Bestimmung des ausführenden Luftfahrtunternehmens im Sinne von Art. 2 lit. b EG VO 261/2004

AG Köln: Bestimmung des ausführenden Luftfahrtunternehmens im Sinne von Art. 2 lit. b EG VO 261/2004

Der Kläger hatte bei der Beklagten einen Flug gebucht, der sich um mehr als 24 Stunden verspätete. Hierfür forderte er eine Ausgleichszahlung.

Zum ersten Termin erschien die Beklagte nicht, weshalb dem Kläger die Ausgleichszahlung im Versäumnisurteil zugestanden wurde. Hiergegen hat die Beklagte Einspruch eingelegt, aber auch zunächst die Ausgleichszahlung geleistet. Sie behauptet nun, dass der verspätete Flug nicht von ihr, sondern einem anderen Unternehmen durchgeführt wurde, und sie deshalb nicht zahlungspflichtig sei.

Dem folgte das Gericht nicht. Vorliegend habe die Beklagte für den Rückflug lediglich Flugzeug und Crew bei einem dritten Unternehmen gemietet, aber weiterhin das wirtschaftliche und operative Risiko getragen. Damit sei sie auch weiter zahlungspflichtig.

AG Köln 142 C 511/16 (Aktenzeichen)
AG Köln: AG Köln, Urt. vom 07.08.2017
Rechtsweg: AG Köln, Urt. v. 07.08.2017, Az: 142 C 511/16
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Amtsgericht Köln

1. Urteil vom 07. August 2017

Aktenzeichen 142 C 511/16

Leitsätze:

2. Ausführendes Luftfahrtunternehmen im Sinne von Art. 2 lit. b EG VO 261/2004 ist das Unternehmen, das das wirtschaftliche und operative Risiko trägt.

Dies gilt auch im Falle der Anmietung eines Flugzeugs samt Crew von einem dritten Luftfahrtunternehmen, solange das wirtschaftliche und operative Risiko beim ursprünglichen Unternehmen verbleibt.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte bei der Beklagten Hin- und Rückflug auf der Strecke Köln/Bonn – Puerto Plata gebucht. Der Rückflug verspätete sich um mehr als 24 Stunden. Hierfür forderte der Kläger eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 €.

Zum ersten Termin erschien die Beklagte nicht, weshalb dem Kläger die Ausgleichszahlung im Versäumnisurteil zugestanden wurde.

Hiergegen hat die Beklagte Einspruch eingelegt, aber auch zunächst die Ausgleichszahlung geleistet. Sie behauptet nun, dass der verspätete Flug nicht von ihr, sondern einem anderen Unternehmen durchgeführt wurde, und sie deshalb nicht zahlungspflichtig sei, da sie nicht ausführendes Luftfahrtunternehmen im Sinne von Art. 2 lit. b EG VO 261/2004 sei.

Dem folgte das Gericht nicht. Aus den Erwägungsgründen der Verordnung folge, dass das ausführende Luftfahrtunternehmen das sei, das das wirtschaftliche und operative Risiko trage und die Ausführung des Fluges beabsichtigt. Kommt es zu einer Situation, in der dieses Unternehmen ein Flugzeug mit oder ohne Crew von einem anderen Luftfahrtunternehmen mietet und zur Durchführung des Fluges nutzt, führt das nicht automatisch dazu, dass es nicht mehr das ausführende Luftfahrtunternehmen im Sinne von Art. 2 lit. b EG VO 261/2004 ist. Hierfür müsste vielmehr die Ausführung des Fluges in seiner Gesamtheit an das dritte Unternehmen übertragen werden, was auch dem Fluggast mitzuteilen wäre. Hier aber habe die Beklagte weiterhin das wirtschaftliche und operative Risiko getragen und sei dem dritten Unternehmen gegenüber weisungsbefugt gewesen. Damit sei sie ausführendes Luftfahrtunternehmen im Sinne der Norm und auch weiter zahlungspflichtig.

Tenor:

4. Das Versäumnisurteil des Gerichtes vom 19.12.2016 wird mit der Massgabe aufrechterhalten, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 600,00 Euro vom 04.06.2016 bis zum 16.01.2017 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in Höhe von 600,00 Euro erledigt ist.

Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteiles vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages geleistet hat.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

5. Der Kläger nimmt die Beklagte, ein deutsches Luftfahrtunternehmen, auf Ausgleichszahlung nach der EU-Verordnung Nr. 261/2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen vom 11.2.2004 (im Folgenden: FluggastVO) in Anspruch.

6. Der Kläger buchte über die M.Tourismus AG bei der Beklagten am 14.02.2016 einen Flug von Köln/Bonn nach Puerto Plata am 00.00.0000 sowie einen Flug von Puerto Plata nach Köln/Bonn am 00.00.0000. Nach Massgabe der Buchungsbestätigung sollte der Flug der Beklagten XX 000 am 00.00.0000 um 19:45 Uhr in Puerto Plata starten. Der Start verspätete sich. Die Beklagte entschuldigte sich mit Schreiben vom 00.00.0000 bei den Flugästen für die mit dem Flug XX 000 entstandenen Unannehmlichkeiten. Der Flug startete am 00.00.0000 um 21:09 Uhr und erreichte Köln/Bonn um 13:00 Uhr mit einer Verspätung von über 24 Stunden. Die Beklagte erstellte dem Kläger eine Bestätigung, dass der Flug um ca. 25:30 Stunden verspätet war. Ansprüche auf Ausgleichszahlung nach der FluggastVO wies die Beklagte mit Email vom 00.00.0000 zurück.

7. Der Kläger ist der Ansicht, dass ihm nach der Rechtsprechung des EuGH zur grossen Verspätung wegen der über dreistündigen Ankunftsverspätung eine Ausgleichszahlung nach Art. 5, 7 FluggastVO in Höhe von 600,00 Euro zustehe. Die Beklagte sei das den Flug vom 00.00.0000 ausführende Luftfahrtunternehmen gewesen.

8. Die Klage wurde der Beklagten am 27.10.2016 zugestellt. Gegen die im Termin vom 19.12.2016 säumige Beklagte ist ein Versäumnisurteil ergangen, mit dem die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 600,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.06.2016 zu zahlen sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 147,56 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.06.2016 zu zahlen. Gegen das ihr am 06.01.2017 zugestellte Versäumnisurteil hat die Beklagte mit bei Gericht am 06.01.2017 eingegangenen Schriftsatz Einspruch eingelegt. Die Beklagte zahlte nach Rechtshängigkeit an den Kläger 600,00 Euro. Die Klägerin hat den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 24.02.2017 in Höhe von 600,00 Euro für erledigt erklärt.

9. Der Kläger hat sodann beantragt,

10. das Versäumnisurteil des Gerichtes vom 19.12.2016 mit der Massgabe aufrechtzuerhalten, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 600,00 Euro vom 04.06.2016 bis 16.01.2017 zu zahlen sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 147,56 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.06.2016 zu zahlen.

11. festzustellen, dass der Rechtsstreit in Höhe von 600,00 Euro erledigt ist.

12. Die Beklagte beantragt,

13. das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

14. Die Beklagte behauptet, dass der Flug durch das Luftfahrtunternehmen F. ausgeführt worden sei. Dieses Unternehmen habe das Flugzeug und die Crew gestellt.

15. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

16. Der gegen das Versäumnisurteil des Gerichtes vom 19.12.2016 eingelegte Einspruch ist form- und fristgerecht.

17. Er hat in der Sache aber nur teilweise Erfolg, die Klage ist überwiegend begründet.

I.

18. Dabei ist zunächst festzustellen, dass die Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers aus dem Schriftsatz vom 24.02.2017 über einen Betrag in Höhe von 600,00 Euro nicht zustimmte, vielmehr Klageabweisung beantragte, so dass über den in der einseitigen Erledigungserklärung liegenden Antrag auf Feststellung der Erledigung in Höhe von 600,00 Euro zu entscheiden war.

II.

19. Der Feststellungsantrag ist begründet.

20. Dem Kläger stand bis zu dem Zeitpunkt der unstreitig nach Rechtshängigkeit erfolgten Zahlung wegen der mehr als dreistündigen Verspätung des Fluges von Puerto Plata nach Köln/Bonn am 00.00./ 00.00.0000 in entsprechender Anwendung von Art. 5, 7 Abs. 1 lit. a) FluggastVO ein Anspruch auf Ausgleichszahlung in Höhe von 600,00 Euro zu.

21. Die Beklagte ist für den Ausgleichsanspruch passivlegitimiert. Selbst bei Wahrunterstellung des Vortrages der Beklagten, dass der Flug tatsächlich von der F. mit eigenem Flugzeug und eigener Crew durchgeführt wurde, war die Beklagte ausführendes Luftfahrtunternehmen des Fluges XX 000 am 00.00.0000 um 19:45 Uhr von Puerto Plata nach Köln/Bonn.

22. Nach der Begriffsbestimmung in Art. 2 lit. b) der FluggastVO ist ausführendes Luftfahrunternehmen ein Luftfahrtunternehmen, das im Rahmen eines Vertrages mit einem Fluggast oder im Namen einer anderen – juristischen oder natürlichen – Person, die mit dem betreffenden Fluggast in einer Vertragsbeziehung steht, einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt. In den zur Auslegung der FluggastVO heranzuziehenden Erwägungsgründen heisst es in Ziffer 7, dass, damit die Verordnung wirksam angewandt wird, die durch sie geschaffenen Verpflichtungen dem ausführenden Luftfahrtunternehmen obliegen sollen, das einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt und zwar unabhängig davon, ob der Flug mit einem eigenen Luftfahrzeug oder mit einem mit oder ohne Besatzung gemieteten Luftfahrzeug oder in sonstiger Form durchgeführt wird. Hieraus ergibt sich für die Auslegung des Begriffes des ausführenden Luftfahrtunternehmens zunächst entgegen der Ansicht der Beklagten, dass es ohne Bedeutung ist, ob der Flug mit eigenem Gerät und eigener Crew ausgeführt wird. Die Passivlegitimation eines Luftfahrtunternehmens entfällt nicht dadurch, dass es für einen von ihm auszuführenden Flug ein Fluggerät einer anderen Gesellschaft mit der dazugehörigen Crew einsetzt. Damit führen gerade die im Flugverkehr häufigen Fälle der Anmietung eines Flugzeuges, sog. dry-lease, und eines Flugzeuges nebst Crew, sog. wet-lease, nicht dazu, dass das Flugzeug und Crew zur Verfügung stellende Luftfahrtunternehmen nach der FluggastVO an Stelle des Mieters in die Haftung nach der FluggastVO eintritt. Diese im Erwägungsgrund 7 liegende Regelung dient auch dem Schutz des Fluggastes, dem die internen vertraglichen Vereinbarungen zwischen zwei Luftfahrtunternehmen hinsichtlich der Ausführung eines Fluges regelmässig nicht bekannt sind und auch nicht bekannt sein müssen. Er darf sich daher an das Luftfahrtunternehmen halten, das den Flug durchzuführen beabsichtigte, wie Art. 2 lit b) FluggastVO klarstellt. Zudem ergibt sich gerade aus Verwendung der Begriffe „durchführen“ und „durchzuführen beabsichtigt“, dass ausführendes Luftfahrtunternehmen nicht nur das ist, welches Start, Flug und Landung ausführt. Das beabsichtigte Durchführen eines Fluges erfasst bereits dem Wortlaut nach nicht nur den reinen Beförderungsvorgang sondern setzt früher an, was durch das Wort „beabsichtigt“ zum Ausdruck gebracht wird. Erfasst werden folglich auch die Planung, Organisation sowie Anmeldung des Fluges. Die Ausführung eines Fluges beginnt mit der Planung der einzelnen zur Durchführung erforderlichen Schritte, so dass ausführendes Luftfahrtunternehmen das Unternehmen ist, dass die Flugplanung aufnimmt, sie umsetzt und zu Ende bringt und dabei das wirtschaftliche und operative Risiko für das Gelingen trägt. Soweit dabei im Wege des dry oder wet-lease ein anderes Luftfahrtunternehmen in die Planung mit einbezogen wird, kommt es darauf an, ob das wirtschaftliche und operative Risiko und folglich auch die Weisungsbefugnis bei dem ursprünglich die Planung durchführenden Unternehmen für die Dauer der Durchführung des Fluges bleibt. Anderenfalls hätte es das den Flug von Anfang der Planung bis zum Abschluss der Beförderung durchführende Luftfahrtunternehmen in der Hand, den Schutz der FluggastVO dadurch zu umgehen, dass die konkrete Ausführung des Beförderungsvorganges an eine Fluggesellschaft ohne Betriebsgenehmigung in der EU übertragen wird. Etwas anderes kann unter Berücksichtigung des von der FluggastVO verfolgten hohen Schutzniveaus für den Fluggast erst dann gelten, wenn das die Flugplanung ursprünglich einleitende Luftfahrtunternehmen die Planung nebst dem wirtschaftlichen und operativen Risiko an ein anderes Luftfahrtunternehmen abgibt und der Fluggast hierüber ggfs. auch über den Reisevermittler informiert wird (zur Informationspflicht des Luftfahrtunternehmens bei Buchung über einen Reisevermittler: EuGH, Urteil vom 11. Mai 2017 – C-302/16 –, zitiert nach juris). Der Fluggast muss in die Lage versetzt werden zu entscheiden, ob er den Flug mit dem nunmehr ausführenden Luftfahrtunternehmen durchführen will oder nicht. Darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass das in Anspruch genommene Luftfahrtunternehmen das ausführende ist, ist der Fluggast. Indes genügt er seiner Darlegungslast, wenn er darlegt, welches Luftfahrtunternehmen die Planung des Fluges aufgenommen hat. Aufgrund der dem Fluggast nur beschränkt zugänglichen Informationen genügt es vorzutragen, welches Luftfahrtunternehmen im Zeitpunkt der Buchung das ausführende sein sollte. Es ist dann Sache des die Haftung ablehnenden Luftfahrtunternehmens darzulegen, dass es die ursprüngliche Planung aufgegeben und das wirtschaftliche und operative Risiko an ein anderes Luftfahrtunternehmen übertragen und dies auch dem Fluggast gegenüber kundgetan hat. Insoweit besteht eine sekundäre Darlegungslast, da es sich um Umstände handelt, die ausschliesslich in dem Wahrnehmungsbereich des zunächst mit der Planung befassten Unternehmens liegen.

23. Auf dieser Grundlage ist vorliegend festzustellen, dass die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen ist und daher der Vortrag des Klägers die Beklagte sei weiterhin das ausführende Luftfahrtunternehmen gewesen, selbst dann als zugestanden anzusehen ist, wenn der Flug tatsächlich von der F. mit eigenem Flugzeug und eigener Crew ausgeführt worden sein sollte; denn hierin liegt nach dem soeben Gesagten lediglich ein Anzeichen für eine Durchführung des Fluges durch die Beklagte unter Beteiligung eines anderen Luftfahrtunternehmens im Wege des Wet-Lease, was jedoch nicht zur Enthaftung der Beklagten führt. Der Kläger hat durch Vorlage der Buchungsbestätigung der M. substantiiert dargelegt, dass der Flug ursprünglich von der Beklagten ausgeführt werden sollte. Dies ergibt sich aus der Angabe des IATA Code der Beklagten XX und die Flugnummer 000 in der Buchungsbestätigung (Bl. 5 d.A.). Dass es sich hierbei um eine Bestätigung des Reisevermittlers handelt ist unerheblich; denn hierbei handelt es sich um eine Buchung im Sinne von Art. 2 lit g) FluggastVO aus der sich ergibt, dass die Buchung des Klägers von der Beklagten akzeptiert wurde. Dass diese Angabe in der Buchungsbestätigung im Zeitpunkt der Buchung am 00.00.0000 falsch war, behauptet die Beklagte auch mit dem Schriftsatz vom 04.05.2017 nicht, so dass unstreitig ist, dass die Beklagte im Sinne von Art. 2 lit. b) ursprünglich beabsichtigte, den Flug durchzuführen. Dass aber die Beklagte ihre Flugplanung aufgegeben und diese von der F. unter Information des Klägers übernommen wurde, wird von der Beklagten nicht behauptet. Die vorgelegten Schriftstücke sprechen auch dagegen. So ist in dem unmittelbar vor dem Flug am 00.00.0000 dem Kläger erteilten Information von einer Durchführung des Fluges durch eine andere Gesellschaft genauso wenig die Rede wie in den dem Flug nachfolgenden Schriftverkehr ( Bl. 8, 13 d.A.). Tatsächlich wird sowohl in der Verspätungsbestätigung als auch in der Mitteilung vom 00.00.0000 der IATA Code der Beklagte XX und die Flugnummer 000 wiederholt. Soweit die Beklagte behauptet, dass in den Verlautbarungen über den Flug und an den Fluganzeigen der IATA Code der F. angegeben wurde, ist der Vortrag zu den Verlautbarungen unsubstantiiert, da nicht angegeben wird, welche dies sein sollten, insbesondere aber ob sie dem Kläger gegenüber abgegeben wurden, zudem weisen die durch den Kläger vorgelegten Verlautbarungen das Gegenteil aus. Ob aber auf Anzeigetafeln der Code XX erschien ist unerheblich; denn alleine hieraus ergibt sich nicht, dass die Beklagte das wirtschaftliche und operative Risiko nebst Weisungsbefugnis an die F. abgegeben hat und es sich nicht nur um eine Durchführung des Fluges im Wege des wet-lease handelte.

24. Die weiteren Voraussetzungen des Anspruches liegen vor. Die Vorschriften der Art. 5 und 7 FluggastVO finden entsprechend auf Fälle Anwendung, in denen ein Flug zwar nicht nach dem Wortlaut der Verordnung „annulliert“ wurde, wohl aber so verspätet war, dass der Fluggast sein Endziel nicht früher als drei Stunden nach der von dem Luftfahrtunternehmen ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreicht, sog. große Verspätung (EuGH, „Sturgeon“, Rs. C-402/07 und C-432/07, Urteil v. 19.11.2009). Unstreitig war der Kläger in Besitz eines Flugscheines für den streitgegenständlichen Flug und fand sich auch rechtzeitig zur Abfertigung ein. Der Flug war weiter unstreitig mehr als 3 Stunden verspätet. Die Rechtsfolge ist, dass dem der Kläger ein Anspruch auf 600,00 Euro zusteht, da die Entfernung nach der Methode der Grosskreisentfernung zwischen Puerto Plata und Köln/Bonn über 3.500 km liegt (Art. 7 Abs. 1 lit. c).

III.

25. Der Zinsanspruch beruht auf Verzug gemäss § 286, 288 BGB. Die Beklagte hat Ansprüche nach der FluggastVO mit Email vom 00.00.0000 ernsthaft und endgültig zurückgewiesen, so dass die Beklagte mit der Zahlung der geschuldeten 600,00 Euro zum 00.00.0000 gemäss § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB ohne Mahnung in Verzug geriet. Der Verzug endete mit Eingang der Zahlung bei den Bevollmächtigten des Klägers am 17.01.2017. Eine frühere Gutschrift ist nicht feststellbar. Für die Erfüllung durch Gutschrift auf dem Konto der Klägerin ist die Beklagte aber darlegungs- und beweisbelastet. Soweit die Beklagte behauptet, dass die Überweisung von dem Konto der Beklagten am 05.01.2017 ausgeführt worden sei, liegt darin kein Vortrag zu der Gutschrift bei den Bevollmächtigten der Klägerin. Dementsprechend ist der Vortrag des Klägers zu einer Gutschrift erst am 17.01.2017 der Zinsberechnung zugrundezulegen.

26. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten kann der Kläger nicht beanspruchen. Die Beauftragung der Bevollmächtigten mit der Wahrnehmung der Interessen des Klägers erfolgte unstreitig vor dem 00.00.0000, so dass ein Anspruch aus § 286 BGB nicht besteht; die Beauftragung der Anwälte war nicht Verzugsfolge. Ein Anspruch aus §§ 280, 281 BGB iVm dem Anspruch des Klägers auf Ausgleichszahlung in entsprechender Anwendung der Art. 5, 7 FluggastVO besteht ebenfalls nicht (vgl. BGH NJW 2016, 2883-2885). Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die Beklagte ihre aus Art. 14 FluggastVO resultierenden Pflichten auf Information des Klägers über seine Rechte verletzt hat.

IV.

27. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 92 Abs. 2, 708 Nr.11, 711 ZPO.

V.

28. In Hinblick auf die bislang noch nicht höchstrichterlich geklärte Frage, ob ausführendes Luftfahrtunternehmen nur das Unternehmen ist, welches den Flug mit eigener Crew und eigenem Fluggerät durchführte, und zur Fortbildung des Rechtes ist die Berufung gemäss § 511 Abs. 4 ZPO zuzulassen.

29. Streitwert: 600,00 Euro

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