Vogel im Triebwerk ist ein außergewöhnlicher Umstand

LG Frankfurt: Vogel im Triebwerk ist ein außergewöhnlicher Umstand

Die Kläger begehrten von der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen, eine Ausgleichzahlung wegen einer Flugverspätung. Der von den Klägern gebuchte Flug war erst mit einer Verspätung von rund 24 Stunden durchgeführt worden, weil ein Vogel in ein Triebwerk der Maschine geraten war. Die Beklagte beruft sich hier jedoch auf einen haftungsbefreieunden außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 und weigerte sich bisher sie geforderten Ausgleichszahlungen zu zahlen.

Das Landgericht Frankfurt weist die Klage ab.  Die Kläger haben keinen Anspruch auf eine Ausgleichzahlung im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b, Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 261/2004, weil hier ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vorliegt, der die Beklagte von ihrer Haftung befreit. Ein Vogel in einem Triebwerk eines Flugzeuges sei ein sehr seltenes und unvorhersehbares Ereignis. Es könne von Luftfahrtunternehmen nicht verlangt werden, dass sie für ein derartiges Ereignis haften müssten.

LG Frankfurt 2-24 S 111/12 (Aktenzeichen)
LG Frankfurt: LG Frankfurt, Urt. vom 29.11.2012
Rechtsweg: LG Frankfurt, Urt. v. 29.11.2012, Az: Aktenzeichen
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Landgericht Frankfurt

1. Urteil vom 29. Novembr 2012

Aktenzeichen: 2-24 S 111/12

Leitsatz:

2. Der Anspruch eines Flugreisenden auf Leistung einer Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 EGV 261/2004 scheidet wegen des Vorliegens eines außergewöhnlichen Umstands im Sinne von Art. 5 Abs. 3 EGV 261/2004 aus, wenn ein Triebwerk durch Vogelschlag bei der Landung des Flugzeugs eintritt.

Zusammenfassung:

3. Die Kläger buchten bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen, einen Flug, welcher jedoch erst mit einer Verspätung von rund 24 Stunden durchgeführt werden konnte. Grund hierfür war, dass ein Vogel in ein Triebwerk der Maschine geraten ist, was auch als Vogelschlag bezeichnet wird.

Die Kläger begehrten von der Beklagten eine Ausgleichzahlung wegen der Verspätung im Sinne des  Art. 7 Abs. 1 Buchst. b i. V. m. Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 261/2004. Die Beklagte weigerte sich jedoch der Zahlung, da sie der Ansicht war, dass ein Vogel im Triebwerk einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 begründet, welcher eine Haftungsbefreiung für das Luftfahrtunternehmen bedeute.

Das Landgericht Frankfurt hält die Ansicht der Beklagten für gerechtfertigt und lehnt folglich den Anspruch der Kläger auf eine Ausgleichzahlung im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b, Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 abgelehnt.

Ein Vogel in einem Triebwerk eines Flugzeuges ist ein unvorhersehbares Ereignis auf das das Luftfahrtunternehmen keinen Einfluss haben und das einen Ausschlussgrund nach Art. 5 Abs. 3 der Verordnung bedeutet. Das beklagte Luftfahrtunternehmen könne in einem solchen Fall nicht zur Verantwortung gezogen werden. Auch könne nicht verlangt werden, dass eine Ersatzvorsorge durch entsprechende Vorhaltung von Flugzeugen getroffen werde.

Tenor

4. Die Berufung des Klägers gegen das am 20.04.2012 verkündete Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Az. 29 C 222/12 (85), wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte Brussels Airlines vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte Brussels Airlines vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

5. Der Kläger begehrt von der Beklagten Brussels Airlines die Leistung einer Ausgleichszahlung in Höhe von 600,– Euro gemäß Art. 7 der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) sowie Schadenersatz bzw. Reisepreisminderung in Höhe von 32,74 Euro.

6. Der Kläger buchte bei der Beklagten Brussels Airlines den Hinflug von Frankfurt am Main über Brüssel nach Banjul/Gambia und den entsprechenden Rückflug von Banjul/Gambia über Brüssel nach Frankfurt am Main.

7. Der Flug von Frankfurt am Main nach Brüssel war verspätet, so dass der Kläger den Anschlussflug in Brüssel verpasste. Der Weiterflug erfolgte einen Tag später.

8. Der Flug am 18.01.2010 von Banjul/Gambia via Dakar nach Brüssel (Flugnummer: …) sollte in Banjul um 21.00 Uhr Ortszeit starten.

9. Dieser Flug sollte nach den Planungen der Beklagten Brussels Airlines mit der Maschine durchgeführt werden, die an diesem Tag (18.01.2010) als Flug … aus Brüssel über Dakar ankam.

10. Diese besagte Maschine erlitt jedoch im Anflug bei der Landung in Banjul einen sog. Vogelschlag, wodurch es zu einer Beschädigung an dem Triebwerk Nr. 2 kam. Aufgrund dieses erlittenen technischen Defekts in Form des Triebwerkschadens konnte diese Maschine mangels rechtzeitiger Reparatur nicht mehr für die geplante Durchführung des vom Kläger gebuchten Fluges von Banjul nach Brüssel (Flugnummer …) am 18.01.2010 um 21.00 Uhr eingesetzt werden. Ersatzflugzeuge in Banjul standen der Beklagten Brussels Airlines nicht zur Verfügung.

11. Die Beklagte Brussels Airlines musste Ersatzflugzeug einfliegen, wozu sie umgehend einen Sonderflug unter der Flugnummer … von Brüssel nach Banjul organisierte. Diese Maschine landete am Abend des 19.01.2010 in Banjul. Mit diesem Flugzeug konnte der Kläger sodann am Abend des 19.01.2010 den Flug von Banjul nach Brüssel antreten. Es folgten Zwischenstopps in Dakar und Malaga. Von Brüssel erfolgte der Weiterflug nach Frankfurt am Main, wo der Kläger am 20.01.2010 ankam.

12. Hinsichtlich des verspäteten Hinflugs macht der Kläger noch einen Schadenersatz bzw. Reisepreisminderungsanspruch in Höhe von 20,– Euro wegen einer nicht genutzten Übernachtung am Urlaubsort geltend.

13. Hinsichtlich des verspäteten Rückflugs macht der Kläger zusätzlich noch einen Schadenersatzanspruch in Höhe von 12,74 Euro wegen aufgewandter Telefonkosten geltend.

14. Der Kläger ist der Auffassung gewesen, dass ihm gemäß der Fluggastrechteverordnung eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600,– Euro zustünde. Insoweit hat der Kläger gemeint, dass ein Vogelschlag kein außergewöhnlicher Umstand im Sinne von Art. 5 III FluggastrechteVO darstelle. Weiterhin sei die Beklagte Brussels Airlines verpflichtet gewesen, am Flughafen Banjul eine Ersatzmaschine vorzuhalten. Darüber hinaus hätte die Beklagte Brussels Airlines dafür Sorge tragen müssen, dass am Flughafen Banjul ausreichende Vogelvergrämungsmaßnahmen getroffen würden.

15. Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt die Beklagte Brussels Airlines zu verurteilen, an den Kläger 632,74 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 97,46 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

16. Die Beklagte Brussels Airlines hat erstinstanzlich beantragt die Klage abzuweisen.

17. Die Beklagte Brussels Airlines ist der Ansicht gewesen, dass ein Vogelschlag ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne von Art. 5 III FluggastrechteVO darstellt. Darüber hinaus habe sie alle zumutbaren Maßnahmen getroffen, insbesondere habe sie umgehend eine Ersatzmaschine aus Brüssel eingeflogen.

18. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 20.04.2012 (Bl. 76/77 d. A.) gemäß § 540 I Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

19. Durch dieses Urteil hat das Amtsgericht die Klage – soweit sie nicht zurückgenommen war – abgewiesen.

20. Das Amtsgericht hat ausgeführt, dass der Vogelschlag, der zum technischen Defekt an der Maschine für den Rückflug gesorgt hat, als außergewöhnlicher Umstand im Sinne von Art. 5 III FluggastrechteVO zu werten sei. Die Beklagte Brussels Airlines habe auch alle zumutbaren Maßnahmen in der konkreten Situation ergriffen. Insbesondere sei es der Beklagten Brussels Airlines nicht zumutbar an dem Flughafen Banjul eine Ersatzmaschine vorzuhalten.

21. Die geltend gemachten Schadenersatzansprüche hat das Amtsgericht als unbegründet erachtet.

22. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung (Bl. 77 – 80 d. A.) Bezug genommen.

23. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers

24. Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere behauptet er, der Flughafen Banjul sei aufgrund der dortigen Vogelpopulation besonders anfällig für Vogelschlag. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 21.06.2012 (Bl. 99 ff. d. A.) Bezug genommen.

25. Der Kläger beantragt unter Abänderung des am 20.04.2012 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Frankfurt am Main, die Beklagte Brussels Airlines zu verurteilen, an den Kläger 632,74 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 97,46 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

26. Die Beklagte Brussels Airlines beantragt die Berufung zurückzuweisen.

27. Die Beklagte Brussels Airlines verteidigt das amtsgerichtliche Urteil. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

28. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

29. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

30. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte Brussels Airlines als ausführendes Luftfahrtunternehmen auf Leistung einer Ausgleichszahlung gem. Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 251/2004 (Fluggastrechteverordnung) in Höhe der geltend gemachten 600,– Euro.

31. Die Kammer teilt die Auffassung des Amtsgerichts, dass vorliegend ein Anspruch des Klägers auf Leistung einer Ausgleichszahlung wegen des Vorliegens eines außergewöhnlichen Umstands im Sinne von Art. 5 III FluggastrechteVO ausscheidet.

32. Es kann letztlich dahinstehen, ob als Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Ausgleichsleistung von 600,– Euro eine Annullierung des Flugs von Banjul nach Brüssel am 18.01.2010 gem. Art. 5 FluggastrechteVO greift oder die vom EuGH entwickelte Rechtsprechung zur Ausgleichsleistung bei verspäteten Flügen.

33. Für beide Anspruchsgrundlagen gilt der Ausschlussgrund des außergewöhnlichen Umstands gem. Art. 5 III FluggastrechteVO.

34. Danach muss eine Ausgleichszahlung nicht geleistet werden, wenn die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Das gilt entsprechend im Fall der einer Annullierung gleichstehenden Verspätung. Eine solche Verspätung führt dann nicht zu einem Ausgleichsanspruch zugunsten der Fluggäste, wenn das Luftfahrtunternehmen nachweisen kann, dass die große Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären, also auf Umstände, die von dem Luftfahrtunternehmen tatsächlich nicht zu beherrschen sind.

35. Technische Defekte, wie sie beim Betrieb eines Flugzeugs gelegentlich auftreten können, begründen für sich gesehen keine außergewöhnlichen Umstände, die das Luftfahrtunternehmen von der Verpflichtung befreien können, bei einer aufgrund des Defekts erforderlichen Annullierung des Flugs die nach Art. 7 der Verordnung vorgesehene Ausgleichszahlung zu leisten. Dies gilt auch dann, wenn das Luftfahrtunternehmen alle vorgeschriebenen oder sonst bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt gebotenen Wartungsarbeiten frist- und ordnungsgemäß ausgeführt hat (BGH, Urteil vom 12. November 2009 – Xa ZR 76/07, NJW 2010, 1070, 1071 Rn. 13).

36. Als außergewöhnlicher Umstand kann ein technisches Problem nach der Rechtsprechung des EuGH nur dann angesehen werden, wenn es seine Ursache in einem der in Erwägungsgrund 14 der Verordnung genannten Umstände hat. Derartige Umstände sind insbesondere politische Instabilität, Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken, unerwartete Flugsicherheitsmängel, oder Streik, also Umstände, die nicht in die beherrschbare betriebliche Sphäre des Luftfahrtunternehmens fallen. Technische Gründe sind regelmäßig kein Entlastungsgrund, weil diese in der besonderen Risikosphäre des Flugunternehmens liegen. Indessen lässt sich nicht ausschließen, dass auch technische Probleme zu solchen „außergewöhnlichen Umständen“ zu rechnen sind, soweit sie auf Vorkommnisse zurückzuführen sind, die nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sind und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen sind. So verhielte es sich z. B. dann, wenn der Hersteller der Maschinen, aus denen die Flotte des betroffenen Luftfahrtunternehmens besteht, oder eine zuständige Behörde entdeckte, dass diese bereits in Betrieb genommenen Maschinen mit einem versteckten Fabrikationsfehler behaftet sind, der die Flugsicherheit beeinträchtigt. Gleiches würde bei durch Sabotageakte oder terroristische Handlungen verursachten Schäden an den Flugzeugen gelten.

37. Ob ein Triebwerksschaden infolge Vogelschlags als solch ein außergewöhnlicher und daher das Flugunternehmen entlastender Umstand anzusehen ist, wird unterschiedlich beurteilt.

38. Nach einer Auffassung soll ein Triebwerksschaden infolge Vogelschlags nicht als außergewöhnlicher Umstand zu werten sein.

39. Dagegen geht die wohl ganz überwiegende Auffassung, die auch die Kammer teilt, davon aus, dass ein Triebwerksschaden infolge Vogelschlags als außergewöhnlicher Umstand zu werten ist .

40. Die Kammer bleibt ihrer Auffassung, dass ein Triebwerksschaden infolge Vogelschlags als außergewöhnlicher Umstand zu werten ist.

41. Zutreffend hat das Amtsgericht ausgeführt, dass das Ereignis eines Vogelschlags und damit einhergehende, denkbare technische Defekte am Fluggerät in den Bereich außerhalb des organisatorischen und technischen Verantwortungsbereichs der Luftfahrtgesellschaft fällt, und von dieser weder beherrscht noch abgewendet werden kann. Bei einem Vogelschlag kommt das für den einzelnen Flug unvorhersehbare Ereignis, bei dem sich allein ein im Schadensfall liegender Defekt des Fluggeräts als Ausdruck eines sekundären betrieblichen Zusammenhangs darstellt, von außen.

42. Bei der Einwirkung eines Vogelschlages auf ein Flugzeug bzw. Flugzeugbestandteile handelt es sich gerade nicht um einen Teil der „normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens“ und ferner ist ein solcher „aufgrund seiner Natur oder Ursache“ von diesem tatsächlich auch nicht zu beherrschen ist. Defekte, die durch einen Vogelschlag herbeigeführt worden sind, zeigen sich zwar regelmäßig erst bei näherer Untersuchung, sind aber nicht auf mangel- bzw. fehlerhafte oder unterbliebene Wartung des Flugzeuges zurückzuführen, sondern auf eine von außen kommende, vom Luftfahrtunternehmen weder vorherzusehende noch vermeidbare Einwirkung von außen. Es ist keineswegs „normal“, dass Flugzeuge – willentlich – mit Vögeln in Kontakt gebracht werden. Vielmehr wird die Vermeidung solcher Kontakte nach verständiger Würdigung der Verkehrssitte das primäre Ziel der Luftfahrtunternehmen sein. Außerdem ist eine solche Einwirkung auch nicht „beherrschbar“, weil nicht erkennbar ist, in welcher Art und Weise Luftfahrtunternehmen dafür Sorge tragen könnten, dass kein Vogel mit dem Triebwerk eines Flugzeugs kollidiert und dort Schaden anrichtet (und selbst nimmt). Zwar kommt es zu einer „konkurrierenden Nutzung des Luftraumes durch Flugzeuge und Vögel“, aber gegenseitige Kollisionen sind nicht integraler Bestandteil des Flugbetriebes (vgl. LG Hamburg, RRa 2012, 187).

43. Zutreffend hat das Amtsgericht ausgeführt, dass das Ereignis auch nicht durch den Einsatz etwaiger zumutbarer Maßnahmen durch die Beklagte Brussels Airlines vermeidbar im Sinne des Art. 5 III FluggastrechteVO war.

44. In diesem Zusammenhang hat der EuGH entschieden, dass, da nicht alle außergewöhnlichen Umstände zu einer Befreiung führen, es demjenigen, der sich darauf berufen möchte, obliegt, darüber hinaus den Nachweis zu führen, dass sie sich jedenfalls nicht durch der Situation angepasste Maßnahmen hätten vermeiden lassen, d. h. solche, die zu dem Zeitpunkt, zu dem die entsprechenden außergewöhnlichen Umstände auftreten, für das betroffene Luftfahrtunternehmen insbesondere in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht tragbar sind. Dieses hat nämlich nachzuweisen, dass es ihm auch unter Einsatz aller ihm zur Verfügung stehenden personellen, materiellen und finanziellen Mittel offensichtlich nicht möglich gewesen wäre, ohne angesichts der Kapazitäten des Unternehmens zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht tragbare Opfer die außergewöhnlichen Umstände zu vermeiden, mit denen es konfrontiert war und die zur Annullierung des Fluges geführt haben.

45. Es gibt – soweit ersichtlich – bislang keine Vorrichtungen an Flugzeugen selbst, die Vögel vergrämen oder Schäden durch Vogelschlag verhindern könnten.

46. Zwar kann im Einzelfall ein Vogelschlag durch Vogelvergrämungsmaßnahmen am Boden verhindert werden, jedoch bieten diese Vogelvergrämungsmaßnahmen am Boden auch keinen umfassenden Schutz. Jedoch ist diesbezüglich auch maßgeblich zu berücksichtigen, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, dass diese Vogelvergrämungsmaßnahmen am Boden nicht durch das jeweilige Luftfahrtunternehmen durchgeführt werden, sondern vielmehr durch den jeweiligen Betreiber des Flughafens. Insoweit liegen die Vogelvergrämungsmaßnahmen am Boden außerhalb des Einflussbereichs des Luftfahrtunternehmens. Insoweit muss sich ein Luftfahrtunternehmen auch nicht für vermeintlich unterlassene oder nicht ausreichend effektive Verhaltensweisen von Flughafenbetreibern verantwortlich machen lassen, wie das Amtsgericht zu Recht ausgeführt hat. Es kann einem Luftfahrtunternehmen auch nicht zugemutet werden, selbst für Vogelvergrämungsmaßnahmen am Boden zu sorgen für alle Flughäfen, die von ihm angeflogen werden.

47. Weiterhin hat das Amtsgericht zutreffend ausgeführt, dass es den Fluggesellschaften nicht zumutbar ist, an jedem Zielort, wie hier Banjul in Gambia, eine Ersatzmaschine für einen etwaigen Schaden am (regulären) Flugzeug vorzuhalten. Dies gilt insbesondere auch für Flughäfen, wie den vorliegenden, der nach Angaben des Klägers lediglich dreimal in der Woche angeflogen wird. Dies wäre angesichts der massiven Zusatzkosten für die Fluggesellschaften wirtschaftlich offensichtlich unzumutbar.

48. Vorliegend war es auch so, dass der Triebwerksschaden infolge Vogelschlags genau an der Maschine eintrat, die nach kurzem Aufenthalt in Banjul den Flug des Klägers nach Brüssel hätte durchführen sollen. Insoweit war von dem außergewöhnlichen Umstand unmittelbar die Maschine betroffen, die den Kläger auf dem unmittelbar nächsten anschließenden Flug hätte befördern sollen.

49. Die Beklagte Brussels Airlines hat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass die einzige zumutbare Möglichkeit, den Folgen des eingetretenen außergewöhnlichen Umstands zu begegnen, das Einfliegen einer Ersatzmaschine aus Brüssel gewesen ist. Eine zeitnahe Reparatur der defekten Maschine war nicht möglich und andere Ersatzflugzeuge standen nicht zur Verfügung.

50. Nach all dem liegt der Ausschlussgrund der außergewöhnlichen Umstände gem. Art. 5 III FluggastrechteVO vor. Danach scheidet eine Ausgleichszahlung aus.

51. Der Kläger hat keine Schadenersatzansprüche bzw. Reisepreisminderungsansprüche gegen die Beklagte Brussels Airlines wegen ungenutzter Hotelkosten und Telefonkosten in Höhe von insgesamt 32,74 Euro.

52. Zutreffend hat das Amtsgericht entsprechende Ansprüche verneint. Auf die Ausführungen des Amtsgerichts wird Bezug genommen.

53. Konkrete Berufungsangriffe liegen insoweit auch nicht vor.

54. Ergänzend ist lediglich anzuführen, dass soweit der Kläger reisevertragliche Ansprüche gegen die Beklagte Brussels Airlines geltend, diese bereits daran scheitern, dass zwischen den Parteien kein Reisevertrag vorliegt, sondern ein Luftbeförderungsvertrag, der sich nach Werkvertragsrecht richtet.

55. Nach all dem war die Berufung zurückzuweisen.

56. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.

57. Die Revision war zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO vorliegen.

58. Die Frage, ob ein Schaden aufgrund Vogelschlags die Annahme eines außergewöhnlichen Umstands im Sinne von Art. 5 III FluggastrechteVO begründen kann, ist nicht ganz unumstritten und noch nicht obergerichtlich geklärt und hat für eine Vielzahl von Fällen grundsätzliche Bedeutung.

59. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 S. 1 ZPO.

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