Aufwendungsersatzanspruch bei zum Hotelwechsel führenden Hotelmängeln

AG München: Aufwendungsersatzanspruch bei zum Hotelwechsel führenden Hotelmängeln

Die Klägerin hatte bei der Beklagten einen Hotelaufenthalt gebucht und durchgeführt. Im Rahmen dessen wurde sie durch ganztägige Bauarbeiten, ein unzureichendes Buffet, Insekten im Zimmer und Verschmutzung des zu kleinen Strandes gestört. Der Reiseleiter vor Ort bot lediglich einen Wechsel in ein höherklassiges Hotel gegen Aufpreis an. Die Klägerin verlangt Minderung des Reisepreises und Erstattung des Aufpreises.

Das Gericht gab dem weitestgehend statt. Daher sei sowohl der Reisepreis zu mindern als auch der Aufpreis zu erstatten.

AG München 274 C 18111/15 (Aktenzeichen)
AG München: AG München, Urt. vom 06.04.2016
Rechtsweg: AG München, Urt. v. 06.04.2016, Az: 274 C 18111/15
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Amtsgericht München

1. Urteil vom 06. April 2016

Aktenzeichen 274 C 18111/15

Leitsätze:

2. Ständige Belastung durch Baulärm im Hotel und am Strand ist ein Reisemangel.

Die unzureichende Befüllung des Buffets ist ein Reisemangel.

Bietet ein Reiseanbieter zur Abhilfe von Reisemängeln nur den Umzug in ein höherklassiges Hotel gegen einen Aufpreis an, so ist dieser Aufpreis nicht gerechtfertigt.

Zusammenfassung:

3. Die Klägerin hatte bei der Beklagten gemeinsam mit einer Begleitung einen Hotelaufenthalt gebucht und durchgeführt. Im Rahmen dessen wurde sie durch verschiedenes gestört: Es gab ganztägige Bauarbeiten mit entsprechender Lärmbelästigung, ein unzureichendes Buffet und Insekten im Zimmer. Der Strand sei zu klein gewesen und Strand und Meer verschmutzt. Im Spa-Bereich sei keine Geschlechtertrennung erfolgt. Der Reiseleiter vor Ort bot nach der Beschwerde durch die Klägerin lediglich einen Wechsel in ein höherklassiges Hotel gegen Aufpreis an. Dies nahm die Klägerin an. Sie verlangt Minderung des Reisepreises und Erstattung des Aufpreises.

Das Gericht gab dem weitestgehend statt. Die Lärmbelästigung durch die Bauarbeiten, die zu geringe Befüllung des Buffets und die Insekten im Zimmer seien tatsächlich Mängel gewesen, da die Beklagte durch diese Umstände die geschuldete Leistung nicht fehlerfrei erbrachte. Die Verschmutzung und Enge des Strandes habe sich hingegen in einem Rahmen bewegt, der hinzunehmen gewesen sei. Gleiches gelte für die fehlende Geschlechtertrennung bei Massagen, da diese auch im Badeanzug möglich gewesen seien. Die Mängel hätten eine Abhilfepflicht der Beklagten begründet, der diese nicht nachkam, indem sie nur gegen Aufpreis einen Umzug anbot. Daher sei sowohl der Reisepreis zu mindern als auch der Aufpreis zu erstatten. Die Minderung für die Tage im mangelhaften Hotel betrage 30 %, für den Umzugstag wegen der damit verbundenen Unannehmlichkeiten 50 %.

Tenor

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 592,97 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10.11.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 50,7% und die Beklagte 49,3% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

5. Die Klägerin begehrt Minderung und Aufwendungsersatz aus einem Pauschalreisevertrag.

6. Die Klägerin buchte für sich und die Zeugin … eine Pauschalreise nach … (Zeitraum 24.07.2014 bis 07.08.2014) zu einem Gesamtreisepreis in Höhe von 1.600 €. Die Unterbringung erfolgte in einem Doppelzimmer im Hotel … .

7. Am 25.07.2014 bot der örtliche Reiseleiter der Klägerin den Umzug in das 5 Sterne-Hotel (…) gegen einen Aufpreis von 30 € pro Person und Nacht an. Die Klägerin lehnte das Angebot zunächst ab, zog am 31.07.2014 dann aber doch in das angebotene Hotel um. Die Klägerin zahlte hierfür einen Aufpreis in Höhe von 550 €.

8. Die Klägerin reichte am 26.07.2014 eine schriftliche Mängelanzeige beim örtlichen Reiseleiter … der Beklagten ein. In dieser Mängelanzeige erklärte die Klägerin, dass sie die darin genannten Mängel bereits am 25.07.2014 angezeigt hätte. Für den Inhalt der Mängelanzeige wird auf Anlage K 8 verwiesen.

9. Die Klägerin zeigte die Mängel bei der Beklagten mit Schreiben vom 13.08.2014 nochmals an und setzte eine Frist bis zum 25.08.2014 zur Beantwortung des Schreibens und zur Abhilfe (Anlage K 13). Die Mitreisende … trat ihre Ansprüche gegen die Beklagte an die Klägerin ab. Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.08.2014 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung von 550 € bis zum 12.09.2014 auf (Anlage K 14).

10. Die Beklagte erkannte mit Schreiben vom 15.09.2014 eine Minderung des Reisepreises in Höhe von 250 € an und zahlte diesen Betrag an die Klägerin.

11. Die Klägerin forderte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben zur Zahlung weiterer 1.203,46 € sowie zur Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten bis zum 09.11.2014 auf (Anlage K 16).

12. Die Klägerin behauptet, dass es durchgehend erheblichen Baulärm im Hotel gegeben habe, dass insbesondere Kettensägen und Hammerschläge zu hören gewesen seien. Einige Hotelzimmer und der Spa-Bereich seien noch nicht fertig gestellt gewesen. Der Lärm habe von ca. 08:00 Uhr bis in den Nachmittag (ca. 15:00 bis 16:00 Uhr) angedauert. Der Lärm sei sowohl beim Frühstücken als auch am Pool bzw. Strand deutlich zu hören gewesen. Des Weiteren habe sie im Zeitraum vom 26.07.2014 bis zum 29.07.2014 21 Ohrenkäfer nachts in ihrem Hotelzimmer vorgefunden, was sie sofort an der Rezeption moniert habe. Das Zimmer sei daraufhin mit Insektiziden behandelt worden. Aber die Käfer seien dennoch am 30.07.2014 wieder gekommen. Andere Hotelzimmer seien gleichfalls von Käfern befallen gewesen. Die Verpflegung sei auch unzureichend gewesen. Insbesondere seien die Tische erst auf Nachfrage abgeräumt und neu eingedeckt worden. Die Speisen im Bereich des Buffets seien nur äußerst langsam nachgefüllt worden. Die Speisenauswahl sei spärlich und viele Speisen zum Teil ungenießbar gewesen. Häufig seien halbleere Salat- oder Fleisch-Gedecke zu erblicken gewesen. Die Servicekräfte hätten unkoordiniert agiert und seien teilweise unfreundlich gewesen. Der Strandbereich sei zu klein bemessen und vollkommen überlaufen gewesen. Es seien nicht genügend Liegen vorhanden gewesen. Diese seien überwiegend defekt gewesen. Teilweise sei von ihr ein Entgelt für die Nutzung der Strandliegen verlangt worden, obwohl dies im Reisepreis enthalten gewesen sei. Außerdem sei der Strandbereich erheblich verschmutzt gewesen. Die Wasserqualität hätte sich in einem bedenklichen Zustand befunden, weil Müll im Meer geschwommen sei und ein Schwarm toter Fische im Meer getrieben habe. In der Strandbar seien die von der Klägerin georderten Softdrinks oftmals nicht mehr verfügbar gewesen. Des Weiteren habe sich der Wellnessbereich in einem inadäquaten Zustand befunden. Drei Zimmer seien als „provisorische Wellnesszimmer“ eingerichtet worden, in denen Massagen durchgeführt worden seien. Die Intimsphäre der Urlaubsgäste sei nicht gewahrt worden, weil die weiblichen Gäste ihre Anwendungen im selben Bereich bekommen hätten wie die männlichen Gäste. Die in der Pauschalreise enthaltenen 16 Anwendungen hätten nicht zur Verfügung gestanden. Das weibliche Personal hätte noch nicht einmal Englisch gesprochen. Die Reiseleitung sei zwischen dem 26.07.2014 und dem 30.07.2014 nicht telefonisch erreichbar gewesen. Am 29.07.2014 sei auch die Notfallnummer der Reiseleitung nicht besetzt gewesen. Die Klägerin behauptet, dass der Umzug in das 5-Sterne-Hotel wegen der miserablen Zustände im ersten Hotel notwendig gewesen sei. Sie hätte einen Umzug ohne Aufpreis in ein anderes 4-Sterne-Hotel bevorzugt, aber der Reiseleiter hätte behauptet dass nur eine Unterbringung in einem Ersatzhotel der Kategorie 5 Sterne möglich sei. Die Klägerin habe jedoch über das Internet freie Zimmer anderer 4-Sterne-Hotels des Reiseveranstalters erfolgreich recherchiert. Der Reiseleiter sei hierauf aber nicht eingegangen. Die Internetrecherche habe acht Stunden gedauert und 22,50 € gekostet. Für den Umzug seien Taxikosten in Höhe von 10 € angefallen.

13. Die Klägerin beantragt,

14. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.203,46 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.11.2014 zu zahlen.

15. Die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von weiteren 112,75 € außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.

16. Die Beklagte beantragt,

17. die Klage abzuweisen.

18. Die Beklagte behauptet, dass die Klägerin keine Leistungsbeschreibung vorgelegt habe und sich daher keine negative Abweichung bestimmen lasse. Die Klägerin sei ferner nicht aktivlegitimiert und die Ansprüche der Mitreisenden … verfristet. Der Vortrag zum Baulärm sei unsubstantiiert. Insekten seien als ortsüblich hinzunehmen. Beim Buffet seien leere Behälter innerhalb von 10 Minuten nachgefüllt worden. Ein Wellnessbereich sei nicht geschuldet gewesen, vertraglich vereinbarte Leistungen seien angeboten worden. Es habe weder ein Anspruch auf eine bestimmte Größe des Strandabschnitts noch auf eine Liege bestanden. Das Meerwasser und der Strand seien nicht zu beanstanden gewesen. Der Umzug habe auf der eigenen Entscheidung der Klägerin basiert und sei nicht im Rahmen einer Abhilfemaßnahme erfolgt. Die Reiseleitung sei telefonisch und persönlich vor Ort erreichbar gewesen.

19. Es hat eine Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen … stattgefunden. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.03.2016 verwiesen.

20. Ergänzend zum Tatbestand wird auf alle wechselseitigen Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

21. Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

22. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 592,97 € aufgrund der Minderung des Reisepreises (§§ 651 d, 638, 346 Abs. 1 BGB) und der Aufwendungsersatzpflicht der Beklagten (§ 651c Abs. 3 BGB). Die Aktivlegitimation liegt auch hinsichtlich der Ansprüche der Zeugin … vor, weil diese ihre Ansprüche zur Überzeugung des Gerichts wirksam an die Klägerin abgetreten hat (Anlage K 20).

23. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Minderung des Reisepreises gemäß § 651 d BGB zu, da die Reise fehlerhaft im Sinne von § 651 c Abs. 1 BGB war. Der Reisepreis ist für den Zeitraum vom 24.07.2014 bis zum 30.07.2014 im Gesamtumfang von 30 % gemindert.

24. Der Baustellenlärm stellt unzweifelhaft einen schwerwiegenden Reisemangel dar (Führich, Reiserecht, 7. Auflage, § 9, Rn. 73). Es steht auf Grund der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest, dass erheblicher Lärm in dem zugewiesenen Hotel … bestand, der von morgens bis abends anhielt. Die glaubwürdigen Zeugen … haben übereinstimmend glaubhaft erheblichen Baulärm geschildert und, dass Bauarbeiten im geplanten Wellnessbereich stattgefunden hätten. Die Zeugen schilderten den Vorgang lebensnah, nachvollziehbar und zusammenhängend. Die Zeugen waren sich zwar bei manchen Fotos nicht sicher, ob sich diese auf das Hotel … oder dessen näher am Strand gelegenes Schwesterhotel beziehen. Dies stellt die Glaubhaftigkeit der Aussagen aber nicht in Frage. Die Hotels sehen sich offenkundig ähnlich und auch beim Schwesterhotel befand sich eine Baustelle. Die Zeugen waren sich jedenfalls bei den Fotos mit der sichtbaren blauen Plastikverkleidung (vor allem bei den Fotos der Anlage K 6) einig, dass diese die Baustelle des geplanten Wellnessbereichs des Hotels … zeigten. Auch den baustellenbedingten Lärm haben die Zeugen übereinstimmend wahrgenommen. Der Umstand, dass das Schwesterhotel ebenfalls eine Baustelle besaß, rechtfertigt gleichfalls eine Minderung. Denn die Hotelgäste des Hotels … sollten den Strandbereich des Schwesterhotels mitbenutzen. Dadurch waren die Gäste dem Baustellenlärm aber auch am Strand ausgesetzt. Dies bekundete die Zeugin … überzeugend.

25. Die Zeugin … ist auch glaubwürdig. Zwar hat sie ein Interesse am Ausgang des Verfahrens, weil die Klägerin auch ihre Ansprüche geltend macht. Aber ihre Aussage zeigte keine erkennbare Begünstigungstendenz. Die Zeugin räumte z.B. auch ein, dass sie die Anzahl der Käfer – ein für die Beweisführung relevanter Punkt – nicht mehr genau wisse. An der Glaubwürdigkeit der Zeugen … bestehen ebenfalls keine Zweifel.

26. Ein weiterer Reisemangel besteht in dem Eindringen einer erheblichen Anzahl von nachts in das Zimmer krabbelnden Käfern verbunden mit der Behandlung des Zimmers mit Insektiziden (vgl. zur Rspr. betreffend Ungeziefer: Führich, Reiserecht, 7. Auflage, § 9, Rn. 88). Die Klägerin hatte vorgetragen, dass zumindest 21 Käfer in ihrem Zimmer gewesen seien. Die Zeugin … bekundete, dass sie nicht mehr genau wisse, wie viele Käfer in das Zimmer eingedrungen seien. Sie habe nach einem Dutzend das Zählen aufgehört. Außerdem sei das Zimmer mehrfach ausgeräuchert worden. Unabhängig von der genauen Anzahl der Käfer war die Belästigung doch erheblich, zumal die Käfer nachts aktiv waren und den Schlaf der Klägerin und der Zeugin … in nachvollziehbarer Weise beeinträchtigt haben. Die Behandlung des Zimmers mit Insektiziden, die die Zeugin … auch olfaktorisch wahrgenommen hat, mindert gleichfalls die Qualität des Aufenthalts.

27. Das sehr unzureichend gefüllte Buffet stellt ebenfalls einen (wenn auch weniger gewichtigen) Reisemangel dar. Zwar ist es grundsätzlich als bloße Unannehmlichkeit bzw. sogar als allgemeines Lebensrisiko hinzunehmen, dass andere Personen vor einem das Buffet erreichen und man nicht die volle Auswahl vorfindet bzw. warten muss (vgl. Führich, Reiserecht, 7. Auflage, § 9, Rn. 78 ff.). Im hiesigen Fall waren die Umstände aber besonders, weil das Buffet fast durchweg eine äußerst eingeschränkte Auswahl aufwies (zum eingeschränkten Umfang des Buffets als Reisemangel: AG Rostock, Urteil vom 10.12.2014, Az.: 47 C 210/14 – juris Rn. 35). Diese eingeschränkte Auswahl beruhte darauf, dass sich eine Gruppe russischer Staatsangehöriger zu Beginn des Buffets die Teller übermäßig gefüllt hatte und das Hotelpersonal das Buffet dann nur sehr unzureichend nachgefüllt hat. Für diese Unzulänglichkeit der Verpflegung ist auch wertungsmäßig das Hotelpersonal verantwortlich, das entweder mehr Essen zur Verfügung stellen oder gegen das Fehlverhalten der Gruppe russischer Gäste hätte einschreiten müssen.

28. Die Zeugin … bekundete glaubhaft, dass die russischen Staatsangehörigen das Buffet regelrecht geplündert hätten. Diese Gruppe hätte bei Eröffnung des Buffets bereits vor dem Eingang gewartet. Dann hätten sie sich die Teller vollgeladen, ein paar Mal darin rumgestochert und sich dann einen neuen Teller geholt. Es sei kaum noch etwas übrig geblieben, nachdem sich die russischen Staatsangehörigen bedient hätten. Sie habe manchmal nur einen trockenen Reis gegessen. Diese Angaben werden durch die Aussagen der Zeugen … bestätigt. Der Zeuge … teilte glaubhaft mit, dass sehr viele russische Staatsangehörige sich die Teller vollgeladen, aber diese nicht leer gegessen hätten. Die Fotos in den Akten würden den Zustand eine halbe Stunde nach Eröffnung des Buffets zeigen. Das Personal hätte Probleme gehabt, das Buffet aufzufüllen. Es habe immer nur einzelne Bereiche aufgefüllt, aber es hätte dann nie ein komplettes Buffet gegeben. Die Zeugin … äußerte sich ebenfalls dahingehend, dass russische Staatsangehörige sich besonders viel auf die Teller geladen hätten. Gegen Entgelt sei das Essen auch direkt an deren Platz geliefert worden. Dann habe kaum noch etwas für die anderen Gäste zur Verfügung gestanden. Die Fotos würden den Zustand zeigen, den sie typischerweise vorgefunden habe.

29. Die Aussagen sind glaubhaft, insbesondere haben die Zeugen diesen Vorgang sehr lebhaft und nachvollziehbar geschildert.

30. Die Reisemängel sind bei der Reiseleitung am zweiten Urlaubstag angezeigt worden. Einen Tag später wurde auch eine schriftliche Mängelanzeige durch die Klägerin verfasst. Der Lärm und die Zustände am Buffet waren dem Hotelpersonal aber unabhängig von einer Mängelanzeige bekannt. Die Zeugin … bekundete glaubhaft, dass sie der Reiseleitung am zweiten Urlaubstag den Lärm, die Zustände am Buffet und das Problem mit den Käfern im gemeinsamen Zimmer mitgeteilt habe. Dies wird bestätigt durch die Aussage des Zeugen …, wonach der Reiseleiter am zweiten Urlaubstag eine Sprechstunde abgehalten habe, in der sich mehrere Mitreisende beschwert hätten.

31. Für den Zeitraum von 7 Tagen (24.07.2014 bis einschließlich 30.07.2014) trat eine Minderung in Höhe von 30 % des Tagesreisepreises (106,67 €) ein, mithin in Höhe von 224 €. Für die Berechnung des Tagesreisepreises wurde die komplette Reisedauer zu Grunde gelegt (AG München, Urteil vom 27.10.2015, Az.: 242 C 16844/15). Für den Umzugstag (31.07.2014) ist eine Minderung in Höhe 53,34 € (= 50 % des Tagesreisepreises) wegen der damit verbundenen Unannehmlichkeiten und dem zeitlichen Aufwand von 50 % des Tagesreisepreises anzusetzen (AG Köln, Urteil vom 06.03.2008, Az.: 134 C 419/07, juris Rn. 21).

32. Die Mehrkosten in Höhe von 550 € für den Umzug in ein anderes Hotel sind der Klägerin zu erstatten, § 651 c Abs. 3 Satz 1 BGB, weil der Reiseleiter (§ 278 BGB) der Beklagten seine Pflicht zur Abhilfe der Reisemängel verletzt hat. Aufgrund der erheblichen Reisemängel hatte die Klägerin einen Anspruch auf kostenfreie Abhilfe, den der Reiseleiter pflichtwidrig ablehnte, indem er nur ein anderes Hotel – allerdings einer höheren Kategorie – gegen Aufpreis anbot, obwohl andere Hotels derselben Kategorie und desselben Reiseveranstalters über freie Hotelzimmer verfügten. Die Klägerin und die Zeugin … hatten Alternativen über das Internet recherchiert (Anlage K 11) und dem Reiseleiter ihre Rechercheergebnisse mitgeteilt. Dennoch lehnte der Reiseleiter diese Alternativen ab. Dies steht aufgrund der glaubhaften Aussage der Zeugin … zur Überzeugung des Gerichts fest. Die Klägerin kann die Mehrkosten in Höhe von 550 € als Aufwendungsersatz geltend machen (vgl. AG Köln, Urteil vom 06.03.2008, Az.: 134 C 419/07, juris Rn. 21).

33. Die Kosten der Internetnutzung in Höhe von 22,50 € zur Recherche anderer freier Hotelzimmer sind nur in Höhe von 5,63 € ersatzfähig. Acht Stunden waren für die Internetrecherche erkennbar nicht erforderlich. Vielmehr hätten zwei Stunden nach Schätzung des Gerichts (§ 287 ZPO) vollkommen ausgereicht.

34. Die Taxikosten in Höhe von 10 € zum Zwecke des Umzugs sind ebenfalls ersatzfähig (vgl. AG Köln, Urteil vom 06.03.2008, Az.: 134 C 419/07, juris Rn. 21).

35. Der Gesamtanspruch aus Minderung und Aufwendungsersatz in Höhe von 842,97 € ist durch Erfüllung in Höhe von 250 € erloschen, § 362 BGB.

36. Die Ansprüche sind nicht verfristet gemäß § 651g BGB, da die Klägerin im Schreiben vom 13.08.2014 an die Beklagte auch für die Zeugin … Ansprüche geltend gemacht hat. Die Klägerin verwendet in diesem Schreiben mehrfach die Pluralform. Von einem juristischen Laien kann man nicht erwarten, dass er sich juristisch präziser im Sinne einer Stellvertretung ausdrückt.

37. Keine erheblichen Mängel stellen dagegen die nachfolgenden Umstände dar:

38. Der Vortrag, dass das Personal teilweise unfreundlich und dessen Verhalten unkoordiniert gewesen sei, begründet keinen Reisemangel. Eine konkrete Beeinträchtigung der Reise hierdurch ist nicht nachvollziehbar dargelegt.

39. Der Vortrag, dass das Essen ungenießbar gewesen sei, führt ebenfalls nicht zur Annahme eines Reisemangels. Der Vortrag ist bereits zu vage und unsubstantiiert. Darüber hinaus war das Essen „essbar“ und damit genießbar, wie der Zeuge … überzeugend darlegte. Jedenfalls war das Essen nicht von objektiv solch schlechter Qualität, dass man es als „objektiv“ ungenießbar qualifizieren könnte. Das unzureichend gefüllte Buffet (quantitativer und nicht qualitativer Einwand) wurde bereits berücksichtigt.

40. Auch der Vortrag, dass der Strandbereich zu klein gewesen sei, rechtfertigt nicht das Vorliegen eines Reisemangels. Der Vortrag ist bereits zu vage und damit unsubstantiiert. Es handelt sich vorliegend um eine bloße Unannehmlichkeit. Gleiches gilt für die Schwierigkeit zur Erlangung einer Strandliege. Die Zeugin … führte aus, dass man entweder sehr früh oder sehr spät hätte kommen müssen, um eine Liege am Strand zu finden und dass der Strand sehr voll gewesen sei. Dieser – für Menschenansammlungen typische – Umstand ist dem Bereich bloßer Unannehmlichkeiten zuzurechnen, der entschädigungslos hinzunehmen ist.

41. Ferner greift der Einwand nicht durch, dass von der Klägerin georderte Softdrinks an der Strandbar oft nicht verfügbar gewesen seien. Der Vortrag ist nicht hinreichend substantiiert. Die Klägerin hat nicht dargetan, welche Drinks sie wann bestellen wollte und ob das Vorhalten ihrer Wunschgetränke überhaupt vertraglich geschuldet gewesen sei. Es liegt auch hier eine bloße Unannehmlichkeit vor.

42. Es ist auch nicht bewiesen, dass der Strand übermäßig verschmutzt gewesen sei. Jedenfalls sind die auf den Fotos erkennbaren Verschmutzungen noch dem Bereich bloßer Unannehmlichkeiten zuzuordnen.

43. Die angeblich schlechte Wasserqualität rechtfertigt ebenfalls keine Minderung. Die Zeugin … bekundete, dass das Wasser eine weißliche Farbe gehabt hätte und etwas schlammig gewesen sei. Das 6. Foto der Anlage K 5 zeigt ein etwas schlammiges Wasser, allerdings sind auf den Fotos 1 und 3 der Anlage K 5 auch Personen beim Baden und ein bläuliches Wasser zu sehen. Es ist damit nicht zur Überzeugung des Gerichts bewiesen, dass das Wasser eine unzumutbar schlechte Qualität hatte. Außerdem stand ein Pool zur Verfügung (Vortrag auf Seite 2 der Klageschrift).

44. Der Umstand, dass im Wellnessbereich nicht zwischen männlichen und weiblichen Gästen getrennt worden sei, begründet vorliegend keinen Reisemangel. Zunächst steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass tatsächlich keine Trennung erfolgte. Die Beweisaufnahme war diesbezüglich nicht ergiebig. Aber selbst bei Fehlen einer Trennung hätte die Klägerin diesen Umstand auch z.B. bei der Rezeption ansprechen und so einen Termin vereinbaren können, zu dem sichergestellt wird, dass keine männliche Person im selben Raum ist. Zudem muss man sich bei den Anwendungen auch nicht komplett ausziehen, sondern kann dies auch im Badeanzug genießen, weshalb eine fehlende Trennung zwischen männlichen und weiblichen Gästen ohnehin nur eine Unannehmlichkeit darstellen würde. Die klägerische Behauptung, dass die zugesagten Anwendungen schon nicht zur Verfügung gestanden hätten, wurde durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt. Die Zeugen … nutzten die Massageanwendungen.

45. Die Nebenforderung beruht auf §§ 280, 286, 288 BGB. Die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sind jedoch nicht erstattungsfähig, weil sich die Beklagte bei Beauftragung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin noch nicht im Verzug befand. Das Schreiben der Klägerin vom 13.08.2014 enthielt keine konkrete Zahlungsaufforderung.

46. Die Kostenentscheidung basiert auf § 92 Abs. 1 ZPO.

47. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11,711 ZPO.

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