Verletzung eines Pferdes

OLG Koblenz: Verletzung eines Pferdes

Vorliegend nimmt der Kläger die Beklagte auf Schadensersatz aus dem Luftverkehrsgesetz in Anspruch, da sich sein Pferd verletzte, als in der Nähe ein Hubschrauber landete. Der Kläger hat in der Nähe einer Autobahn eine Pferdekoppel, welche mit einem Stacheldrahtzaun umgeben ist, damit die Tiere nicht entkommen können. Als es zu einem Hubschraubereinsatz kam, erschreckte eins seiner Pferde und rannte durch den Zaun. Es verletzte sich, sodass es zu Tierarzt und Unterhaltskosten kam. Mithin verlor das Pferd an Wert.

Das Oberlandesgericht entschied, dass dem Kläger ein Anspruch auf Schadensersatz zusteht und ihn kein Mitverschulden, wegen der Verwendung eines Stacheldrahtzaunes, trifft.

OLG Koblenz 10 U 1804/01 (Aktenzeichen)
OLG Koblenz: OLG Koblenz, Urt. vom 16.08.2002
Rechtsweg: OLG Koblenz, Urt. v. 16.08.2002, Az: 10 U 1804/01
LG Trier, Urt. v. 30.10.2001, Az: 11 O 426/97
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Oberlandesgericht Koblenz

1. Urteil vom 16. August 2002

Urteil vom 10 U 1804/01

Leitsatz

2. Verletzt sich ein Pferd, welches auf einer Pferdekoppel steht und von Stacheldrahtzaun umgeben ist, weil es sich aufgrund eines Hubschraubereinsatzes derart erschreckt, dass es durch den Zaun läuft, so steht dem Tierhalter Schadensersatz nach dem Luftverkehrsgesetz zu.

Zusammenfassung:

 3. Im vorliegenden Fall verlangt der Kläger von der Beklagten Schadensersatz gemäß des Luftverkehrsgesetzes, da sein Pferd sich durch den Lärm eines Hubschraubereinsatzes verletzte. Dieser unterhält in unmittelbarer Nähe der Bundesautobahn T.-​L. eine Wiese, die mit einem Stacheldrahtzaun umpfercht ist. Als in der Nähe dieser Wiese ein Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes landete, erschreckte sich ein Pferd des Klägers und lief durch den Stacheldrahtzaun, wodurch es sich am Fuß erheblich verletzte. Es entstanden dadurch Tierarztkosten und Unterhaltungskosten. Des Weiteren kam es zu einem Wertverlust des Tieres.

Das Oberlandesgericht Koblenz spricht dem Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß des Luftverkehrsgesetzes zu. Mithin lehnt es ein Mitverschulden aus Tierhalterhaftung des Klägers ab. Zwar verwendete der Kläger Stacheldrahtzaun, was die Verletzung des Pferdes begünstigte, jedoch muss berücksichtigt werden, dass  an diesem Tag sogar mehrere Hubschrauber des Grenzschutzes im Einsatz waren und im Bereich der Pferdekoppel landeten, was erst die Reaktion des Pferdes ausgelöst hat und auch für einen sorgfältigen Pferdehalter außerhalb des üblicherweise Vorhersehbaren lag.

Außerdem ist das Verwenden eines Stacheldrahtzaunes durchaus ortsüblich und auch angebracht, da die Pferdekoppel in unmittelbarer Nähe einer Autobahn liegt, sodass sichergestellt werden muss, dass die Pferde dort nicht ausbrechen. Die Klage ist folglich begründet.

Tenor:

4. Auf die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 30. Oktober 2001 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.346,99 EUR (14.369,46 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 21.1.1998 aus 4.551,24 EUR (8.901,46 DM), im Übrigen seit 18.9.2000 zu zahlen. Die weitergehende Klage und Berufung werden zurückgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges haben der Kläger zu 1/3, die Beklagte zu 2/3 zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 6/10, die Beklagte zu 4/10.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe:

5. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz aus Luftverkehrsgesetz in Anspruch.

6. Der Kläger unterhält in unmittelbarer Nähe der Bundesautobahn T.-​L. eine Wiese, die mit einem Stacheldrahtzaun umpfercht ist. Am 21.09.1996 landete ein Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes in der Nähe der Raststätte „M. in T.. Infolge des Lärmes scheute das sich auf der Wiese aufhaltende Pferd „Püppchen“, lief durch den Zaun und verletzte sich dabei am rechten Hinterfuß. Der Kläger hat die Beklagte zuletzt auf Zahlung von 21.736,40 DM wegen Wertverlustes des Pferdes, Tierarztkosten und Unterhaltungskosten in Anspruch genommen. Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Beklagte zur Zahlung von 11.642,18 DM nebst Zinsen verurteilt. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger eine teilweise Abänderung des Urteils dahingehend, dass die Beklagte verurteilt wird, an ihn 18.312,20 DM nebst Zinsen zu zahlen. Die Beklagte beschränkt sich mit ihrer Anschlussberufung auf die Nichtberücksichtigung eines Teil-​Regulierungsbetrages von 0,80 DM und die der Vorsteuerabzugsberechtigung.

7. Die Berufung ist teilweise begründet. Die Anschlussberufung ist begründet.

8. Das Landgericht hat dem Kläger zu Recht einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung des Pferdes „Püppchen“ zugesprochen, welche durch den mit dem Hubschraubereinsatz verbundenen Lärm verursacht worden ist (§ 33 LuftVG). Die Haftung dem Grunde nach steht zwischen den Parteien außer Streit.

9. Die Berufung wendet sich indes zu Recht gegen die Annahme eines Mitverschuldens. Das Landgericht hat ein Mitverschulden des Klägers aus Tierhalterhaftung in Höhe von 35 % angenommen. Dies deshalb, weil es sich bei dem geschädigten Pferd um ein scheues Tier gehandelt und die vorhandene Koppeleinfriedung durch Stacheldrahtzaun die Verletzung des Tieres mitverursacht habe. Die Berufung wendet diesbezüglich zu Recht ein, dass das Landgericht nicht hinreichend berücksichtigt habe, dass an diesem Tag sogar mehrere Hubschrauber des Grenzschutzes im Einsatz waren und im Bereich der Pferdekoppel landeten, was erst die Reaktion des Pferdes ausgelöst hat und auch für einen sorgfältigen Pferdehalter außerhalb des üblicherweise Vorhersehbaren lag.

10. Auch kann dem Kläger nicht deshalb ein Mitverschulden angelastet werden, weil er die Koppel durch einen Stacheldraht abgesichert hat und dadurch erst die Verletzung am Huf des Pferdes entstehen konnte. Das Landgericht meint, der Kläger habe es versäumt, den Stacheldraht so nach innen abzusichern, dass das Pferd auch mit dem Huf nicht an den Stacheldraht gelangen könnte. Dies stelle einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz dar.

11. Das Landgericht lässt unberücksichtigt, dass ungeachtet dessen, dass in der Region T. die Einfriedung von Pferdekoppeln mittels Stacheldrahtumzäunung im Jahre 1997 durchaus ortsüblich war, selbst die Verwendung von elektrobewährten Trassierbändern nicht verhindert hätte, dass ein durch Hubschraubereinsatz in Panik geratenes Pferd versucht, durch einen Elektrozaun auszubrechen. Hinzu kommt, dass die örtlichen Gegebenheiten für eine Verwendung eines Stacheldrahtzaunes sprachen. Denn die Pferdekoppel lag unmittelbar in der Nähe der vorbeiführenden Autobahn, so dass der Kläger sicherstellen musste, dass es nicht zu einem Ausbrechen der Pferde kommt. Ein Mitverschulden des Klägers von 35 % kann bei dieser Sachlage nicht angenommen werden. Allerdings muss sich der Kläger im Rahmen der Ursachenabwägung die von seinem Tier ausgehende Tiergefahr anrechnen lassen, die hier mit 20 % in Ansatz zu bringen ist (§ 41 Abs. 2 LuftVG i.V.m. § 833 BGB).

12. Entgegen der Auffassung der Berufungserwiderung kann der Kläger die Pensionskosten für die Unterhaltung des Tieres für den Zeitraum vom 21.9.1996 bis 31.8.2000 geltend machen. Angesichts der Beweisproblematik und des Regulierungsverhaltens der Beklagten war es dem Kläger nicht zuzumuten, im Wege der Schadensminderung eine Notschlachtung des Tieres vorzunehmen.

13. Mit der Anschlussberufung ist davon auszugehen, dass bezogen auf die Tierarztkosten nur die Nettokosten in Ansatz zu bringen sind, da der Kläger vorsteuerabzugsberechtigt ist (GA 6, § 138 Abs. 3 ZPO). Außerdem hat das Landgericht nur eine Teilzahlung von 745,-​-DM anstatt 745,80 DM berücksichtigt.

14. Insgesamt ergibt sich danach folgende Schadensberechnung:

 Wertverlust des Tieres nach Gutachten  8.000,–DM,
 Tierarzt­kosten netto  1.203,65 DM (GA 15),
 Tierarzt­kosten netto  150,43 DM (GA 30)
 Kosten­pau­schale  40,–DM (GA 7 – anerkannt -)
 Pensi­ons­kosten  9.500,–DM (LG Urteil S.9, GA 268),
 insgesamt 18.894,08 DM x 80 % = 15.115,26 DM, abzüglich geleis­teter 745,80 DM, mithin insgesamt  14.369,46 DM.

15. Auf die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung war das angefochtene Urteil, wie tenoriert, teilweise abzuändern. Bei der Zinsberechnung ist berücksichtigt, dass zum Zeitpunkt der Klageerhebung nur Ansprüche in dieser Höhe bestanden (8.000,-​-DM Pferd Wertverlust, 2.665,-​-DM Unterhaltungskosten, 1203,65 DM + 150,43 Tierarztkosten, Kostenpauschale 40,-​-DM x 80 % ./. 745,80 DM).

16. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

17. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.873,93 DM  (6.670,02 DM Berufung + 203,91 DM Anschlussberufung [203,11 MWSt. + 0,80 DM] ) festgesetzt. Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, § 543 Abs. 1 ZPO n.F.

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