Vertragspartnereigenschaft des Reiseunternehmens nach Gesamtverhalten

BGH: Vertragspartnereigenschaft des Reiseunternehmens nach Gesamtverhalten

Die Beklagte in diesem Fall veranstaltet Safari-Reisen u. a. in Afrika und hat sich dabei auf Großwildjagden spezialisiert. Der Kläger hatte bei der Beklagten eine zweiwöchige Safarireise gebucht und sich dabei besonders für die Elefantenjagd interessiert. Nach der Buchung teilte ihm ein Reiseleiter mit, die Elefanten seien im betreffenden Gebiet zur Zeit nicht aufzufinden und empfahl ihm, die Reise umzubuchen. Der Kläger verweigerte dies und forderte stattdessen von der Beklagten die Rückerstattung der Anzahlung der Reisekosten. Diese verweigerte die Rückerstattung, weil sie rechtlich nicht als Vertragspartnerin agiert habe.

Der Bundesgerichtshof gibt der Klage statt. Die Beklagte biete Pauschalreisen an und auch bei der Reise des Klägers habe es sich um eine solche Pauschalreise gehandelt. Die zu erbringenden Leistungen umfaßten den Hinflug und Rückflug F./Kamerun, die Organisation der Großwildjagd einschließlich der Stellung eines Jagdführers. Diese Leistungen seien von der Beklagte jedoch nicht erbracht worden. Deshalb hat die Beklagte dem Kläger die empfangene Anzahlung zurückzugewähren.

BGH VII ZR 210/79 (Aktenzeichen)
BGH: BGH, Urt. vom 26.06.1980
Rechtsweg: BGH, Urt. v. 26.06.1980, Az: VII ZR 210/79
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Bundesgerichtshof

1. Urteil vom 26. Juni 1980

Aktenzeichen VII ZR 210/79

Leitsatz:

2. Wenn sich schon vor Erbringung der Reiselesitung ein Mangel zeigt, der nicht mehr behoben werden kann, so ist die Forderung einer Ausgleichzahlung auch vor Abschluss der Reise möglich.

Zusammenfassung:

(Gewährleistung vor Antritt der Reise)

3. Die Beklagte veranstaltet Safari-Reisen und spezialisiert sich dabei auf Großwildjagden. Der Kläger buchte bei der Beklagten eine zweiwöchige Safarireise in Kamerun und interessierte sich dabei besonders für die Elefantenjagd. Nach der Buchung teilte ihm ein Reiseleiter mit, die Elefanten seien im betreffenden Gebiet zur Zeit schwerlich aufzufinden und empfahl ihm, die Reise umzubuchen. Der Kläger weigerte sich und forderte von der Beklagten stattdessen die Rückerstattung der Anzahlung auf den Reisepreis. Die Beklagte verweigerte die Rückerstattung. Sie habe rechtlich nicht als Vertragspartnerin agiert.

Der Bundesgerichtshof gibt der Klage statt. Die Beklagte biete Pauschalreisen an und auch bei der Reise des Klägers habe es sich um eine solche Pauschalreise gehandelt. Die zu erbringenden Leistungen umfaßten den Hinflug und Rückflug F./Kamerun, die Organisation der Großwildjagd einschließlich der Stellung eines Jagdführers. Diese Leistungen seien von der Beklagte jedoch nicht erbracht worden. Deshalb hat die Beklagte dem Kläger die empfangene Anzahlung zurückzugewähren.

Tatbestand

4. Die Beklagte zu 2, ein Reiseunternehmen, dessen persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte zu 1 ist, bietet Jagd-Reisen u. a. nach Afrika an und beruft sich in ihrer Werbung auf ihre langjährige Erfahrung bei der Ausrichtung vor allem von Großwildjagden. Unter dem 28. Juni 1977 unterzeichnete der Kläger einen ihm von der Beklagten zu 2 übersandten „Safari-Vertrag“ für eine zweiwöchige Safari in Kamerun vom 19. Mai bis 1. Juni 1978 zum Pauschalpreis (einschließlich Flug F.-G.-F.) von 15.000 DM. Das Formular war in der für den Vertragspartner des „SafariGastes“ vorgesehenen, als „Safari-Organisation“ vorgedruckten Zeile ausgefüllt mit T. B., Guide de Chasse, B. P. 231, G. Cameroun“. Für die Beklagte zu 2 unterzeichnete den Vertrag der Geschäftsführer der Beklagten zu 1 O. W. unter der vorgedruckten Bezeichnung „Repräsentant Safari-Service O. W.“. In der dem Kläger zugeleiteten Vertragsausfertigung fehlt die für T. B. vorgesehene Unterschrift. Der Kläger leistete eine Anzahlung von 4.500 DM an die Beklagte zu 2, wie es im Vertrag vorgesehen war.

5. Unter dem 1. Februar 1978 teilte O. W. dem Kläger mit, daß nach ihm zugegangene Informationen aus dem Jagdgebiet, für das der Kläger gebucht habe, die diesen besonders
interessierenden Elefanten „sich stark verzogen“ hätten und der Kläger deshalb nicht mit einem vollen Jagderfolg rechnen dürfe. W. empfahl dem Kläger, auf eine zwei Wochen später stattfindende Safari in Südwestafrika umzubuchen. Der Kläger lehnte das ab und erklärte, daß er die Jagdreise „storniere“. Er verlangt die Anzahlung zurück, was die Beklagten verweigern, weil nicht sie, sondern T. B. der Vertragspartner des Klägers sei.

6. Der Kläger hat die 4.500 DM nebst Zinsen eingeklagt. Das Landgericht hat der Klage – bis auf Mehrzinsen – stattgegeben. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Mit der – zugelassenen – Revision, um deren Zurückweisung der Kläger bittet, verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

7. Das Berufungsgericht hält die Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung für begründet. Der Safari-Vertrag habe vom Kläger mit T. B. geschlossen werden sollen und nicht mit der Beklagten zu 2. Ein wirksamer Vertrag sei aber nicht zustande gekommen, weil B. die dem Kläger zugeleitete Vertragsausfertigung nicht persönlich unterzeichnet habe, wie das nach den dem Vertragsangebot zugrunde liegenden „Allgemeinen Safari-Bedingungen“ erforderlich gewesen wäre. Die Unterschrift der Beklagten zu 2 als „Repräsentant“ genüge nicht.

8. Der aus ungerechtfertigter Bereicherung hergeleitete Anspruch des Klägers auf Rückerstattung der Anzahlung richte sich gleichwohl hier gegen die Beklagten als Vertreter des vorgesehenen Vertragspartners. Sie seien wirtschaftlich aufgrund der ihnen eingeräumten umfassenden Selbständigkeit der eigentliche Vertragspartner des Klägers gewesen und hätten auch in erheblichem Maße dessen Vertrauen für sich selbst in Anspruch genommen. Auf einen etwaigen Wegfall der Bereicherung könnten sie sich nicht berufen.

9. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben im Ergebnis ohne Erfolg.

I.

10. Der Senat vermag allerdings dem Berufungsgericht nicht darin zu folgen, daß der „SafariVertrag“ zwischen dem Kläger und B. habe geschlossen werden sollen, aber nicht zustande gekommen sei. Vertragspartner des Klägers ist vielmehr die Beklagte zu 2 (künftig „die Beklagte“) geworden. Auf die Fragen aus dem Recht der ungerechtfertigten Bereicherung, derentwegen das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, kommt es daher nicht an.

11. Reiseunternehmen können zwar fremde Reiseleistungen nur vermitteln. Sie können die gleichen Leistungen aber auch als Reiseveranstalter in eigener Verantwortung erbringen und sich Dritter als Leistungsträger oder Erfüllungsgehilfen bedienen. Dann treten sie selbst in unmittelbare Rechtsbeziehungen zum Reisenden. So ist es in aller Regel bei Pauschalreisen, die ein Unternehmen zusammenstellt und die nach einem von ihm herausgegebenen Prospekt angeboten werden (BGHZ 61, 275, 278; BGH NJW 1974, 1046; 1974, 1187).

12. Ob ein Reiseunternehmen als Reiseveranstalter in unmittelbare Rechtsbeziehungen zum Reisenden getreten ist, hängt davon ab, wie der Reisende die Erklärungen und das Gesamtverhalten des Reiseunternehmens verstehen und werten durfte. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die zum Vertragsschluß geführt haben (BGHZ 61, 275, 279f). Besondere Bedeutung kommt der Werbung zu, die das Reiseunternehmen getrieben hat. Sie schafft die Ausgangslage, aus der heraus die Vertragsverhandlungen aufgenommen werden, und prägt deshalb maßgeblich die Vorstellungen des Reisenden davon, wie ihm das Reiseunternehmen gegenüber tritt. Darf danach bis zum Zustandekommen des Reisevertrags der Reisende das Gesamtverhalten des Reiseunternehmens dahin verstehen, daß es selbst der Veranstalter der Reise und damit sein Vertragspartner ist, dann setzt sich das Reiseunternehmen nach den Grundsätzen von Treu und Glauben in unvereinbaren Widerspruch zu seinem tatsächlichen Auftreten, wenn es bei Abschluß des Vertrags vorgibt, nicht in eigenem sondern in fremdem Namen zu handeln (vgl auch den seit 1. Oktober 1979 in Kraft getretenen, hier noch nicht anwendbaren § 651a Abs 2 BGB).

13. 2. So ist es hier.

14. Die Beklagte bietet Pauschalreisen an, die sie selbst zusammenstellt; zumindest erweckt sie den Anschein, das zu tun. Auch die vom Kläger gebuchte Reise war eine Pauschalreise. Die zu dem vereinbarten Pauschalpreis zu erbringenden Leistungen umfaßten den Hinflug und Rückflug F./Kamerun, die Organisation der Großwildjagd einschließlich der Stellung eines Jagdführers, die Beschaffung der erforderlichen Papiere und eventuelle Hotelreservierung.

15. a) Die Beklagte betreibt unter der Bezeichnung „Safari Service O. W.“ in den einschlägigen Fachzeitschriften regelmäßige Werbung für ihre Jagdreisen. Dabei finden sich in den Anzeigen durchweg Wendungen wie (Hervorhebungen vom Senat):

16. „Wir jagen seit 25 Jahren in aller Welt“.

17. „Wir organisieren preiswerte Jagdreisen … „.

18. “ … empfehlen wir Ihnen unsere jagdlich erfolgreichsten Safaris … „.

19. „Vertrauen Sie auf unsere 25-jährige Safari-Organisation und weltweite Jagderfahrung in allen
Kontinenten“.

20. In verschiedenen Anzeigen und in ihren Briefköpfen verwendet die Beklagte ein plakettenartiges Emblem mit der Umschrift „30 Jahre auf Safari. Safari … „.

21. In einer von ihr aufgegebenen Großanzeige heißt es:

22. „Die persönliche Garantie: Safari-W. .

23. Der Mann der 3.000 Safaris ausgerichtet hat, steht jetzt vor einem Jubiläumsjahr … 30 Jahre auf Safari. Sein Prinzip: „Nur wo ich selbst gejagt habe … werden unsere Safari-Gäste jagen … . Die Großwildjagd braucht das persönliche Vertrauen in den Mann, der Bescheid weiß und der dafür einsteht mit seinem guten Namen. Denn es steht zuviel auf dem Spiel – die ganz persönliche Erlebniserwartung eines passionierten Jägers.

24. Und sein gutes Geld, das er für seine Safari bezahlt“.

25. Der Name: O. W. . Die Adresse: Safari-W.“.

26. Werden in einer solchen Weise Pauschalreisen angeboten, so geht der unbefangene Leser davon aus und mußte deshalb auch der Kläger annehmen, daß der werbende Safari-Service, die Beklagte, Reiseveranstalter ist und damit sein Vertragspartner sein wird, wenn er eine der angebotenen Jagdreisen bucht. Der Fall liegt ähnlich wie der des Lesers und Betrachters eines entsprechenden Reiseprospekts (BGHZ 61, 275, 279/280). Es fehlt jeder Hinweis, daß die Beklagte nur als Vermittler oder Vertreter eines anderen Reiseunternehmens tätig sein wolle, das die angebotenen Safari-Reisen veranstalte. Das wäre mit der gezielten eigenen Vertrauenswerbung der Beklagten auch unvereinbar.

27. Dafür, daß die Beklagte Reiseveranstalter ist, also unmittelbarer Vertragspartner des Reisenden wird, spricht im übrigen die Interessenlage, die hier wesentlich vom Schutzbedürfnis des Reisenden geprägt wird. Die Reiseleistungen sind ganz überwiegend im Ausland zu erbringen, und zwar in einem Land in Afrika, in dem der einzelne Reisende auf nahezu unüberwindbare Schwierigkeiten bei der Durchsetzung seiner Rechte stößt, zumal er naturgemäß denjenigen, der den Reisevertrag letztlich erfüllen soll, gar nicht kennt. Dagegen ist es dem Reiseunternehmen, das die Reise organisiert und anbietet, mit seinen vielfältigen Erfahrungen und Verbindungen weit besser möglich zum Ziel zu kommen, wenn Störungen in der Vertragsabwicklung auftreten. Der Reisende ist deshalb an einer unmittelbaren Vertragspartnerschaft gerade mit diesem Reiseunternehmen besonders interessiert (BGHZ 61, 275, 281; vgl auch BGH NJW 1974, 1046, 1047).

28. b) Aus dem vom Kläger unterzeichneten Vertrag ergibt sich nicht eindeutig und für den Kläger auch nicht hinreichend erkennbar, daß die Beklagte – abweichend von ihrem Auftreten vor Abschluß des Vertrags – nicht selbst Veranstalter der Reise sein wolle, sondern nur Vertreter eines anderen Reiseveranstalters.

29. Zwar heißt es im Eingang des Vertragsformulars vorgedruckt, der Vertrag werde zwischen der „Safari-Organisation“ und dem „Safari-Gast“ geschlossen. Auch steht in Ziffer I der dem Vertrag beigefügten „Allgemeinen Safari-Bedingungen“, die Beklagte veranstalte die Safari nicht selbst, sondern handle lediglich als Vertreter der „Safari-Organisation“, die der Veranstalter sei.

30. Ausgefüllt war die für die „Safari-Organisation“ vorgesehene Zeile aber lediglich mit dem Namen des Jagdführers (Guide de Chasse) T. B., also nicht mit der Bezeichnung einer als solcher erkennbaren „Organisation“, die nach einer anderen Vertragsbestimmung den Jagdführer erst zur Verfügung zu stellen hatte und nach Ziffer III 3 der AGB einen von ihr vor oder nach Vertragsschluß benannten Jagdführer austauschen durfte, wenn das angebracht erschien. Für T. B. als Jagdführer war im Vertrag auch eine besondere Zeile zur Unterschriftsleistung vorgesehen.

31. Es war nicht anzunehmen, daß der Jagdführer zugleich Veranstalter der Pauschalreise sein könnte, also der kombinierten Flugreise und Jagdreise. In dem Vertrag ist nicht einmal seine genaue Anschrift, sondern nur eine Postfachadresse angegeben. Sämtliche Zahlungen waren nach einer durch auffälligen Druck herausgestellten Vertragsbestimmung an die Beklagte zu leisten. An B. waren Zahlungen des Klägers mangels Angabe entsprechender Bankkonten gar nicht möglich. Die Beklagte blieb auch sonst „Herr“ der Vertragsabwicklung. Wie sich später zeigte, war sie ohne weiteres in der Lage, bei auftretenden Schwierigkeiten Umbuchungen mit Verrechnung geleisteter Anzahlungen vorzunehmen. Nach den Ziffern III 9, V 3 und VI 4 der Allgemeinen SafariBedingungen sollte sie in bestimmten Fällen selbständig pauschalierten Aufwendungsersatz geltend machen können. In Ziffer XII war ein Gerichtsstand eigens für Rechtsstreitigkeiten zwischen ihr und dem Safari-Teilnehmer bestimmt.

32. Der in Kamerun ansässige Jagdführer kam als tatsächlicher Organisator einer Pauschalreise kaum in Betracht. In dem „Safari-Vertrag“ ist denn auch unterschieden zwischen der eigentlichen Safari, deren „Start und Ende“ in G./Kamerun sein sollte, und der gesamten Reise, die in F. beginnen und enden, also den Flug nach G. mitumfassen sollte. Die Einbeziehung des Jagdführers in den „Safari-Vertrag“ konnte deshalb aus der Sicht des Reisenden durchaus den Sinn haben, daß damit zusätzliche Rechtsbeziehungen zwischen ihm und dem Jagdführer begründet werden sollten, die aber die Stellung der Beklagten als Veranstalter der Pauschalreise und damit als Vertragspartner des Reisenden unberührt lassen (vgl ähnlich BGHZ 61, 275, 282).

33. c) Darin, daß sich an dieser aus dem Auftreten der Beklagten vor Vertragsschluß herzuleitenden Rechtsstellung nichts geändert hat, mußte sich der Kläger durch das durch O. W. persönlich unterzeichnete Schreiben der Beklagten vom 7. Juli 1977 bestärkt fühlen, mit dem seine Buchung und die Anzahlung bestätigt wurden. Darin heißt es ua:

34. „In der Anlage übersende ich Ihnen einen von mir gegengezeichneten Safari-Vertrag für Ihre Unterlagen zurück.

35. Sobald Ihr Jagdführer, Herr B., in H. eingetroffen ist, werde ich Sie telefonisch verständigen, um einen eventuellen Besprechungstermin zu vereinbaren … „.

36. So schreibt gewöhnlich ein Reiseveranstalter, der auf die Möglichkeit einer Zusammenkunft mit einem Leistungsträger oder Erfüllungsgehilfen verweist, nicht aber ein Vertreter, der einen Vertrag für einen ausländischen Geschäftsherrn lediglich vermittelt hat.

37. 3. Es kann offenbleiben, ob auch bei einer Fallgestaltung wie der vorliegenden § 3 AGBG anzuwenden ist, wonach Bestimmungen in AGB nicht Vertragsbestandteil werden, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags so ungewöhnlich sind, daß der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Für die bloße Vermittlerklausel in AGB wird das im Anschluß an die Senatsentscheidung BGHZ 61, 275 verbreitet angenommen, die schon nach der Begründung des Regierungsentwurfs zum AGBG als Beispiel für eine „überraschende Klausel“ angeführt worden ist (vgl etwa Bartl NJW 1978, 729, 733 mwN und 1979, 1384, 1385; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 3. Aufl (1978), § 3 RdNr 11, 20, Anhang §§ 9 – 11 RdNr 592; aA Kötz in MK § 3 Anm 9, der die Klausel aber nach § 9 AGBG für unwirksam hält; vgl neuerdings auch § 651a Abs 2 BGB). Hier geht es nicht um eine bloße Vermittlerklausel in den AGB; Ansätze für die mangelnde Vertragspartnerschaft der Beklagten finden sich auch – wenngleich, wie dargelegt, unvollkommen und widerspruchsvoll – in dem Vertrag selbst.

38. Die Beklagte kann sich gemäß §§ 133, 157, 242 BGB auf keinen Fall auf die Vertragsklauseln berufen, wonach nicht sie, sondern der Jagdführer T. B. Reiseveranstalter und damit Vertragspartner des Klägers sein soll. Diese Klauseln stehen nach den Grundsätzen von Treu und Glauben in unvereinbarem Widerspruch zum tatsächlichen Auftreten der Beklagten von der auf besonderes Vertrauen in ihre eigene Erfahrung und persönliche Zuverlässigkeit bezogenen Werbung an über die Vertragsverhandlungen hinweg bis zum Vertragsschluß. Hat sie in keinem Stadium der Vertragsanbahnung mit hinreichender Deutlichkeit zu erkennen gegeben, daß nicht sie, sondern der bei Störungen in der Vertragsabwicklung für den Reisenden praktisch unerreichbare Jagdführer Vertragspartner des Klägers sein soll, so muß sie gegen sich gelten lassen, wie sie selbst aufgetreten ist, nämlich daß sie selbst der eigenverantwortliche Veranstalter der Pauschalreise und damit der Vertragspartner des Klägers ist. Das erscheint umso mehr gerechtfertigt, als diese ihre Rechtsstellung in Fällen der vorliegenden Art, wie dargelegt, allein der Interessenlage entspricht.

II.

39. Der auf eine Pauschalreise gerichtete Vertrag, wie ihn die Parteien geschlossen haben, ist Werkvertrag (BGHZ 60, 14, 16; 61, 275, 278; 63, 98, 99; 66, 367, 368; BGH NJW 1974, 1187). Diesen Vertrag hat der Kläger gemäß § 634 BGB durch Wandlung rückgängig gemacht.

40. 1. Die Beklagte hat nach Ziffer III 2 ihrer „Allgemeinen Safari-Bedingungen“ zwar eine
Garantie für den Abschuß einzelner Tiere ausgeschlossen, aber ausdrücklich „die Gewährleistung für eine hinreichende Wahrscheinlichkeit übernommen“, daß „die im Prospekt bzw im maßgeblichen Angebot angegebenen Wildarten“ erlegt werden können. Dazu gehörten hier Elefanten, an denen dem Kläger besonders gelegen war, wie die Beklagte wußte.

41. Mit Schreiben vom 1. Februar 1978 teilte die Beklagte dem Kläger mit, nach ihren jüngsten Informationen hätten sich die Elefanten aus dem Jagdgebiet von … „stark verzogen“. Unlängst hätten sich nur noch „ganz geringe Zahnträger“ gezeigt. Der Grund scheine die extrem starke Trockenheit zu sein, die wohl auch das ganze Sahel-Gebiet südlich der Sahara bedrohe. Außerdem sei aufgrund neuer Gesetzgebung der Zweite Abschuß eines Elefanten verboten. Deshalb sei zu befürchten, daß mit einem vollen Jagderfolg nicht gerechnet werden könne. Sie, die Beklagte, empfehle die Umbuchung auf eine Safari in Südwestafrika.

42. Damit bestand nach der eigenen Beurteilung der Beklagten keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für den Kläger, auf der von ihm gebuchten Safari Elefanten erlegen zu können, wofür die Beklagte einstehen wollte. Das bedeutet, daß das von ihr „herzustellende Werk“ voraussichtlich mit einem Mangel behaftet sein werde, der seinen Wert zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch mindere (§ 633 Abs 1 BGB).

43. 2. Diese Erklärung der Beklagten berechtigte den Kläger gemäß § 634 Abs 1 Satz 2 BGB zur Wandlung.

44. a) Wie sich aus dieser Vorschrift ergibt, setzen die aus einem Mangel folgenden Rechte des Bestellers die Ablieferung des Werkes nicht unbedingt voraus. Zwar läßt sich meist erst nach Fertigstellung eines Werks abschließend beurteilen, ob es einen Mangel aufweist. Wenn sich aber bereits vorher zeigt, daß dem Werk mit Sicherheit ein Mangel anhaften wird, falls nicht sofort eingeschritten wird, dann kann der Besteller auch schon vor Vollendung des Werks Gewährleistung verlangen (Glanzmann in BGB-RGRK, 12. Aufl, § 633 RdNrn 3 mN; § 634 RdNr 2, 11). Dem steht gleich, wenn der Unternehmer selbst erklärt, er werde das Werk voraussichtlich nicht mangelfrei erstellen können, und er nichts dazu beitragen kann, die ordnungsgemäße Vertragserfüllung sicherzustellen.

45. b) So ist es hier. Auf die eigene Erklärung der Beklagten im Februar 1978, es werde im Mai 1978 aller Voraussicht nach im vorgesehenen Jagdgebiet an der zugesagten hinreichenden Wahrscheinlichkeit fehlen, Elefanten erlegen zu können, mußte sich der Kläger für seine weiteren Entschließungen verlassen können. Es war ihm nicht zuzumuten, bis zum Ende der Reise abzuwarten, um endgültig feststellen zu können, ob die Information der Beklagten richtig war oder ob nicht vielleicht durch unvorhersehbare Wanderbewegungen der Tiere die Jagdchancen auf Elefanten nachhaltig wieder besser geworden wären. Vielmehr durfte sich der Kläger aufgrund der von der Beklagten selbst abgegebenen uneingeschränkten Beurteilung der Lage bereits vor Antritt der Reise vom Vertrag lösen.

46. c) Einer vorherigen Fristsetzung bedurfte es nach § 634 Abs 2 BGB nicht. Da die Beklagte von sich aus nichts dazu tun konnte, daß bis zum Reisebeginn doch noch hinreichende Wahrscheinlichkeit gegeben war, auf Elefanten zum Schuß zu kommen, mußte der Kläger davon ausgehen, daß die Beseitigung des von der Beklagten selbst dargestellten Mangels seiner Art nach nicht mehr rechtzeitig möglich war. Das begründete das besondere Interesse des Klägers an der Geltendmachung des Anspruchs auf Wandlung ohne vorherige Fristsetzung, die dann sinnlos gewesen wäre.

47. d) Nach der Bedeutung, die die Parteien gerade der Jagd auf Elefanten beigemessen haben, stellt die – nach der eigenen Erklärung der Beklagten – fehlende hinreichende Wahrscheinlichkeit, solche Tiere erlegen zu können, einen Mangel dar, der den Wert des Werkes (hier der Reise) erheblich gemindert hat, so daß die Wandlung auch nicht gemäß § 634 Abs 3 BGB ausgeschlossen war.

48. e) Nach Ziffer III 5 ihrer AGB hat die Beklagte keine Gewähr dafür übernommen, daß die landesgesetzlichen Bestimmungen über die zum Abschuß freigegebenen Wildarten und die jeweilige Abschußzahl bis zur Safari nicht geändert werden. Das steht dem Wandlungsrecht des Klägers jedoch nicht entgegen. Zwar hat die Beklagte in ihrem Schreiben vom 1. Februar 1978 auch darauf hingewiesen, daß nach neuerer Jagdgesetzgebung nurmehr der Abschuß eines Elefanten erlaubt sei. Das war jedoch ein untergeordneter Gesichtspunkt. Der maßgebliche Grund für die Befürchtung der Beklagten, der volle Jagderfolg werde ausbleiben, war, daß die Elefanten aus dem Jagdgebiet B. offensichtlich weitgehend abgezogen waren. Denn bei genügendem Bestand an Elefanten wäre es auch hinreichend wahrscheinlich gewesen, daß der Kläger selbst nach der neuen Gesetzgebung zumindest einen Elefanten hätte erlegen können. Der Gewährleistungsausschluß kommt daher nicht zum Zuge.

49. 3. Der Kläger hat die Wandlung verlangt. Er hat in seinem Schreiben vom 2. Februar 1978 erklärt, daß er den Vertrag „stornieren“ müsse, also rückabwickeln wolle. Das genügt.

50. 4. Gemäß §§ 346 Satz 1, 467, 634 Abs 4 BGB hat die Beklagte dem Kläger die empfangene Anzahlung zurückzugewähren.

51. Zu Abzügen ist sie nicht berechtigt, weder wegen angefallener Schreibkosten, Telegrammkosten und Telefonkosten, die sie geltend macht, noch wegen der von ihr behaupteten Weiterleitung eines Teils der Anzahlung an B. . Die Beklagte haftet für die Rückgewähr der von ihr empfangenen Leistung nicht etwa nur nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Deshalb ist hier auch § 818 Abs 3 BGB nicht anwendbar.

III.

52. Nach alledem ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

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