Haftungsbefreiung wegen Eigenart des vom Fluggast aufgegebenen Reisekoffers

AG Frankfurt: Haftungsbefreiung wegen Eigenart des vom Fluggast aufgegebenen Reisekoffers

Ein Reisender buchte bei einer Fluggesellschaft einen Flug. Im Gepäck des Reisenden befanden sich verderbliche Lebensmittel, sowie Flaschen mit Wein. Beim Flug selbst traten keine Schwierigkeiten auf. Der Reisende musste am Zielort jedoch feststellen, dass er sein Gepäck nicht erhalten konnte, da es vernichtet wurde.

Der Reisende verklagte daher die Fluggesellschaft auf Schadensersatz vor dem Amtsgericht (kurz: AG) Frankfurt. Das Amtsgericht Frankfurt wies die Klage ab.

AG Frankfurt 30 C 1914/12 (32) (Aktenzeichen)
AG Frankfurt: AG Frankfurt, Urt. vom 15.01.2013
Rechtsweg: AG Frankfurt, Urt. v. 15.01.2013, Az: 30 C 1914/12 (32)
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Amtsgericht Frankfurt

1. Urteil vom 15. Januar 2013

Aktenzeichen 30 C 1914/12 (32)

Leitsätze:

2. Befindet sich ein Gepäckstück in einem unhygienischen Zustand und kam demnach nicht befördert werden, so muss es vernichtet werden.

Für den Zustand des Gepäcks ist der Eigentümer verantwortlich. Folglich ist die Vernichtung des Gepäckstücks auf sein Verschulden zurückzuführen und es bestehen keine Ansprüche gegenüber der Fluggesellschaft.

Zusammenfassung:

3.Der Kläger flog mit einem Flug der Beklagten von … nach … , in … stieg der Kläger in ein anderes Flugzeug der Beklagten und flog weiter nach … . Die von der Beklagten bedienten Flüge waren pünktlich. Im Gepäck des Klägers befanden sich vier Flaschen Wein, ein Beutel Oliven im Wert von 12 € und mehrere Salamis im Gesamtwert von 65 €, sowie Bekleidung, Digitalkamera, Handy, Parfüm und ähnliche Gegenstände.

Irgendwann während der Reise zerbrachen die Weinflaschen und aus dem Koffer lief daraufhin Flüssigkeit aus. Der Koffer begann außerdem zu stinken und wurde von der Flughafenbehörde aus hygienischen Gründen vernichtet.

Dem Kläger entstand dadurch ein Schaden in Höhe von 1260 €, daher verklagte er die Beklagte auf Schadensersatz vor dem AG Frankfurt.

Das AG Frankfurt urteilte, dass der Reisende für den unhygienischen Zustand des Gepäcks selbst verantwortlich war. Er hatte zerbrechliche Weinflaschen nicht ordentlich gesichert und diese zerbrachen. Der Schaden war also auf die Eigenarten des vom Klägers aufgegebenen Gepäcks zurückzuführen und die Beklagte somit von der Haftung befreit.

Tenor

4. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des gegen ihn vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

5. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz wegen des Verlustes von Reisegepäck in Anspruch.

6. Der Kläger flog am … mit der Beklagten zunächst von … nach … und anschließend von … nach … . Der vom Kläger aufgegebene Reisekoffer kam nicht in … an. Er wurde in … in einer Räumlichkeit für fehlgeleitete Gepäckstücke aufgefunden und anschließend vernichtet. In dem Koffer befanden sich neben Bekleidung, einer Digitalkamera, Handy, Parfüm und ähnlichen Gegenständen u.a. vier Flaschen Wein, ein Beutel Oliven im Wert von 12,-​- Euro und mehrere Salamis im Gesamtwert von 65,-​- Euro.

7. Der Kläger behauptet, im Koffer hätten sich die in der Auflistung K 2 (vgl. Bl. 5 d.A.) aufgeführten Gegenstände mit den dort angegebenen Werten (insgesamt ca. 1.260,-​- Euro) befunden. Der Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung von Schadensersatz in dieser Höhe. Er ist der Ansicht, die Beklagte habe sich durch die vorsätzliche Vernichtung des Koffers samt Inhalt in voller Höhe schadensersatzpflichtig gemacht.

8. Der Kläger beantragt,

9. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Euro 1.260,-​- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

10. Die Beklagte beantragt,

11. die Klage abzuweisen.

12. Die Beklagte behauptet, der Koffer sei nicht von ihr, sondern von der Flughafenbehörde in … zerstört worden, weil er verdorbene Lebensmittel bzw. ausgelaufene Flüssigkeiten enthalten habe und daher aus hygienischen Gründen nicht mehr habe befördert werden dürfen. Sie beruft sich insoweit auf das Zollprotokoll vom 23.12.2011 (vgl. Bl. 46 d.A.) nebst anliegendem Abfallformular (vgl. Bl. 47 d.A.), auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

13. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den nachgelassenen Schriftsatz des Klägervertreters vom 22.11.2012 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14. Die Klage ist unbegründet.

15. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen des Verlustes seines Koffers zu. Der Kläger hat dadurch, dass er in seinen Koffer neben dem üblichen Reisegepäck auch Weinflaschen, Oliven und Salami befördert hat, selbst die spätere Vernichtung des Gepäcks herbeigeführt. Dem Zollprotokoll vom 23.12.2011 ist zu entnehmen, dass Grund für die Vernichtung des Koffers samt Inhalt der Umstand war, dass das Gepäckstück ganz offensichtlich Flüssigkeit verlor und/oder übelriechender Geruch von ihm ausging, so dass es aus hygienischen Gründen zu vernichten war. Bei dem Zollprotokoll handelt es sich um eine sowohl von einem Zollbeamten als auch vom hierfür zuständigen Mitarbeiter der Beklagten unterzeichnete öffentliche Urkunde, die gemäß § 415 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis für den beurkundeten Vorgang begründet. Es ist damit bewiesen, dass von den Gepäckstücken, die in der dem Protokoll anliegenden Liste aufgeführt sind, ein übler Geruch ausging und/oder sie Flüssigkeit verloren, so dass die Vernichtung aus hygienischen Gründen notwendig war. In der anliegenden Liste ist u.a. das Gepäckstück mit der Kennzeichnung FCOAZ33599 aufgeführt. Wie dem von der Beklagten vorgelegten Verlustprotokoll (vgl. Bl. 43 ff d.A.) hinreichend deutlich zu entnehmen ist, handelt es sich hierbei um den Koffer des Klägers.

16. Da sich in dem Koffer unstreitig zerbrechliche Weinflaschen und verderbliche Lebensmittel befanden, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass dieser Kofferinhalt Ursache für den protokollierten unhygienischen Zustand des Gepäckstücks war. Daher ist der Schaden auf die Eigenart des vom Kläger aufgegebenen Reisegepäcks mit der Folge, dass die Beklagte gemäß Art. 17 Abs. 2 Satz 2 MÜ (Montrealer Übereinkommen) von der Haftung befreit ist.

17. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO abzuweisen.

18. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Süddeutsche Zeitung: Reiserecht kurios – Klagen von Urlaubern
Sächsische Zeitung: Kein Schadensersatz, wenn’s im Koffer stinkt
Welt: Wann die Airline nicht für Koffer-Verlust haftet
Forum Fluggastrechte: Beschädigung des Gepäcks
Passagierrechte.org: Schäden am Gepäck

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