Keine Hinweispflicht des Reiseveranstalters auf die Kriminalitätsrate am Urlaubsort
AG Baden-Baden: Keine Hinweispflicht des Reiseveranstalters auf die Kriminalitätsrate am Urlaubsort
Nachdem ihm seine Brieftasche entwendet wurde, verlangt ein Reisender von seinem Reiseveranstalter eine Schadensersatzzahlung, weil dieser ihn nicht über die Kriminalitätsrate am Urlaubsort hingewiesen hatte.
Das Amtsgericht Baden-Baden hat die Klage abgewiesen. Den Veranstalter treffe keine Pflicht, Urlauber über die ortstypischen Kriminalitätsraten zu informieren.
AG Baden-Baden | Aktenzeichen: 16 C 6/11 (Aktenzeichen) |
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AG Baden-Baden: | AG Baden-Baden, Urt. vom 14.11.2011 |
Rechtsweg: | AG Baden-Baden, Urt. v. 14.11.2011, Az: 16 C 6/11 |
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Leitsatz:
2. Reiseveranstalter haben keine Hinweispflicht auf die ortstypische Kriminalitätsrate am Urlaubsort, gegenüber dem Reisenden.
Zusammenfassung:
3. Der Kläger buchte bei der Beklagten, einem Reiseveranstalter, eine Urlaubsreise nach Palma de Mallorca Während des Urlaubs wurde dem Kläger seine Brieftasche im Rotlichtmilieu von Palma de Mallorca entwenden. Der Kläger verlangt von der Beklagten den Ersatz des Geldes das ihm entwendet wurde, denn er ist der Ansicht, dass die Beklagte, als Reiseveranstalter, ihn hätte auf die Kriminalität am Urlaubsort hinweisen müssen.
Der Beklagte verneint eine solche Verantwortung und weigert sich der Zahlung.
Das Amtsgericht Baden-Baden hat die Klage abgewiesen. Den Veranstalter einer Reise treffe keine besondere Verantwortung, auf die Kriminalitätsrate im Urlaubsort hinzuweisen. Aus diesem Grund sei ein Anspruch auf Schadensersatz wegen einer Pflichtverletzung nach §280 I BGB ausgeschlossen.
Vorliegend käme außerdem hinzu, dass den Kläger durch sein Verhalten ein Mitverschulden treffe. Sich nachts in einem Rotlichtviertel mit einer enormen Summe Bargeld aufzuhalten, sei derart fahrlässig, dass ein hypothetisches Verschulden des Veranstalters hinter dem des Geschädigten zurücktrete.
Tenor:
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagtenseite zuvor eine entsprechende Sicherheit leistet.
Tatbestand:
5. Der Kläger hat bei der Beklagten eine Reise nach Playa de Palma auf Mallorca im Zeitraum vom 11. bis zum 16.10.2010 gebucht. Ihm wurde am zweiten Urlaubstag aus der Gesäßtasche sein Geldbeutel durch Trickdiebe im Rotlichtviertel von Palma de Mallorca entwendet. Mit vorliegender Klage begehrt er Ersatz des nach seinem Vortrag vor der Entwendung in der Geldbörse befindlichen Geldbetrages. Er ist der Auffassung, die Beklagte hätte von den Aktivitäten von Rumänenbanden sicherlich Kenntnis gehabt und hätte ihn hierauf bei Buchung hinweisen müssen.
6. Er stellt folgenden Antrag:
7. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 820,00 € nebst 5 Prozent Zinsen hieraus seit 4.12.2010 sowie Rechtsanwaltskosten von 70,39 € zu bezahlen.
10. Sie wendet ein, dass der Kläger den Diebstahl bei der örtlichen Reiseleitung nicht angezeigt habe und für die Höhe des Diebstahls und den Umstand des Diebstahls überhaupt jeglichen Nachweis schuldig geblieben ist. Der defekte Hotelsave sei ebenfalls nicht angezeigt worden, andernfalls hätte durch einen bloßen Batteriewechsel der Defekt behoben werden können. Ansprüche hieraus könnten daher nicht hergeleitet werden. Auch sei die erhöhte Diebstahlsgefahr insbesondere im Rotlichtmilieu von Mallorca allgemein bekannt, sodass das Risiko, das sich hier für den Kläger verwirklicht hab, in das allgemeine Lebensrisiko falle. Im Übrigen hätte der Kläger den Geldbetrag auch an der Rezeption des gebuchten Hotels im Hotelsave verwahren können.
11. Bezüglich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
12. Die zulässige Klage ist nicht begründet.
13. Eine allgemeine Hinweispflicht auf erhöhte Diebstahlsgefahr besteht so wie vom Kläger der Sachverhalt geschildert wurde nicht. Selbst wenn aber eine solche allgemeine Hinweispflicht ausnahmsweise doch angenommen werden könnte, so überwiegt das Mitverschulden des Klägers am Zustandekommen des Schadens soweit, dass ein etwaiges Verschulden der Beklagtenseite hier hinter diesem Beitrag völlig zurücktritt. Der Kläger hat sich alleine nachts in das Rotlichtmilieu von El Arenal begeben und hat hierbei nach seiner Behauptung einen Betrag von 820,00 € in der Gesäßtasche mit sich geführt. Ein solches Verhalten muss als grob fahrlässig eingestuft werden. Hierbei ist noch nicht berücksichtigt, dass der Kläger keinerlei Beweis dafür angeboten hat, dass ihm tatsächlich ein Geldbetrag, egal in welcher Höhe, entwendet worden ist. Aus sämtlichen Gesichtspunkten war daher die Klage abzuweisen.
14. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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