Diebstahl im Hotelzimmer

AG München: Diebstahl im Hotelzimmer

Die Kläger hatten bei der Beklagten eine Reise mit Hotelaufenthalt gebucht. Während ihres Aufenthalts kam es zu einem Einbruch in ihr Hotelzimmer, bei dem unter anderem Bargeld entwendet wurde. Sie verlangen Schadensersatz und Minderung des Reisepreises.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Bei dem Einbruch habe sich das allgemeine Lebensrisiko der Kläger realisiert. Eine Schlechtleistung der Beklagten sei nicht ersichtlich.

AG München 275 C 11538/15 (Aktenzeichen)
AG München: AG München, Urt. vom 06.08.2015
Rechtsweg: AG München, Urt. v. 06.08.2015, Az: 275 C 11538/15
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Amtsgericht München

1. Urteil vom 06. August 2015

Aktenzeichen 275 C 11538/15

Leitsatz:

2. Ein Einbruch in das Hotelzimmer des Reisenden stellt per se keinen Reisemangel dar; ein Organisationsverschulden des Reiseveranstalters müsste nachgewiesen werden.

Zusammenfassung:

3. Die Kläger hatten bei der Beklagten eine Reise mit Hotelaufenthalt in der Dominikanischen Republik gebucht. Während ihres Aufenthalts kam es zu einem Einbruch in ihr Hotelzimmer, bei dem unter anderem Bargeld entwendet wurde. Sie verlangen Schadensersatz und Minderung des Reisepreises wegen in der Folge des Einbruchs aufgewendeter Urlaubszeit für Behördengänge und wegen des verminderten Erholungswertes.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Bei dem Einbruch habe sich das allgemeine Lebensrisiko der Kläger realisiert. Eine Schlechtleistung der Beklagten sei nicht ersichtlich. Hierfür hätten die Kläger ein Organisationsverschulden der Beklagten umfassend nachweisen müssen. Die Behauptung, dass vorher bereits ein weiterer Einbruch im Hotel stattgefunden habe, sei hierfür nicht ausreichend.

Tenor

4. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Streitwert wird auf 924,02 € festgesetzt.

Tatbestand

5. Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen Reisemängel.

6. Der Kläger buchte zusammen mit Frau … am 31.07.2014 bei der Beklagten eine Pauschalreise in die Dominikanische Republik für den Zeitraum vom 25.11.2014 bis 09.12.2014. Die Buchung umfasste auch ein Hotelzimmer für 2 Personen im … Das Hotel lehnte wegen eines klägerseits behaupteten Diebstahls eine Schadensregulierung ab. Ebensowenig erfolgte durch den Reiseleiter der Beklagten eine Regulierung. Mit Schreiben vom 07.01.2015 forderte der Klägervertreter die Beklagte zur Schadensregulierung auf. Dies lehnte diese mit Schreiben vom 02.02.2015 ab.

7. Der Kläger behauptet, dass am 04.12.2014 in der Zeit vor 17.10 Uhr in das … eingebrochen worden sei. Einige Sachen hätten sich nicht mehr dort befunden, wo sie zurückgelassen worden seien, aus dem im Hotelzimmer befindlichen Safe seien 666,00 Euro und 108,00 US-Dollar in bar entwendet worden. Der Kläger behauptet weiter, dass die an der Zimmertür befindlichen Einbruchsspuren alte Spuren seien, jedoch hätten sich auf dem Boden vor der Zimmertür frische Holzspäne befunden. Wegen des Einbruchsdiebstahls hätten er und … täglich 2 – 3 Stunden bei Behörden, im Hotel und etc. verbracht. Außerdem sei er in Sorge gewesen, dass ein erneuter Einbruch erfolgen könnte. Daher stünde ihm in jedem Fall für die Tage nach dem Einbruch vom 04.12. bis zum 09.12.2014 ein Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 20 Prozent des Reisetagespreises von 139,20 Euro, mithin 167,04 Euro für 6 vertane Urlaubstage zu. Darüber hinaus meint der Kläger, dass der Einbruchsdiebstahl ein Mangel i.S. des § 651 c BGB darstelle, da sich eine besondere Einbruchsdiebstahlgefahr realisiert habe, die über das allgemeine Lebensrisiko des Klägers hinausgehe. Bereits vor dem streitgegenständlichen Einbruchdiebstahl sei es zumindestens zu einem weiteren Einbruch gekommen; daher sei das Hotel als besonders diebstahlgefährdet anzusehen und das Hotelzimmer habe entsprechende Sicherheitsmängel aufgewiesen. Die Beklagte hätte daher besondere Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Reisenden ergreifen müssen. Schließlich umfasse der Schadensersatzanspruch des Klägers auch die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die erforderlich und zweckmäßig gewesen seien.

8. Der Kläger beantragt zuletzt:

1.

9. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 756,98 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.02.2015 zu zahlen.

2.

10. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine angemessene Entschädigung wegen vertaner Urlaubszeit für den Zeitraum von 04.12.2014 – 09.12.2014, dessen genaue Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch ein Betrag von 157,04 Euro nicht unterschreiten sollte, zu zahlen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.02.2015.

3.

11. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Nebenforderungen in Höhe von 147,56 Euro außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 02.02.2015 zu zahlen.

12. Die Beklagte beantragt,

13. die Klage abzuweisen.

14. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die wechselseitig eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 03.07.2015 verwiesen.

Entscheidungsgründe

15. Die zulässige Klage ist unbegründet.

1.

16. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Ersatz der entwendeten Geldsumme gem. § 651 f Abs. 1 BGB nicht zu.

17. Ein Schadensersatzanspruch nach § 651 f Abs. 1 setzt einen Reisemangel voraus.

18. Ein Reisemangel, den die Beklagte zu vertreten hätte, wird klägerseits nicht ausreichend substantiiert behauptet und dargestellt.

19. Ein Diebstahl als solcher stellt keinen Reisemangel dar, mag er auch den Erholungserfolg der Reise beeinträchtigen, sondern ist grundsätzlich eine Störung, die aus dem allgemeinen Lebensrisiko des Reisenden herrührt, vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.04.2003, 18 U 193/02, NJW-RR 2003, 776.

20. Ein Reisemangel setzt vielmehr voraus, dass eine nach dem Vertrag geschuldete Leistung nicht oder nicht in der gebotenen Weise erbracht wird und aus dem Verantwortungsbereich des Veranstalters stammt, vgl. Palandt 74. Aufl., § 621 c Rdn. 2.

21. Allein aus der Tatsache, dass sich möglicherweise an der Hotelzimmertür alte Einbruchsspuren befunden haben, bedeutet nicht, dass das Hotel besonders sicherheitsgefährdet ist und der Veranstalter daher verpflichtet wäre, weitergehende Maßnahmen zur Sicherheit der Hotelgäste zu ergreifen. Weder wird dargelegt, aus welcher Zeit diese angeblichen Einbruchsspuren stammen sollen noch kann man daraus schließen, dass das Hotel besonders sicherheitsgefährdet ist. Dem Gericht ist mangels Vortrag weder etwas über die Größe, die Lage und die Hotelorganisation bekannt, um beurteilen zu können, ob und welche Sicherheitsmaßnahme ergriffen werden müssten. Weiter hat der Kläger nichts dazu vorgetragen, wie es zu der Entwendung des Geldes aus dem Safe gekommen ist. Wenn er verschlossen war (wie? mit einem Schlüssel oder einer Ziffernfolge) kam es zur Öffnung des Safes, ohne Spuren zu hinterlassen?

22. Um ein Organisationsverschulden der Beklagten und damit einen Mangel zu begründen, bedarf es einer weit umfangreicheren Darstellung der Hotelorganisation und des Nachweises, dass es in dem Hotel aufgrund Sicherheitsfehlers wiederholt zu Einbrüchen gekommen ist, von denen die Beklagte Kenntnis erlangt hat oder im Falle fehlender Kenntnis sich in jedem Fall zuschreiben lassen muss.

23. Daher war die Durchführung einer Beweisaufnahme nicht erforderlich.

2.

24. Aus gleichem Grund besteht auch kein Schadensersatzanspruch auf Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit gem. § 651 f Abs. 2 BGB. Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass ein solcher Anspruch nur in Betracht käme, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung vorläge. Eine Minderung von 20 % stellt keine solche erhebliche Beeinträchtigung dar.

3.

25. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO, der Streitwertbeschluss geht auf § 3 ZPO zurück.

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