Rückerstattung von auf Reisewertkonto geleisteten Einzahlungen
AG Düsseldorf: Rückerstattung von auf Reisewertkonto geleisteten Einzahlungen
Die Kundin eines Reiseveranstalter schloss mit diesem einen Vertrag über ein Reisewertkonto ab. Dieses sah monatliche Einzahlungen der Kundin vor. Im Gegenzug konnte die Kundin Service-Angebote des Reiseveranstalter nutzen. Außerdem sollte beim Buchen einer Reise über den Reiseveranstalter der eingezahlte Betrag verrechnet werden.
Die Kundin kündigte den Vertrag und ihr Reisewertkonto nach einiger Zeit, erhielt aber entgegen ihrer Erwartung nicht den Rest ihres eingezahlten Betrages in das Reisewertkonto wieder.
Daher verklagte die Kundin den Reiseveranstalter vor dem Amtsgericht (kurz: AG) Düsseldorf. Das AG Düsseldorf wies die Klage ab.
AG Düsseldorf | 39 C 17121/06 (Aktenzeichen) |
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AG Düsseldorf: | AG Düsseldorf, Urt. vom 15.03.2007 |
Rechtsweg: | AG Düsseldorf, Urt. v. 15.03.2007, Az: 39 C 17121/06 |
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Leitsätze:
2. Bei der ordentlichen Kündigung des strittigen Reisewertkontos, hat der Kunde keinen Anspruch auf Auszahlung des noch auf dem Reisewertkonto übrigen Betrages.
Bei einer außerordentlichen Kündigung ist die AGB des Reiseveranstalters als unangemessene Benachteiligung des Kunden anzusehen und somit ungültig.
Zusammenfassung:
3.Die Klägerin schloss mit der Beklagten einen Vertrag über ein Reisewertkonto ab. Dafür sollte die Klägerin monatlich einen Betrag von 89 € zahlen im Gegenzug wurden ihr 100 € auf dem Reisewertkonto gutgeschrieben. Beim Buchen einer Reise über die Beklagte sollte dann der Betrag auf dem Reisewertkonto verrechnet werden. Zusätzlich konnte die Klägerin auch Service-Angebote der Beklagten nutzen.
In den AGB der Beklagten stand unter Ziffer 2, dass im Falle einer Kündigung des Vertrages der ungenutzte Betrag des Reisewertkontos verfiel und der Leistungsnehmer keinen Anspruch auf diesen hatte. Am 06.07.2006 kündigte die Klägerin den Vertrag zum 01.08.2006. Sie leistete während der Vertragslaufzeit Einzahlungen in Höhe von 1165 € und nahm Leistungen im Wert von 211 € bei der Beklagten in Anspruch.
Die Klägerin forderte eine Rückzahlung der geleisteten Einzahlungen, da die AGB der Beklagten nur eine Verrechnung vorgesehen waren diese ihrer Ansicht nach als unwirksam zu erachten. Deshalb verklagte die Klägerin die Beklagte vor dem AG Düsseldorf auf das Zahlen von 954 €.
Das AG Düsseldorf urteilte, dass es sich beim abgeschlossenen Vertrag nicht um einen Darlehens- oder Sparvertrag handelte. Die Einzahlung war als Gebühr für die nutzbaren Leistungen der Beklagten zu betrachten. Es wurde an keiner Stelle der Eindruck erweckt eine Auszahlung der Beiträge würde stattfinden. Wenn Reiseleistungen über die Beklagte gebucht worden wären, wie im störungsfreien Fall des Vertrages vorgesehen, so ergab sich auch kein Missverhältnis zwischen den Beiträgen und erhaltenen Leistungen. Im Falle der außerordentlichen Kündigung wäre die Klausel in den AGB jedoch als unrechtmäßige Benachteiligung des Kunden anzusehen geweesn und somit ungültig. Die Klägerin konnte jedoch nicht belegen, dass ihre Kündigung außerordentlich gewesen wäre. Der Klägerin erhielt nur den von der Beklagten anerkannten Betrag in Höhe von 8 €. Im übrigen wurde die Klage abgewiesen.
Tenor
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.08.2006 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des für den Gegner insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
5. Aufgrund telefonischer Kontaktaufnahme durch eine Mitarbeiterin der Beklagten schlossen die Parteien im April 2005 einen Vertrag, durch den sich die Klägerin verpflichtete, ein monatliches „Serviceentgelt“ in Höhe von 89,- EUR an die Beklagte zu zahlen. Dieses wurde auf einem sog. „Reisewertkonto“ mit einem Wert von 100,- EUR gutgeschrieben und konnte bei einer durch Vermittlung der Beklagten vorgenommenen Reisebuchung der Klägerin verrechnet werden. Die Klägerin erhielt darüber hinaus die Möglichkeit, die Serviceangebote der Beklagten zu nutzen. Die der Klägerin bei Vertragsschluss übermittelten AGB der Beklagten enthielten unter Ziff. 2 folgende Regelung: „Führt der Vertrag, gleichgültig aus welchen Gründen, nicht zum Abschluss einer Reisebuchung, so entfällt jeder Anspruch der Leistungsnehmer auf die Gebühr.“ Wegen des weiteren Inhalts der AGB wird auf die als Anlage zur Klagerwiderung überreichte Kopie (Bl. 46 GA) verwiesen. Die Klägerin kündigte den Vertrag mit E-Mail vom 06.07.2006 zum 01.08.2006. Die von ihr während der Vertragslaufzeit vorgenommenen Einzahlungen beliefen sich auf insgesamt 1.165,- EUR. In Höhe von 211,- EUR wurden die Einzahlungen mit von der Klägerin in Anspruch genommenen Reiseleistungen verrechnet.
6. Die Klägerin ist der Auffassung, nach Kündigung des Vertrages könne sie Rückzahlung der geleisteten Einzahlungen verlangen. Soweit die AGB der Beklagten nur eine Verrechnung vorsähen, seien diese unwirksam.
8. die Beklagte zu verurteilen, an sie 954,- EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 08.04.2005 zu zahlen.
9. Die Beklagte hat den Klageanspruch in der mündlichen Verhandlung in Höhe von 8,- EUR anerkannt.
Entscheidungsgründe
I.
12. Die Klage ist zulässig, jedoch nur in Höhe des von der Beklagten anerkannten Betrages von 8,- EUR begründet. Wegen des weitergehenden Betrages besteht ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin nicht.
1.
17. Ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin folgt zunächst nicht aus § 488 BGB. Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag handelt es sich nicht um einen „Sparvertrag“ im Sinne eines unregelmäßigen Verwahrungsvertrages (§ 700 BGB) oder eines echten Darlehensvertrages im Sinne von § 488 BGB mit der Folge einer Pflicht der Beklagten zur Rückzahlung der geleisteten Einlage nach Kündigung. Vielmehr ergibt sich sowohl aus dem Inhalt der unstreitig einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten als auch aus den vorgelegten Werbemitteln der Beklagten eindeutig, dass die geleisteten Zahlungen einerseits – wenn auch im Hinblick auf den Umfang der zur Verfügung stehenden Dienstleistungen nur zu einem geringen Anteil – als Gegenleistung für die Serviceleistungen der Beklagten zu entrichten sind und im übrigen lediglich für eine Reisebuchung über die Beklagte angespart werden. Die Beklagte erweckt hingegen an keiner Stelle den Eindruck, dass eine Barauszahlung der geleisteten Beiträge möglich sei.
2.
18. Ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin folgt auch nicht aus § 812 BGB. Die von der Klägerin monatlich geleisteten Zahlungen in Höhe von 89,- EUR erfolgten aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages und daher mit Rechtsgrund. Der Vertrag ist zunächst nicht als wucherähnliches Rechtsgeschäft gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Zwar wäre von einem groben Missverhältnis auszugehen, wenn man den monatlichen Beiträgen der Klägerin lediglich die zur Verfügung stehenden Serviceleistungen der Beklagten, die sich im Wesentlichen auf den Zugang zu den telefonischen und im Internet bereitgestellten Vermittlungsangeboten der Beklagten einschließlich Beratungsleistungen sowie die Auslandsreisekrankenversicherung beschränkten, gegenüberstellte. Maßgeblicher Inhalt des Vertrages war darüber hinaus aber die Verrechnung der eingezahlten Beträge mit dem zu zahlenden Reisepreis bei einer durch Vermittlung der Beklagten zustande gekommenen Reisebuchung, so dass sich ein grobes Missverhältnis bei störungsfreier Durchführung des Vertrages nicht ergibt.
19. Auch die von der Klägerin erklärte Kündigung des Vertrages führt nur zur Beendigung des Vertrages, berührt die Wirksamkeit des Vertrages bis zu diesem Zeitpunkt und damit den Rechtsgrund für die in der Vergangenheit geleisteten Beiträge aber nicht. Zwar dürfte die Nichtgewährung eines Rückzahlungsanspruchs unabhängig von der Ursache der vorzeitigen Vertragsbeendigung und damit insbesondere die in § 2 Abs. 2 Satz 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Klausel, nach der Ansprüche auf die Gebühr ausgeschlossen sind, wenn der Vertrag, gleichgültig aus welchen Gründen, nicht zu einer Reisebuchung führt, gemäß § 307 BGB unwirksam sein. Denn für den Fall der Kündigung des Kunden aus wichtigem Grund dürfte in dem Nichtbestehen jeglicher Ansprüche auf Rückzahlung der geleisteten Zahlungen und dem gleichzeitigen Verlust der Möglichkeit, das bestehende „Reisewertkonto“ mit Buchungen zu verrechnen, eine unangemessene Benachteiligung des Kunden im Sinne von § 307 BGB zu sehen sein, da das außerordentliche Kündigungsrecht hierdurch aufgrund der aus der Kündigung folgenden wirtschaftlichen Nachteile unangemessen eingeschränkt wird. Die Klägerin hat indes nicht dargelegt, zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt gewesen zu sein. Dabei kann dahinstehen, ob die von der Klägerin dargelegten Probleme und Auseinandersetzungen überhaupt einen ausreichenden Grund zur Kündigung aus wichtigem Grund bieten. Denn es fehlt jedenfalls an der Darlegung einer vor der Kündigung erfolgten Abmahnung, die gemäß § 314 Abs. 2 BGB vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung erforderlich war.
20. Hinsichtlich der von der Klägerin erklärten ordentlichen Kündigung folgt der Ausschluss eines Rückzahlungsanspruchs hingegen nicht erst aus § 2 Abs. 2 Satz 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Dieser Regelung kommt im Hinblick auf den vereinbarten Vertragsinhalt nur klarstellende Funktion zu, da der Vertrag eben keine Rückzahlung, sondern nur eine Verrechnung im Fall der Reisebuchung vorsieht. Im Gegensatz zur Vertragsbeendigung durch außerordentliche Kündigung des Kunden erscheint es im Fall der ordentlichen Kündigung auch nicht erforderlich, einen Rückzahlungsanspruch des Kunden zur Vermeidung einer unbilligen Benachteiligung vorzusehen. Denn das „Ob“ und das „Wann“ einer ordentlichen Kündigung liegen allein im Belieben des Kunden. Von einer „Erpressbarkeit“ kann insoweit keine Rede sein, weil dem Kunden bei ausreichend bedeutenden Vertragsverstößen das Mittel der außerordentlichen Kündigung zur Verfügung steht. Es bedarf im übrigen vorliegend auch keiner Entscheidung darüber, ob dem Kunden im Falle der ordentlichen Kündigung zumindest die Möglichkeit eingeräumt werden muss, sein Guthaben auch nach Vertragsbeendigung noch mit einer Reisebuchung zu verrechnen, da derartiges von der Klägerin nicht begehrt wird.
3.
21. Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 280, 286, 288 BGB, jedoch erst ab dem 04.08.2006 begründet, da ein früherer Verzugseintritt nicht dargelegt ist.
II.
22. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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