Schadensersatz für vertane Urlaubszeit
LG Düsseldorf: Schadensersatz für vertane Urlaubszeit
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz für die vertane Urlaubszeit. Die Klägerin buchte eine Reise in einem Reisebüro. Die Beklagte. welche Inhaberin des Reisebüros ist, vermittelte der Klägerin eine Reise. Das Reisebüro trat hier lediglich als Vermittler auf, nicht als Reiseveranstalter und ist daher nicht schadensersatzpflichtig für vertane Urlaubszeit.
Das Landgericht Düsseldorf wies daher die Klage ab.
LG Düsseldorf | 22 S 37/04 (Aktenzeichen) |
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LG Düsseldorf: | LG Düsseldorf, Urt. vom 29.10.2004 |
Rechtsweg: | LG Düsseldorf, Urt. v. 29.10.2004, Az: 22 S 37/04 |
AG Düsseldorf, Urt. v. 18.12.2003 Az: 39 C 11919/03 | |
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Leitsatz:
2. Reisebüro ist Vermittler und daher nicht für immaterielle Schäden schadensersatzpflichtig.
Zusammenfassung:
3. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz für vertane Urlaubszeit. Die Klägerin buchte eine Reise in einem Reisebüro. Die Beklagte, welche Inhaberin des Reisebüros ist, vermittelte der Klägerin eine Reise. Das Reisebüro trat hier lediglich als Vermittler auf, nicht als Reiseveranstalter und ist daher nicht schadensersatzpflichtig für vertane Urlaubszeit. Für die Durchführung des Urlaubes ist der Reiseveranstalter verantwortlich nicht der Vermittler, da der diese hier lediglich die Leistungen eines Dritten beschafft.
Das Landgericht Düsseldorf wies daher die Klage ab.
Tenor:
4. Die Berufung der Klägerin gegen das am 18. Dezember 2003 verkündete Schlussurteil des Amtsgerichts Düsseldorf – 39 C 11919/03 – wird i. H. v. 2.000 EUR zurückgewiesen. Auf die weitergehende Berufung wird das Urteil, soweit der pauschalierte Schadensersatzanspruch i. H. v. 50 EUR betroffen ist, aufgehoben und an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Gründe
5. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Ergänzender entscheidungserheblicher Vortrag tatsächlicher oder rechtlicher Art ist in der Berufungsinstanz nicht erfolgt.
6. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter und erstrebt insoweit die Abänderung des angefochtenen Urteils.
8. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
9. Die Klägerin macht zur Begründung der Berufung formell ordnungsgemäß i. S. v. § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO geltend, das Amtsgericht habe § 651 f Abs. 2 BGB rechtsfehlerhaft nicht angewendet. Gemäß der Rechtsprechung des EuGH seien die Vorschriften der §§ 651 a ff. BGB auch auf den Reisevermittlungsvertrag anzuwenden, wenn die Reiseleistungen einheitlich im Reisebüro gebucht und in einer Summe bezahlt worden seien. Das Amtsgericht hätte hier auch in Betracht ziehen müssen, dass der Reiseveranstalter aufgrund des Verschuldens der Beklagten gar nicht hätte in Anspruch genommen werden können, da die Reise letztlich nicht durchgeführt worden sei.
10. Die Berufung ist unbegründet.
11. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit aus § 651 f Abs. 2 BGB.
12. Denn diese Vorschrift ist weder direkt noch analog anwendbar auf den zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag i. S. v. § 675 Abs. 1 BGB. Ein solcher besteht zwischen den Parteien, da die Beklagte als selbständiges Reisebüro lediglich als Reisevermittlerin tätig geworden war (vgl. Führich , Reiserecht, 3. Auflage, § 5 Rz. 86 m. w. N.). Vertragszweck der Reisevermittlung ist gerade nicht die Durchführung der erstrebten Reise; im übrigen stellt § 651 f Abs. 2 BGB gemäß § 253 BGB eine Ausnahmevorschrift für Reiseveranstalter dar ( Führich , Reiserecht, 3. Auflage, § 26 Rz. 585). Reiseveranstalterin i. S. d. § 651 a Abs. 1 BGB war hier jedoch ersichtlich allein die Veranstalterin ….
13. Auf eine derartige Vertragsgestaltung kann die Vorschrift des § 651 f Abs. 2 BGB auch nicht analog angewendet werden, denn es fehlt insoweit schon an der planwidrigen Regelungslücke. Bei einem lediglich immateriellen Schaden soll der Geschädigte grundsätzlich keinen Ausgleich in Geld erhalten, es sei denn, das Gesetz sieht ausdrücklich – wie in § 651 f Abs. 2 BGB – etwas anderes vor ( MünchKommBGB/Oetker , 4. Auflage, § 253 Rz. 1). Die grundsätzliche und insoweit abschließende Sperre des § 253 BGB kann nur in Fällen als abbedungen angesehen werden, wo das Vertragsinteresse ebenso wie bei einem Reisevertrag unmittelbar auf die Urlaubsgestaltung gerichtet ist. Charakteristisch ist hierfür, dass der Urlaub als solcher lediglich auf anderer vertraglicher Grundlage beruht, so bei der reinen Ferienhausmiete, der Miete eines Wohnmobils und ggf. bei einem Bootschartervertrag ( MünchKommBGB/Oetker , 4. Auflage, § 249 Rz. 90 m. w. N. von BGH NJW 1985, 906; OLG Karlsruhe NJW-RR 1987, 954; BGH NJW 1995, 2692). Dies ist jedoch bei einem Vertrag, der allein auf die Vermittlung eines Reisevertrages gerichtet ist, nicht der Fall. Denn der Urlaub als solcher beruht auf dem Reisevertrag; wesentlicher Vertragszweck des Vermittlungsvertrages ist der Urlaub als solcher nicht.
14. Nichts anderes ergibt sich aus der von der Klägerin zur Begründung ihrer Auffassung herangezogenen Rechtsprechung des EuGH in den Fällen … (EuGH, Urteil vom 12. März 2002, – C-168/00 –, RRa 2002, 117) und … (EuGH, Urteil vom 30. April 2002, – C-400/00 –).
15. Der vom EuGH entschiedene Fall … betraf die Frage, ob grundsätzlich immaterielle Schäden aufgrund Art. 5 der Richtlinie 90/314/EWG zu erstatten sind, wenn wie in Österreich, dessen nationales Recht Anlass für die Entscheidung war, eine entsprechende nationale Regelung fehlt. In Deutschland existiert jedoch mit § 651 f Abs. 2 BGB eine Anspruchsgrundlage für immaterielle Schäden. In der Begründung zu den Schlussanträgen des Generalanwalts beim EuGH zu diesem Verfahren wird § 651 f Abs. 2 BGB ausdrücklich als richtlinienkonformes Beispiel für die nationale Umsetzung der Vorgaben in Art. 5 der Richtlinie 90/314/EWG genannt (EuGH RRa 2001, 239).
16. Der vom EuGH entschiedene Fall … betraf die Auslegung des Begriffs „Pauschalreise“ in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 90/314/EWG und ist hier deshalb nicht einschlägig, weil die Beklagte nicht – wie das Reisebüro im EuGH-Verfahren – auf Wunsch und nach den Vorgaben eines Verbrauchers oder einer beschränkten Verbrauchergruppe eine Reise wie ein Reiseveranstalter organisiert hatte. Dies hätte vorausgesetzt, dass die Beklagte aktiv an der Gestaltung der klägerischen Reise mitgewirkt hätte. Das war allerdings nicht gegeben, denn die Beklagte hatte das Pauschalreiseangebot der … als „Komplettpaket“ vermittelt, ohne etwa auf Wunsch Einzelleistungen zu ergänzen, Zusammenstellungen oder eigenen Kalkulationen vorzunehmen. Ein Anlass für die Anrufung des EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens besteht demnach ersichtlich nicht.
17. Ob ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz von Telefon-, Porto- und Fahrtkosten in der von ihr begehrten Höhe gerechtfertigt ist, kann in der Berufungsinstanz nicht isoliert entschieden werden, solange über den Schadensersatzanspruch dem Grunde nach noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Da die Beklagte gegen das Versäumnisurteil am 2. Januar 2004 form- und fristgerecht i. S. v. §§ 339 Abs. 1, 340 Abs. 1 ZPO in vollem Umfang Einspruch eingelegt hat und das erstinstanzliche Verfahren – derzeit – noch nicht abgeschlossen ist, ist dieser Teil des Anspruchs in erster Instanz zu entscheiden.
18. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
19. Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass i. S. v. § 543 Abs. 2 ZPO.
20. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 2.000 EUR festgesetzt.
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