Gebührenordnung für Benutzer eines Flughafens

BGH: Gebührenordnung für Benutzer eines Flughafens

Der Besitzer eines Sportflugzeuges verklagte einen Flughafenbetreiber aufgrund der Erhöhung von Start- und Landegebühren. Die Klage wurde in erster und zweiter Instanz abgewiesen.

Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Erhöhung aufgrund sachlicher Gründe im Rahmen der Billigkeit lag.

BGH III ZR 27/76 (Aktenzeichen)
BGH: BGH, Urt. vom 24.11.1977
Rechtsweg: BGH, Urt. v. 24.11.1977, Az: III ZR 27/76
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Bundesgerichtshof

1. Urteil vom 24. November 1977

Aktenzeichen III ZR 27/76

Leitsätze:

2. Die Rechtmäßigkeit einer Tarifregelung für Start- und Landeentgelte ist nur gegeben, wenn die vorgenommenen Differenzierungen auf sachlichen Gründen und nicht auf Willkür beruhen.

Die privatrechtliche Wirksamkeit einer Tarifregelung von Start-, Lande- und anderen Entgelten gegenüber den Flughafenbenutzern hängt nicht vom Vorhandensein einer behördlichen Genehmigung der Regelung ab.

Zusammenfassung:

3. Der Besitzer eines Sportflugzeuges musste nach einer Neuregelung der Tarife für Lande- und Startentgelte durch den Flughafenbetreiber beinahe doppelte Beträge entrichten. In der nach Flugzeuggewicht gestaffelten Preisaufstellung lag die Maschine des Klägers nur knapp über der Grenze zur günstigeren Klasse. Er erachtete die Regelung für willkürlich und unterstellte das Ziel, Sportflieger vom Flugplatz zu vertreiben. Er klagte auf die Erstattung der Mehrbeträge und beantrage die Feststellung, dass die Tarife der Beklagten unrechtmäßig waren. Das Gleiche forderte er in Bezug auf Pauschalentgelte, welche die Beklagte für verschiedene Bodendienste erhob, die der Kläger aber nicht in Anspruch nahm oder nehmen wollte.

In erster Instanz wurde die Klage hinsichtlich der Landeentgelte abgewiesen und ihr bezüglich des Pauschalentgelts stattgegeben, da für deren Regelung keine behördliche Regelung vorlag. Die Berufungen beider Parteien blieben erfolglos, anschließend verhandelte der Bundesgerichtshof ihre Revisionen.

In Bezug auf die Start- und Landegebühren prüfte er, ob für diese sachliche Gründe vorlagen, was durch eine allgemeine wirtschaftliche Preiserhöhung gegeben war. Die für den Kläger nachteilige Neuregelung war aufgrund der Zulässigkeit einer Preisstaffelung nach Gewichtsklassen nicht willkürlich und eine Benachteiligung in den Grenzbereichen normal. Die Gewichtsgrenze war so gesetzt worden, dass 80% der Sportflieger in die unterste Klasse fielen. Für das Pauschalentgelt stellte der Bundesgerichtshof fest, dass eine gesonderte Genehmigung für jedes einzelne Entgelt nicht vorgesehen war, sondern nur für die Geschäftsbedingungen, in denen die Entgelte vorgesehen waren, ferner hing von einer Genehmigung die Wirksamkeit der Entgeltsregelung gegenüber den Flughafenbenutzern nicht ab. Daher lag hier ein Rechtsfehler des Berufungsgerichtes vor und es hatte nun noch zu prüfen, ob die Entgelte angemessen waren.

Tatbestand:

4. Der Kläger ist Halter eines Sportflugzeugs mit einem Höchstabfluggewicht von 1.240 kg. Das Flugzeug hat seinen Standort auf dem Flughafen M.-​R. der Beklagten; der Kläger benutzt dessen Einrichtungen zum Starten, Landen und Abstellen seines Flugzeugs.

5. Die Beklagte betreibt den Flughafen in der Rechtsform einer GmbH, an der der Freistaat Bayern zu 51%, die Bundesrepublik Deutschland zu 26% und die Stadt M. zu 23% beteiligt sind. Der Flughafenbetrieb richtet sich nach der von der Beklagten aufgestellten und von der Luftfahrtbehörde des Freistaats Bayern gemäß § 43 Luftverkehrszulassungsordnung – LuftVZO – (idF vom 28. November 1968 BGBl I S 1264) genehmigten Flughafenbenutzungsordnung für den Flughafen M. vom 11. September 1969. Die Entgelte für das Landen und das Abstellen der Luftfahrzeuge auf dem Flughafen sind in der ebenfalls durch die Luftfahrtbehörde gemäß § 43 LuftVZO genehmigten „Gebührenordnung“ in der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Fassung vom 1. Januar 1974 geregelt.

6. Ziffer 2 dieser „Gebührenordnung“ bestimmt, daß sich im nichtgewerblichen Luftverkehr die Landegebühr nach dem in der Zulassungsurkunde eingetragenen Höchstabfluggewicht des Luftfahrzeugs bemißt. Gemäß Ziffer 3a ist sie für Luftfahrzeuge bis zu einem Höchstabfluggewicht von 3.000 kg wie folgt gestaffelt:

bis 1.200 kg DM 8,50

über 1.200 bis 2.000 kg DM 17,-​-

über 2.000 bis 3.000 kg

7. bei

– Flügen im innerdeutschen Verkehr DM 25,50

– Flügen im grenzüberschreitenden Verkehr DM 33,-​-

8. Bis zum 1. Januar 1974 hatten in diesem Bereich folgende Sätze gegolten („Gebührenordnung“ vom 1. Juni 1971, die insoweit durch die „Gebührenordnung“ vom 1. November 1972 nicht geändert worden ist):

1-​1.000 kg  DM 5,-​-

über 1.000-​1.200 kg  DM 6,-​-

über 1.200-​1.400 kg  DM 9,-​-

über 1.400-​1.600 kg DM 12,-​-

über 1.600-​1.800 kg DM 15,-​-

über 1.800-​2.000 kg DM 18,-​-

über 2.000-​3.000 kg DM 21,-​-

9. Bis 1969 hatte die Landegebühr für das Flugzeug des Klägers nur 4 DM betragen.

10. Seit 1. Februar 1974 erhebt die Beklagte pro Landung zusätzlich eine „Pauschalabgeltung für die Bodenverkehrsdienste“ in Höhe von 10 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Die Beklagte stützt sich dabei auf Ziffer 2.5 der Benutzungsordnung, die wie folgt lautet:

11. „Der Flughafenunternehmer ist berechtigt, die Verkehrsabfertigung der Luftfahrzeuge (Bodenverkehrsdienst) gegen Entgelt durchzuführen, sofern für den Einzelfall keine andere Regelung getroffen ist“.

12. Diese Bodenverkehrsdienste umfassen folgende Leistungen der Beklagten: Einweisung in den Abstellplatz, Benutzung des Pendelbusses, Gestellung von Bremsklötzen und Betonverzurrklötzen.

13. Die Pauschalabgeltung ist für die Bodenverkehrsdienste durch die Luftfahrtbehörde nicht ausdrücklich genehmigt worden; die Beklagte ist der Ansicht, einer solchen zusätzlichen Genehmigung bedürfe es nicht, da die Leistung dieser Dienste gegen Entgelt bereits in der genehmigten Benutzungsordnung vorgesehen sei.

14. Der Kläger hält die durch die „Gebührenordnung“ vom 1. Januar 1974 bewirkte Erhöhung der Landeentgelte für sein Flugzeug und die Einführung des Pauschalentgelts für Bodenverkehrsdienste für ungerechtfertigt. Er trägt vor: Die Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten, insbesondere allgemeine Kostensteigerungen in den Jahren 1971 bis 1974, könnten eine Erhöhung dieses Umfangs nicht rechtfertigen. Die Beklagte nutze vielmehr ihre Monopolstellung aus, um die Sportflieger durch Erhöhung der Gebühren vom Flugplatz zu „vertreiben“. Insbesondere die Klasseneinteilung zwischen Flugzeugen bis zu einem Höchstabfluggewicht von 1.200 kg einerseits, für die nur 8,50 DM entrichtet werden müßten, und solchen von 1.200 bis 1.400 kg andererseits, für die die Gebühr fast das Doppelte betrage, sei unangemessen, da Flugzeuge der letzteren Gewichtsklasse die Einrichtungen des Flughafens nicht in stärkerem Maße beanspruchten als Flugzeuge der ersteren. Für die Pauschalabgeltung der Bodenverkehrsdienste fehle es überhaupt an einer Rechtsgrundlage, da diese Gebühr nicht, wie nach § 43 LuftVZO erforderlich, genehmigt sei. Darüber hinaus sei das Pauschalentgelt auch in der Sache unberechtigt. Die entsprechenden Dienste der Beklagten würden nämlich schon durch die Landegebühren abgegolten. Außerdem nehme er – der Kläger – weder den Einweisedienst noch die Bremsklötze noch die Betonverzurrklötze tatsächlich in Anspruch; bei der Benutzung des Pendelbusses, welche die Beklagte zwingend vorgeschrieben habe, sei der Benutzungszwang nicht gerechtfertigt, da er – der Kläger – sein Flugzeug auch zu Fuß erreichen könne.

15. Mit der Klage hat der Kläger von der Beklagten für insgesamt 45 Landungen im Zeitraum von Januar bis Juni 1974 die Rückzahlung des Differenzbetrages zwischen der tatsächlich geleisteten Landegebühr von 17 DM und der von ihm für angemessen gehaltenen Gebühr von 8,50 DM, jeweils zuzüglich 11% Mehrwertsteuer, zusammen 374,07 DM, und die Rückerstattung des Pauschalentgelts für 43 Abfertigungen von je 10 DM zuzüglich Mehrwertsteuer, insgesamt 477,30 DM, jeweils nebst Zinsen, verlangt. Außerdem hat er die Feststellung begehrt, daß die Beklagte nicht berechtigt sei, für sein Flugzeug Pauschalabgeltungen für die Bodenverkehrsdienste sowie höhere Landeentgelte als 8,50 DM pro Landung zu erheben.

16. Das Landgericht hat die Klage bezüglich des Landeentgelts abgewiesen. Bezüglich des Pauschalentgelts für Bodenverkehrsdienste hat es die Beklagte antragsgemäß zur Rückzahlung verurteilt und die vom Kläger begehrte Feststellung getroffen. Die Berufungen beider Parteien sind erfolglos geblieben. Mit den zugelassenen Revisionen verfolgen der Kläger sein Klagebegehren auch bezüglich der Landegebühren, die Beklagte ihren Abweisungsantrag auch bezüglich der Pauschalabgeltungen für Bodenverkehrsdienste weiter.

Entscheidungsgründe:

A.

17. Die Revision des Klägers (Landeentgelte)

18. Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

I.

1.

19. Zutreffend haben die Vorinstanzen das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger als Flughafenbenutzer und der Beklagten als dem in einer Rechtsform des Privatrechts (GmbH) organisierten Flughafenunternehmen nicht als öffentlich-​rechtliche Anstaltsnutzung, sondern als privatrechtliches Vertragsverhältnis angesehen. Dies entspricht den Grundsätzen, die der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs entwickelt hat (vgl BGH Urteil vom 10. Juli 1969 – KZR 13/68 = LM Vorbem zu § 145 BGB Nr 13; vom 27. Oktober 1972 – KZR 9/71 = LM LuftVZO Nr 2 und KZR 1/72 = DVBl 1974, 558).

20. Dieser Auffassung, die im Schrifttum zum Teil auf Kritik gestoßen ist (vgl Ossenbühl DVBl 1974, 541; Wolff/Bachof VerwR II 4. Aufl § 99 IIIc 1 S 387), tritt der erkennende Senat bei. Wie der Kartellsenat in der Sache KZR 13/68 (aaO) ausgeführt hat, haben die Flughäfen des allgemeinen Verkehrs (Verkehrsflughäfen) zwar auf Grund des Flugplatzzwangs (§ 25 LuftVG) und ihrer Genehmigungsbedürftigkeit (§§ 6 LuftVG, 43 LuftVZO), also auf Grund öffentlich-​rechtlicher Vorschriften, im Verhältnis zu fast allen zivilen Luftfahrern in ihrem Einzugsbereich eine Monopolstellung. Da bei ihrer Anlegung die öffentlichen Interessen sowie die Erfordernisse der Raumplanung und Landesplanung angemessen zu berücksichtigen sind (§ 6 Abs 2 und 3 LuftVG), sind sie ihrer Zahl nach notwendig beschränkt und in ihrer Monopolstellung öffentlich-​rechtlich gesichert. Ihre Tätigkeit im Bereich des Luftverkehrs stellt sich, jedenfalls im Rahmen der für die Luftfahrt notwendigen Einrichtungen, ungeachtet ihrer rechtlichen Erscheinungsform als Gesellschaften des privaten Rechts, der Sache nach als ein Teil öffentlicher Verwaltung dar, die der Daseinsvorsorge dient. Den Flughäfen sind jedoch keine hoheitlichen Befugnisse übertragen. Der Flughafenunternehmer übt, auch wenn er in der Rechtsform einer von der öffentlichen Hand beherrschten Kapitalgesellschaft auftritt, den Flughafenbenutzern gegenüber keine öffentliche Gewalt aus (BGH LM Vorbem zu § 145 BGB Nr 13 mwNachw). Die Rechtsbeziehungen zu den Flughafenbenutzern sind daher privatrechtlicher Art und nach bürgerlichem Recht zu beurteilen (BGH DVBl 1974, 558, 560).

2.

21. Dementsprechend stellt sich die Regelung der Entgelte, die von den Flughafenunternehmern nach § 43 LuftVZO zu treffen ist, im Rahmen der bürgerlich-​rechtlichen Beziehung zu den Flughafenbenutzern als ein Vertragsangebot an alle diejenigen dar, die persönlich und sachlich den luftrechtlichen Voraussetzungen für die Luftfahrt genügen. Dem steht nicht entgegen, daß der Flughafenunternehmer gehalten ist, vor Betriebseröffnung die aufsichtsbehördliche Genehmigung für die Benutzungsordnung und die Regelung der Entgelte einzuholen, und er weiter auf Grund des Abschlußzwangs verpflichtet ist, die Verträge nach Maßgabe dieser genehmigten allgemeinen Geschäftsbedingungen zu schließen (BGH DVBl 1974, 558).

22. Die Regelung der Entgelte selbst stellt – wie die Vorinstanzen im Anschluß an BGH LuftVZO Nr 2 weiter mit Recht ausgeführt haben – eine einseitige Bestimmung der Leistung durch das Flughafenunternehmen dar, das der richterlichen Inhaltskontrolle nach den Grundsätzen des § 315 BGB unterliegt (vgl dazu BGB-​RGRK 12. Aufl § 315 Rdn 22). Den Belangen der Flughafenbenutzer wird dadurch Rechnung getragen, daß die Bestimmung nur dann verbindlich ist, wenn sie der Billigkeit entspricht (vgl § 315 Abs 3 Satz 1 BGB). Entspricht sie ihr nicht, so wird sie durch Urteil getroffen (vgl § 315 Abs 3 Satz 2 BGB). Die behördliche Genehmigung der einseitig festgelegten Entgelte schließt deren Überprüfung durch die ordentlichen Gerichte nicht aus. Die Überprüfung der genehmigten Entgelte stellt nämlich keine Rechtskontrolle der Genehmigung selbst dar und wird daher auch nicht durch die Tatbestandswirkung dieser Genehmigung und durch den Grundsatz der Bindung der ordentlichen Gerichte an rechtswirksame Verwaltungsakte gehindert. Eine Mißbilligung einzelner vertraglicher Bestimmungen unter anderen Gesichtspunkten läßt die behördliche Genehmigung in ihrer öffentlich-​rechtlichen Wirkung, die sich auf das Verhältnis der Behörde zum Genehmigungsempfänger beschränkt, unberührt. Die Genehmigung ihrerseits ändert nicht den privatrechtlichen Charakter der einseitigen Leistungsbestimmung durch das Flughafenunternehmen und schließt die richterliche Inhaltskontrolle dieser Geschäftsbedingungen nicht aus (BGH LM LuftVZO Nr 2 mwNachw).

II.

1.

23. Das Berufungsgericht hat die Erhöhung des Landeentgelts von 9 DM auf 17 DM für Flugzeuge mit einem Höchstabfluggewicht von 1.240 kg als noch im Rahmen der Billigkeit (vgl § 315 Abs 3 Satz 1 BGB) liegend angesehen. Dazu hat es, zum Teil unter Bezugnahme auf die Würdigung des Landgerichts, im einzelnen ausgeführt: Soweit die Erhöhung auf einer neuen, dem Kläger ungünstigen Einteilung der Fluggewichtsklassen beruhe, handle es sich um Ungleichheiten, die bei jedem gestaffelten Tarif im Grenzbereich auftreten könnten. Es stelle eine sachgerechte Differenzierung dar, wenn die Beklagte die unterste Gewichtsklasse bei 1.200 kg habe enden lassen. Dadurch kämen fast 80% aller Sportflugzeuge bis zu 3.000 kg Höchstabfluggewicht in den Genuß des niedrigen Tarifs. Soweit dem Kläger über die auf eine neue Klasseneinteilung zurückzuführende Erhöhung der Entgelte hinaus eine weitere Tarifanhebung angesonnen werde, entspreche dieser Teil der Erhöhung der Mehrbelastung, die alle Gewichtsklassen hinzunehmen hätten und die durch die eingetretenen allgemeinen Kostensteigerungen gerechtfertigt sei.

24. Diese Beurteilung der Rechtslage hält im Ergebnis den Angriffen der Revision stand.

2.

25. Die Prüfung, ob die Bestimmung der Höhe des Landeentgelts der Billigkeit entspricht (vgl § 315 Abs 3 Satz 1 BGB), erfordert die Abwägung der objektiven wirtschaftlichen Interessen beider Vertragspartner. Ihr Ziel ist nicht die Ermittlung eines „gerechten Preises“ von Amts wegen; es geht vielmehr darum, ob die getroffene Bestimmung sich in den Grenzen hält, die durch die Vorschrift des § 315 Abs 3 BGB gezogen werden (BGHZ 41, 271, 279/280; BGH LM BGB § 315 Nr 12; LM LuftVZO Nr 2; BGB-​RGRK aaO § 315 Rdn 10). Die Prüfung der objektiven wirtschaftlichen Interessenlage darf im vorliegenden Fall nicht auf den Flughafenunternehmer und den Kläger beschränkt werden; sie erfordert eine Betrachtung auch des Verhältnisses zu anderen Flughafenbenutzern, die von der Tarifregelung und einer möglichen gerichtlichen Neufestsetzung betroffen werden (vgl BGHZ 41, 271, 279). Weiter ist zu berücksichtigen, daß die Beklagte in ihrem Einzugsbereich aufgrund des Flugplatzzwangs (§ 25 LuftVG) eine faktische Monopolstellung innehat. Bei der Bemessung der Entgelte darf sie diese Stellung nicht dazu ausnutzen, eine sie einseitig begünstigende Regelung zu treffen und den gebotenen Ausgleich der widerstreitenden Interessen der Vertragspartner zu unterlassen.

26. Ergänzend sind die Bindungen zu beachten, denen die Beklagte im Hinblick darauf unterliegt, daß sie – auch wenn sie in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts auftritt – ihrer Funktion nach Aufgaben der staatlichen Daseinsvorsorge erfüllt (BGH LM Vorbem zu § 145 BGB Nr 13; vgl auch Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz S 267; Ossenbühl, DVBl 1974, 541, 542). Solche Unternehmen haben im Privatrechtsverkehr mit ihren Benutzern (auch) die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungshandelns zu beachten (BGH aaO; BGHZ 29, 76; 36,91; 52, 325). Die von ihnen verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) haben sich daher einer willkürlichen Differenzierung zu enthalten, wenn sie noch als „billig“ angesehen werden sollen.

3.

27. Die Beklagte bemißt das Landeentgelt nach dem „Verursachungsprinzip“ und in dessen Rahmen nach dem Höchstgewicht der abfliegenden Flugzeuge. Diese Anknüpfung an das Gewicht ist im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 315 Abs 3 BGB nicht zu beanstanden. Für den Umfang der Benutzung der Landeeinrichtungen und damit mittelbar für den Anteil des Benutzers an den hierfür entstandenen Kosten stellt das Gewicht des Flugzeuges eine Eigenschaft dar, die mangels genauer Meßbarkeit des Anteils der Kostenverursachung zur Grundlage des hier (zulässigerweise) verwendeten „Wahrscheinlichkeitsmaßstabs“ gemacht werden kann (zur Anwendung dieses Maßstabs im Gebührenbereich vgl Hansmeyer/Fürst, Die Gebühren S 45ff). Eine weitere Differenzierung nach der jeweiligen Benutzung von Betonlandebahnen oder Graslandebahnen ist nicht geboten, weil dies eine Erfassung der einzelnen Landevorgänge voraussetzen würde, die den Berechnungsaufwand unvertretbar erhöhen und im Ergebnis doch nicht zu einer wesentlich genaueren Feststellung der im Einzelfall verursachten Kosten führen könnte. Im übrigen werden die für die Betonlandebahn anfallenden Kosten auf die Benutzer abgestuft in der Weise überwälzt, daß Flugzeuge mit höheren Höchstabfluggewichten auch mit höheren Benutzungsentgelten belastet werden. Dadurch ist annäherungsweise gewährleistet, daß die Kosten für die Betonlandepisten hauptsächlich von den Haltern der Flugzeuge aufgebracht werden, die diese Einrichtungen üblicherweise ausschließlich oder überwiegend in Anspruch nehmen.

28. Die Wahl des Höchstabfluggewichts als allein wesentlicher Bemessungsfaktor für die Benutzungsentgelte der Flugzeuge bis zu 3.000 kg hat mit Blick auf die gebotene Gleichbehandlung der Benutzer auch Auswirkungen auf die zulässige Verteilung der Entgelte auf den Kreis der Benutzer. Der im Rahmen der Billigkeit zu beachtende Gleichheitsgrundsatz gebietet es, Gleiches gleich, Verschiedenes nach seiner Eigenart verschieden zu behandeln. Das in ihm enthaltene Differenzierungsverbot ist verletzt, wenn für die unterschiedliche Behandlung ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund sich nicht finden läßt.

4.

29. Der Revision ist zuzugeben, daß die vom Berufungsgericht für die tarifliche Behandlung von Flugzeugen mit 1.240 kg Höchstabfluggewicht dargelegten Gründe (dazu nachfolgend unter a bis c) nicht überzeugen können. Im Ergebnis wird die Beurteilung jedoch durch andere Sachgründe getragen, die diese tarifliche Einstufung und die damit verbundene Erhöhung der Benutzerentgelte als noch im Rahmen der Billigkeit liegend erscheinen lassen (dazu nachfolgend unter d).

a)

30. Als Grund für eine tarifliche Differenzierung kommen hier in erster Linie die unterschiedlichen Flugzeuggewichte in Betracht. Es ist sachlich grundsätzlich gerechtfertigt, die Benutzer in Klassen einzustufen, deren jeweilige Tarife mit der Zunahme des Gewichts anwachsen. Die Grenzziehung dieser Klassen und der Grad der Progression sind damit jedoch nicht ohne weiteres in das freie Belieben der Beklagten gestellt. Eine Tarifeinteilung entspricht nicht mehr „billigem Ermessen“, wenn Benutzer in derselben Tarifklasse vereinigt werden, die in Ansehung des für die Bemessung der Entgelte gewählten Maßstabs (hier: Höchstabfluggewicht) ganz unterschiedliche Voraussetzungen aufweisen und für deren Gleichbehandlung sich ein sachlicher Grund nicht finden läßt.

b)

31. Es ist nicht zu verkennen, daß die Beseitigung der Tarifklasse für Flugzeuge von 1.200 bis 1.400 kg Gewicht und ihre Zuweisung in die (neue) Tarifklasse für Flugzeuge von über 1.200 kg bis 2.000 kg Gewicht gegenüber der unteren Tarifklasse (bis 1.200 kg) zu einer Verdoppelung des Entgelts führt. Diese Erhöhung des Entgelts trifft in der neu gebildeten Tarifklasse von über 1.200 bis 2.000 kg Höchstabfluggewicht die leichtesten Flugzeuge am schwersten: Für Flugzeuge über 1.800 bis 2.000 kg war nach dem alten Tarif ein Landeentgelt von 18 DM zu entrichten. Nach dem neuen Tarif beträgt das Entgelt nur noch 17 DM. Die neue Tarifklasse bringt also in ihrem unteren Bereich eine Anhebung von fast 89%, während sie den oberen Bereich um ca 5,55% entlastet. Die Angemessenheit einer solchen tariflichen Neuordnung ist nicht ohne weiteres einsichtig, sofern nicht der bisherige Tarif die schweren Flugzeuge unangemessen belastet hat und deshalb eine tarifliche Korrektur angezeigt war. Wie die Beklagte einräumt, kennzeichnet die Grenze von 1.200 kg auch nicht den Übergang von zweisitzigen oder dreisitzigen zu viersitzigen oder mehrsitzigen Flugzeugen, was mit Blick auf die Erhebung eines variablen, auch die Zahl der Passagiere berücksichtigenden Landeentgelts im gewerblichen Luftverkehr (vgl „Gebührenordnung“ vom 1.1.1974 Teil I Nr 2 und 4) für eine Differenzierung sonst Bedeutung erlangen könnte. Auch Gründe der Verwaltungsvereinfachung lassen sich für diese Grenzziehung nicht ins Feld führen, denn es ist nicht zu sehen, wie der Erhebungsaufwand der nach Klassenzugehörigkeit erhobenen Entgelte durch die (absolute) Höhe der Entgelte günstig beeinflußt werden kann.

c)

32. Die Überlegung des Berufungsgerichts, Flugzeughalter, die in der Lage seien, die relativ hohen Kosten für den Erwerb von Kleinflugzeugen aufzubringen, könnten die im Verhältnis dazu „sehr niedrigen Gebühren für Starten und Landen“ aufbringen, zumal ihnen die Möglichkeit, Verkehrsflughäfen anzufliegen, erhebliche wirtschaftliche Vorteile bringe, macht die Tarifgrenzziehung bei 1.200 kg und die damit verbundene tarifliche Gleichbehandlung aller Flugzeuge von über 1.200 bis 2.000 kg allein nicht plausibel. Das Flugzeug des Klägers wird dadurch in eine Tarifklasse eingewiesen, die überwiegend wesentlich größere und technisch aufwendiger ausgestattete Flugzeuge umfaßt.

d)

33. Für die Bildung einer Tarifklasse für Flugzeuge mit mehr als 1.200 kg bis zu 2.000 kg Höchstabfluggewicht und die damit verbundene Entgelterhöhung bestehen jedoch andere sachliche Gründe.

34. Wie sich aus dem Genehmigungsantrag der Beklagten an das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr vom 1. März 1973 ergibt, bauen die neuen Tarife für Luftfahrzeuge der Allgemeinen Luftfahrt auf einer Berechnung der Entgelte nach 1.000 kg-​Sätzen auf. Der nach dem Höchstabfluggewicht bemessene Teil des Landeentgelts beträgt – wenn man einmal von der Grenzziehung der untersten Tarifklasse bei 1.200 kg absieht – für jede angefangene Tonne durchgängig 8,50 DM (im innerdeutschen Verkehr). Die Beklagte verweist in der Begründung ihres Genehmigungsantrags darauf, daß die im unteren Gewichtsbereich bis 3.000 kg bisher erhobenen Entgelte nicht kostendeckend gewesen seien, weil die nach dem Höchstabfluggewicht gestaffelten Landeentgelte nicht einmal die bei jedem Bewegungsvorgang entstehenden fixen Kosten (für die Benutzung der Startbahnen und Landebahnen, der Rollbahnen und der Flächen für die – gebührenfreie – Abstellung bis zu 6 Stunden) ausgeglichen hätten. Mit Rücksicht auf diese fixen Kostenbestandteile je Flugzeugbewegung seien für den unteren Gewichtsbereich (gemessen am Höchstabfluggewicht) überproportionale Entgelte gerechtfertigt, wodurch zugleich ein Schritt in Richtung auf ein mehr kostenorientiertes System der Flughafenentgelte getan werde.

35. Der Sachstand und Streitstand des vorliegenden Rechtsstreits läßt nicht den Schluß zu, daß die Darstellung der Beklagten über die Grundlagen der Kostenzurechnung nicht zutrifft.

36. Mit Rücksicht auf die durch jeden Bewegungsvorgang verursachten fixen, dem Luftfahrzeuggewicht nicht proportionalen Kosten, verletzt es nicht die Billigkeit im Sinne des § 315 Abs 3 BGB, wenn die Beklagte Flugzeuge bis zu 3.000 kg Höchstabfluggewicht in Klassen zu je angefangene 1.000 kg zusammenfaßt. Die recht weite Ausdehnung jeder Tarifklasse knüpft daran an, daß die durch die einzelnen Bewegungsvorgänge verursachten Kosten mit dem Höchstabfluggewicht nicht proportional ansteigen, wodurch vornehmlich der Bewegungsvorgang als solcher, weniger das Gewicht des Flugzeugs sachgerechter Anknüpfungspunkt für die Bemessung eines kostenorientierten Entgelts wird. Auch für die Tarifgruppe, der das Flugzeug des Klägers zugehört, ist damit ein „Gruppenmaßstab“ gewählt, der das Abgehen von kleineren Unterteilungen sachlich einleuchtend erklärt und die Zusammenfassung recht unterschiedlicher Gewichte innerhalb der Klasse bis zu 2.000 kg noch als billig erscheinen läßt.

37. Die Grenzziehung bei 1.200 kg scheint allerdings gegen diese Systematik der Kostenzurechnung zu verstoßen. Denn auch Flugzeuge mit über 1.000 kg bis 1.200 kg dürften, was die durch sie verursachten (fixen) Kosten betrifft, dem Flugzeug des Klägers vergleichbar sein. Die Herausnahme dieses Gewichtsbereichs aus der Tarifklasse bis 2.000 kg beruht indessen auf der weiteren Erwägung, die teilweise erhebliche Mehrbelastung, die sich aus der Wahl einer durchgehenden Berechnung der Entgelte nach 1.000 kg – Sätzen für die Benutzer aus den unteren Gewichtsklassen ergibt, vorläufig in zumutbaren Grenzen zu halten. Mit Blick auf diesen Differenzierungsgrund ist die Überlegung, durch eine solche Erweiterung der unteren Tarifklasse einen erheblichen Teil der Luftfahrzeuge der allgemeinen Luftfahrt in den Genuß der Entlastung kommen zu lassen, sachgerecht. Es mag zwar näher liegen, diese Entlastung auch auf Flugzeuge bis zu 1.400 kg auszudehnen, zumal diese keine besonderen Merkmale aufweisen, die sie von den Luftfahrzeugen über 1.000 kg bis 1.200 kg in dem hier bedeutsamen Zusammenhang unterscheiden. Indessen ist der Gleichheitssatz nicht schon dann verletzt, wenn eine „gerechtere“ oder „zweckmäßigere“ Regelung denkbar wäre oder dem Gebot der Gleichbehandlung besser entspräche. Die hier vorgenommene Abgrenzung hält sich noch innerhalb des (weiten) Gestaltungsermessens, das der Beklagten im Blick auf § 315 Abs 3 BGB zuzubilligen ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Beklagte ihr gewähltes System der durchgehenden Erhebung der Entgelte nach (angefangenen) 1.000 kg – Sätzen selbst durchbrechen würde, wenn sie die Entlastung zu weit über die 1.000 kg – Grenze hinaus erstrecken würde. Hinzu tritt die Überlegung, daß die in der vorgenommenen Grenzziehung liegenden Härten gegenüber den Haltern von Luftfahrzeugen über 1.200 kg bis 1.400 kg in gewissem Umfang dadurch gemildert werden, daß das ihnen abgeforderte doppelte Tonnen-​Entgelt der Höhe nach nicht derart ins Gewicht fällt, daß hierdurch eine „Verdrängung“ dieser Flugzeuge vom Verkehrsflughafen zu besorgen wäre.

38. Die Neuordnung der beiden unteren Tarifklassen und die Grenzziehung bei 1.200 kg Höchstabfluggewicht sind daher, gemessen an den Grundsätzen der Billigkeit, nicht zu beanstanden.

5.

39. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Anhebung der Entgelte durch die „Gebührenordnung“ vom 1. Januar 1974, bezogen auf das Flugzeug des Klägers, der Billigkeit entspricht, hat das Berufungsgericht als gerichtsbekannt angesehen, daß seit dem 1. Juni 1971, dh dem Zeitpunkt der vorletzten Erhöhung der Entgelte, bis zum Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung, allgemeine Kostensteigerungen eingetreten sind, und zwar in allen Bereichen des wirtschaftlichen Lebens, ua durch Steigerung der Personalkosten, Erhöhung der Investitionskosten und laufende Geldentwertung. Die Annahme eines Erfahrungssatzes, daß derartige allgemeine Kostensteigerungen stattgefunden haben, ist frei von Rechtsirrtum; er wird von der Revision des Klägers auch nicht angegriffen. Die Revision meint jedoch, die beanstandete Gebührenerhöhung übersteige den Rahmen dieser allgemeinen Steigerung der Lebenshaltungskosten, weil die Anhebung des Landeentgelts in der für den Kläger einschlägigen Gewichtsklasse zu einer Steigerung der Kosten um 82% gegenüber dem Zustand von 1971/72 führe. Auch insoweit kann der Revision des Klägers nicht gefolgt werden.

40. Die Erhöhung des Landeentgelts für das Flugzeug des Klägers beruht nicht nur auf der Anhebung des Entgelts selbst, sondern zu einem wesentlichen Teil auf der Neuordnung der Tarifklassen, die für das Flugzeug des Klägers eine ungünstigere Einstufung bringt. Der Anteil des Erhöhungsbetrages, der sich aus der neuen Eingruppierung ergibt, kann bei der Prüfung der Angemessenheit der tariflichen Anhebung außer Betracht bleiben, weil er nur den Anteil an Kostenverursachung zum Ausdruck bringt, der auf alle der Tarifklasse zugehörigen Flugzeuge entfällt (vgl dazu oben unter 4d). Der auf die neue Eingruppierung entfallende Teil der Erhöhung des Entgelts macht in der Gewichtsklasse zwischen 1.200 kg und 2.000 kg, wenn man vom Mittelwert der früheren Tarifsätze (13,50 DM) ausgeht, einen Betrag von 4,50 DM aus, so daß nur noch 3,50 DM der allgemeinen Anhebung der Entgelte zuzurechnen sind.

41. Die Feststellung des Berufungsgerichts, eine Tariferhöhung dieses Ausmaßes (3,50 DM) sei schon durch die allgemeinen Kostensteigerungen im fraglichen Zeitraum (1971 bis 1974) gerechtfertigt, läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Für die Behauptung des Klägers, die erhöhten Entgelte seien „Vertreibungsgebühren“ mit dem Ziel, der allgemeinen Luftfahrt den Zugang zu dem Verkehrsflughafen der Beklagten zu erschweren oder wirtschaftlich unmöglich zu machen, fehlt es an tatsächlichen Anhaltspunkten.

42. In der Sache reicht die tatrichterliche Feststellung, daß von 1971 bis 1974 auf allen Gebieten des wirtschaftlichen Lebens Kostensteigerungen stattgefunden haben, für die Annahme aus, daß die Beklagte nicht gegen billiges Ermessen verstoßen hat, als sie diesem allgemeinen Faktor auch durch eine Erhöhung ihrer Landeentgelte Rechnung getragen hat. Dabei war die Beklagte auch nicht gehindert, etwa im Bereich der allgemeinen Luftfahrt bestehende Gewinnchancen auszuschöpfen. Die öffentliche Zweckbindung, der die Beklagte als Unternehmen der Daseinsvorsorge unterliegt, schließt, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, eine solche Ausschöpfung von Gewinnchancen nicht aus.

43. Ihre Grenze finden derartige Kalkulationen allerdings an den höherrangigen Geboten von elementarer Vertragsgerechtigkeit, Billigkeit und Treu und Glauben. Da indes hier, auch bezogen auf den Einzelfall des Klägers, bei der Ausgestaltung der Entgelte diese Grenze nicht überschritten worden ist, erweist sich die Festsetzung des Landeentgelts als verbindlich.

B.

44. Die Revision der Beklagten

45. (Pauschalentgelt für Bodenverkehrsdienste)

46. Die Revision der Beklagten führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1.

47. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Das Pauschalentgelt für Bodenverkehrsdienste stelle eine Entgeltregelung nach § 43 LuftVZO dar und sei deshalb genehmigungspflichtig. Da die Luftfahrtbehörde eine solche Genehmigung aber nicht erteilt habe, fehle es im Verhältnis der Beklagten zu den Flughafenbenutzern an einer rechtswirksamen vertraglichen Grundlage für diese Entgelte; die Genehmigung der Benutzungsordnung, in der diese Dienste vorgesehen seien, reiche nicht aus. Die Genehmigungspflicht auch dieser Entgelte folge aus der öffentlich-​rechtlichen Zweckbindung des Flughafenunternehmens. § 43 LuftVZO solle nämlich sicherstellen, daß auch bei privatrechtlicher Organisation des Flughafens alle einseitig vom Flughafenunternehmen gesetzten, den Flughafenbenutzer belastenden Bedingungen, welche, würden sie von einer öffentlichen Behörde aufgestellt, belastende Verwaltungsakte wären, der Genehmigungspflicht unterlägen und so der Genehmigungsbehörde eine Nachprüfung ermöglichten.

2.

48. Gegen diese Auffassung wendet sich die Revision der Beklagten mit Recht.

a)

49. Nach § 43 Abs 1 LuftVZO sind genehmigungspflichtig die Benutzungsordnung der Flughäfen und bei Verkehrsflughäfen außerdem die Regelung der Entgelte für das Starten, Landen und Abstellen von Luftfahrzeugen sowie für die Benutzung von Fluggasteinrichtungen. Die genehmigungspflichtigen Entgelte sind mithin einzeln aufgezählt. Schon dies deutet darauf hin, daß nicht alle den Flughafenbenutzer belastenden Bedingungen, sondern nur die in der Aufzählung selbst enthaltenen genehmigungsbedürftig sein sollen. Hätte der Verordnungsgeber eine Genehmigungspflicht für alle Entgelte festsetzen wollen, hätte es nahegelegen, dies im Wortlaut der Bestimmung zum Ausdruck zu bringen.

b)

50. Die Auffassung des Berufungsgerichts zur Genehmigungsbedürftigkeit (auch) des Teils der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, der das Pauschalentgelt für Bodenverkehrsdienste betrifft, kann allerdings dann zutreffen, wenn die damit abzugeltenden Leistungen solche sind, die im Sinne von § 43 Abs 1 LuftVZO das „Starten, Landen und Abstellen von Luftfahrzeugen sowie … die Benutzung von Fluggasteinrichtungen“ betreffen. Die durch das Pauschalentgelt abzugeltenden Leistungen stehen hier in engem Zusammenhang mit den in § 43 Abs 1 LuftVZO aufgezählten Benutzungsarten: Die Einweisung in den Abstellplatz sowie die Gestellung von Bremsklötzen und Betonverzurrungen beziehen sich auf das „Landen“ bzw das „Abstellen“ des Luftfahrzeugs; der eingesetzte Pendelbus dient dem Transport des fliegenden Personals und der Fluggäste, steht also funktionell in Beziehung zum „Starten“ und „Landen“ und kann auch als „Fluggasteinrichtung“ verstanden werden. Wie der Kartellsenat im Urteil LM LuftVZO Nr 2 ausgeführt hat, erfaßt § 43 Abs 1 LuftVZO ua auch Verkehrsnebenleistungen, die in sachlichem Zusammenhang mit dem Absetzen und der Aufnahme von Passagieren durch die Luftfahrtunternehmen im Flughafen stehen. Dafür entstehende Kosten können entweder auf die Luftfahrtunternehmen als Teil des Landeentgelts oder auf die Fluggäste als Entgelt für eine Fluggasteinrichtung überwälzt werden. Eine Unterscheidung dahin, daß im Sinne von § 43 Abs 1 LuftVZO eine „Fluggasteinrichtung“ nicht sein könne, was „unmittelbar“ der Abfertigung der Luftfahrzeuge im Rahmen des Bodenverkehrsdienstes diene und nur „mittelbar“ den Fluggästen zugute komme, wie zB Fluggastbrücken und Fluggastbusse, ist wenig überzeugend, weil die Abfertigung von Luftfahrzeugen nicht außerhalb des Zusammenhangs mit dem Gegenstand und der Zweckbestimmung dieses Verkehrsvorgangs gewürdigt werden kann.

c)

51. Diese Frage bedarf indessen nicht der Entscheidung, weil das Fehlen einer etwa nach § 43 Abs 1 LuftVZO erforderlichen Genehmigung die Verbindlichkeit der Entgeltregelung für den Benutzer nicht beeinträchtigt.

52. Das Fehlen einer nach der genannten Bestimmung zu erteilenden Genehmigung wirkt sich nur auf das Verhältnis des Flughafenunternehmers zur Genehmigungsbehörde aus und bedeutet, daß in diesem Fall vornehmlich die Wahrung öffentlicher Verkehrsinteressen beeinträchtigt sein kann (BGH LM LuftVZO Nr 2). Eine unmittelbare preisrechtliche Wirkung, wie sie beispielsweise Genehmigungen für die Tarife der Personenbeförderung und Güterbeförderung auf Straße und Schiene haben, kommt der Genehmigung nach § 43 Abs 1 LuftVZO nicht zu. Diese Vorschrift begründet im übrigen nicht erst das Recht des Flughafenunternehmers, auch Entgelte durch einseitig festgesetzte allgemeine Geschäftsbedingungen zu regeln. Ein derartiges Recht bedarf im gewerblichen Bereich keiner besonderen (öffentlich-​rechtlichen) Ermächtigung (vgl Ruhwedel, BB 1965, 1093, 1094). Dies bedeutet, daß das hier festgesetzte Pauschalentgelt für Bodenverkehrsdienste, soweit es der Billigkeit entspricht, für den Benutzer auch dann verbindlich ist, wenn es Leistungen abgelten soll, die zu dem Katalog des § 43 Abs 1 LuftVZO gehören. Der Prüfungsmaßstab erweitert sich allerdings in diesem Fall um bestimmte Anforderungen, die sich aus dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ergeben. Generell ausgeschlossen von der Anwendung dieses Gesetzes sind gemäß § 99 Abs 1 GWB zu genehmigende Entgeltordnungen von Flughafenunternehmen nämlich nur, wenn die erforderliche Genehmigung auch wirklich erteilt ist (vgl BGH LM LuftVZO Nr 2 Bl 819 vorl Abs; Gleiss/Hootz in Gemeinschaftskommentar § 99 GWB Anm 25). Denn nur bei erteilter Genehmigung kommt der in § 99 Abs 1 GWB verankerte Grundsatz zum Tragen, daß es nicht sinnvoll ist, wenn eine staatliche Instanz wieder in Frage stellt, was eine andere angeordnet oder gebilligt hat. Hinsichtlich des nicht genehmigten Pauschalentgelts müssen daher mit Ausnahme der §§ 1, 15 bis 18 GWB auch die kartellrechtlichen Bestimmungen beachtet werden (§ 99 Abs 2 Nr 2: Verträge von Flughafen-​Unternehmen über Entgelte für die Inanspruchnahme ihrer Dienste oder Anlagen).

53. Das Fehlen der staatlichen Genehmigung beeinträchtigt daher die privatrechtliche Wirksamkeit der durch die allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelten Entgeltordnung nicht. Das Berufungsurteil kann deshalb hinsichtlich der Entscheidung über das Pauschalentgelt für die Bodenverkehrsdienste nicht bestehen bleiben. Da das Berufungsgericht keine Feststellungen über die Angemessenheit dieser Leistungsbestimmung (vgl § 315 BGB) getroffen hat, muß die Sache insoweit zurückverwiesen werden.

d)

54. Für die weitere Prüfung ist zu bemerken:

55. Das Pauschalentgelt soll in der Hauptsache die Kosten des Pendelbusses abgelten, der nach Darstellung der Beklagten für das Vorfeld des Flughafens aus Gründen der Sicherheit für fliegendes Personal und Fluggäste eingesetzt wird. Unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit (vgl § 315 Abs 3 Satz 1 BGB) dürfte es unbedenklich sein, diese Kosten auf die Benutzer umzulegen, auch wenn die Einrichtung der Abwehr von Gefahren dient, die nicht allein von den Benutzern ausgehen. Die Benutzer können aber billigerweise erwarten, daß die Beklagte diese Kosten nach einem Maßstab umlegt, der sowohl den Wert der Leistung für die einzelnen Benutzergruppen berücksichtigt als auch den Umstand, daß bereits die Vorhaltung dieser Einrichtung dem einzelnen Benutzer den Vorteil bringt, den Bus jederzeit in Anspruch nehmen zu können. Da der Pendelbus offenbar auch den Passagieren im gewerblichen Luftverkehr zur Verfügung steht, wird zu prüfen sein, ob die für jede Landung geforderte Beteiligung an den Kosten des Pendelbusses bei Sportflugzeugen mit nur wenigen Sitzplätzen bei Anlegung eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabs in einem angemessenen Verhältnis zu der Inanspruchnahme des Busses durch Halter von solchen Luftfahrzeugen steht. Schließlich wird zu prüfen sein, ob die Erhebung eines gesonderten Pauschalentgelts für Leistungen, die sich als „Verkehrsnebenleistungen“ einstufen lassen, nicht zur zusätzlichen Erhebung von Entgelten für eine Benutzung führen kann, deren Kosten bereits (teilweise) in dem nach § 43 Abs 1 LuftVZO genehmigten Landeentgelt enthalten sind. Soweit hier wegen der fehlenden „Transparenz“ dieses Entgelts und seiner Kostenzurechnungsgrundlagen Zweifel bestehen können, ist es Sache der Beklagten, diese auszuräumen (zur Darlegungslast und Beweislast bei § 315 Abs 3 BGB vgl BGH NJW 1969, 1809 = LM BGB § 315 Nr 9).

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