Gerichtsstand für Ansprüche aus Miete eines Ferienhauses im Ausland

LG Kiel: Gerichtsstand für Ansprüche aus Miete eines Ferienhauses im Ausland

Die Klägerin als Mieterin eines Ferienhauses im Ausland klagte gegen die Beklagte als Vermieterin des Ferienhauses. Dem Landgericht Kiel oblag es nun festzustellen, welches Gericht für die Klage zuständig ist, da das Ferienhaus zwar im Ausland lag, beide Parteien ihren Wohnsitz jedoch in Deutschland hatten.

Es entschied, dass ein deutsches Gericht zuständig ist.

LG Kiel 1 T 55/96 (Aktenzeichen)
LG Kiel: LG Kiel, Urt. vom 12.08.1996
Rechtsweg: LG Kiel, Urt. v. 12.08.1996, Az: 1 T 55/96
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Landgericht Kiel

1. Urteil vom 12.08.1996
Aktenzeichen 1 T 55/96

Leitsatz:

2. Zuständiges Gericht für Streitigkeiten über ein Ferienhaus im Ausland ist jenes am Wohnort des Reisenden.

Zusammenfassung:

3. Die Klägerin buchte bei der Beklagten – einem Reiseveranstalter – einen Urlaub und Unterbringung in einem Ferienhaus. Dieses gehörte der Beklagten und lag im Ausland. Dem Landgericht Kiel als angerufenes Gericht oblag es nun festzustellen, welches Gericht örtlich für die Klage zuständig ist, da das Ferienhaus zwar im Ausland lag, beide Parteien ihren Wohnsitz jedoch in Deutschland hatten.

Dabei entschied das Landgericht Kiel, dass ein deutsches Gericht zuständig ist. Als Begründung führte es an, dass das örtliche Gericht zuständig ist, welches sich am Wohnort befindet bzw. welches für den Wohnort des Reisenden zuständig ist.

Tenor:
4. Der Rechtsstreit ist Feriensache.
5. Der Beschluß des Amtsgerichts Kiel vom 31. Mai 1996 wird geändert. Dem Beschwerdeführer wird Prozeßkostenhilfe bewilligt. Ihm wird Rechtsanwalt K in Kiel beigeordnet.Von der Anordnung einer Ratenzahlung wird abgesehen. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

6. Die nach § 127 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet.

7. Die vom Beschwerdeführer beabsichtigte Rechtsverfolgung hat hinreichende Aussicht auf Erfolg i. S. von § 114 ZPO. Insbesondere ist die beabsichtigte Klage vor dem angerufenen Gericht zulässig. Das Amtsgericht Kiel ist zur Entscheidung zuständig.

8. Das folgt aus Art. 13 Abs. 1 Ziffer 3 EuGVÜ i. V. m. Art. 14 Abs. 1 EuGVÜ. Danach bestimmt sich die gerichtliche Zuständigkeit nach dem 4. Abschnitt des EWG-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ), wenn ein Verbraucher aus einem Vertragsverhältnis klagen will, das die Erbringung einer Dienstleistung zum Gegenstand hat, sofern dem Vertragsabschluß in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist und der Verbraucher in diesem Staat die zum Vertragsschluß erforderliche Rechtshandlung vorgenommen hat (Art. 13 Abs. 1 Ziffer 3 a und b EuGVÜ).

9. Liegen diese Voraussetzungen wie hier vor, hat der Verbraucher gemäß Art. 14 Abs. 1 EuGVÜ die Wahl, die Klage auch vor dem Gericht des Staates zu erheben, in dessen Hoheitsgebiet er seinen Wohnsitz hat.

10. Der Beschwerdeführer ist Verbraucher, denn er hat den Vertrag nicht aus Gründen beruflicher oder gewerblicher Tätigkeit abgeschlossen, sondern als Privatperson. Die Buchung des von ihm gemieteten Ferienhauses ist am 17. Juli 1995 bei dem vermittelnden Reisebüro W Sitz in Kiel erfolgt. Grundlage der Buchung war ein Katalog der Beschwerdegegnerin.

11. Der Vertrag hat schließlich auch die Erbringung einer Dienstleistung i. S. von Art. 13 Abs. 1 Ziffer 3 EuGVÜ zum Gegenstand und fällt damit nicht in den Anwendungsbereich von Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ, der den Gerichtsstrand für Klagen aus Miete oder Pacht an unbeweglichen Sachen regelt.

12. Für die Entscheidung konnte es letztlich dahinstehen, ob sich die Zuständigkeit des Amtsgerichts Kiel nicht schon in direkter Anwendung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ergibt, wonach aus Verträgen zwischen gewerblichen Reiseveranstaltern und Kunden, die die Überlassung einer Ferienwohnung zum Gebrauch für nur einen kurzen Zeitraum beinhalten, regelmäßig Dienstleistungen Vertragsgegenstand sind, weil diese Verträge weitere Leistungen mit sich bringen wie etwa Auskünfte oder Ratschläge bei der Unterbreitung verschiedener Ferienangebote oder die Reservierung von Plätzen für die Beförderung (EuGH NJW 92 S. 1029). Zur Ausfüllung dieser vom Europäischen Gerichtshof entwickelten Kriterien fehlt es an ausreichendem Vortrag über Tatsachen, die auf ein Angebot eines Dienstleistungsbündels durch die Beklagte schließen ließen.

13. Die Kammer ist aber in Konsequenz der grundlegenden Gedanken des Bundesgerichtshofes zur Anwendung von Reisevertragsrecht auf die bloße Miete eines Ferienhauses über die insoweit ausdrückliche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes hinaus der Auffassung, daß Verträge, wie sie diesem Rechtsstreit zugrunde liegen, wegen der Art ihrer Gestaltung und der Interessenlage der Parteien bei Vertragsschluß Dienstleistungscharakter i. S. von Art. 13 EuGVÜ haben und damit aus dem Anwendungsbereich des Art. 16 EuGVÜ herausfallen (BGH NJW 1992, 3158).

14. Der durch die Vermittlung der Firma W geschlossene Vertrag ist zwar mit „Mietvertrag“ überschrieben worden. Die Bezeichnung allein charakterisiert die Vertragsbeziehungen jedoch nicht abschließend. Grundlage des Vertragsschlusses war die im Katalog angegebene Hausbeschreibung und die Allgemeinen Mietbedingungen des gebuchten Veranstalters . Insoweit weist der Vertrag auch eine Diktion auf, die für das Reisevertragsrecht typisch ist und die die Rechtsbeziehungen der Parteien dem Regelungsgehalt des Art. 16 EuGVÜ entziehen. Art. 16 EuGVÜ beschränkt sich in Fällen, in denen dingliche Rechte an beweglichen Sachen sowie Miete oder Pacht solcher Sachen Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten sind, darauf, die Rechtstellung des Eigentümers nach dem in seinem Heimatstaat geltenden Eigentumsschutz zu sichern. Deshalb ist in diesen Fällen das Gericht der belegenen Sache zuständig. Weiter geht das Rechtsschutzziel des Art. 16 nicht.

15. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag trägt hingegen sein Konfliktpotential nicht in der Verknüpfung von Eigentum und Besitz und den daraus folgenden Beschränkungen des Eigentümers, sondern in Leistungsstörungen, die typischerweise im Dienstleistungs- oder Reisevertragsrecht anzusiedeln sind. Die Mietzeit ist nur kurz und vorübergehend. Das Mietobjekt wird unter Beratung einer Vermittlungsfirma nach Katalog ausgesucht, der Mietvertrag sieht formularmäßig eine Rücktrittsversicherung vor, und die Entrichtung des Preises erfolgt in zwei Raten in Höhe einer Anzahlung von 25 % sowie durch eine Restzahlung. Damit tritt schon in der Vertragsgestaltung die Interessenlage der Parteien als diejenige von Reiseveranstalter und Kunde hervor, die auch hinsichtlich der Zuständigkeitsregelung den Verbraucherschutz als Rechtsschutzziel fordert und nicht die Eigentumsstellung des Vermieters als ausschlaggebendes Kriterium entscheidungstragend macht.

16. Die gleiche Argumentation findet sich zu Art. 29 Abs. 4 S. 2 EGBG, der unter dem Gedanken des Verbraucherschutzes die materielle Rechtswahl für Dienstleistungen, zu den auch Verträge mit ausländischen gewerblichen Ferienhausanbietern gehören, auf den Wohnsitz des Kunden beschränkt.

17. Des weiteren ist die vom Beschwerdeführer beabsichtigte Klage auch in materieller Hinsicht nicht ohne Aussicht auf Erfolg. Er hat die Mangelhaftigkeit des von ihm gebuchten Ferienhauses ausreichend dargelegt und unter Beweis gestellt. Die rechtlichen Voraussetzungen des § 651 d Abs. 2 BGB zur Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen sind gegeben.

18. Die wirtschaftliche Bedürftigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich, wobei die Ermittlung weder das Ehegatteneinkommen zu berücksichtigen hat noch das Kindergeld

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