Teilweise Rückzahlung des Reisepreises für eine Kreuzfahrt

AG Bonn: Teilweise Rückzahlung des Reisepreises für eine Kreuzfahrt

Der Kläger hatte für sich und seine Ehefrau bei der Beklagten eine Kreuzfahrt gebucht. Wie sich erst auf der Kreuzfahrt offenbarte, fanden während der Kreuzfahrt Dreharbeiten der Serie „Das Traumschiff“ an Bord statt. Dies versteht der Kläger als Mangel und fordert eine Minderung des Reisepreises.

Das Gericht hat ihm teilweise Recht gegeben. Durch die Dreharbeiten und die damit einhergehenden Geräusche und Absperrung wich die Ist- von der Soll-Beschaffenheit ab. Dafür wurde dem Kläger eine Minderung um 20 % anteilig für die Seetage, an denen er sich auch an Bord befand, zugesprochen.

AG Bonn 101 C 423/15 (Aktenzeichen)
AG Bonn: AG Bonn, Urt. vom 30.12.2015
Rechtsweg: AG Bonn, Urt. v. 30.12.2015, Az: 101 C 423/15
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Amtsgericht Bonn

1. Urteil vom 30. Dezember 2015

Aktenzeichen 101 C 423/15

Leitsatz:

2. Umfangreiche Dreharbeiten auf einem Kreuzfahrtschiff können einen Mangel darstellen.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte für sich und seine Ehefrau bei der Beklagten eine Kreuzfahrt auf dem Pazifik gebucht. Wie sich den Reisenden erst auf der Kreuzfahrt offenbarte, fanden während der Kreuzfahrt Dreharbeiten der Serie „Das Traumschiff“ an Bord statt. Es fanden 19 Drehtage statt, wobei der Kläger an sieben dieser Tage auf Tagesausflügen war. Für die Dreharbeiten wurden Teile des Schiffes abgesperrt und es gab durch die Dreharbeiten verursachte Geräuschbeeinträchtigungen. Hierin sieht der Kläger einen Mangel und fordert eine Minderung des Reisepreises um 40 % für die Drehtage, insgesamt 2.045,52 EUR.

Das Gericht hat ihm teilweise Recht gegeben. Durch die Dreharbeiten und die damit einhergehenden Geräusche und Absperrung wich die Ist- von der Soll-Beschaffenheit ab. Dem Kläger standen nicht alle Möglichkeiten des Kreuzfahrtschiffes offen, die von der Beklagten beworben worden waren. Eines konkreten Nachweises, welche Möglichkeiten ihm wann versperrt waren, müsse der Kläger hier nicht bringen. Schon die Einschränkung des Angebotes sei ausreichend. Daher wurde dem Kläger eine Minderung um 20 % anteilig für die See- und Drehtage, an denen er sich auch an Bord befand, zugesprochen, insgesamt 1.022,76 EUR.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag i.H.v. 1.022,76 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 3.6.2015 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Dem Kläger bleibt nachgelassen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

5. Die Parteien streiten über die teilweise Rückzahlung des Reisepreises für eine von der Beklagten veranstaltete Kreuzfahrt, an der der Kläger und seine Ehefrau, die Zeugin M T, teilnahmen.

6. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Reiseveranstalterin, die ihren Sitz im Bezirk des Amtsgerichts Bonn hat und die unter anderem auch Kreuzfahrten anbietet. Der Kläger buchte über ein Reisebüro in Berlin bei der Beklagten für sich und seine Ehefrau bereits im Juni 2013 eine Reise auf dem Pazifik mit dem Kreuzfahrtschiff MS B vom 1.2.2015 bis zum 26.2.2015. Von dem ursprünglichen Reisepreis i.H.v. 11.398 EUR zahlte der Kläger abzüglich eines Frühbucherrabattes 11.080 EUR, wobei der Reisepreis sich aufgrund einer Gutschrift aus einem vorherigen Reisevertrag um weitere 800 EUR reduzierte. Grundlage der Buchung war dabei eine Reiseausschreibung im Prospekt der Beklagten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Buchung sowie der Ausschreibung der streitgegenständlichen Reise wird auf die Buchungsbestätigung/Rechnung sowie die Reiseausschreibung Bezug genommen (vgl. Anl. K1, Anl. K2 sowie den zur Akte gereichten Prospekt der Beklagten „Seereisen 2014“, Bl. 9 ff. d. A.).

7. Aufgrund einer Flugverspätung begann die Kreuzfahrt entgegen der ursprünglichen Ausschreibung und Buchung erst am 2.2.2015 und umfasste 26 Tage.

8. Der Kläger und seine Frau bewohnten eine Kabine auf dem Promenadendeck, Deck 7. Das Schiff MS B verfügt über acht grundsätzlich von Gästen nutzbare Decks sowie einer Bruttoraumzahl pro Person von 48,33 bei voller Auslastung mit maximal 600 Passagieren. Wegen der weiteren Einzelheiten der Schiffsgröße und Aufteilung der Decks wird auf die entsprechende Auflistung aus dem Schriftsatz der Beklagten vom 15.12.2015 (vgl. Bl. 51 ff. d. A.) verwiesen.

9. Ohne dass die Reisenden hierüber vor Reisebeginn informiert worden wären, bestieg am 5.2.2015 in Manila ein mehr als 20 köpfiges Filmteam des ZDF bestehend aus Crewmitgliedern und Schauspielern das Schiff, um Teile einer Folge für die Serie „Das Traumschiff“ zu drehen. Ein expliziter Hinweis hierauf erfolgte erst durch ein in Manila ausgegebenes Informationsblatt. Einen Tag zuvor hatte die Beklagte mit entsprechendem Hinweis „zur Einstimmung“ eine Folge der Serie auf einem der Schiffs-TV-Kanäle gezeigt.

10. In den folgenden 19 Tagen der Reise fanden an unterschiedlichen Stellen des Schiffs Dreharbeiten oder Vorbereitungen solcher statt. Aufgrund dieser wurden immer wieder Bereiche des Schiffes für den Zutritt anderer Gäste gesperrt. Ebenso erfolgten Regieanweisungen jedenfalls teilweise über Megafone und das Verlegen von Kabeln war notwendig. Den Passagieren des Kreuzfahrtschiffs wurde angeboten, als Statisten an den Dreharbeiten mitzuwirken und den Kamerateams „über die Schultern zu schauen“. Anders als die meisten Passagiere nutzten der Kläger und seine Ehefrau dieses Angebot nicht.

11. Dreharbeiten oder Vorbereitungen solcher fanden insbesondere wie folgt statt: 7.2.2015 Vorbereitung, „Einrichtung“, Anweisungen durch Megafone; 8.2.2015 Auf-, Um- und Abbauarbeiten, Anweisungen, Sonnendeck teilweise beansprucht; 10.2.2015 Harry´s Bar und Promenadendeck teilweise gesperrt; 11.2.2015 Innen- und Außenfilmaufnahmen zu unregelmäßigen Zeiten; 12.2.2015 Kabelverlegung, Regieanweisungen, verschiedene Kabinen und Rezeptionsbereich teilweise gesperrt; 14.2.2015 unter anderem Hospital, Shuffleboard, Brückennock teilweise gesperrt; 15.2.2015 unter anderem Shuffleboard, Antennen- und Promenadendeck teilweise gesperrt; 17.2.2015 unter anderem Kino und Poolbereich zum Teil gesperrt; 21.2.2015 Vista Lounge, Tenderplattform und Kino unter anderen teilweise gesperrt; 22.2.2015 unter anderen Promenadendeck, Hospital und Bibliothek teilweise gesperrt; 23.2.2015 unter anderen Promenadendeck, Restaurant 4 Jahreszeiten und Pool teilweise gesperrt; 24.2.2015 unter anderen Rezeptionsbereich, Restaurant und Promenadendeck teilweise gesperrt.

12. Der Kläger forderte mit Anwaltsschreiben vom 23.3.2015 die Beklagte zur Rückzahlung von 20% des Gesamtreisepreises bis zum 17.4.2015 auf. Die Beklagte wies die Ansprüche des Klägers mit Schreiben vom 3.6.2015 zurück.

13. An sieben der 19 Drehtage befanden sich der Kläger und seine Ehefrau nicht an Bord, sondern bei Tagesausflügen.

14. Der Kläger behauptet, er sei durch die Dreharbeiten erheblich gestört worden. Insbesondere habe er regelmäßig den Vorhang seiner Kabine zuziehen müssen, um sich vor den Dreharbeiten zu schützen. Er habe sich täglich darum kümmern müssen, welche Bereiche für ihn zugänglich waren, was den Erholungswert und die Reisefreude gemindert habe. Auch habe er sich ständig „auf der Flucht“ vor den Dreharbeiten oder den Crewmitgliedern befunden. Aufgrund der Größe des Schiffes sei es ihm nicht möglich gewesen, diesen vollkommen auszuweichen. Der Kläger ist der Auffassung, die unangekündigten Dreharbeiten stellen eine erhebliche Leistungsänderung durch die Beklagte dar, die ihn im Vorhinein zum Rücktritt von der Reise berechtigt hätte. Da ein Rücktritt nicht mehr möglich gewesen sei nach Beginn der Reise sei der Reisepreis für ihn deutlich zu mindern. Er verlangt eine Rückzahlung des Reisepreises auf Basis einer Minderungsquote von 40 % des Tagesreisepreises an den betroffenen zwölf Seetagen, wobei er von einem Reisepreis von 11.080 EUR ausgeht.

15. Der Kläger beantragt,

16. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.045,52 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab dem 3.6.2015 zu zahlen.

17. Die Beklagte beantragt,

18. die Klage abzuweisen.

19. Sie behauptet, eine Beeinträchtigung des Klägers sei durch die Dreharbeiten nicht gegeben gewesen. Ihm habe eine solche Vielfalt an unterschiedlichen, weitläufigen Aufenthaltsmöglichkeiten an Bord zur Verfügung gestanden, dass objektiv eine Beeinträchtigung nicht erkennbar sei.

20. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass am Abend vorher sämtliche Gäste mit dem Tagesprogramm über Ort und Zeit der Dreharbeiten informiert wurden.

21. Die Klageforderung sei bereits nicht schlüssig, weil der Kläger nicht substantiiert dargelegt habe, dass er die jeweils gesperrten Teilbereiche auch habe nutzen wollen. Insbesondere auch die gesperrten Restaurant- und Barbereiche würden von Gästen lediglich zu den vorgesehenen Zeiten zum Essen oder in den Abendstunden genutzt und seien da auch nicht gesperrt worden. Der Kläger habe auch die Vorhänge seiner Kabine nicht zum Sichtschutz zuziehen müssen, weil die Fenster ohnehin verspiegelt seien. Die behaupteten Geräusche seien schiffstypisch und hinzunehmen. Kabel seien lediglich in geringem Ausmaße an den jeweiligen Drehorten verlegt worden und einfach zu übersteigen gewesen.

22. Die Beklagte ist der Auffassung, ein Reisemangel liege mit den Dreharbeiten jedenfalls nicht vor. Die Situation der gesperrten Teilbereiche sei vergleichbar mit derjenigen, wenn ein Gast einen Bereich nicht nutzen kann, weil dort eine Veranstaltung ist, an der er kein Interesse hat oder auch vergleichbar mit einem Raucherbereich für Nichtraucher.

23. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung am 18.11.2015 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

24. Die Klage ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.

I.

25. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf teilweise Rückzahlung der Reisekosten i.H.v. 1.022,76 EUR aufgrund einer 20%igen Minderung der betroffenen zwölf Seetage zu gemäß §§ 651c, 651d, 638 Abs. 3, Abs. 4 BGB zu. Dabei hat das Gericht als Basis der Minderung den Reisepreis i.H.v. 11.080 EUR zu Grunde gelegt und die Reduzierung aufgrund einer vorherigen Gutschrift i.H.v. 800 EUR unberücksichtigt gelassen, da diese wie eine Teilzahlung zu behandeln ist.

1.

26. Zwischen den Parteien ist ein Reisevertrag im Sinne des § 651a BGB zustande gekommen, indem der Kläger im Juni 2013 bei der Beklagten die streitgegenständliche Kreuzfahrt buchte. Bei der gebuchten Reise handelt es sich auch um einen Reisevertrag im Sinne des § 651a BGB, weil sie eine Gesamtheit verschiedener Einzelleistungen umfasste, insbesondere die Flüge, die Verpflegung und die Unterbringung auf dem Kreuzfahrtschiff MS B, die von der Beklagten als Gegenleistung zu der vereinbarten Vergütung erbracht werden musste.

2.

27. Die streitgegenständliche Reise wies einen erheblichen Mangel im Sinne des § 651c Abs. 1 BGB auf. Danach ist ein Reiseveranstalter verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Zweck aufheben oder mindern.

28. Ein Fehler im Sinne von § 651c Abs. 1 BGB liegt vor, wenn die Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit abweicht, die tatsächliche Beschaffenheit der Reise also von derjenigen abweicht, die die Parteien bei Vertragsschluss vereinbart haben. Dabei ist die vereinbarte Beschaffenheit insbesondere durch Art, Umfang und Erbringung der vertragsmäßig geschuldeten Leistungen gekennzeichnet, welche durch die Vereinbarungen der Parteien, die insbesondere in Reisebestätigung und Prospektangaben enthalten sind, vorgegeben sind. Eine relevante Abweichung ist vor allem dann anzunehmen, wenn die in Aussicht gestellten Leistungen ganz oder teilweise nicht oder nicht in der gebotenen Art und Weise erbracht werden.

29. Die von dem Kläger angetretene Kreuzfahrt wich in wesentlichen Punkten von dem ursprünglich zwischen den Parteien vorgesehenen Verlauf ab. Zwar haben die Parteien unstreitig bei Vertragsschluss oder vor Reisebeginn nicht über die Möglichkeit von Dreharbeiten an Bord und Beeinträchtigungen durch diese gesprochen und solche in die Vereinbarung einbezogen. Spürbare und zu bemerkende Dreharbeiten an Bord sind aber jedenfalls nicht Teil der üblichen Beschaffenheit einer Kreuzfahrt.

A.

30. Vielmehr war Teil der vereinbarten Reiseleistung die umfassende Beschreibung des Kreuzfahrtschiffes MS B, mit der Möglichkeit der Nutzung sämtlicher dort angebotener Teilbereiche im üblichen Rahmen. Dabei müssen sämtliche Gäste zwar mit der Einschränkung durch Mitpassagiere und mit schiffstypischen Unannehmlichkeiten und Geräuschen rechnen, ebenso wie mit Einschränkungen durch beschränkte Öffnungszeiten der Publikumsbereiche. Eine darüber hinausgehende Einschränkung, die nicht durch die übliche Mitnutzung des Schiffes oder durch die Notwendigkeit der Instandhaltung entstehen, müssen Gäste einer Kreuzfahrt aber nicht hinnehmen, sondern solche stellen einen Mangel der angebotenen Reise dar.

31. Dabei stellt nach Auffassung des entscheidenden Gerichts allein die eingeschränkte Möglichkeit der Nutzung durch die umfangreichen Filmdreharbeiten an den Tagen, an denen der Kläger und seine mitreisende Ehefrau an Bord waren, einen erheblichen Mangel dar. Darauf, ob der Kläger die jeweiligen Bereiche genau zu der Zeit auch nutzen wollte und konkret in der Nutzbarkeit eingeschränkt war, kann es nach hier vertretener Auffassung nicht entscheidend ankommen. Die Beklagte preist das hier relevante Kreuzfahrtschiff gerade auch aufgrund seiner vielfältigen Ausstattung mit Bars, Restaurants und Räumlichkeiten auf acht Decks als Flaggschiff an. Die Gastronomiebetriebe auf dem Schiff haben üblicherweise großzügige Öffnungszeiten, die über die typischen Essenszeiten hinausgehen, wie sich gerade auch aus den im nachgelassenen Schriftsatz von der Beklagten vorgelegten Unterlagen ergibt (vgl. Anlage zum Schriftsatz vom 15.12.2015, Bl. 68, Bl. 74 d. A.).

32. Dass die Passagiere eines Kreuzfahrtschiffes das großzügige und vielfältige Angebot eines solchen nicht parallel dauernd nutzen, bedarf keiner näheren Erläuterung. Nach Auffassung des Gerichts stellt aber allein die vereinbarte Nutzungsmöglichkeit eines großzügigen Angebotes bereits eine vereinbarte Beschaffenheit dar. In der Nutzungsmöglichkeit war der Kläger auch nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien jedenfalls eingeschränkt. An jedem der relevanten Seetage fanden auch im Publikumsbereich, der von Passagieren betretbar war und grundsätzlich hätte genutzt werden können, jedenfalls für eine gewisse Zeit Dreharbeiten statt. Hierfür wurden die genutzten Bereiche jeweils für den Zutritt anderer Passagiere, zum Teil sogar für Stunden, gesperrt und/oder es waren Kabel verlegt, die umgangen/überstiegen werden mussten.

B.

33. Dass es für den Kläger und andere Passagiere selbstredend andere Aufenthaltsmöglichkeiten gab, beseitigt den Mangel nicht. Denn dieser liegt bereits in der Verringerung der Wahlmöglichkeiten.

34. Insofern sind die Anforderungen an die Substantiierung der Spürbarkeit des Mangels für den Kläger nicht zu überspannen. Durch die Darlegungen des Klägers ist ausreichend substantiiert, dass die Dreharbeiten ihn in seiner Gestaltungsmöglichkeit an Bord beschränkten und er sich hierdurch weniger „willkommen“ fühlte, wie er in seiner persönlichen Anhörung am 18.11. nachvollziehbar ausgeführt hat. Sollte bzw. wollte ein Passagier detailliert darlegen, dass er einen nicht nutzbaren Bereich genau zu der relevanten Zeit hätte nutzen müssen oder wollen, müsste man voraussetzen, dass der jeweilige Passagier bereits im Vorhinein den Urlaubstag in sämtlichen Einzelheiten plant. Gerade auf einer Urlaubsreise ist es aber ein durchaus nachvollziehbarer Wunsch eines Gastes, sich sämtliche Möglichkeiten offen zu halten und dort aufzuhalten, wo es ihm – auch spontan – am besten gefällt. Insbesondere ist auch durchaus üblich, sich an Wetter- und Sonnenverhältnissen zu orientieren. Diese Möglichkeit hatten der Kläger und seine Ehefrau vorliegend aber nicht uneingeschränkt, wie auch aus dem Vortrag der Beklagten teilweise hervorgeht (vgl. Bl. 7 d. Schriftsatzes vom 15.12.2015, laut dem die Dreharbeiten „je nach Wetter auf einer Seite“ stattgefunden haben). Vielmehr waren der Kläger und seine Ehefrau darauf angewiesen, am Morgen oder bereits am Tag vorher Erkundigungen einzuholen, welche Teilbereiche ihnen am nächsten Tag zu welchen Urzeiten nicht zur Verfügung stehen würden.

35. Soweit die Beklagte ausführt, „man“ habe sich zu den jeweiligen Uhrzeiten ohnehin nicht an den Drehorten aufhalten wollen, sondern „saß… noch beim Essen oder schon in der Showlounge…“ (vgl. S. 7 d. Schriftsatzes vom 15.12.2015), so mag das den üblichen Gepflogenheiten auf einem Kreuzfahrtschiff entsprechen. Nichtsdestotrotz schränkt es nach hier vertretener Auffassung den Passagier über das übliche Maß ein, wenn er gezwungen ist, sich an diese gefestigten Abläufe zu halten und ihm eine Abweichung hiervon nicht mehr im Rahmen der Öffnungszeiten freisteht.

C.

36. Anders als nach vom Beklagtenvertreter vertretener Auffassung stellt diese Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten einen erheblichen Unterschied zu üblichen Nutzungseinschränkungen durch andere Gäste oder Veranstaltungen dar. In einem solchen Fall ist es nämlich so, dass es dem Gast freisteht, ob er sich der Teilnahme an einer bestimmten Veranstaltung aussetzen möchte, lieber eine andere besucht oder allen Veranstaltungen fernbleibt. Bei der Absperrung bestimmter Teilbereiche hat der Passagier hingegen nicht mehr die Wahl, ob er diesen Bereich nutzen möchte, sondern ist vielmehr darauf verwiesen, nunmehr andere Bereiche zu nutzen.

37. Vergleichbar ist die Situation ebenso wenig mit derjenigen der Störung durch andere Passagiere, Schiffslautstärke oder Renovierungs- und Instandsetzungsarbeiten. Solche stellen nämlich schiffstypische, nicht verhinderbare Einschränkungen dar, während mit der Belästigung durch Dreharbeiten nicht zwingend zu rechnen ist.

3.

38. Der beschriebene Mangel der Reise stammte auch aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten als Veranstalter. Dabei werden im Grundsatz alle nicht in der Person des Reisenden liegenden Umstände, die die Gesamtreise oder Einzelleistungen stören, erfasst, auch vom Veranstalter nicht beeinflussbare Risiken (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 75. Aufl. 2016, § 651c Rn. 2). Die Vermietung an ein Filmteam ist aber ohne weiteres beeinflussbar für die Beklagte als Veranstalter.

4.

39. Eine Mängelrüge der Kläger war vorliegend nicht erforderlich, sondern entbehrlich. Eine Entbehrlichkeit der Mängelanzeige ist anzunehmen, wenn der Veranstalter den Mangel unzweifelhaft kennt und eine Behebung nicht denkbar ist. Das war hier der Fall. Unerheblich ist dabei, dass die Beklagte die Dreharbeiten selbst nicht als Mangel qualifiziert haben mag. Jedenfalls wäre eine Abhilfe durch Abbruch oder Einschränkungen der Dreharbeiten hier nicht denkbar gewesen, was auch die Beklagte nicht vorträgt.

5.

40. Der Kläger hat die Ausschlussfrist nach § 651g Abs. 1 BGB gewahrt, indem er die behaupteten Reisemängel durch Anwaltsschreiben vom 23.3.2015 binnen einen Monats nach Beendigung der Reise geltend gemacht hat.

6.

41. Aufgrund der vorliegenden Mängel mindert sich der Reisepreis um 20%, wobei nur die betroffenen zwölf Seetage ausgehend von einem Tagespreis von 426,15 EUR (auf Basis des Reisepreises von 11.080 EUR bei 26 Tagen) zu mindern waren.

42. Bei der Minderung ist die Vergütung gemäß §§ 651d Abs. 1, 638 Abs. 3 BGB in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Reise in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde; soweit erforderlich ist dies durch eine Schätzung zu ermitteln.

43. Hier erscheint bei Würdigung der Gesamtumstände nach Überzeugung des Gerichts gemäß § 287 ZPO eine Minderungsquote von 20% angemessen, aber auch ausreichend.

44. Die Festlegung einer Quote stellt sich im vorliegenden Fall insbesondere deshalb als schwierig dar, da die Kreuzfahrt nicht in Abweichung der Route oder durch Wegfalls einiger Reisepunkte beeinträchtigt war, sondern durch die Einschränkung der Gestaltungsmöglichkeiten an Bord sowie die Spürbarkeit der Dreharbeiten im weitesten Sinne. Die Reiseleistung wurde im Übrigen nicht beeinträchtigt, insbesondere kam der Kläger in den Genuss einer vereinbarten Unterkunft, Verpflegung und auch in den verschiedener Freizeitmöglichkeiten – aber eben unter den unter I. 2. festgestellten Einschränkungen.

45. Ein über den Minderungsbetrag von 20% der betroffenen Seetage hinausgehender Erstattungsanspruch steht dem Kläger nicht zu. Ein Erstattungsanspruch in beinahe hälftiger Höhe der betroffenen Seetage erscheint nach dem vorgenannten nicht angemessen. Dies gilt nicht nur, aber auch vor dem Hintergrund, dass auch der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 18.11.2015 dargelegt hat, dass die Reise abgesehen von den Dreharbeiten durchaus zu seiner Zufriedenheit verlaufen ist.

46. Eine über die allgemeine Störung und Einschränkung der Wahlmöglichkeiten hinausgehende Minderung der Tauglichkeit der Reise hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt. Soweit er einen höheren Minderungsbetrag geltend macht, hätte er konkret darlegen müssen, inwiefern sein jeweiliger Tagesablauf durch die Dreharbeiten behindert wurde. Bei einer 40%igen Minderung trotz grundsätzlich angemessener Unterbringung, vereinbarter Route und Verpflegung wäre erforderlich, dass der Kläger genau vorträgt, inwiefern der beanstandete Mangel beinahe hälftig den Tageswert der Reise gestört hat. Dazu hätte er konkret darlegen müssen, wann er sich wo aufhalten und bestimmte Bereiche des Schiffes nutzen wollte und hieran durch die Dreharbeiten gehindert wurde. Dies hat der Kläger nicht getan, sondern lediglich nachvollziehbar geschildert, dass die Arbeit der Filmcrew den Urlaubswert der Reise insgesamt verringert hat.

7.

47. Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 288 BGB, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 3.6.2015 die Leistung auf Aufforderung des Klägers endgültig verweigert hat.

II.

48. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

III.

49. Der Streitwert wird festgesetzt auf 2.045,52 EUR.

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