Teilvergütung und Auslagenersatz des Reiseunternehmers bei nachträglicher Undurchführbarkeit der Reise
BGH: Teilvergütung und Auslagenersatz des Reiseunternehmers bei nachträglicher Undurchführbarkeit der Reise
Ein Reiseveranstalter klagte gegen einen Besteller auf die Zahlung einer Stornogebühr, nachdem dieser von der Reise zurückgetreten war, weil die Einreise nach Spanien nur mit einem Pockenimpfungsnachweis möglich war, seine Tochter aber krankheitsbedingt nicht geimpft werden durfte.
Der Bundesgerichtshof hat dem Kläger Recht zugesprochen. Dem Kläger stünden eine Teilvergütung und die Erstattung von Auslagen zu, weil die Prüfung des Impfnachweises nicht in seinen Verantwortungsbereich falle.
BGH | VII ZR 239/71 (Aktenzeichen) |
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BGH: | BGH, Urt. vom 30.11.1972 |
Rechtsweg: | BGH, Urt. v. 30.11.1972, Az: VII ZR 239/71 |
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Leitsatz:
2. Im Falle einer nachträglichen Unmöglichkeit eines Werks (hier: eine Pauschalreise) aufgrund weder vom Unternehmer noch vom Besteller verschuldeter Umstände, kann der Unternehmer Erstattung von Auslagen und für bereits erbrachte Leistungen fordern, nicht aber für entgangene Gewinne.
Zusammenfassung:
3. Der Beklagte hatte beim Kläger eine Pauschalreise nach Teneriffa gebucht. Aufgrund des Aufkommens von Pockeninfektion verhängten die spanischen Behörden einen Einreisestopp bei fehlender Impfbescheinigung. Da die Tochter des Beklagten aufgrund einer Bronchitis nicht geimpft werden durfte, stornierte er die Reise. Die Zahlung der vom Kläger geforderten Stornogebühr verweigerte er mit der Begründung, die nachträgliche Unmöglichkeitkeit der Reise nicht verantworten zu müssen und behauptete eine fehlende Geschäftsgrundlage. Der Reiseveranstalter klagte daraufhin. In erster Instanz wurde der Klage stattgegeben und die Berufung des Beklagten dagegen anschließend abgewiesen.
Der Bundesgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Das Gericht stellte fest, dass keine der beiden Parteien die Unmöglichkeit verschuldet hatte. Der Beklagte hatte dahingehend ein Unglück erlitten, für das er dennoch das Risiko trug, sodass der Kläger wahrscheinlich einen Anspruch auf die Erstattung von Auslagen und für bis zur Kenntnis von der Unmöglichkeit der Reise erbrachte Leistungen verlangen konnte. Jedoch wäre der Vertrag nicht zustande gekommen, hätte die Unmöglichkeit zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses schon bestanden und der Kläger wäre leer ausgegangen. Daher konnte vom Beklagten kein Ersatz entgangener Gewinne verlangt werden.
Hinsichtlich des Klagegrundes war dem Berufungsgericht zuzustimmen, jedoch musste es noch die Höhe des Ersatzanspruches ermitteln und prüfen, ob die sogenannten wichtigen Hinweise in den Reisebedingungen des Klägers wirksam einbezogen worden waren und den vorliegenden Fall erfassten.
Tenor:
4. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Frankfurt/Main vom 16. September 1971 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
5. Der Beklagte buchte am 30. Januar 1970 fernmündlich bei der Klägerin, die ein Reisebüro betreibt, für seine fünfköpfige Familie eine pauschale Sonderflugreise nach Teneriffa für die Zeit vom 5. – 19. Februar 1970 zum Preis von insgesamt 5.142 DM. Am 31. Januar 1970 erfuhr der Beklagte von einer Anordnung der zuständigen spanischen Behörden, wonach wegen in Deutschland aufgetretener Pockenfälle von nun an die Einreise in spanisches Hoheitsgebiet nur mit einem Pockenschutzimpfzeugnis gestattet sei. Daraufhin holte er die Auskunft eines Arztes ein, die ergab, daß seine vierjährige Tochter, die an Bronchitis erkrankt war, überhaupt nicht geimpft werden durfte. Der Beklagte widerrief deshalb am 2. Februar 1970 seine Buchung bei der Klägerin.
6. Am gleichen Tag stellte die T GmbH & Co KG, F, die die Flugreise veranstaltete, der Klägerin eine sog. Stornogebühr über insgesamt 3.945 DM in Rechnung. Sie hält sich dazu auf Grund einer Bestimmung für berechtigt, die in ihrem Reiseprospekt unter der Überschrift „Wichtige Hinweise“ abgedruckt ist.
7. Im vorliegenden Verfahren verlangt die Klägerin vom Beklagten Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen. Der Beklagte widersetzt sich dem und macht geltend, dadurch, daß seine Tochter nicht habe geimpft werden dürfen, sei die Erfüllung des Vertrags aus einem Grunde unmöglich geworden, den er nicht zu vertreten habe. Außerdem sei die Geschäftsgrundlage weggefallen.
8. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht (sein Urteil ist veröffentlicht in Betrieb 1971, 2008) hat die dagegen vom Beklagten eingelegte Berufung zurückgewiesen, soweit sich das Rechtsmittel gegen den Grund des Klaganspruchs richtet. Mit der – zugelassenen – Revision, die die Klägerin zurückzuweisen bittet, verfolgt der Beklagte seinen Klagabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
9. Das Berufungsgericht nimmt an, die Erfüllung des Reisevertrags sei durch die Entscheidung des Beklagten, sich und seine Familienangehörigen nicht gegen Pocken impfen zu lassen, dauernd unmöglich geworden. Die Reise sei örtlich und zeitlich gebunden gewesen und habe deshalb in der vereinbarten Form nicht nachgeholt werden können.
10. Die Klägerin habe aber ihren Anspruch auf die ausgemachte Vergütung nach § 324 Abs. 1 BGB behalten, da die ihr obliegenden Leistungen infolge eines Umstands unmöglich geworden seien, den der Beklagte zu vertreten habe. Wofür nach der genannten Vorschrift jeder Vertragsteil einstehen müsse, sei unter Beachtung von Treu und Glauben nach dem Zweck des jeweiligen Vertrags zu bestimmen. Danach richte sich, für welchen Bereich die Vertragspartner das Risiko tragen müßten.
11. Bei einem Reisevertrag sei es Sache des Reisenden, dafür zu sorgen, daß er die persönlichen Voraussetzungen für die Durchführung der Reise erfülle. Dazu gehöre, daß er und die ihn begleitenden Familienmitglieder gesund genug zu der geplanten Reise seien. Sie müßten ferner den Sicherheitsvorschriften gesundheitlicher Art nachkommen, von deren Einhaltung die Reise abhänge. Daher habe der Beklagte die Gefahr für das Leistungshindernis zu tragen, das daraus entstanden sei, daß er seine Tochter nicht habe impfen lassen dürfen, wobei es nicht darauf ankomme, ob ihn ein Verschulden treffe.
12. Auf Wegfall der Geschäftsgrundlage könne er sich nicht berufen. Das sei bei Umständen, die nach dem Vertragszweck in den Risikobereich nur des einen Vertragspartners fielen, nicht möglich.
13. Da das Berufungsgericht die Sache wegen der Höhe der von der Klägerin zu verlangenden Vergütung noch nicht für entscheidungsreif hält, hat es allein über den Grund des Klaganspruchs entschieden.
II.
14. Die dagegen vom Beklagten erhobene Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg.
1.
15. Das Berufungsgericht geht ersichtlich davon aus, daß der Vertrag der Parteien ein Werkvertrag ist. Das läßt keinen Rechtsfehler erkennen und steht im Einklang mit der überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung (KG MDR 1971, 1007; LG München MDR 1970, 925; LG Berlin MDR 1968, 582; a. A. LG Frankfurt/Main VersR 1970, 871; zum Schrifttum vgl. Bartl NJW 1972, 505 und Rebmann Betrieb 1971, 1949).
2.
16. Zutreffend behandelt das Berufungsgericht den von den Parteien geschlossenen Reisevertrag als absolutes Fixgeschäft (vgl. dazu Soergel/Schmidt (10.) Rdn. 1 zu § 361 BGB; Staudinger/Kaduk (10./11.) Rdn. 5 zu § 361 BGB und Staudinger/Werner (10./11.) Vorb. 41 vor § 275 BGB), bei dem über die Rechtswirkungen des § 361 BGB hinaus die Leistungszeit so wesentlich ist, daß ihre Verfehlung die Leistung dauernd unmöglich macht. Das ist entgegen der Ansicht der Revision gerade bei einer Reise der Fall, die wie hier auf einen ganz bestimmten Zeitraum festgelegt war. Eine – wie die Revision weiter meint – einverständliche Aufhebung des Vertrags durch Annahme des vom Beklagten erklärten Widerrufs scheidet aus.
3.
17. Die der Klägerin obliegenden Leistungen wurden dadurch unmöglich, daß die spanischen Behörden nach dem Vertragsschluß zwischen den Parteien anordneten, deutschen Touristen werde der Zutritt auf spanisches Hoheitsgebiet nur noch bei Nachweis einer Pockenschutzimpfung gestattet, und sich der Beklagte, sowie seine Familie nicht impfen ließen, weshalb sie nicht auf die zu Spanien gehörende Insel Teneriffa einfliegen konnten. Es handelt sich also um nachträgliche Unmöglichkeit.
4.
18. Diese Unmöglichkeit ist vom Beklagten nicht verschuldet, weil unstreitig seine vierjährige Tochter wegen einer akuten Bronchitis nicht geimpft werden durfte. Das Hindernis erfaßte die ganze Familie. Denn die Reise war für sämtliche fünf Familienmitglieder einheitlich gebucht und als Unternehmung der ganzen Familie gedacht. In einem solchen Falle erstreckt sich das Leistungshindernis, das an sich nur eine Person betrifft, auf alle für die Reise vorgesehenen Familienmitglieder, zumindest dann, wenn – wie hier – ein erst vier Jahre altes Kind betroffen ist. Dem Beklagten kann daher kein Schuldvorwurf daraus gemacht werden, daß er die Reise für die ganze Familie absagte, obgleich lediglich die Tochter nicht geimpft werden durfte.
5.
19. In Annahmeverzug ist der Beklagte nicht gekommen, so daß hier nicht § 324 Abs. 2 BGB anzuwenden ist, was die Revisionserwiderung irrig annimmt. Denn nach § 297 BGB ist Annahmeverzug des Gläubigers zu verneinen, wenn die dem Schuldner obliegende Leistung unmöglich ist. So war es – wie dargelegt – hier, als sich herausstellte, daß die Tochter des Beklagten zur Einreise nach Spanien ein Impfzeugnis brauchte, aber nicht geimpft werden durfte.
6.
20. Das Berufungsgericht will den Umfang der Umstände, die ein Gläubiger nach § 324 Abs. 1 BGB „zu vertreten hat“ über schuldhaftes Verhalten hinaus ganz allgemein erweitern auf Leistungshindernisse, die den sog. „Risikobereich“ des Gläubigers zugerechnet werden müßten.
21. Dabei soll dem jeweiliger Zweck des Vertrags unter Beachtung von Treu und Glauben entnommen werden, für welchen Bereich der andere Vertragspartner das uneingeschränkte Risiko zu tragen habe.
22. Ob und inwieweit dieser Auffassung gefolgt werden könnte, braucht nicht abschließend entschieden zu werden. Denn für das hier zu beurteilende Leistungshindernis sind die besonderen Bestimmungen des Werkvertragsrechts maßgebend. In einem Falle wie dem vorliegenden, in dem eine Reise nicht durchführbar ist, weil einer der Teilnehmer die plötzlich durch eine behördliche Anordnung verschärften Gesundheitsbestimmungen schuldlos nicht erfüllen kann, ist der Rechtsgedanke des § 635 Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechend anzuwenden. Nach dieser Vorschrift kann der Unternehmer, wenn das Werk vor der Abnahme infolge eines Mangels des vom Besteller gelieferten Stoffes unausführbar geworden ist, ohne daß ein Umstand mitgewirkt hat, den der Unternehmer zu vertreten hat, nur einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Teil der Vergütung und Ersatz der in der Vergütung nicht inbegriffenen Auslagen verlangen.
a)
23. Zutreffend sieht die herrschende Meinung im Schrifttum (vgl. die Nachweise bei Helmut Köhler, Unmöglichkeit und Geschäftsgrundlage bei Zweckstörungen im Schuldverhältnis 1971 S. 36 Fußnoten 80 und 85 und Volker Beuthin, Zweckerreichung und Zweckstörung im Schuldverhältnis 1969 S. 128 Fußnote 221) in § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB eine besondere Gefahrtragungsregelung, die zumindest auch die Rechtsfolgen der Unmöglichkeit der Werkleistung umfaßt. Zu Unrecht meint Beuthin (aaO S. 73, 89, 128; ihm folgend Palandt/Thomas (31.) Anm. 4 zu § 644, 645 BGB), die Vorschrift sei auf die Fälle zu beschränken, in denen die geschuldete Werkleistung nachholbar bleibe. Dem steht schon der eindeutige Gesetzeswortlaut („unausführbar geworden“) entgegen. Auch den Gesetzesmaterialien ist dafür nichts zu entnehmen (vgl. Motive II S. 501). § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB ist vielmehr eine Sondervorschrift, die für ihren Anwendungsbereich der allgemeinen Regelung der §§ 323 ff BGB vorgeht. Das hat der Senat auch bereits zum Ausdruck gebracht (vgl. Senatsurteil VII ZR 174/63 vom 11. März 1965).
24. Aus den §§ 323 ff BGB, die an sich auch für den Werkvertrag gelten, ergibt sich, daß die Vergütungsgefahr grundsätzlich der Unternehmer trägt, es sei denn, der Besteller habe die Unmöglichkeit zu vertreten (§ 324). Die §§ 644, 645 Abs. 1 BGB weichen von dieser Regelung insoweit ab, als sie in bestimmten Fällen die Vergütungsgefahr nicht voll der einen oder anderen Partei auferlegen, sondern das Risiko zwischen den Vertragsparteien teilen. § 645 Abs. 2 BGB, wonach eine weitergehende Haftung des Bestellers wegen Verschuldens unberührt bleibt, stellt dann wieder die Verbindung zu § 324 BGB her. So läßt sich die Regelung des § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB letztlich als Ausnahme sowohl von § 323 wie von § 324 BGB begreifen (so schon Heck, Grundriß des Schuldrechts, 1929 § 116 c 5). Sie mildert die für den Unternehmer harte Bestimmung des § 323 BGB (übrigens auch des § 644 Abs. 1 Satz 1 BGB), ohne dem Besteller die volle Vergütungsgefahr aufzubürden, wie das § 324 BGB vorsieht. Die in § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB behandelten Risiken werden, obgleich ihnen der Besteller näher steht, so verteilt, daß – vorausgesetzt keinen der Vertragspartner trifft ein Verschulden – der Besteller zwar eine Teilvergütung zu entrichten und Auslagen zu ersetzen hat, der Unternehmer sich damit aber auch begnügen muß.
b)
25. Es besteht kein Anlaß zur Untersuchung der Frage, inwieweit sich etwa aus den §§ 644, 645 BGB eine im Werkvertragsrecht allgemein anzuwendende „Sphärentheorie“ entwickeln ließe (vgl. dafür Erman JZ 1965, 576; ablehnend: Soergel/Ballerstedt (10.) Rdn. 1 zu § 645; Staudinger/Riedel (11.) Rdn. 8 zu § 644 BGB; weitere Nachweise bei Köhler aaO S. 39 Fußnote 100). Hier geht es allein um die entsprechende Anwendung des § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB in einem besonders gelagerten Fall. An einer solchen Analogie hat sich der erkennende Senat schon bisher nicht gehindert gesehen, wenn die Interessenlage das geboten hat (vgl. BGHZ 40, 71).
26. Dabei ist der vom Senat (aaO) bereits entschiedene Fall dem vorliegenden in einem Punkt ähnlich: Dort hatte eine Handlung des Bestellers das Werk in einen Zustand oder in eine Lage versetzt, die eine Gefährdung des Werkes mit sich brachte und ursächlich für seinen schließlichen Untergang wurde. Hier hat ebenfalls ein auf seinem Willensentscheid beruhendes Verhalten des Bestellers, nämlich seine Weigerung, sich und seine Familie impfen zu lassen, zur Unausführbarkeit des Werkes (der Reise) geführt. Auf ein Verschulden des Bestellers ist auch in BGHZ 40, 71 nicht abgestellt worden.
c)
27. Dem § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt, soweit Mängel des Stoffes in Frage stehen, folgender Gedanke zugrunde: Wenn es Sache des Bestellers ist, den Stoff für die Herstellung des Werkes zu liefern, dann muß er auch (in dem im Gesetz bestimmten Umfang) die Verantwortung dafür tragen, daß der Stoff zur Herstellung des Werkes tauglich ist, und zwar ohne Rücksicht auf etwaiges Verschulden. Der sich aus der Beschaffenheit des Stoffes ergebenden Gefahr für das Gelingen des Werkes steht der Besteller, wenn er den Stoff zur Verfügung zu stellen hat, näher als der Unternehmer. Dabei ist der Begriff „Stoff“ weit auszulegen; er umfaßt alle Gegenstände, aus denen, an denen oder mit deren Hilfe das Werk herzustellen ist (so Soergel/Ballerstedt (10.) Rdn. 2; Staudinger/Riedel (11.) Rdn. 1 je zu § 645 BGB).
28. Die Interessenlage ist die gleiche, wenn der Unternehmer, nach der besonderen Eigenart des von ihm geschuldeten Leistungserfolgs, ein Werk an oder mit Hilfe einer Person (etwa des Bestellers selbst) herstellen soll. Auch dann erscheint es sachgerecht, den Besteller die Verantwortung dafür tragen zu lassen, daß die Person, an der oder unter deren Mitwirkung das Werk herzustellen ist, dazu auch in der Lage, d. h. tauglich ist. Denn dann steht der Besteller der Gefahr, die sich aus der etwaigen Untauglichkeit der Person zur Herbeiführung des erstrebten Erfolges ergibt, ebenfalls näher als der Unternehmer. Das wird an folgendem Beispiel deutlich: Wenn ein Pferd zu einem Rennen befördert werden soll, aber vorher erkrankt und deshalb transportunfähig ist, so greift – falls nicht besondere Bestimmungen (z. B. der KVO) vorgehen – § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB unmittelbar ein. Der Frachtführer erhält dann also nur eine Teilvergütung, z. B. für das eventuelle Bereitstellen des Transportmittels, sowie Auslagenersatz. Es kann nicht anders sein, wenn statt eines Pferdes, ein Mensch befördert werden soll, so daß etwa ein Taxifahrer, der nutzlos vorgefahren ist, nicht mehr verlangen kann als den Lohn für die Anfahrt.
d)
29. Bei einer solchen Ähnlichkeit der Interessenlage ist eine entsprechende Anwendung des § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB geboten. Das erfordert vor allem der Billigkeitsgedanke, von dem die im Gesetz getroffene Regelung beherrscht wird und der diese als einen für beide Teile annehmbaren Ausgleich der widerstreitenden Interessen erscheinen läßt, während nach § 323 BGB der Unternehmer, nach § 324 BGB der Besteller die Vergütungsgefahr jeweils für sich allein voll zu tragen hätte. Nach § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB soll dagegen der Besteller zu dem Nachteil, der ihm aus dem Untergang, der Verschlechterung oder der Unausführbarkeit des Werks infolge eines Mangels des Stoffes erwachsen ist, nicht zusätzlich den Schaden haben, daß er dem Unternehmer auch noch den entgangenen Gewinn aus den nicht auszuführenden Arbeiten (worauf die Regelung des § 324 BGB praktisch hinausläuft) ersetzen muß. Der Unternehmer soll sich bei dem „Unglück“, das den Besteller getroffen hat, mit dem Entgelt für die von ihm bereits erbrachten Leistungen nebst Auslagenersatz begnügen.
30. Diese Erwägungen treffen auch dann zu, wenn ein Werk unausführbar geworden ist, weil eine Person aus von ihr nicht zu vertretenden Gründen zu der erforderlichen Mitwirkung nicht mehr in der Lage ist. Gerade in Fällen der vorliegenden Art, tritt das deutlich zutage. Als der Beklagte bei der Klägerin die Reise für sich und seine Familie buchte, bestanden – wie in den Vorinstanzen unstreitig war – für Spanien keine Einreisebeschränkungen. Die späteren Anordnungen der spanischen Behörden trafen beide Parteien als ein Ereignis, das außerhalb ihrer unmittelbaren Einflußsphäre liegt. Dieses Ereignis machte die vierjährige Tochter des Beklagten und damit die ganze Familie für die bei der Klägerin gebuchte Reise untauglich. Das war, wie immer man den Risikobereich der Parteien eines Reisevertrages abgrenzt, ein „Unglück“ für den Beklagten in dem erwähnten Sinne, dessen Folgen die Klägerin nach dem Billigkeitsgedanken des § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB mitzutragen hat. Denn der Beklagte hätte den Vertrag mit der Klägerin nicht geschlossen, wenn damals schon bekannt gewesen wäre, daß für die Einreise nach Spanien der Nachweis einer Pockenschutzimpfung notwendig sei. Dann wäre die Klägerin leer ausgegangen. So erhält sie wenigstens eine angemessene Vergütung für bereits geleistete Dienste und den Ersatz etwaiger Auslagen.
31. Dieses Ergebnis wird der Interessenlage der Parteien in einem Fall, in dem keine von ihnen das Hindernis für die Durchführung der vom Beklagten gebuchten Reise voraussehen konnte, gerecht und entspricht der Billigkeit im Einklang mit der in § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB für gleichgelagerte Fälle zum Ausdruck gekommenen Absicht des Gesetzgebers.
7.
32. Mit der entsprechenden Anwendung des § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB sind die Rechtsfolgen aus der Unmöglichkeit der Erfüllung des zwischen den Parteien bestehenden Reisevertrags abschließend geregelt. Daneben kommt eine Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht.
III.
33. Daß die Klägerin vom Beklagten etwas zu fordern hat, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Daher muß es bei dem vom Berufungsgericht erlassenen Zwischenurteil über den Grund des Klaganspruchs verbleiben. Bei der Bestimmung der Höhe der der Klägerin zustehenden Forderung wird sich das Berufungsgericht im Betragsverfahren mit folgenden Gesichtspunkten zu befassen haben:
34. In Betracht kommt einmal eine Teilvergütung in Form eines Entgelts für die von der Klägerin selbst bis zur Kenntnis der Undurchführbarkeit der Reise entfaltete Tätigkeit.
35. Daneben kann sie ihre in dieser Teilvergütung nicht inbegriffenen Auslagen ersetzt verlangen. Solche Auslagen könnten u. a. dadurch entstanden sein, daß die Klägerin möglicherweise zur Ausführung des Reisevertrages Verbindlichkeiten eingegangen ist, so wie ein Beauftragter in Ausführung des Auftrages Aufwendungen macht (§§ 670, 257 BGB). Was die Klägerin der T, deren sie sich zur Erfüllung des mit dem Beklagten geschlossenen Vertrages bediente, tatsächlich schuldet, wird der Beklagte ihr daher möglicherweise zu erstatten haben.
36. Dabei wird das Berufungsgericht beachten müssen, daß im Verhältnis der Klägerin zur T die gebuchte Reise ebenfalls infolge eines Umstandes unmöglich geworden ist, den keiner von ihnen zu vertreten hat. Auch zwischen ihnen wird daher § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechend anzuwenden sein, es sei denn, sie hätten etwas Abweichendes vereinbart. Insofern dürfte freilich nicht genügen, daß die T der Klägerin kurzerhand eine „Stornogebühr“ von 75 % des Gesamtpreises in Rechnung gestellt hat, wie sie in ihren Prospekten beim „Rücktritt“ innerhalb von 1 – 7 Tagen vor Beginn einer Sonderflugreise vorgesehen ist.
37. Denn es kann zweifelhaft sein, ob die „Wichtige Hinweise“ überschriebenen Geschäftsbedingungen der T überhaupt im Verhältnis zwischen ihr und einem anderen Reisebüro, wie der Klägerin, gelten sollen. Das Berufungsgericht wird zu überlegen haben, ob diese Geschäftsbedingungen nicht etwa nur für von T mit den Reisenden unmittelbar zu schließende Verträge gedacht sind, auf die diese Geschäftsbedingungen ersichtlich zugeschnitten sind.
38. Daß die Klägerin etwa die Geschäftsbedingungen der T zum Inhalt ihres Vertrags mit dem Beklagten gemacht hätte, hat das Berufungsgericht bisher nicht festgestellt.
39. Es wird ferner überprüfen müssen, ob die einschlägige Bestimmung der genannten Vertragsbedingungen in der nur vom „Rücktritt“ und vom „vorzeitigen Abbruch der Reise“ die Rede ist, überhaupt den hier gegebenen Fall der Unmöglichkeit erfaßt, bei dem es eines Rücktritts gar nicht bedarf. Nach gefestigter Rechtsprechung sind Typenverträge im Zweifel gegen die sie allgemein benutzende Partei auszulegen (BGHZ 47, 207, 216 mit weiteren Nachweisen).
40. Müßte davon ausgegangen werden, daß zwischen der Klägerin und der T die von dieser aufgestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen an sich gelten würden, so hätte sie das Berufungsgericht der sog. Inhaltskontrolle gem. § 242 BGB nach den von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätzen zu unterziehen (vgl. zuletzt BGHZ 54, 106, 109/110 und BGH NJW 1972, 1227 jeweils mit weiteren Nachweisen). Dabei könnten Bedenken gegen die Angemessenheit der vorgesehenen Regelung insbesondere daraus hergeleitet werden, daß weder nach den Gründen, die zum „Rücktritt“ von dem Reisevertrag führen, noch danach unterschieden wird, ob der „Rücktritt“ eine Reise innerhalb oder außerhalb der Hochsaison betrifft. Kurzfristige Ausfälle wirken sich für den Reiseveranstalter aber nicht durchweg gleich aus: Während er bei Reisen innerhalb der Hochsaison vielfach eine echte Einbuße erleidet, weil ein bei rechtzeitigem „Rücktritt“ verhältnismäßig leicht anderweitig zu veräußernder Platz leer bleibt, ist bei Reisen außerhalb der Hochsaison in aller Regel ohnehin ein Teil der Plätze unbesetzt, womit der Reiseveranstalter von vornherein rechnen muß. Die Härte der unterschiedslosen – ersichtlich an langfristigen Vorbestellungen ausgerichteten – Pauschalierung zeigt sich gerade in Fällen der vorliegenden Art, in denen die Reise überhaupt erst 6 Tage vor ihrem Beginn gebucht worden ist, was wohl nur möglich war, weil sie außerhalb der Hochsaison lag.
41. Eine Rolle bei der Beurteilung der Angemessenheit der in dem Prospekt vorgesehenen „Rücktritts“regelung könnte schließlich noch spielen, inwieweit der Reisende in der Lage ist, sich gegen die Kosten zu versichern, die ein unverschuldeter „Rücktritt“ vom Reisevertrag auslöst. Das muß schon deshalb mit in Betracht gezogen werden, weil die T in einem weiteren Punkt der „Wichtigen Hinweise“ den Abschluß einer Reiseausfallkosten-Versicherung empfiehlt und dadurch möglicherweise bei den Reisenden den Eindruck erweckt, gegen alle Folgen aus einer unvorhersehbaren Verhinderung der Reise geschützt zu sein.
IV.
42. Nach alledem ist die Revision des Beklagten mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
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