Minderjähriger bucht Flug, der Flugvertrag ist schwebend unwirksam
LG Düsseldorf: Minderjähriger bucht Flug, der Flugvertrag ist schwebend unwirksam
Der minderjährige Sohn der Kläger hatte für sich bei der Beklagten einen Flug gebucht, um den Eltern in den Urlaub nachzureisen. Die Kläger fordern nun von der Beklagten die Rückzahlung des Preises für das Flugticket, da sie der Meinung sind, der Luftbeförderungsvertrag, der zwischen ihrem minderjährigen Sohn und der Beklagten zustande gekommen sei, müsse als unwirksam bewertet werden.
Das Landgericht Düsseldorf weist die Klage ab. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Rückzahlung des Preises für das von ihrem Sohn gebuchte Flugticket. Die Kläger hätten als gesetzliche Vertreter dem Vertragsschluss rückwirkend zugestimmt bzw. genehmigt, als sie ihren Sohn für den von ihm gebuchten Rückflug zum Flughafen gebracht und dort dem Flugpersonal übergeben hätten.
LG Düsseldorf | 22 S 20/02 (Aktenzeichen) |
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LG Düsseldorf: | LG Düsseldorf, Urt. vom 25.04.2003 |
Rechtsweg: | LG Düsseldorf, Urt. v. 25.04.2003, Az: 22 S 20/02 |
AG Düsseldorf, Urt. v. 30.10.2001, Az: 29 C 6152/01 | |
Gericht, Urt. v. Datum, Az: Aktenzeichen | |
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Leitsatz:
2. Luftbeförderungsvertrag: Schwebende Unwirksamkeit eines Flugscheinkaufes durch einen Minderjährigen und konkludente Genehmigung durch die gesetzlichen Vertreter
Zusammenfassung:
3. Der minderjährige Sohn der Kläger hatte für sich bei der Beklagten einen Flug gebucht, um ihnen in den Urlaub nachzureisen. Die Kläger fordern nun von der Beklagten die Rückzahlung des Preises für das Flugticket, da sie der Meinung sind, der Luftbeförderungsvertrag der zwischen ihrem minderjährigen Sohn und der Beklagten zustande gekommen sei, müsse als unwirksam bewertet werden.
Allerdings verbrachten die Kläger nach der Ankunft des Sohnes einen dreiwöchigen Urlaub und brachten ihn im Anschluss zum Flughafen, damit er den Rückflug des gebuchten Tickets wahrnehmen konnte.
Das Landgericht Düsseldorf weist die Klage ab. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Rückzahlung des Preises für das von ihrem Sohn gebuchte Flugticket. Zwar sei ein von einem minderjährigen gebuchter Luftbeförderungsvertrag schwebend unwirksam, wenn er nicht von den gesetzlichen Vertretern genehmigt worden ist.
Allerdings hätten die Kläger im vorliegenden Fall als gesetzliche Vertreter dem Vertragsschluss rückwirkend zugestimmt bzw. genehmigt, als sie ihren Sohn für den Rückflug zum Flughafen gebracht und dort dem Flugpersonal übergeben hätten.
Tenor:
4. Die Berufung des Klägers gegen das am 30.10.2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf – 29 C 6152/01 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Gründe
5. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO a.F. abgesehen.
6. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
7. Dem Kläger war Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren, weil er glaubhaft dargelegt hat, dass er die Frist zur Einlegung der Berufung unverschuldet versäumt hat (§ 233 ZPO). Der Kläger hat glaubhaft gemacht, dass es dem Bürovorsteher seines Prozessbevollmächtigten trotz ausdrücklicher Anweisung, die Übertragung des Faxes mit der Berufungsschrift anhand der Seitenzahlen im Faxsendebericht zu kontrollieren, nicht aufgefallen war, dass nur 7 Seiten übertragen wurden, obwohl die Berufungsschrift zusammen mit dem angefochtenen Urteil insgesamt 8 Seiten umfasste. dieses Versehen des Bürovorstehers ist nicht dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und damit auch nicht dem Kläger anzulasten.
8. Die Berufung hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB auf Rückzahlung des gezahlten Flugpreises i.H.v. 3.915,49 DM für das von ihm am 30. Juni 2000 bei der Beklagten erworbene Flugticket.
9. Die Zahlung erfolgte nicht ohne Rechtsgrund, da die Eltern des Klägers als dessen gesetzliche Vertreter den mit der Beklagten geschlossenen Beförderungsvertrag gemäß §§ 108 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB rückwirkend genehmigt haben. Die nach § 108 Abs. 1 BGB erforderliche Genehmigung eine schwebend unwirksamen Vertrages, den ein Minderjähriger ohne Einwilligung der gesetzlichen Vertreter geschlossen hat, ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die gemäß §§ 184 Abs. 1, 182 Abs. 2 BGB keiner Form bedarf und damit auch konkludent erklärt werden kann. Erklärungsempfänger ist entweder der Minderjährige oder der Vertragspartner (Palandt-Heinrichs, § 108, Rn. 2).
10. Indem die Eltern des Klägers mit ihm nach dessen Ankunft in X gemeinsam Urlaub machten und ihn sodann zum vertraglich vereinbarten Rückflugzeitpunkt vorbehaltlos in die Obhut des Flugpersonals der Beklagten übergaben, hatten sie gegenüber der Beklagten durch schlüssiges Verhalten zum Ausdruck gebracht, dass die vertraglich geschuldete Leistung aus dem Luftbeförderungsvertrag vollständig in Anspruch genommen werden sollte. Hierin lag die konkludente Genehmigung des Luftbeförderungsvertrags mit der Beklagten.
11. Entgegen der Ansicht des Klägers war eine Genehmigung nicht durch die nach der Ankunft in X ihm gegenüber geäußerten Vorhalte durch seine Eltern ausgeschlossen. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, dass entsprechende Vorhalte „selbstverständlich erst nach erleichterter Begrüßung angesichts seiner Odyssee“ erfolgt seien und man „letzten Endes in Kauf nahm, dass der Kläger mit seiner Familie vor Ort blieb“. Dadurch wurde der schwebend unwirksame Vertrag nicht endgültig unwirksam, da das Verhalten gegenüber dem Kläger keine endgültige Verweigerung der Genehmigung darstellte. Nur eine erkennbar als endgültig gemeinte Genehmigungsverweigerung macht ein zustimmungsbedürftiges Rechtsgeschäft nichtig. Bestehen jedoch begründete Zweifel daran, dass die geäußerte Ablehnung das letzte Wort ist, führt dies nicht zur endgültigen Unwirksamkeit des Vertrages (Staudinger-Gursky, BGB Neubearbeitung 2001, § 182, Rn. 36).
12. Bei einer konkludenten Genehmigungsverweigerung muss das schlüssige Verhalten einen zwingenden Rückschluss auf eine abschließende und endgültige Entscheidung zulassen (vgl. Münchner Kommentar, BGB 4.Aufl., § 182, Rn. 23). Dies war hier nicht der Fall. Vielmehr verhielten sich die Eltern des Klägers widersprüchlich, wenn sie einerseits dem Kläger zwar mehrfach vorhielten, dass sie mit seiner Nachreise unter diesen Umständen nicht einverstanden gewesen seien, andererseits aber mit ihm nach seiner Ankunft einen dreiwöchigen Urlaub verbrachten und ihn sodann zum vertraglich vereinbarten Zeitpunkt vorbehaltlos in die Obhut des Personals der Beklagten übergaben, um mit dem Rückflug die vollständige Erfüllung des Luftbeförderungsvertrags zu bewirken. Um ihren Willen, die Genehmigung des Luftbeförderungsvertrags mit der Beklagten endgültig zu verweigern, unmissverständlich und endgültig zum Ausdruck zu bringen, hätten die Eltern des Klägers das Flugticket an die Beklagte zurückgegeben und für ihn anderweitig einen Rückflug buchen müssen, anstatt das streitgegenständliche Flugticket nach dem gemeinsam verlebten Urlaub auch noch vorbehaltslos für den Rückflug des Klägers zu verwenden. Hierdurch hatten sie den gesamten Luftbeförderungsvertrag rückwirkend genehmigt.
13. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
14. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO n.F., der auf den vorliegenden Fall bereits Anwendung findet (§ 26 Nr. 7 EGZPO), nicht vorliegen.
15. Streitwert für die Berufungsinstanz: EUR 2.001,96 (=DM 3.915,49)
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