Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit
LG Bonn: Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit
Eine Mutter weigert sich die Reisekosten für sich und ihre Tochter zu entrichten, weil das von ihnen bewohnte Hotel in einem mangelhaften Zustand war und während des gesamten Aufenthaltes Bauarbeiten durchgeführt wurden. Der Reiseveranstalter hingegen fordert die volle Summe des Reisepreises.
Das Landgericht Bonn hat der Beklagten Recht zugesprochen. Sie habe nur einen Bruchteil des Preises zu zahlen, weil das Hotel zum fraglichen Zeitpunkt nicht bewohnbar gewesen sei.
LG Bonn | 5 S 175/09 (Aktenzeichen) |
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LG Bonn: | LG Bonn, Urt. vom 24.03.2010 |
Rechtsweg: | LG Bonn, Urt. v. 24.03.2010, Az: 5 S 175/09 |
AG Bonn, Urt. v. 09.07.2009, Az: 3 C 331/09 | |
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Leitsatz:
2. Fraglich ist, ob der Reiseende eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit erhält, bzw. wenn seine Reise unter erheblichen Beeinträchtigungen stand.
Zusammenfassung
3. Eine Urlauberin buchte bei einem Reiseveranstalter für sich und ihre Tochter einen Aufenthalt in einem Hotel. Dort angekommen stellte sich dieses jedoch nicht wie im Vorfeld beschrieben dar. Auf dem gesamten Komplex wurden umfangreiche Umbaumaßnahmen getroffen, weshalb ein Großteil der Hotelanlage nicht begehbar war.
So konnten die Kläger viele der im Vorhinein versprochenen Angebote nicht nutzen.
Sie verlangen nun eine Erstattung des Reisepreises in voller Höhe. Der Beklagte hält das Hotel hingegen für durchaus bewohnbar und fordert die Zahlung des Reisepreises.
Das Landgericht hat der Klägerin Recht zugesprochen. Die umfangreichen Umbaumaßnahmen und die daraus resultierende Unmöglichkeit der Klägerin, auf einen Großteil der Hotelangeboten zuzugreifen, würde einen Reisemangel nach §651 BGB darstellen.
Da die Klägerin und ihre Mitreisende in überzeugender Weise dargestellt hätten, dass die als Mangel einzustufenden Umstände zur entsprechenden Zeit vorlagen, bestünden keine Zweifel an der Minderwertigkeit der Reise.
In vielen der durch den Umbau beeinträchtigten Hotelangebote seien Hauptbestandteile des geschlossenen Reisevertrages zu sehen.
So sei es als erheblich einzustufen, wenn Gäste während einer All-Inclusive Buchung weder in der Lage seien die hauseigene Bar, noch andere Freizeitangebote zu nutzen.
In der Folge sei der zu entrichtende Reisepreis um einen Wert von 60 Prozent zu mindern.
Tenor:
4. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 09.07.2009 – 3 C 331/09 – abgeändert und im Hauptsachetenor wie folgt neu gefasst:
Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Bonn vom 15.01.2009 – 3 C 331/08 – wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten ihrer Säumnis in erster Instanz. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 71 Prozent und die Beklagte zu 29 Prozent.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
5. (abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO)
6. Die Klägerin ist Reiseveranstalterin. Sie begehrt von der Beklagten die Vergütung aus einem mit dieser am 28.12.20## abgeschlossenem Reisevertrag. Die Klägerin verpflichtete sich am 28.12.20##, die Beklagte, deren Tochter und das 2-jährige Enkelkind in der Zeit vom 28.12.20## bis zum 04.01.20## in dem Hotel T in H in einem Doppelzimmer mit Zusatzbett, Dusche, WC und Übernachtung mit Halbpension unterzubringen. Ferner beinhaltete die Leistung ein festliches Silvester-Gala-Diner. Aufgrund dahingehender Einzugsermächtigung der Beklagten zog die Klägerin den vereinbarten Reisepreis in Höhe von 1.880,00 Euro am 28.12.20## vom Konto der Beklagten ein.
Diesem Einzug widersprach die Beklagte am 21.01.20## mit der Folge, dass der Betrag auf das Konto der Beklagten zurückgebucht wurde. Zur Begründung trägt sie vor, es lägen erhebliche Reisemängel vor:
7. Das Hotel sei während ihres dortigen Aufenthaltes einer Kernsanierung unterzogen worden. Wesentliche Teile der Anlage seien nicht nutzbar gewesen. Das Hotel sei eine einzige Großbaustelle gewesen. Lediglich in der Eingangshalle und den Speisesälen habe keine Bautätigkeit stattgefunden. Von der Bautätigkeit sei insbesondere der rechte Flügel des Hotels betroffen gewesen, wo sich üblicherweise die Säle, Gesellschaftsräume, die Bibliothek und mehrere Bars befinden. Dort seien die Wände aufgeschlitzt und die Fußböden aufgerissen gewesen. Wasserführende Leitungen, Heizungen, Kabel und Elektroinstallationen hätten frei gelegen, vereinzelt hätten auch die Fenster gefehlt. Die großen Flügeltüren der Säle und Gesellschaftsräume seien entfernt gewesen und die klaffenden Öffnungen nur notdürftig mit Stofflappen verhängt gewesen. Der vorgenannte Hoteltrakt habe durchquert werden müssen, um von den Zimmern zum Speisesaal zu gelangen. Da der Trakt nicht beheizt gewesen sei, habe Kälte und Zugluft geherrscht. Der Weg zum Speisesaal habe daher im Wintermantel zurückgelegt werden müssen.
8. Das bewohnte Zimmer habe sich in einem baufälligen und renovierungsbedürftigen Anbau an der rechten Seite der Hotelanlage befunden. Dieser Anbau sei heruntergekommen gewesen. Unter der Tür habe eine rund 10cm große Öffnung geklafft, da die Türschwelle gefehlt habe. Fenster und Terrassentür seien nicht ordnungsgemäß abgedichtet gewesen. Auch in geschlossenem Zustand sei ständig kalte Luft von außen ins Zimmer eingetreten. Auch sei Schnee von außen hereingeweht worden. Es sei daher ein ständiger Windzug zu spüren gewesen. Auch habe es keine Heizung gegeben, was angesichts der winterlichen Temperaturen besonders schwer wiege.
9. Auch sei nur einer von mehreren Speisesälen geöffnet gewesen. Dieser habe eine mittlere Größe gehabt. Die Beklagte und ihre Mitreisende hätten daher entweder lange Wartezeiten vor der Essenseinnahme in Kauf nehmen müssen, um einen Tisch zu erlangen, oder sie hätten bereits Stunden vor der Essenseinnahme ihre Plätze einnehmen müssen, um einen Platz zu erlangen. So hätten sie zur Einnahme ihres Abendessens ihre Plätze bereits um 17.00 Uhr eingenommen.
10. Das Hotelpersonal sei sowohl quantitativ als auch qualitativ unzureichend besetzt gewesen. So habe kein Hotelpersonal zur Verfügung gestanden, um der Beklagten und ihrer Tochter am Anreisetag das Gepäck in das Zimmer zu bringen, was angesichts des mitgeführten Kinderwagens erforderlich gewesen sei und der Weg zum Zimmer über eine enge und steile Treppe geführt habe, da ein Fahrstuhl nicht zur Verfügung gestanden habe. Auch die Küche sei nicht mit festem Personal besetzt gewesen. Die Hoteldirektion sei für die zahlreichen unzufriedenen Gäste nicht zu sprechen gewesen. Man habe sich daher an die Rezeptionistin – eine Frau L – wenden müssen, welche jedoch nicht in der Lage gewesen sei, die Beanstandungen zu beseitigen, und sich daher auf Vertröstungen und das Überreichen von Hotelgutscheinen beschränkt habe, welche die Gäste ihr wieder vor die Füße geworfen hätten.
11. Auch habe der Service nicht einem Mittelklassehotel entsprochen. Die verschmutzte Tischwäsche sei nicht gewechselt worden. Servietten hätten nicht zur Verfügung gestanden. Die als einziger Aufenthaltsraum noch vorhandene Sitzgruppe im Foyer sei ständig besetzt gewesen, so dass man sich entweder im ungeheizten Zimmer oder außerhalb des Hotels habe aufhalten müssen. Auch sei das Schwimmbad nicht benutzbar gewesen.
12. Das „festliche Silvestergaladiner“ und die „Silvesterfeier mit Musik und Tanz“ seien mangelhaft gewesen. Das vorhandene Essen habe nicht für alle anwesenden Personen gereicht. Die weiteren erforderlichen Essensportionen hätten erst noch komplett zubereitet bzw. die erforderlichen Zutaten hierfür beschafft werden müssen. Ein Großteil der Gäste sei erst nach mehreren Stunden Wartezeit bedient worden. Auch sei es aufgrund der unzulänglichen logistischen Vorbereitung zu langen Wartezeiten zwischen den sechs Gängen gekommen. Die Gänge seien auch nicht allen Gästen – nicht einmal an einem Tisch – zeitgleich aufgetischt worden. Die Tochter der Beklagten habe ihre Vorspeise nach einer zweistündigen Wartezeit um 20.00 Uhr erhalten, die Beklagte dagegen erst um 00.12 Uhr. Auch zahlreiche andere Gästen hätten auf ihr Essen warten müssen. Eine Silvesterstimmung sei so nicht aufgekommen.
13. Die Beklagte ist der Ansicht, die vorgenannten Mängel berechtigten zu einer Minderung des Reisepreises um 100 Prozent. Aus diesem Grund stünden ihr und ihrer Tochter auch eine angemessene Entschädigung wegen nutzlos aufgewandter Urlaubszeit zu, welche sie jeweils mit 940,00 Euro (dem jeweiligen Reisepreis) beziffere, wobei sie mit diesen Ansprüchen jeweils aufrechne und hinsichtlich des Anspruches ihrer Tochter aus abgetretenem Recht vorgehe. Die Klägerin bestreitet die genannten Mängel mit Nichtwissen und vertritt die Ansicht, etwaige Ansprüche der Beklagten seien ohnehin ausgeschlossen, weil die Beklagte weder vor Ort um Abhilfe gebeten noch die Mängel binnen eines Monats nach Reiserückkehr gerügt habe. Das von der Beklagten vorgelegte Schreiben vom 21.01.20##, in welchem die Mängel beschrieben werden, habe sie nicht erhalten. Wegen des weiteren Sachverhaltes wird gemäß § 540 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils ergänzend Bezug genommen.
14. Das Amtsgericht hat die Beklagte durch Versäumnisurteil vom 15.01.2009 zur Zahlung von 1.895,00 Euro zuzüglich der Zahlung von Inkassokosten und Zinsen verurteilt. Nach Teilrücknahme der Klage in Höhe von 15,00 Euro hat das Amtsgericht das Versäumnisurteil in Höhe von 1.880,00 Euro sowie hinsichtlich der ausgeurteilten Inkassokosten in Höhe von 105,00 Euro bzw. 219,50 Euro aufrecht erhalten. Die Beklagte habe nicht hinreichend dargelegt, dass und inwieweit sie welche Mängel im Sinne von § 651c Abs.2 BGB angezeigt und von der Klägerin Abhilfe verlangt habe. Es sei nicht hinreichend dargelegt, inwieweit sie ein solches Abhilfeverlangen gegenüber der Hotelleitung tatsächlich erhoben habe. Zudem seien Ansprüche ausgeschlossen, weil die Beklagte ihre Ansprüche auch nicht innerhalb der Frist des § 651g BGB geltend gemacht habe. Der Zugang des Schreibens vom 21.01.20## sei bestritten. Auch sei das Unterlassen der Geltendmachung nicht entschuldigt. Dem stehe nicht entgegen, dass eine widerlegliche Vermutung dafür spreche, dass das Fristversäumnis der Beklagten entschuldigt sei, da die Hinweise der Reisbestätigung vom 28.12.20## nicht den Anforderungen des § 6 Abs.4 Satz 1 BGB Informationsverordnung entsprächen. Denn eine der letztgenannten Vorschrift genügende Verweisung des Reisveranstalters auf Prospektangaben über die Ausschlussfrist des § 651g Abs. 1 BGB müsse zumindest einen Hinweis auf die Existenz von Ausschlussfristen enthalten. Diese Vermutung greife im konkreten Fall jedoch nicht durch, weil die Entschuldigung der Fristsäumnis widerlegt sei. Das Schreiben der Beklagten vom 21.01.20## zeige nämlich, dass die Beklagte im Reisevertragsrecht kundig sei. Dies folge bereits daraus, dass sie neben Schadensersatz in Höhe des Reisepreises auch Schadensersatz für „vertanen Erholungsurlaub“ geltend mache. Auch habe sie die Ansprüche nicht unmittelbar nach Rückkehr geltend gemacht, als der zu zahlende Betrag bereits abgebucht gewesen sei, sondern erst zu einem Zeitpunkt, bei dem nach normaler Postlaufzeit mit der Einhaltung der Frist des § 651g BGB noch zu rechnen gewesen sei.
15. Hiergegen wendet sich die Beklagte. Ein Verstoß gegen § 651d Abs.2 BGB sei bereits deshalb nicht gegeben, weil eine Mängelanzeige entbehrlich gewesen sei. Denn die Bauarbeiten hätten der Klägerin nicht verborgen bleiben können, so dass es sich um einen offenkundigen Mangel handele. Zudem habe die Klägerin auch nicht dargelegt, dass vor Ort eine Person zur Entgegennahme von Mängelrügen anwesend gewesen wäre und dass und wie sie in der Lage gewesen wäre, bei rechtzeitiger Mängelanzeige für Abhilfe zu sorgen. Auch sei eine örtliche Reiseleitung nicht eingerichtet gewesen. Zudem seien Ansprüche auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie ihre Ansprüche nicht innerhalb der Frist des § 651g BGB geltend gemacht habe. Eine widerlegliche Vermutung spreche dafür, dass das dahingehende Fristversäumnis entschuldigt sei, da die Hinweise der Reisbestätigung vom 28.12.20## nicht den Anforderungen des § 6 Abs.4 Satz 1 BGB Informationsverordnung entsprächen. Insbesondere könne aus der Verwendung des Begriffs „vertaner Erholungsurlaub“ nicht auf eine Kenntnis vom Reisevertragsrecht geschlossen werden.
16. Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung des Reisepreises in Höhe von 1.880,00 Euro aus § 651a Abs.1 Satz 2 BGB. Die Beklagte hat den Reisepreis zu Recht gem. §§ 651d Abs.1, 651c Abs.1 BGB gemindert. Zudem hat sie auch einen Anspruch aus § 651f Abs.2 BGB (i.V.m. § 398 Satz 2 BGB) auf eine angemessene Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit mit der Folge, dass die Klägerin aufgrund der insoweit gegenüber der Klageforderung erklärten Aufrechnung keine Ansprüche gegen die Beklagte hat.
17. Der Beklagten steht gegen die Klägerin wegen des Reisepreises ein Minderungsrecht gemäß § 651d Abs.1 BGB in Höhe von 1.128,00 Euro zu. Das entspricht 60 Prozent des geschuldeten Reisepreises, da die Reise mit erheblichen Mängeln behaftet war und ein entsprechendes Minderungsrecht nicht ausgeschlossen ist.
18. Die Reiseleistung der Klägerin war mit den von der Beklagten behaupteten Mängeln behaftet. Den dahingehenden Nachweis hat die Beklagte durch die Aussage der Zeugin Dr. O führen können. Es ist in diesem Zusammenhang bereits bezeichnend, dass die Beklagte zahlreiche und auch erhebliche Mängel der Reiseleistung der Klägerin substantiiert darlegt hat, die Klägerin diese jedoch lediglich pauschal mit Nichtwissen bestritten und noch nicht einmal zu dem Umstand vorgetragen hat, dass nach Angaben der Beklagten in dem von der Klägerin vermittelten Hotel massive Bauarbeiten stattgefunden hatten. Die Zeugin ist zwar die Tochter und Mitreisende der Beklagten. Ihre Angaben halten jedoch auch einer insoweit möglicherweise veranlassten kritischen Würdigung in jeder Hinsicht stand. Sie bestätigte nämlich nicht einfach nur die von der Beklagten beschrieben Mängel, sondern zeigte in ihrer sehr detailreichen Schilderung deutliche Anzeichen von Eigenerleben. So schilderte sie etwa, dass morgens im Hotelzimmer vor der zugigen Balkontür eine Schneewehe lag, zu welcher das Kleinkind begeistert krabbelte. Anschaulich beschrieb sie auch die baulichen Einschränkungen der Hotelanlage sowie die näheren Umstände der Speiseausgabe und auch die Verärgerung der Hotelgäste. Sie gab aber auch offen an, wenn sie an bestimmte von der Beklagten behauptete Details – etwa die genaue Dauer der Speisefolge beim Silvesterdinner – keine Erinnerung mehr hatte.
19. Vor dem Hintergrund der von der Beklagten geltend gemachten Mängel bemisst die Kammer den Minderungsanspruch mit 1.128,00 Euro. Das entspricht 60 Prozent des geschuldeten Reisepreises. Dass das Personal qualitativ nicht gut ausgebildet war, dass Tischtücher nicht ausgetauscht waren und dass Servietten fehlten, ist unangenehm, aber als Unannehmlichkeit hinzunehmen und berechtigt daher nicht einer Minderung. Gleiches gilt für das Fehlen eines Aufzuges (vgl. dazu etwa AG Hannover Urt. v. 10.10.1991 – 503 C 1930/91 – : keine Minderung, soweit nicht zugesagt). Anders ist dies dagegen mit der fehlenden Beheizbarkeit des Zimmers zur Winterzeit und seiner Zugigkeit, die dazu geführt hatten, dass sogar Schnee in das Zimmer geweht war (vgl. dazu etwa AG Frankfurt Urt. v. 28.10.1999 – 31 C 1061/99 – NJW-RR 2000, 787: Unterbringung in Dreibettzimmer statt Zweibettzimmer mit verstopften Duschablauf = 40 Prozent sowie Führich, Reiserecht, 2. Auflage 1995, Rdnr. 279: Minderung bis zu 50 Prozent bei fehlender Heizung). Auch muss die fehlende Nutzbarkeit von Gemeinschaftseinrichtungen wie Aufenthaltsraum, Schwimmbad und Bibliothek bei einem Hotel der angepriesenen Kategorie („4 Sterne“) nicht hingenommen werden (vgl. dazu etwa OLG Frankfurt/Main Urt. v. 29.07.1988 – 16 U 187/87 – NJW-RR 1988, 632f.: Minderung von bis zu 50 Prozent, da u.a. die Gemeinschaftseinrichtungen ständig von betrunkenen Soldaten, Prostituierten und Zuhältern belagert waren). Gleiches gilt für die Umstände bei der Essensausgabe, die zu langen Wartezeiten führten und den Erholungswert so auch erheblich beeinträchtigten, soweit dies über eine bloße Unannehmlichkeit hinausgeht (AG Düsseldorf Urt. v. 30.11.1996 – 44 C 868/96 – : keine Minderung, soweit Erscheinung des Massentourismus, jedoch AG Frankfurt/Main Urt. v. 05.11.1985 – 30 C 10511/79 -: Minderung um 5% bei Wartezeiten von mehr als zwei Stunden beim Abendessen in einem Luxushotel). Die Silvesterfeier ist ebenfalls als mangelhaft zu bewerten. Da sie zentraler Bestandteil der Reise war, ist auch insoweit eine nicht unerhebliche Minderung gerechtfertigt sein. In Gesamtschau der genannten Mängel hält die Kammer daher eine Minderung von 60 Prozent für angemessen aber auch ausreichend. Es ist nämlich zu beachten, dass die dem Reisenden wegen feststellbarer Mängel zustehende Minderung des Reisepreises nicht durch eine Addition der für die einzelnen Mängelpunkte zustehenden Minderungsquoten, sondern durch eine Gesamtwürdigung zu ermitteln ist (vgl. etwa OLG Celle Urt. v. 17.06.2004 – 11 U 1/04 – NJW 2004, 160ff. m.w.N.).
20. Demgegenüber kann die Klägerin sich auch nicht auf einen Ausschluss des Minderungsrechts nach § 651d Abs.2 BGB berufen.
21. Es ist bereits fraglich, ob die Klägerin wirksam auf die Anzeigeobliegenheit nach § 6 Abs. 2 Nr. 7 BGB InfoV hingewiesen hat. Die Bezugnahme auf die von der Klägerin verwandten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die grundsätzlich gem. § 6 Abs. 4 BGB InfoV möglich ist, dürfte in der hier vorliegenden allgemeinen Form hinsichtlich der Anzeigeobliegenheit des § 651d Abs.2 BGB nicht genügen (vgl. dazu BGH Urt. v. 12.06.2007 – X ZR 87/06 – NJW 2007, 2549). Denn eine wirksame Warnung vor der Ausschlusswirkung einer Verletzung der nach § 651d Abs.2 BGB maßgeblichen Anzeigenobliegenheit findet nicht statt, wenn die Ausschlussfrist als eine unter vielen Klauseln in den meist umfangreichen und klein gedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgedruckt ist (vgl. dazu BGH Urt. v. 12.06.2007 – X ZR 87/06 – NJW 2007, 2549 zu der vergleichbaren Interessenlage der nach § 651g BGB maßgeblichen Ausschlussfrist).
22. Im Ergebnis darf diese Frage jedoch offen bleiben, weil die Klägerin sich bereits aus anderen Gründen nicht auf einen Ausschluss des Minderungsrechts nach § 651d Abs.2 BGB berufen kann. Hinsichtlich der Mängel im Zusammenhang mit der Silvestergala war eine Anzeige bereits ohnehin nicht erforderlich, weil eine Abhilfe nicht möglich war. Die Silvesterfeier ist nicht wiederholbar. Hinsichtlich der übrigen Mängel hat die Klägerin noch nicht einmal dargelegt, wie die Beklagte überhaupt eine Mängelrüge hätte anbringen können, obwohl der Reiseveranstalter die dahingehende Darlegungs- und Beweislast trägt (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 63. Auflage, § 651d Rdnr. 7). Dem steht auch nicht entgegen, dass die von der Beklagten behauptete Anzeige gegenüber der Hotelrezeption im Grundsatz nicht der dahingehenden Obliegenheit eines Reisenden genügt (vgl. dazu Palandt-Sprau, BGB, 63. Auflage, § 651d Rdnr. 4; OLG Frankfurt am Main NJW-RR 1995, 1492). Zwischen den Parteien ist nämlich unstreitig, dass eine Reiseleitung nicht vorhanden war. Auch äußert die Klägerin sich nicht dazu, ob sie insoweit eine Rüge bei der Rezeptionistin für ausreichend gehalten hätte. Im Übrigen fehlt es auch an jedem Vortrag der Klägerin dahin, dass ihr bei rechtzeitiger Mängelanzeige eine Mängelbeseitigung möglich gewesen wäre (vgl. dazu etwa auch Palandt-Sprau, BGB, 63. Auflage, § 651d Rdnr. 4 und 7 m.w.N.), zumal der Klägerin die Bauarbeiten bekannt sein mussten; evidente Mängel dürfen der Reiseleitung im Grundsatz bei ordnungsgemäßer Pflichterfüllung nämlich nicht unbekannt bleiben, so dass auch in diesem Fall eine Mängelrüge entbehrlich ist (AG Frankfurt Urt. v. 28.10.1999 – 31 C 1061/99 – NJW-RR 2000, 787).
23. Der nach Vorgenanntem gegen die Beklagte noch bestehende Restanspruch der Klägerin auf Zahlung des Reisepreises in Höhe von 752,00 Euro aus § 651a Abs.1 Satz 2 BGB ist in dieser Höhe durch Aufrechnung erloschen (§ 389 BGB), so dass die Klägerin keine weiteren Ansprüche hat. Die Beklagte hat nämlich wirksam die Aufrechnung erklärt (§ 388 BGB) mit einem gegen die Klägerin gerichteten Anspruch auf eine angemessene Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit aus § 651f Abs.2 BGB (i.V.m. § 398 Satz 2 BGB).
24. Die Beklagte hat gegen die Klägerin einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit aus § 651f Abs.2 BGB (i.V.m. § 398 Satz 2 BGB) für beide Personen jedenfalls in einer Gesamthöhe von 752,00 Euro. Nach Vorgenanntem war die Reise der Beklagten nämlich erheblich beeinträchtigt, da die Beklagte zu einer Minderung von mehr als 50 Prozent berechtigt ist (vgl. dazu Palandt-Sprau, BGB, 63. Auflage, § 651f Rdnr. 6 m.w.N). Für die Höhe des hieraus resultierenden Anspruches darf nach neuerer Rechtsprechung das Arbeitseinkommen nicht zum Maßstab genommen werden, wohl aber der Reisepreis (BGH Urt. v. 11.01.2005 – X ZR 118/03 – BGHZ 161, 389; OLG Düsseldorf Urt. v. 31.01.2007 – 18 U 110/06 – NJW-RR 2007, 854; AG Hannover Urt. v. 08.05.2008 – 514 C 17158/07 – RRa 2008, 229; a.A. noch BGH Urt. v. 10.10.1974 – VII ZR 231/73 – BGHZ 63, 98, 101f.). Diese Ansicht wird auch in der Literatur geteilt (vgl. etwa MüKo-Tonner, BGB, 5. Auflage, § 651f Rdnr. 63; Prütting/Wegen/ Weinreich-Deppenkemper, BGB, 4. Auflage, § 651f Rdnr. 12; Führich, Reiserecht, 2. Auflage, Rdnr. 353 jeweils m.w.N.). Da die Reise an allen Tagen erheblich beeinträchtigt war, ist für beide Personen einen Entschädigungsanspruch jedenfalls in Höhe von insgesamt 752,00 Euro angemessen. Dies entspricht 40 Prozent des Gesamtreisepreises.
25. Die Klägerin kann sich demgegenüber auch nicht auf die Ausschlussfrist des § 651g BGB berufen. Eine widerlegliche Vermutung spricht dafür, dass das Fristversäumnis der Beklagten entschuldigt ist, da die Hinweise der Reisbestätigung vom 28.12.20## nicht den Anforderungen des § 6 Abs.4 Satz 1 BGB Informationsverordnung entsprechen. Die Bezugnahme auf die von der Klägerin verwandten Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist zwar grundsätzlich gem. § 6 Abs. 4 BGB InfoV möglich, genügt aber in der hier vorliegenden allgemeinen Form nicht (vgl. dazu BGH Urt. v. 12.06.2007 – X ZR 87/06 – NJW 2007, 2549). Denn eine wirksame Warnung vor der Ausschlusswirkung der nach § 651g BGB maßgeblichen Anzeigefrist findet nicht statt, wenn die Ausschlussfrist als eine unter vielen Klauseln in den meist umfangreichen und klein gedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgedruckt ist (vgl. dazu BGH Urt. v. 12.06.2007 – X ZR 87/06 – NJW 2007, 2549). Den Schluss des Amtsgerichts, die Vermutung der entschuldigten Fristversäumnis sei gleichwohl widerlegt, weil das Schreiben der Beklagten vom 21.01.20## zeige, dass sie im Reisevertragsrecht kundig sei, vermag die Kammer dagegen nicht zu teilen. Allein die substantiierte Geltendmachung von Reisemängeln und die hierauf gestützte Weigerung der Reisepreiszahlung lässt nicht den Schluss zu, dass der Beklagten als Nichtjuristin die Ausschlusswirkung des § 651g BGB bekannt sein musste. Nur weil die Beklagte den Begriff der „vertanen Urlaubszeit“ kennt, muss sie keine Ausschlussfristen kennen. Das gilt schon vor dem Hintergrund, dass das Gesetz überhaupt nicht von „vertanem Urlaub“, sondern von „nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit“ spricht (§ 651f Abs. 2 BGB). Aus dem Absendedatum des Schreibens vom 21.01. lässt sich insoweit auch nichts schließen.
26. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs.1, 344 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
27. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO).
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