Umgang eines geschiedenen Elternteils hinsichtlich einer Urlaubsfernreise nach Thailand

KG Berlin: Umgang eines geschiedenen Elternteils hinsichtlich einer Urlaubsfernreise nach Thailand

Eine Mutter wollte wegen vermeintlicher Terrorgefahr ihrem Ex-Mann untersagen, mit den gemeinsamen Kindern nach Thailand zu reisen. Der Antrag wurde abgewiesen, weil keine Reisewarnung für das Urlaubsgebiet vorlag.

KG Berlin 13 UF 163/16 (Aktenzeichen)
KG Berlin: KG Berlin, Urt. vom 02.02.2017
Rechtsweg: KG Berlin, Urt. v. 02.02.2017, Az: 13 UF 163/16
  AG Tempelhof-Kreuzberg, Urt. v. 03.11.2016, Az: 163 F 13683/16
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Kammergericht Berlin

1. Urteil vom 2. Februar 2017

Aktenzeichen 13 UF 163/16

Leitsatz:

2. Das Elternteil kann die Zustimmung zu einer Reise des anderen Elternteiles mit den Kindern nicht zurückziehen, ohne dass sich die Gegebenheiten am Reiseziel dahingehend geändert haben, dass Gesundheit oder Entwicklung der Kinder gefährdet wären.

Zusammenfassung:

3. Geschiedene Eltern zweier Kinder im Schulalter stritten über eine Reise vom 16. August 2016 bis zum 4. September 2016 nach Jomtien Beach in der Nähe von Pattaya in Thailand, die der Vater mit den Kindern, seiner neuen Frau und deren Kindern unternehmen wollte. Nachdem die Mutter zunächst ihre Zustimmung zu dem Urlaub erteilt hatte, zog sie diese in Folge von Bombenanschlägen in Thailand am 11. und 12. August zurück.

Das Familiengericht Tempelhof-Kreuzberg wies den Antrag der Mutter zurück. Dagegen legte sie vor dem Kammergericht Berlin Beschwerde ein. Doch auch diese wurde abgewiesen. Es war nicht ersichtlich, dass die Reise die Entwicklung oder Gesundheit der Kinder in erhöhtem Maße beeinträchtigen könnte. Es lag keine Reisewarnung vor und die übrigen Umstände hatten sich nicht geändert, seit die Klägerin ihre Zustimmung erteilt hatte. Da sie diese nicht ohne Weiteres zurücknehmen durfte und es sich bei dem Streit um eine Umgangs- und keine Sorgerechtssache handelte, war die einstweilige Anordnung des Familiengerichts nicht anfechtbar.

Tenor:

4. Die Beschwerde der Mutter gegen den am 3. November 2016 im Wege der einstweiligen Anordnung erlassenen Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-​Kreuzberg – 163 F 13683/16 – wird auf ihre Kosten nach einem Beschwerdewert von 1.500 € als unzulässig verworfen.

Der Antrag der Mutter vom 16. November 2016, ihr Verfahrenskostenhilfe zur Rechtsverfolgung im zweiten Rechtszug zu gewähren, wird zurückgewiesen.

Gründe:

5. Die Mutter wendet sich mit ihrem Rechtsmittel gegen den vom Familiengericht im Wege der einstweiligen Anordnung – nach mündlicher Erörterung der Sache – gefassten Beschluss vom 3. November 2016, mit dem der familiengerichtliche Beschluss vom 18. August 2016 aufrechterhalten wurde. Mit dem Beschluss vom 18. August 2016 wurde festgestellt, dass der Vater berechtigt ist, mit den beiden gemeinsamen Kindern V… und P… während der Berliner Sommerferien in der Zeit vom 16. August 2016 bis zum 4. September 2016 eine Urlaubsreise nach Jomtien Beach in der Nähe von Pattaya/Thailand zu unternehmen.

6. Die getroffene Entscheidung ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Eltern, geschiedene Ehegatten, über die Wirksamkeit einer von der Mutter zunächst erteilten Zustimmung streiten, ob die beiden in ihrem Haushalt lebenden Kinder in den Sommerferien 2016 in einer unstreitig dem Vater zustehenden Umgangszeit mit diesem und dessen Ehefrau sowie deren beiden Kindern eine gemeinsame Urlaubsreise in ein Baderesort in Jomtien Beach in der Nähe von Pattaya/Thailand unternehmen dürfen. Nachdem die Mutter Mitte April 2016 der Urlaubsreise zugestimmt hatte, hat sie ihre Zustimmung, nachdem es am 11./12. August 2016 in Thailand an unterschiedlichen Orten zu insgesamt vier Bombenanschlägen gekommen war, wenige Tage vor dem geplanten Abflug der Kinder in den Urlaub widerrufen. Zur Begründung dafür, dass der Vater berechtigt sei, die geplante Urlaubsreise mit den Kindern vom 16. August 2016 bis zum 4. September 2016 nach Thailand zu unternehmen, hat das Familiengericht darauf verwiesen, dass die Mutter der Reise zugestimmt habe; an die erteilte Zustimmung sei sie gebunden. Ein gegenseitiges Einvernehmen der Eltern im Sinne des § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB sei für die Urlaubsreise nicht erforderlich, weil vor dem Hintergrund des geänderten Urlaubsverhaltens in der Bevölkerung keine Rede davon sein könne, dass die Reise schwer zu ändernde Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder habe. Besondere Belastungen oder Gefährdungen der Kinder infolge der Reise seien ebenfalls nicht ersichtlich und zwar auch nicht im Hinblick auf die Bombenanschläge vom 11./12. August 2016: Im Zeitraum von April 2016, als die Mutter der Reise zugestimmt habe, bis August 2016 habe sich die Sicherheitslage in Thailand nicht wesentlich verändert; insbesondere habe das Auswärtige Amt auch nach den Bombenanschlägen von August 2016 nicht allgemein von Reisen nach Thailand abgeraten, sondern lediglich vor dem Aufsuchen bestimmter, im einzelnen genannten Provinzen und Regionen – die hier nicht berührt seien und von denen der Urlaubsort Jomtien Beach weit entfernt sei – gewarnt sowie allgemein empfohlen, Menschenansammlungen zu meiden. Daher sei der Widerruf der Mutter letztlich unbeachtlich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die familiengerichtlichen Beschlüsse vom 18. August 2016 und vom 3. November 2016 Bezug genommen.

7. Hiergegen wendet sich die Mutter. Sie meint, die Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes hätten sich sehr wohl geändert; nach den Bombenanschlägen von August 2016 habe das Auswärtige Amt nicht nur die Meidung politischer Ansammlungen empfohlen, sondern weitergehend die Meidung von öffentlichen Plätzen und Menschenansammlungen. Das zeige, dass die Sorge der Mutter begründet gewesen sei, zumal es in der Zeit, zu dem die Kinder sich in Thailand aufgehalten hätten, im Land zu einem weiteren Bombenanschlag gekommen sei. Sie bestreitet, dass die Sache sich durch Zeitablauf – die Kinder sind aus Thailand wohlbehalten und pünktlich zurückgekehrt – erledigt habe; sie meint, es sei damit zu rechnen, dass der Vater auch in Zukunft Reisen in Krisengebiete unternehmen werde. Hinzukomme, dass der Vater von ihr Ersatz des ihm entstandenen Schadens in Höhe von über 9.000 € fordere. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdeschrift vom 16. November 2016 sowie die Schriftsätze vom 31. Dezember 2016 und vom 27. Januar 2017 Bezug genommen.

8. Der Vater verteidigt den familiengerichtlichen Beschluss unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 20. Dezember 2016 verwiesen.

9. Das Jugendamt, das Gelegenheit zur Stellungnahme erhielt, hat sich nicht geäußert.

10. Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 12. Januar 2017 auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen. Weiter hat der Senat die Beteiligten mit Schreiben vom gleichen Tag unter Darlegung der Sach- und Rechtslage auf Bedenken im Hinblick auf die Statthaftigkeit des Rechtsmittels der Mutter hingewiesen und darauf, dass eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren beabsichtigt sei; der Hinweis mündete in die Empfehlung an die Mutter, die Beschwerde mangels Erfolgsaussicht zurückzunehmen. Wegen der Einzelheiten wird hierauf Bezug genommen.

11. Die Beschwerde wurde zwar fristgerecht beim Familiengericht angebracht (§§ 63 Abs. 2 Nr. 1, 64, 65 FamFG). Aber sie ist, worauf der Senat die Beteiligten hingewiesen hat, in mehrfacher Hinsicht unstatthaft und deshalb zu verwerfen (§ 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG):

12. Die Beschwerde ist unstatthaft, weil Entscheidungen, die vom Familiengericht wie hier im Wege der einstweiligen Anordnung erlassen wurden, nicht anfechtbar sind (§ 57 Satz 1 FamFG). Dazu gehören insbesondere auch Entscheidungen wie die hier vorliegende einstweilige Anordnung zum Umgang (vgl. Senat, Beschluss vom 1. August 2016 – 13 UF 106/16, FamRZ 2016, 2111 [bei juris Rz. 14ff.] sowie Keidel/Giers, FamFG [19. Aufl. 2017] § 57 Rn. 6).

13. Die Umgangsangelegenheit wird nicht deshalb zu einer Sorgesache, die nach § 57 Satz 2 Nr. 1 FamFG der Kontrolle des Beschwerdegerichts unterliegt, weil es sich bei der Entscheidung über den Antritt der Urlaubsreise um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für die Kinder im Sinne von §§ 1687 Abs. 1 Satz 1, 1628 Satz 1 BGB handeln würde. Das ist nicht der Fall:

14. Konstellationen, wonach die Urlaubsreise nach Thailand schon deshalb eine Angelegenheit von besonderer Bedeutung für die Kinder sein sollen (und deshalb sorgerechtlich zu qualifizieren wären mit der Folge, dass die Beschwerde eröffnet ist), weil es dabei um eine weite Auslandsreise, einen mehrstündigen Flug oder einen Aufenthalt in einem dem Kind nicht vertrauten Kulturkreis ginge (vgl. die bei Palandt/Götz, BGB [76. Aufl. 2017], § 1628 Rn. 7 aufgezählten Fallgestaltungen), sind vorliegend von vornherein nicht einschlägig bzw. kommen nicht in Betracht, weil die Mutter der Urlaubsreise nach Thailand zugestimmt hat. Ihre Zustimmung hat sie auch nicht aus derartigen Gründen zurückgezogen, sondern allein aufgrund von Bedenken, die ihr gekommen sind, nachdem sich in Thailand wenige Tage vor dem geplanten Abflug mehrere Bombenattentate ereignet haben. Die einem Elternteil im Nachhinein, nach einmal erteilter Zustimmung, gekommenen Bedenken führen jedoch nicht dazu, dass die in Rede stehende Angelegenheit rückwirkend zu einer Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind und damit zu einer Sorgesache wird.

15. In Betracht kommen kann das, der veröffentlichten Rechtsprechung zufolge, nur dann, wenn es sich um eine Reise in Kriegs- oder Krisengebiete handelt:

16. Damit verbleibt es dabei, dass die Auslandsreise der beiden Kinder nicht zustimmungspflichtig im Sinne von §§ 1687 Abs. 1, 1628 Satz 1 BGB war (ebenso OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29. Mai 2007 – 16 WF 83/07, FamRZ 2008, 1368 [bei juris LS 2, Rz. 16]). Hierauf hat das Familiengericht in dem angegriffenen Beschluss auch zu Recht hingewiesen; dort heißt es ausdrücklich, im Hinblick auf die Reise bedürfe es keines gegenseitigen Einvernehmens der Eltern. Diese Auffassung wird vom Senat geteilt. Dabei ist dem Senat sehr wohl bewusst, dass es eine absolute Sicherheit nicht gibt und dass die Empfehlungen und Hinweise des Auswärtigen Amtes nur auf Prognosen und Einschätzungen beruhen, über die ein besonders besorgter Elternteil wie die Mutter durchaus auch hinausgehen und von einer fest gebuchten Auslandsreise bereits dann Abstand nehmen kann, wenn noch keine ausdrückliche Reisewarnung des Auswärtigen Amtes ausgesprochen wurde. Aber die zu treffende Entscheidung kann nicht an der persönlichen Einschätzung einer einzelnen Person festgemacht werden, sondern ist an allgemeinen, stärker objektivierenden Maßstäben auszurichten und dieser Gedanke rechtfertigt es, die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes als Richtschnur heranzuziehen, weil diese allgemein Anerkennung, beispielsweise im Reiserecht (vgl. LG Frankfurt/M., Urteil vom 8. Dezember 2014 – 2-​24 S 46/14, RRa 2015, 8 [bei juris Rz. 13] sowie Palandt/Sprau, BGB [76. Aufl. 2017], § 651j Rn. 3), gefunden haben.

17. Auch der Umstand, dass die Mutter die bereits erteilte Zustimmung zur Reise nachträglich widerrufen hat, führt ebenfalls nicht dazu, dass eine Sorgesache vorläge:

18. Zwar wird man wohl annehmen müssen, dass die Zustimmung jedenfalls dann widerrufen werden kann, wenn sich die Umstände, die der Zustimmung zugrunde gelegt wurden, in der Folgezeit so schwerwiegend verändert haben und die Mutter, wenn sie dies vorausgesehen hätte, der geplanten Reise nicht zugestimmt hätte (§ 313 Abs. 1, 3 BGB). Eine derartig schwerwiegende Veränderung wäre zu bejahen, wenn im Zeitraum zwischen der Zustimmung und dem geplanten Reisedatum beispielsweise vom Auswärtigen Amt eine Reisewarnung für das konkrete Urlaubsziel ausgegeben worden wäre (vgl. LG Frankfurt/M., Urteil vom 8. Dezember 2014 – 2-​24 S 46/14, RRa 2015, 8 [bei juris Rz. 13: Stornierung einer Pauschalreise nach Hurghada/Ägypten nach Erlass einer Reisewarnung für ganz Ägypten]; AG Pankow/Weißensee, Beschluss vom 8. April 2003 – 16 F 2025/03, Kind-​Prax 2004, 196 [bei juris Rz. 17: Segeltörn in der westtürkischen Mittelmeerregion Marmaris, Reisewarnung jedoch nur für ostanatolische Gebiete östlich der Linie Adana/Kayseri/Sivas/Giresun]) oder wenn über das Reiseland der Ausnahmezustand verhängt wurde, der Urlaubsort bereits Ziel terroristischer Anschläge war und weitere, ernstzunehmende Drohungen für die Region vorliegen (vgl. OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 21. Juli 2016 – 5 UF 206/16, a.a.O.).

19. Dass sich die Situation in Thailand oder im Urlaubsort Jomtien Beach zwischen Erteilung der Zustimmung und dem Reisedatum jedoch derartig gravierend verschlechtert hätte, ist nicht ersichtlich: Dass eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vorliegt, wird von der Mutter nicht behauptet. Vielmehr heißt es in dem vom Vater vorgelegten Beschluss des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel (Beschluss vom 15. August 2016 – 42 F 163/16 [nicht veröffentlicht]: Soweit ersichtlich, ging es in dieser Sache um eine praktisch identische Fragestellung; nämlich ob die beiden Kinder der Ehefrau des Vaters die Reise nach Jomtien Beach antreten dürfen; das wurde bejaht), dass sich die Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes in der fraglichen Zeit nicht geändert hätten. Trotz der Bombenanschläge werde lediglich davor gewarnt, öffentliche Plätze und Menschenansammlungen zu meiden; eine Reisewarnung bestünde nur für die unter Notstandsrecht stehenden, südlichen Provinzen Thailands und die Grenzregion zu Kambodscha, die von Jomtien Beach und Pattaya sehr weit entfernt seien. Anderes trägt auch die Mutter im Schriftsatz vom 31. Dezember 2016 (dort S. 1; Bl. 93) nicht vor: Ein qualitativer Unterschied zwischen den beiden, von ihr mitgeteilten Formulierungen – Ausdrucke der betreffenden Internet-​Site werden von ihr nicht vorgelegt -, nämlich am 1. August 2016: Empfehlung, politische Ansammlungen zu meiden und am 12. August 2016: Empfehlung, öffentliche Plätze und Menschenansammlungen zu meiden, ist nicht ersichtlich. Nach einer am 9. Januar 2017 durchgeführten Abfrage der Sicherheitshinweise auf der Homepage des Auswärtigen Amtes (http://www.auswaertiges-​amt.de) bestand für Thailand weder eine Reise- noch eine Teilreisewarnung; in den länderspezifischen Sicherheitshinweisen zu Thailand heißt es lediglich, dass “Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind allerdings, nach wie vor, erheblich eingeschränkt. Es wird daher empfohlen, Demonstrationen und Menschenansammlungen zu meiden, da gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften nicht auszuschließen sind.” Vor dem Hintergrund der auf der Homepage beschriebenen weiteren Anschlägen, etwa dem Bombenanschlag am Abend des 17. August 2015 in einem bei Touristen beliebten Gebiet von Bangkok und der nicht auszuschließenden Gefahr von weiteren Anschlägen heißt es dort weiter nur, dass “Reisenden wird daher empfohlen, besonders vorsichtig zu sein und auch die aktuelle Medienberichterstattung zu verfolgen.” Das allein ist nach dem Dafürhalten des Senats noch nicht so schwerwiegend, dass deshalb von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage auszugehen wäre; das Festhalten der Mutter an der Zusage führt nicht zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnissen (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB [76. Aufl. 2017], § 313 Rn. 24). Vielmehr ist dem angegriffenen Beschluss des Familiengerichts beizupflichten, dass der Widerruf der Zustimmung letztendlich unbeachtlich ist.

20. Schließlich kann der Mutter auch nicht darin gefolgt werden (Schriftsatz vom 27. Januar 2017, dort S. 2; Bl. 107), die Beschwerde sei eröffnet, weil das Familiengericht über eine Sorgesache entschieden habe: Das ist nicht der Fall. Das Familiengericht hebt vielmehr – zu Recht – hervor, dass es eines gegenseitigen Einvernehmens der Eltern im Sinne von § 1687 Abs. 1 BGB überhaupt nicht bedürfe. Die in den Entscheidungsgründen gewählte Formulierung bringt deutlich zum Ausdruck, dass das Familiengericht gerade nicht von einer Sorgeangelegenheit ausgeht, sondern von einer Alltagsentscheidung gemäß § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB (ebenso bereits OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29. Mai 2007 – 16 WF 83/07, FamRZ 2008, 1368 [bei juris Rz. 16]). Die Zusammenschau mit den vom Vater im familiengerichtlichen Verfahren gestellten Anträgen ergibt nichts anders: Der Tenor des angegriffenen Beschlusses (“Es wird festgestellt, dass der Vater berechtigt ist … Urlaubsreise zu unternehmen”) deckt sich gerade nicht mit den vom Vater gestellten Anträgen; das Familiengericht hat diese offensichtlich nur als Anregung aufgefasst, in dem von ihm umrissenen Bereich rechtsfürsorgend tätig zu werden (vgl. Keidel/Sternal, FamFG [19. Aufl. 2017] § 23 Rn. 5).

21. Die Beschwerde erweist sich weiter aber auch deshalb als unzulässig, weil der Senat aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr in der Lage ist, über den streitigen Verfahrensgegenstand – die Durchführung bzw. den Ort des Ferienumgangs des Vaters mit den beiden gemeinsamen Kindern – zu entscheiden: Nach dem die Kinder aus dem Sommerurlaub 2016 in Thailand zurückgekehrt sind, ist der Verfahrensgegenstand endgültig entfallen; eine Sachentscheidung über die Frage, wo die Kinder den Sommerurlaub 2016 verbringen bzw. ob sie mit dem Vater nach Thailand fliegen dürfen, kann nicht mehr ergehen (vgl. Keidel/Budde, FamFG [19. Aufl. 2017] § 62 Rn. 1). Für ein besonderes, berechtigtes Interesse der Mutter an der Feststellung, dass die familiengerichtliche Entscheidung sie in ihren Rechten verletzt hat (§ 62 Abs. 1 FamFG), ist weder etwas ersichtlich noch wurden von der Mutter die Voraussetzungen hierfür dargetan:

22. Im Hinblick auf das erste Regelbeispiel, wonach die Beschwerde gegen die in der Hauptsache erledigte Sache statthaft ist, wenn die angegriffene Entscheidung den Beschwerdeführer schwerwiegend in seinen Grundrechten verletzt hat (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG), macht die Mutter lediglich pauschal geltend, die Entscheidung des Familiengerichts greife schwerwiegend in ihr Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG ein, weil sie ihre Zustimmung zu der Urlaubsreise widerrufen habe (Schriftsatz vom 27. Januar 2017, dort S. 2; Bl. 107) sowie weiter, dass der Vater, gestützt auf die familiengerichtliche Entscheidung, sie inzwischen mit einer Schadensersatzforderung von über 9.000 € überziehe (Schriftsatz vom 26. Oktober 2016, dort S. 3, als Anlage zur Beschwerdeschrift; Bl. 81).

23. Das ist indessen nicht geeignet, das besondere rechtliche Interesse der Mutter zu rechtfertigen. Nach dem Gesetz (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) kann das Feststellungsinteresse nur bei einem schwerwiegenden Grundrechtseingriff angenommen werden. Dazu zählen u.a. unberechtigte Freiheitsentziehungen oder Wohnungsdurchsuchungen oder ärztliche Behandlungen ohne Einwilligung bzw. gegen den Willen des Betroffenen (vgl. Keidel/Budde, FamFG [19. Aufl. 2017] § 62 Rn. 16f.; Zöller/Feskorn, ZPO [31. Aufl. 2016], § 62 FamFG Rn. 7) oder, in Sorgesachen, bei einer unberechtigten Inobhutnahme des Kindes (vgl. MünchKommFamFG/A. Fischer [2. Aufl. 2013], § 62 Rn. 33). Von einem rechtswidrigen Ausschluss des Umgangsrechts einmal abgesehen, der zur Anwendbarkeit des § 62 FamFG führen soll (vgl. Schulte-​Bunert/Weinreich-​Unger, Rossmann, FamFG [5. Aufl. 2016], § 62 Rn. 13), soll der Anwendungsbereich des § 62 FamFG in Umgangssachen kaum in Betracht kommen (vgl. MünchKommFamFG/A. Fischer [2. Aufl. 2013], § 62 Rn. 33). Dies gilt vorliegend umso mehr, als die Mutter nicht Umgangsberechtigte ist, sondern derjenige Elternteil, der verpflichtet ist, den Umgang zu gewähren und zu ermöglichen (vgl. Zöller/Feskorn, ZPO [31. Aufl. 2016], § 62 FamFG Rn. 7).

24. Tatsächlich ist eine besondere Betroffenheit der Mutter in einer grundrechtlich geschützten Position in schwerwiegenden Weise nicht ersichtlich: Vielmehr hat das Familiengericht bei der getroffenen Entscheidung die wechselseitigen Grundrechtspositionen, namentlich also den Anspruch der Kinder auf Umgang mit ihrem Vater (§§ 1684 Abs. 1, 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB), das Umgangsrecht des Vaters und dessen Befugnis, im Rahmen des ihm zustehenden Umgangs unter Berücksichtigung des Kindeswohls über den Ort des Umgangs zu entscheiden (§§ 1684 Abs. 1, 1697a BGB), dem Recht der Mutter, die Kinder zu pflegen und zu erziehen (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG), aber auch dem Interesse beider Eltern, eine ungestörte, gesunde Entwicklung und Erziehung der Kinder zu gewährleisten, unter Berücksichtigung der wechselseitigen Loyalitätspflichten beider Eltern bei der Ausübung bzw. Gewährung des Umgangs (§ 1684 Abs. 2 BGB) untereinander und gegeneinander abgewogen und zu einem angemessenen Ausgleich gebracht. Hierbei hat es besonders berücksichtigt, dass die Mutter dem Umgang ursprünglich zugestimmt hat, aber auch, dass sich die Sicherheitslage in Thailand in der Zeit zwischen Zustimmung und Reisebeginn letztlich nicht maßgeblich veränderte. Wenn jetzt noch berücksichtigt wird, dass es sich nur um einen einmaligen Vorgang handelt, kann von einem ungerechtfertigten Grundrechtseingriff, zumal einem schwerwiegenden, nicht gesprochen werden.

25. Der Umstand, dass die Mutter sich als Folge ihres Handelns Schadensersatzansprüchen des Vaters ausgesetzt sieht, reicht als bloßer, aus der angegriffenen Entscheidung sich ergebender wirtschaftlicher Nachteil ebenfalls nicht aus, um ein Feststellungsinteresse zu bejahen (vgl. Keidel/Budde, FamFG [19. Aufl. 2017] § 62 Rn. 19).

26. In Bezug auf § 62 Abs. 2 Nr. 2 FamFG, der Wiederholungsgefahr, meint die Mutter, diese bestünde, weil “auch in Zukunft mit Reiseplänen [des Vaters] in Krisengebiete zu rechnen” sei (Schriftsatz vom 26. Oktober 2016, dort S. 3, als Anlage zur Beschwerdeschrift; Bl. 81). Das genügt jedoch nicht, um eine Wiederholungsgefahr darzutun. Diese muss konkret gegeben sein und zudem auf eine Beeinträchtigung durch künftig zu erwartende gleichartige Entscheidungen des Familiengerichts gerichtet sein (vgl. Keidel/Budde, FamFG [19. Aufl. 2017] § 62 Rn. 21; MünchKommFamFG/A. Fischer [2. Aufl. 2013], § 62 Rn. 35). Hierfür ist nichts ersichtlich.

27. Im Ergebnis ist die Beschwerde daher als unstatthaft zu verwerfen (§ 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG).

28. Eine erneute Anhörung der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz erscheint dem Senat nicht geboten (§ 68 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 FamFG); die Eltern wurden hierauf mit Schreiben vom 9. Januar 2017 hierauf ausdrücklich hingewiesen. Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 84 FamFG; nachdem sich das Rechtsmittel der Mutter als unstatthaft erweist, hat sie die hierdurch verursachten Kosten zu tragen. Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 45, 40, 41 FamGKG; es war der Regelwert von 1.500 € anzusetzen. Eine Rechtsbeschwerde findet nicht statt (§ 70 Abs. 4 FamFG).

29. Der Antrag der Mutter vom 16. November 2016, ihr für die Rechtsverfolgung in der Beschwerdeinstanz Verfahrenskostenhilfe zu gewähren, war zurückzuweisen, weil er aus den dargestellten Gründen keine Erfolgsaussichten bietet (§§ 76 Abs. 1 FamFG, 114, 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

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