Flugzeitänderung als Reisemangel
AG Düsseldorf: Flugzeitänderung als Reisemangel
Weil sein Rückflug aus dem Urlaub um 10 Stunden vorverlegt wurde, verlangt ein Urlauber von seinem Reiseveranstalter eine Schadensersatzleistung wegen verlorener Urlaubszeit.
Das Amtsgericht Düsseldorf hat die Klage abgewiesen. Einschränkungen der Urlaubszeit durch den Veranstalter seien grundsätzlich minderungsfähig, jedoch nur wenn sie außerhalb des ersten oder des letzten Urlaubstages auftreten.
AG Düsseldorf | 232 C 8790/08 (Aktenzeichen) |
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AG Düsseldorf: | AG Düsseldorf, Urt. vom 14.10.2008 |
Rechtsweg: | AG Düsseldorf, Urt. v. 14.10.2008, Az: 232 C 8790/08 |
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Leitsatz:
2. Flugzeitänderungen können bei einer Flugpauschalreise erst dann als Reisemangel angesehen werden, wenn nicht nur der erste und letzte Reisetag betroffen sind.
Zusammenfassung:
3. Ein Urlauber buchte bei einem Reiseveranstalter eine Pauschalreise. Am letzten Urlaubstag wurde der gecharterte Rückflug von 17:30 Uhr auf 05:10 Uhr morgens vorverlegt. Wegen der verlorenen Reisezeit macht der klagende Urlauber nun eine Reisepreisminderung geltend.
Der Veranstalter hält dem seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen entgegen. In diesen hatte er sich vorbehalten den Charterflug bei Bedarf kurzfristig zu verschieben.
Das Amtsgericht Düsseldorf hat die Klage größtenteils abgewiesen. Die Änderungen der Flugzeit im Rahmen einer Pauschalreise seien nur in den Fällen als Reisemangel anzusehen, in denen mehr als der erste und der letzte Urlaubstag betroffen sind.
Flugzeitänderungen innerhalb dieser beiden Tage ohne Verlust der Nachtruhe sind als bloße Unannehmlichkeiten hinzunehmen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn ein entsprechender Änderungsvorbehalt in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Reiseveranstalters enthalten ist und daher feste Flugzeiten nicht Vertragsbestandteil geworden sind. Auch ein Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB liegt nicht vor, da ein solcher Änderungsvorbehalt dem Wesen des Charterflugverkehrs entspricht
Bei einer einwöchigen Reise und einer Vorverlegung des Rückflugs von 17.30 Uhr auf 5.10 Uhr ist eine Minderung in Höhe von 40% des Tagesreisepreises angemessen.
Tenor:
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 45,35 € Zug-um-Zug gegen Rückgabe des vorgerichtlich überlassenen Verrechnungsschecks über 45,35 € der X GmbH Düsseldorf vom 15.04.2008, Scheck-Nr. … zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
5. Von der Abfassung eines Tatbestandes wird gem. § 313 a Abs. 1 BGB abgesehen.
Entscheidungsgründe:
7. Der Anspruch der Kläger auf Minderung des Reisepreises ist mit dem anerkannten Betrag in Höhe von 45,35 € abgegolten. Bei einem Gesamtreisepreis von 794,00 € für 7 Tage beläuft sich der Tagespreis auf 113,42 €, so dass die anerkannte Summe 40 % eines Tagespreises beträgt. Dieser Betrag ist aus folgendem Gesichtspunkt ausreichend:
8. Den Klägern steht grundsätzlich kein Anspruch auf Minderung wegen der Vorverlegung des Rückfluges von 17:30 Uhr auf 5.10 Uhr zu. Bei dem streitgegenständlichen Flug handelt es sich um einen Charterflug im Rahmen einer von der Beklagten veranstalteten Pauschalreise. Anders als beim Linienflug stehen bei Charterflügen Flugzeiten nicht im Vordergrund. Vielmehr entspricht es dem Wesen des Charterflugverkehrs, dass auch kurzfristig Änderungen der Flugzeiten hingenommen werden können, um vorhandene Kapazitäten auszulasten. Auch ist allgemein bekannt, dass Charterflüge üblicherweise in den so genannten Randzeiten erfolgen. Aus diesem Grund können sie auch wesentlich günstiger angeboten werden als Linienflüge. Als Reisemangel können Flugzeitänderungen erst dann angesehen werden, wenn nicht nur der erste und letzte Reisetag betroffen sind. Flugzeitänderungen innerhalb dieser beiden Tage ohne Verluste der Nachtruhe sind als bloße Unannehmlichkeiten hinzunehmen.
9. Auch durch die Bestätigung der Reise trat keine bindende Konkretisierung des Vertrages hinsichtlich der Rückflugzeiten ein, da sich sowohl auf der Bestätigung der Reise als auch in den AGB der Beklagten ein Hinweis befand, dass Flugzeitänderungen bzw. kurzfristige Flugzeitverschiebungen vorbehalten waren. Feste Flugzeiten waren daher nicht Vertragsbestandteil geworden. Einen Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB bzw. das Transparentgebot vermag das Gericht in diesen Klauseln nicht zu erblicken, da ein solcher Änderungsvorbehalt dem Wesen des Charterflugverkehrs entspricht. Für jeden durchschnittlichen Reisenden ist erkennbar und nachvollziehbar, dass sich die oft lange im Voraus angegebenen Flugzeiten naturgemäß auf Grund verschiedenster Einflüsse kurzfristig noch ändern können. Aufgrund der in der Reisebestätigung und den AGB der Beklagten enthaltenen Änderungsklausel in Verbindung mit den o.g. Gesichtspunkten betreffend den Charterflugverkehr konnten die Kläger nicht davon ausgehen, dass die Beklagte durch das Unterlassen eines erneuten Hinweises auf den Änderungsvorbehalt in dem „Electronic Ticket“ auf diesen nun verzichten wollte.
10. Da der vorverlegte Rückflug und auch der Beginn des Bustransfers um 1:35 Uhr jeweils am letzen Reisetag erfolgten, war die Vorverlegung den Klägern grundsätzlich zumutbar, denn im Rahen des Charterflugverkehrs sind der An- und Abreisetag in erster Linie Reisetage und keine Erholungstage. Ein Minderungsanspruch ergibt sich daher nur aus dem Gesichtspunkt der gestörten Nachtruhe. Diese ist mit einer Minderung von 40 % eines Tagespreises angemessen abgegolten.
11. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Bahntickets besteht nicht. Aufgrund der obigen Ausführungen hätten die Kläger die Flugvorverschiebung im Hinblick auf die Anzahl der Stunden, um die der Flug vorverlegt wurde, hinzunehmen gehabt, wenn dadurch nicht ihre Nachtruhe beeinträchtigt worden wäre. Die Beeinträchtigung der Nachtruhe als solche war jedoch nicht kausal für den Umstand, dass die Vereinbarung mit dem Bruder der Klägerin zu 1) nicht eingehalten werden konnte.
12. Ein Anspruch auf Erstattung des Rückflugzuschlags besteht nicht. Da dieser im Gesamtreisepreis, anhand dessen die Minderung berechnet wurde, enthalten war, wurde er bereits mitberücksichtigt. Eine abgetrennte Berücksichtigung ist nicht gerechtfertigt. Die Kläger durften diesen nicht als „kostenpflichtigen Verzicht“ auf den Änderungsvorbehalt auslegen, zumal auf der Reisebestätigung, in welcher er ausgewiesen war, gleichzeitig der Änderungsvorbehalt vermerkt war. Gem. §§ 133, 157 BGB konnten sie ihn daher nur als Sicherheit dafür auslegen, dass die Rückreise innerhalb der Osterferien erfolgen würde.
13. Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewandter Urlaubszeit nach § 651 f Abs. 2 BGB. Voraussetzung für einen derartigen Schadensersatzanspruch ist, dass die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt worden ist. Von einer erheblichen Beeinträchtigung geht das Gericht in Übereinstimmung mit der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur erst aus, wenn der Grad der Minderung 50 % in Bezug auf den Gesamtreisepreis erreicht. Die hier angemessen Minderung liegt erheblich darunter.
14. Ein Anspruch auf Erstattung der aufgrund des Schreibens vom 07.04.2008 geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten besteht gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB nicht, denn z.Z. des Schreibens vom 7.4.2008 befand sich die Beklagte noch nicht in Verzug. Ein Anspruch auf Kostenersatz ergibt sich auch nicht unmittelbar aus § 280 Abs. 1 BGB. Die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes für die Abfassung des Schreibens gem. § 651 g Abs. 1 BGB war nicht „erforderlich“, da die Reisenden nur die Mängel, wegen derer sie Rechte geltend machen möchten, aufzählen müssen, ohne zu diesem Zeitpunkt bereits eine rechtliche Bewertung vornehmen zu müssen.
15. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 93, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
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