jedoch vor, dass alle Ansprüche der Reisenden ohne Ausnahme in einem Jahr verjähren.

Das Landgericht Frankfurt urteilte, dass die Verschuldenshaftung für Körper- und Gesundheitsschäden nicht, für sonstige Schäden nur für den Fall einfacher Fahrlässigkeit ausgeschlossen oder begrenzt werden können. Die Klausel aus den Allgemeinen Geschäftsbestimmungen war somit nach § 309 Ziff. 7 a und 7 b BGB unwirksam.

Die Kläger hatten somit jeweils einen Anspruch gegen den Beklagten auf  Zahlung von 159,12 €. Der Betrag wurde aus den verschiedenen Mängeln des gebuchten Hotels ermittelt.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an jeden der Kläger jeweils 159,12 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.01.2007 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz haben zu tragen die Beklagte 41 % und die Kläger 59 %.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

5. Von der Darstellung des Sachverhaltes wird gem. §§ 313 a, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

6. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

7. Sie hat in der Sache nur in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe Erfolg.

8. Den Klägern steht gegen die Beklagte jeweils ein Anspruch auf Minderung des Reisepreises gem. §§ 651 d Abs. 1, c Abs. 1 BGB in Höhe von 159,12 Euro zu.

9. Das Amtsgericht hat die auf Minderung des Reisepreises von jeweils 864,00 Euro um 45%, das heißt auf Zahlung von jeweils 388,80 Euro gerichtete Klage beider Kläger abgewiesen mit der Begründung, reisevertragliche Ansprüche seien jedenfalls verjährt.

10. Die Berufung rügt zu Recht, dass die geltend gemachten Minderungsansprüche nicht verjährt seien.

11. Ob die Reise- und Zahlungsbedingungen der Beklagten im vorliegenden Fall wirksam gem. § 305 Abs. 2 BGB in den Reisevertrag einbezogen worden sind, kann dahinstehen.

12. Denn die Klausel Ziff. 10.7. der Reise- und Zahlungsbedingungen, die eine Verkürzung vertraglicher Ansprüche des Reisenden auf 1 Jahr vorsieht, ist wegen Verstoßes gegen die Klauselverbote des § 309 Ziff. 7 a und 7 b BGB unwirksam:

13. Nach diesen Bestimmungen kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Verschuldenshaftung für Körper- und Gesundheitsschäden nicht, für sonstige Schäden nur für den Fall einfacher Fahrlässigkeit ausgeschlossen oder begrenzt werden. Eine Begrenzung der Haftung im Sinne des § 309 Ziff. 7 a und 7 b BGB ist auch die zeitliche Begrenzung der Durchsetzbarkeit entsprechender Schadensersatzansprüche durch Abkürzung der gesetzlichen Verjährungsfristen (BGH, NJW 2007, 674 (675 f.).

14. Hiergegen verstößt die o. g. Klausel der Beklagten, der zufolge „vertragliche Ansprüche des Reisenden“ – ohne Ausnahme – in einem Jahr verjähren. Denn sie erfasst auch vertragliche Schadensersatzansprüche des Reisenden gem. § 651 f Abs. 1 BGB, die auf Ersatz eines Köper- oder Gesundheitsschadens wegen eines vom Reiseveranstalter zu vertretenden Mangels gerichtet oder auf grobes Verschulden des Reiseveranstalters oder seiner Erfüllungsgehilfen gestützt sind.

15. Die verbotswidrige Begrenzung der Haftung für die in § 309 Ziff. 7 a und 7 b BGB aufgeführten Fälle hat zur Folge, dass die Klausel 10.7. generell unwirksam ist. Verstößt eine Formularbestimmung gegen ein Klauselverbot, so kann sie nur unter der Voraussetzung teilweise aufrechterhalten bleiben, dass sie sich nach ihrem Wortlaut aus sich heraus verständlich und sinnvoll in einen inhaltlich zulässigen und einen unzulässigen Regelungsteil trennen lässt (BGH, a. a. O., (675)).

16. Daran fehlt es hier. Die Klausel enthält eine Regelung, mit der für sämtliche vertraglichen Ansprüche des Reisenden (nur nicht für Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung wegen Körperverletzung oder Tötung) die Verjährung auf 1 Jahr abgekürzt wird. Um zu einem inhaltlich zulässigen Klauselinhalt zu gelangen, müsste die Klausel um eine Ausnahmeregelung für die Verjährung der in § 309 Nr. 7 Buchst. a und b aufgeführten Schadensersatzansprüche ergänzt werden. Die Klausel enthält indessen nur eine Ausnahmeregelung für deliktische Schadensersatzansprüche, aber nicht für vertragliche Schadensersatzansprüche wegen Körperverletzung gem. § 651 f Abs. 1 BGB und für Schadensersatzansprüche gem. § 651 f Abs. 1 BGB wegen sonstiger Schäden, die auf grobes Verschulden des Reiseveranstalters oder seiner Erfüllungsgehilfen gestützt sind.

17. Wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion durch inhaltliche Veränderung einer unzulässigen Klausel kann die Klausel auch nicht in einem einschränkenden Sinne dahin ausgelegt werden, dass die in § 309 Ziff. 7 a und 7 b BGB aufgeführten Ansprüche von der Abkürzung der Verjährung unberührt bleiben sollten (vgl. BGH, a. a. O.).

18. Aufgrund der Unwirksamkeit der Klausel konnte die gesetzlich vorgesehene Verjährungsfrist von 2 Jahren (§ 651 g Abs. 2 BGB) nicht wirksam auf 1 Jahr abgekürzt werden (vgl. Urteil der Kammer vom 26.06.08, Az.: 2-​24 S 173/07).

19. Da die Reise am 16.09.06 endete, ist die Verjährung durch die am 31.12.07 erhobene Klage noch innerhalb der zweijährigen Verjährungsfrist des § 651 g Abs. 2 BGB gehemmt worden.

20. Im Übrigen hat das Amtsgericht zu Unrecht einen weiteren Hemmungszeitraum in der Zeit vom 15.01. bis 15.04.07 nicht berücksichtigt, so dass die Ansprüche der Kläger auch bei Zugrundelegung einer auf ein Jahr abgekürzten Verjährungsfrist nicht verjährt sind.

21. Denn die Beklagte hat sich aufgrund des Schreibens des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 09.01.07, bei ihr eingegangen am 15.01.07, zu weiteren Verhandlungen bereit erklärt, die erst mit dem Schreiben vom 15.04.07 abgeschlossen worden sind.

22. Die Kläger können eine Minderung des Reisepreises jedoch nur für folgende Mängel geltend machen:

23. Dass es das im Prospekt zugesagte Cafe nicht gegeben hat, begründet eine Minderung von 3 %; das ergibt pro Person eine Minderung von 25,92 Euro.

24. Da ein Speisesaal vorhanden war, gab es auch das zugesagte Restaurant. Bei allein buchbarer All Inclusive-​Verpflegung konnte der Kläger nicht erwarten, dass das zugesagte Restaurant etwas anderes als der Speisesaal sein würde, in dem die zugesagte Verpflegung einzunehmen ist.

25. Für den Umstand, dass es keine Animation gegeben hat, obwohl diese im Prospekt ausdrücklich für die Zeit bis zum 24.09. zugesagt worden ist, ist eine Minderung in Höhe von 5 % angemessen, aber auch ausreichend, pro Person somit in Höhe von 43,20 Euro.

26. Dass es kein Mittagsbuffet gegeben hat, sondern lediglich die Möglichkeit, sich selber Lunchpakete zu bereiten, ist als Mangel zu werten, da es laut Prospektbeschreibung mittags ein Sandwichbuffet mit Suppen und Früchten der Saison geben sollte. Hierfür erscheint eine Minderung von 5 % angemessen, pro Person somit von 43,20 Euro.

27. Die Kläger können ferner wegen des Umstands, dass der Lift an einem Tag defekt gewesen ist, eine Minderung des Reisepreises verlangen:

28. Zwar haben die Kläger vorgetragen, dass der Lift (während der gesamten Reisezeit) defekt gewesen sei. Aus dem Anspruchsanmeldeschreiben vom 01.10.06 (Bl. 12 d. A.) ergibt sich indessen, dass dies nur am Ankunftstag der Fall gewesen ist. Dort heißt es nämlich: „Der Lift war an unserem Ankunftstag – unserer Zimmer befanden sich in der 1. Etage – defekt.“

29.Da die Kläger somit nur einen Defekt des Liftes an einem Tag angemeldet haben, kann auch nur dieser Umstand gem. § 651 g Abs. 1 BGB berücksichtigt werden.

30. Im Übrigen ist ihr Vortrag, dem sich eine Einschränkung auf einen Tag nicht entnehmen lässt, durch das selbst vorgelegte Anspruchsanmeldeschreiben hinsichtlich der Dauer des Defektes während der gesamten Urlaubszeit nicht mehr ausreichend substantiiert.

31. Für den Umstand, dass der Lift lediglich an einem Tag defekt gewesen ist, ist eine Minderung von 5 % des auf einen Tag entfallenden anteiligen Reisepreises (pro Person 5 % von 72,00 Euro = 3,60 Euro) angemessen.

32. Der Vortrag der Kläger bezüglich des mangelhaften Zustands des Zimmer ist insoweit substantiiert, als sie vorgetragen haben, der ehemals rote Teppichboden in dem von ihnen bewohnten Zimmer sei abgenutzt, verblichen und verstaubt gewesen, und habe diverse, teilweise handtellergroße Löcher aufgewiesen; an den Übergängen des Zimmers sei er überhaupt nicht mehr vorhanden gewesen. Substantiiert ist weiterhin der klägerische Vortrag, die Matratzen in dem von ihnen bewohnten Zimmer hätten braune, undefinierbare Flecken und Löcher wie von Mäusefraß aufgewiesen.

33. Den Klägern ist auch der Beweis für diese, von der Beklagten bestrittenen Behauptungen gelungen:

34. Die Zeugen …, … und … haben sämtlich den vom Kläger beschriebenen Zustand des Teppichbodens und der Matratzen bestätigt, wobei sie selbst in dem Zimmer der Kläger gewesen seien und die Matratzen auch ohne Bettbezug gesehen hätten.

35. Diese Mängel des Zimmers rechtfertigten eine Minderung von 5 %, pro Person somit in Höhe von 43,20 Euro.

36. Die darüber hinaus geltend gemachten Unterkunfts- und sonstigen Mängel vermögen hingegen keine Minderung zu begründen:

37. Dass die Zimmer in „katastrophalem Zustand“ gewesen sein sollen, ist eine subjektive Einschätzung, die mangels objektiven Inhalts nicht überprüfbar ist.

38. Da Gardinen im Regelfall herunterhängen, ist nicht ersichtlich, inwiefern dies einen Mangel begründen soll.

39. Inwiefern die Tagesdecke auf den Betten „schmierig“ gewesen sein soll, ist nicht näher dargelegt worden. Das Gleiche gilt für den Vortrag zu den fleckigen und verschmutzten Fliesen im Badezimmer, da hier jegliche nähere Beschreibung auch in Form von Fotos fehlt.

40. Inwiefern die Kleiderschränke zu klein gewesen sein sollen, wird nicht näher vorgetragen. Dass die Kleiderschränke Haken anstatt einer Stange zum Aufhängen der Bügel aufgewiesen haben, ist bei der gebuchten mittleren Kategorie noch als Unannehmlichkeit zu werten.

41. Inwiefern das Balkongeländer „baufällig“ gewesen sein soll, wird ebenfalls nicht näher ausgeführt.

42. Dass der Balkon voller Zigarettenkippen und Brotkippen gewesen ist, ist in dem Anspruchsanmeldeschreiben vom 01.10.06 nicht erwähnt, so dass die Kläger mit der Geltendmachung dieses Mangels gem. § 651 g Abs. 1 BGB ausgeschlossen sind.

43. Inwiefern (sonstige) Schäden am Zimmer und der Einrichtung vorgelegen haben sollen, das Mobiliar zu gering, der Service wie schlechte Reinigung und ungenügender Wäschewechsel unzureichend gewesen sein soll, ist ebenfalls nicht näher dargelegt.

44. Soweit die Kläger rügen, es habe sich lediglich um ein 2-​Sterne-​Hotel gehandelt, vermag dies keinen Mangel zu begründen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Beklagte in der Prospektbeschreibung als „landeseigene Kategorie“ drei Sterne angegeben hätte.

45. In der Prospektbeschreibung findet sich jedoch eine solche Angabe nicht.

46. Soweit die Kläger darauf abstellen möchten, dass die Beklagte das Hotel mit NNN bewertet hat, verkennen sie, dass es sich insoweit im Unterschied zu der Angabe der landeseigenen Kategorie lediglich um eine hauseigene Bewertung der Beklagten handelt, die mit ersterer nicht übereinzustimmen braucht.

47. Allein der Vortrag, dass das Hotel nur noch 2 Sterne aufgewiesen hat, vermag einen minderungsrelevanten Umstand somit nicht zu begründen.

48. Inwieweit der Umstand, dass die Hotelleitung nicht zu ermitteln gewesen sei, die Kläger beeinträchtigt haben soll, ist nicht ersichtlich. Denn es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund dies für die Kläger hätte wichtig sein sollen, da ihr Vertragspartner und Rügeadressat gerade nicht die Hotelleitung, sondern die Beklagte bzw. ihre Reiseleitung gewesen ist. Aus der fehlenden Ermittelbarkeit der Hotelleitung lässt sich auch nicht folgern, dass das Hotel entgegen der Prospektbeschreibung nicht gut geführt worden sei.

49. Dass auf die Anzeige der Mängel bei der von der Beklagten genannten Agentur keine Reaktion erfolgt ist, hat nur zur Folge, dass die Kläger an der Geltendmachung von Minderungsansprüchen nicht gem. § 651 d Abs. 2 BGB gehindert sind, vermag aber keine eigenständige Beeinträchtigung zu begründen.

50. Dass funktionsfähige Sonnenschirme und -liegen „nahezu“ vollständig gefehlt haben sollen, lässt offen, inwiefern das die Kläger beeinträchtigt haben soll. Jedenfalls scheint es zumindest einige wenige Sonnenschirme und -liegen gegeben haben. Im Übrigen lässt sich dem klägerischen Vortrag nicht entnehmen, inwiefern die Liegen und Schirme auf der Terrasse wegen Rissen und Defekten nicht nutzbar gewesen sein sollen. Auch mangels Vorlage entsprechender Fotos ist der diesbezügliche Vortrag zu unsubstantiiert.

51. Da der unbenutzbare Tennis-​Hartplatz in dem Anspruchsanmeldeschreiben nicht erwähnt worden ist, vermögen die Kläger hierauf keine Minderungsansprüche zu stützen, § 651 g Abs. 1 BGB.

52. Die geltend gemachten Anwaltskosten können die Kläger nicht gem. § 651 f Abs. 1 BGB verlangen, da ihr Anwalt gehalten gewesen wäre, sich einen unbedingten Klageauftrag erteilen zu lassen:

53. Selbst wenn ihr Rechtsanwalt zunächst nur mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche beauftragt worden und der Prozessauftrag nur bedingt erteilt worden wäre, könnten die Kläger hier keinen Ersatzanspruch geltend machen, da in diesem Fall auch ihrem Prozessbevollmächtigten kein entsprechender Anspruch gegen sie zustünde.

54. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Pflicht zur interessengemäßen Beratung eines Mandanten bei der Auftragserteilung dem Anwalt gebietet, sich grundsätzlich nur dann einen bedingten Klageauftrag erteilen zu lassen, wenn er unter Würdigung aller Umstände Grund zu der Annahme hat, das eine Klageerhebung nicht erforderlich sein werde, was eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls erfordert. Es muss zu erwarten sein, dass der Versuch einer außergerichtlichen Regulierung mit Hilfe eines Anwalts Aussicht auf Erfolg bietet. Gegebenenfalls ist es erforderlich, die (eingeschränkten) Erfolgsaussichten des Versuchs einer außergerichtlichen Streitbeilegung mit dem Mandanten unter Hinweis auf die möglicherweise anfallenden zusätzlichen Kosten zu erörtern (OLG Hamm, Beschluss vom 31.10.2005, Az.: 24 W 23/05, juris Rn. 38).

55. Hat sich ein Rechtsanwalt unter Verstoß gegen diese Grundsätze einen bedingten statt einem unbedingten Klageauftrag erteilen lassen, kann er von seinem Mandanten die hierdurch entstanden Kosten nicht ersetzt verlangen.

56. Diese Auffassung steht im Einklang mit der sehr umfangreichen Rechtsprechung bezüglich der Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten (vgl. dazu Palandt/Heinrichs, § 286 BGB, Rdnr. 49 mit umfangreichen Nachw.). Die ganz h. M. in der Rechtsprechung (vgl. die Nachw. bei Palandt/Heinrichs a. a. O.) verneint eine Erstattungsfähigkeit der Inkassokosten grundsätzlich dann, wenn der Schuldner erkennbar zahlungsunwillig ist und daher voraussehbar ist, dass später ohnehin ein Rechtsanwalt mit einer Klageerhebung beauftragt werden muss, bei dem ein Mahnschreiben etc. der Vorbereitung des Rechtsstreits gem. § 19 Abs. 1 Ziff. 1 RVG dient und keine zusätzlichen Kosten verursacht. Insoweit wird die Erstattungsfähigkeit der Inkassokosten unter Berücksichtigung der Obersätze des RVG nur dann bejaht, wenn der Gläubiger aus besonderen Gründen darauf vertrauen durfte, dass der Schuldner ohne gerichtliche Hilfe leisten wird, weil sein Verhalten in diesem Fall demjenigen eines wirtschaftlich vernünftig denkenden Geschädigten entspricht, der sich selbst vor Schaden bewahren will. Es ist nicht ersichtlich, dass durch die Neuregelung der VV 2400 eine Änderung dieser Rechtsprechung bezweckt und die Beauftragung von Inkassounternehmen zum Nachteil der Anwaltschaft wirtschaftlich erleichtert werden sollte (OLG Hamm, a. a. O., Rn. 40)

57. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wäre der Prozessbevollmächtigte der Kläger gehalten gewesen, sich einen unbedingten Klageauftrag erteilen zu lassen, nachdem die Beklagte nach mehrfachen Schreiben auch des Reisebüros schließlich einen Reisegutschein über 350,00 Euro übersandt und mit Schreiben vom 04.09.06 (Bl. 19 d. A.) eine andere Entscheidung als nicht möglich bezeichnet hatte.

58. Für eine weitergehende Bereitschaft der Beklagten, sich über diesen Betrag hinaus vergleichsweise vorgerichtlich zu einigen, bestanden zum Zeitpunkt der Beauftragung des Prozessbevollmächtigten der Kläger keinerlei Anhaltspunkte.

59. Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB.

60. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

61. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.

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