Gerichtsstand bei Zahlungsklage eines Hoteliers, wenn Gast gebuchte Unterkunft nicht in Anspruch nimmt

LG Münster: Gerichtsstand bei Zahlungsklage eines Hoteliers, wenn Gast gebuchte Unterkunft nicht in Anspruch nimmt

Die Klägerin betreibt ein Hotel, bei dem der Beklagte ein Zimmer gebucht hatte. Dieses stornierte er am Tag der gebuchten Unterkunft. Die Klägerin verlangt Ersatz der Stornokosten.

Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen, da es sich nicht für zuständig erachtete. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Es sei auch bei Stornierung das Gericht, in dem das Hotel liegt, zuständig.

LG Münster 3 S 125/17 (Aktenzeichen)
LG Münster: LG Münster, Urt. vom 26.02.2018
Rechtsweg: LG Münster, Urt. v. 26.02.2018, Az: 3 S 125/17
AG Münster, Urt. v. 08.09.2017, Az: 48 C 2016/17
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Landgericht Münster

1. Urteil vom 26. Februar 2018

Aktenzeichen 3 S 125/17

Leitsatz:

2. Bei Nichtinanspruchnahme einer Beherbung bleibt das Gericht, in dessen Bezirk das Hotel liegt, als Erfüllungsort zuständig.

Zusammenfassung:

3. Die Klägerin betreibt ein Hotel, bei dem der Beklagte ein Zimmer gebucht hatte. Als Zahlungsart wurde „Selbstzahler vor Ort“ vereinbart. Dieses stornierte er noch am Tag der gebuchten Unterkunft. Die Klägerin verlangt Ersatz der Stornokosten in Höhe von 90 % der Hotelkosten.

Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen, da es sich nicht für zuständig erachtete. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Es sei auch bei Stornierung das Gericht, in dem das Hotel liegt, zuständig. Sonst würde der vertragsbrüchige Gast besser als der vertragstreue gestellt. Außerdem hatten die Parteien ausdrücklich den Ort des Hotels als Erfüllungsort vereinbart.

Tenor:

4. Das Urteil des Amtsgerichts Münster vom 08.09.2017 (Az. 48 C 2016/17) wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 53,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.08.2015 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.07.2017 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

5. Die Klägerin, die in Münster ein Hotel betreibt, nimmt den Beklagten, der seinen allgemeinen Wohnsitz außerhalb der Bezirke des Amts- und Landgerichts Münster hat, im Anschluss an die Buchung und Stornierung eines Hotelzimmers auf die Zahlung eines Stornierungsbetrages in Höhe von 53,10 EUR sowie auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20 EUR in Anspruch.

6. Der Beklagte buchte am 11.02.2015 in einem von der Klägerin betriebenen Hotel eine Übernachtung für die Zeit vom 13.02.2015 bis zum 14.02.2015 in einem Einzelzimmer zu einem Preis von 67,00 EUR. Mit Schreiben vom 11.02.2015 übersandte die Klägerin dem Beklagten eine Buchungsbestätigung in der als Zahlungsart „Selbstzahler vor Ort“ angegeben ist.

7. Am Anreisetag stornierte der Beklagte die Buchung des Hotelzimmers. Der Klägerin war eine anderweitige Vermietung des Zimmers nicht mehr möglich.

8. Mit Rechnung vom 14.02.2015 stellte die Klägerin dem Beklagten entsprechend den Stornierungsbedingungen einen Betrag in Höhe von 90 % des gebuchten Zimmerpreises – mithin 53,10 EUR – in Rechnung. Die Stornierungsbedingungen waren dem Beklagten zuvor mitgeteilt worden. Eine Zahlung des Beklagten blieb aus.

9. Mit Schreiben vom 27.08.2015 forderte die Klägerin den Beklagten erfolgslos zur Zahlung auf. Auch ein anwaltliches Aufforderungsschreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 21.03.2017 blieb ohne Resonanz. Nachfolgend leitete die Klägerin hinsichtlich der Hotelkostenforderung in Höhe von 53,10 EUR sowie der begehrten Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 70,20 das gerichtliche Mahnverfahren ein. Das Amtsgericht Hagen erließ am 04.05.2017 gegen den Beklagten antragsgemäß einen Mahnbescheid, welcher dem Beklagten am 06.05.2017 zugestellt wurde. Am 16.05.2017 ging beim Amtsgericht Hagen der Widerspruch des Beklagten ein. Nachdem am 28.06.2017 der Antrag der Klägerin auf Durchführung des streitigen Verfahrens eingegangen war, erfolgte am 04.07.2017 die Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht Münster. Die Akten gingen beim Amtsgericht Münster am 13.07.2017 ein.

10. Die Klägerin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Münster ergebe sich aus § 29 ZPO. Denn bei dem hier vorliegenden Beherbergungsvertrag sei der Beherbergungsort der gemeinsame Erfüllungsort im Sinne des § 269 BGB.

11. Die Klägerin hat beantragt,

12. den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 53,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.08.2015 zu zahlen;

13. den Beklagten zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 70,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen.

14. Der Beklagte, dem die Anspruchsbegründungsschrift am 08.08.2017 zugestellt wurde, hat erstinstanzlich keine Verteidigungsanzeige abgegeben. Zum Verhandlungstermin am 08.09.2017 vor dem Amtsgericht Münster erschien der ordnungsgemäß geladene Beklagte nicht.

15. Das Amtsgericht Münster hat mit Urteil vom 08.09.2017 (Az. 48 C 2016/17) die Klage abgewiesen und die Berufung gemäß § 511 Abs. 4 ZPO zugelassen. Zur Begründung hat das Amtsgericht im wesentlichen ausgeführt, dass die Klage unzulässig sei, da das Amtsgericht Münster örtlich unzuständig sei. Örtlich zuständig sei gemäß §§ 12, 13 ZPO allein das Amtsgericht Singen (Hohentwiel), da der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand im Bezirk dieses Amtsgerichts habe. Der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 Abs. 1 ZPO) sei in Münster nicht begründet. In Fällen, in denen der Gast den Beherbergungsort nicht aufsuche, sei in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob der Ort der beabsichtigten Beherbergung als Erfüllungsort im Sinne des § 29 Abs. 1 ZPO anzusehen sei. Vorzugswürdig sei die Auffassung, nach der § 29 Abs. 1 ZPO nicht einschlägig sei, wenn der Gast den Beherbergungsort nicht aufsuche. Denn der Schwerpunkt des Schuldverhältnisses liege nur dann am Beherbergungsort, wenn der Beherbergende seine Verpflichtung auch erbringe und der Gast diese in Anspruch nehme. Darüber hinaus sei es unüblich, dass ein Gast, den Beherbergungsort zunächst nicht aufgesucht habe, sodann zur Begleichung seiner Verbindlichkeit den Beherbergungsort aufsuche.

16. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren vollumfänglich weiter. Die Klägerin trägt vor, das Amtsgericht habe zu Unrecht den besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsortes abgelehnt. Bei Beherbergungsverträgen sei der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes im Sinne des § 29 Abs. 1 ZPO gegeben, wenn der Gast die Beherbergung in Anspruch nehme. Nichts anderes könne gelten, wenn der Gast den Beherbergungsort nicht aufsuche. Es entspreche einer allgemeinen Verkehrssitte im Beherbergungsgewerbe, dass die Bezahlung am Ort der Beherbergung zu erbringen sei, wenn der Gast die Bestellung selbst aufgegeben habe und keine besondere Zahlungsweise vereinbart sei.

17. Die Klägerin beantragt,

18. das Urteil des Amtsgerichts Münster vom 08.09.2017 (Az. 48 C 2016/17) aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 53,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.08.2015 zu zahlen;

19. den Beklagten zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 70,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen.

20. Der Beklagte, der erstmalig während des Berufungsverfahrens eine Stellungnahme abgab, beantragt,

21. die Berufung zurückzuweisen.

22. Der Beklagte schließt sich der Argumentation des Amtsgerichts an.

II.

23. Die Berufung ist zulässig und führt in der Sache zur aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung des erstinstanzlichen Urteils.

1.

24. Die Berufung ist zulässig. Insbesondere ist die Berufung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO statthaft, da das Amtsgericht die Berufung in dem angefochtenen Urteil zugelassen hat.

2.

25. Die Berufung ist gemäß §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO begründet. Entgegen der vom Amtsgericht vertretenen Auffassung ist die Klage zulässig.

26. Nach Auffassung der Kammer ist aufgrund der vertraglichen Vereinbarung der Parteien der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 Abs. 1 ZPO) in Münster begründet, sodass die örtliche Zuständigkeit gegeben ist.

A.

27. Der Erfüllungsort im Sinne von § 29 Abs. 1 ZPO bestimmt sich nach materiellem Recht. Für vertragliche Verpflichtungen regelt § 269 BGB den Leistungsort, der dem Erfüllungsort entspricht. Nach § 269 Abs. 1 BGB hat die Leistung vorbehaltlich gesetzlicher Sondervorschriften in der Regel an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte. Etwas anderes gilt nur dann, wenn festgestellt wird, dass die Vertragsparteien einen anderen Leistungsort bestimmt haben oder die Umstände des Falles einen solchen ergeben.

28. Bei Beherbergungsverträgen entspricht es einheitlicher Auffassung, dass ein einheitlicher Erfüllungsort für Leistung und Gegenleistung nach der Natur des Schuldverhältnisses am Ort des Hotels vorliegt, wenn der Gast die Bestellung selbst aufgegeben und keine besondere Zahlungsweise vereinbart hat, da es unter diesen Voraussetzungen der allgemeinen Verkehrssitte im Beherbergungsgewerbe entspricht, dass der Gast die Bezahlung am Ort der Beherbergung erbringt (vgl. BGH, Urteil vom 24.01.2007 – XII ZR 168/04; Grüneberg in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 269 BGB, Rn 14).

29. Wie das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, ist es in Rechtsprechung und Literatur jedoch umstritten, ob ein einheitlicher Erfüllungsort am Beherbergungsort auch dann gegeben ist, wenn – wie hier – der Gast die gebuchte Unterkunft nicht in Anspruch nimmt.

B.

30. Einerseits wird die Auffassung vertreten, dass es für die Bestimmung des Erfüllungsortes keinen Unterschied machen könne, ob ein Gast den Beherbergungsort tatsächlich aufsucht oder nicht (vgl. OLG Nürnberg, Urt. v. 28.11.1984 – 9 U 3061/84; LG Kempten, Urteil vom 17.12.1986 – S 2154/86; AG Sankt Blasien, Urt. v. 22.06.1982 – C 24/82; AG Viechtach, Urt. v. 30.11.2006 – 2 C 463/06; Krüger in: MüKo/BGB, 7. Aufl. 2016, § 269, Rn 27; Heinrich in: Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl. 2017, § 29 Rn. 21 und Patzina in: MüKo/ZPO, 5. Aufl. 2016, § 29, Rn 36; Schultzky in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2017, § 29 ZPO, Rn. 25 „Beherbergungsvertrag“). Zur Begründung wird insoweit angeführt, dass ansonsten der vertragswidrige Gast prozessual bessergestellt würde als der vertragstreue Gast.

C.

31. Nach anderer Ansicht, der auch das Amtsgericht im Rahmen der angefochtenen Entscheidung gefolgt ist, ist § 29 Abs. 1 ZPO nicht einschlägig, wenn der Gast den Beherbergungsort überhaupt nicht aufsucht (vgl. LG Bonn, Urt. v. 11.03.1985 – 2 O 51/85; AG Wittmund, Beschl. v. 25.08.1983 – 10 C 148/83; AG Freyung, Urt. v. 15.03.1978 – 4 C 508/70; Vollkommer in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 29 Rn. 25 „Beherbergungsvertrag“). Zur Begründung wird angeführt, dass eine für beide Parteien ortsbezogene Verpflichtung nur dann vorliegen könne, wenn sich der Gast auch tatsächlich vor Ort befinde. Dass ein Gast, der den Beherbergungsort zunächst nicht aufgesucht habe, zur Begleichung seiner Verbindlichkeit den Beherbergungsort aufsuche, sei unüblich.

D.

32. Nach der Auffassung der Kammer ist die zuerst genannte Auffassung vorzugswürdig.

33. Hierfür spricht, dass der Umstand, ob die Leistungen tatsächlich erbracht werden, für den Inhalt des Schuldverhältnisses unerheblich ist. Ob der Gast die gebuchte Unterkunft (also die geschuldete Gegenleistung) in Anspruch nimmt, hat demnach keinen Einfluss auf die Bestimmung des Ortes, an dem die Vertragspflichten bestimmungsgemäß zu erfüllen sind. Daher kann für die Bestimmung des Erfüllungsortes nur maßgeblich sein, an welchem Ort die Verpflichtung nach dem Vertrag zu erfüllen ist (vgl. Schultzky in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2017, § 29 ZPO, Rn. 25 „Beherbergungsvertrag“; Heinrich in Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl. 2017, § 29 ZPO, Rn. 21; Patzina in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 29 ZPO, Rn. 36 m.w.N.).

34. Im Streitfall hatten die Parteien ausweislich der vorgelegten Buchungsbestätigung als Zahlungsart „Selbstzahler vor Ort“ vereinbart. Demnach entsprach es der vertraglichen Vereinbarung der Parteien, dass der Beklagte seine Zahlungsverpflichtung im Hotel zu erbringen hatte. Dies entspricht auch der allgemeinen Verkehrssitte im Beherbergungsgewerbe, dass die Bezahlung zumindest dann vor Ort im Hotel zu erfolgen hat, wenn der Gast die Bestellung selbst aufgegeben hat und keine besondere Zahlungsweise verabredet ist.

35. Aus dem Umstand, dass der Beklagte die gebuchte Unterkunft storniert und das vereinbarte Entgelt nicht im Hotel bezahlt, folgt kein anderes Ergebnis. Ob der Gast das Hotel tatsächlich aufgesucht hat, ist für die Bestimmung des vertraglichen Erfüllungsortes ohne Relevanz. Hierfür spricht schon, dass für die Bestimmung des Leistungsortes die Verhältnisse bei Entstehung des Schuldverhältnisses maßgeblich sind (Grüneberg in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 269 BGB, Rn 18). Zum Zeitpunkt der Hotelzimmerbuchung entsprach die Zahlung vor Ort zum einen der Vereinbarung der Parteien. Zum anderen gingen die Parteien bei Abschluss des Hotelreservierungsvertrages übereinstimmend davon aus, dass der Beklagte das Hotel aufsuchen wird und die Buchung nicht stornieren wird. Bei diesen Verhältnissen entspricht es der allgemeinen Verkehrssitte im Beherbergungsgewerbe, dass der Beklagte die Bezahlung vor Ort im Hotel vornimmt. Wenn man – entsprechend der gegenteiligen Auffassung – für das Vorliegen eines einheitlichen Erfüllungsortes maßgeblich darauf abstellt, ob sich der Hotelgast tatsächlich vor Ort befunden hat, stellt man demgegenüber in unzulässiger Weise nicht auf die Verhältnisse bei Entstehung des Schuldverhältnisses, sondern auf die nachträglichen Verhältnisse ab.

36. Darüber hinaus kann eine nachträgliche Änderung des Leistungsortes nur durch eine von beiden Parteien geschlossene Vereinbarung erfolgen (Grüneberg in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 269 BGB, Rn 18). Eine solche Vereinbarung haben die Parteien jedoch nicht geschlossen. Allein das einseitige Verhalten des Beklagten, die Buchung zu stornieren und das vereinbarte Entgelt nicht vor Ort im Hotel zu bezahlen, vermag nachträglich den Leistungsort nicht mehr zu verändern. Ansonsten würde der vertragswidrige Gast prozessual bessergestellt als der vertragstreue Gast.

3.

37. Die Klage ist auch begründet.

A.

38. Indem die Klägerin dargelegt hat, dass der Beklagte ein Hotelzimmer zum Preis von 67,00 EUR gebucht habe und entsprechend der vereinbarten Stornierungsbedingungen im eingetretenen Stornierungsfall 90 % dieses Preises zu zahlen sind, hat die Klägerin einen Zahlungsanspruch in Höhe von 53,10 Euro aufgrund des Hotelreservierungsvertrages schlüssig vorgetragen. Darüber hinaus hat die Klägerin durch die Darlegung der Übersendung des Aufforderungsschreibens vom 27.08.2015 schlüssig dargetan, dass sich der Beklagte nach dem Zugang dieser Mahnung ab dem 31.08.2015 im Verzug befand, sodass die Klägerin auch einen Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB in Höhe von 70,20 Euro schlüssig dargelegt hat. Diesem Vorbringen ist der Beklagte nicht entgegengetreten, sodass die von der Klägerin dargelegten Tatsachen gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen sind.

39. Die Stornierung hat auch nicht zur Beendigung des Vertragsverhältnisses geführt. Das Vertragsverhältnis endete nach § 542 Abs. 2 BGB erst mit dem Ablauf des vereinbarten Buchungszeitraums am 14.02.2015. § 542 BGB findet auf das vorliegende Vertragsverhältnis Anwendung, da es sich bei Verträgen über die Buchung eines Hotelzimmers um Mietverträge mit dienst- und werkvertraglichen Elementen handelt, auf die die gesetzlichen Vorschriften über das Mietrecht (§§ 535 ff BGB) Anwendung finden (OLG Düsseldorf Urt. v. 10.03.2011 – 10 U 72/10; OLG Köln, Urt. v. 26.11.1997 – 11 U 96/97; Weidenkaff in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, Einf v § 535 BGB, Rn 36). Demnach kam gemäß § 542 Abs. 2 BGB eine ordentliche Kündigung des Vertrages nicht in Betracht. Dass der Beklagte den Vertrag durch die Stornierung wirksam außerordentlich gekündigt hat (§ 542 Abs. 2 Nr. 1 BGB), kann dem Vorbringen nicht entnommen werden.

B.

40. Die Zinsforderung hinsichtlich der Hauptforderung folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 BGB.

C.

41. Die Zinsforderung hinsichtlich der Nebenforderung ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

42. Der Antrag der Klägerin, in dem ein Zinsbeginn insoweit nicht genannt ist, ist entsprechend §§ 133, 157 BGB dahin auszulegen, dass die Klägerin bezüglich der Verzinsung des Erstattungsanspruches Prozesszinsen begehrt. Denn die Klägerin hat weder vorprozessual noch im Rahmen des gerichtlichen Mahnverfahrens die Verzinsung dieser Nebenforderung begehrt.

43. Zinsbeginn ist der 14.07.2017. Wenn – wie hier – nach Erhebung des Widerspruches gegen einen Mahnbescheid die Sache nicht alsbald an das zur Durchführung des streitigen Verfahrens zuständige Gericht abgegeben wird (§ 696 Abs. 3 ZPO), so tritt die Rechtshängigkeit mit Eingang der Akten bei dem Prozessgericht ein (BGH, Urteil vom 05.02.2009 – III ZR 164/08). Da die Akten am 13.07.2017 beim Amtsgericht Münster eingegangen sind, ist der Zinsbeginn entsprechend § 187 Abs. 1 BGB am Folgetag.

III.

44. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

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