Reisebedingungen eines Fernbusunternehmens

LG Frankfurt: Reisebedingungen eines Fernbusunternehmens

Die Klägerin ist ein Verbraucherschutzverein, die Beklagte ein Beförderungsunternehmen. Die Klägerin klagt auf Unterlassung der Verwendung verschiedener Klauseln in den AGB der Beklagten.

Das Landgericht gab der Klage überwiegend statt. Die Klauseln beschränkten unzulässig die Rechte der Kunden und verlagere Kosten und Risiken unzulässig auf diese.

LG Frankfurt 2-24 O 192/14 (Aktenzeichen)
LG Frankfurt: LG Frankfurt, Urt. vom 13.03.2015
Rechtsweg: LG Frankfurt, Urt. v. 13.03.2015, Az: 2-24 O 192/14
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Landgericht Frankfurt

1. Urteil vom 13. März 2015

Aktenzeichen 2-24 O 192/14

Leitsatz:

2. Ein Beförderungsunternehmen darf bestimmte Klauseln, die Risiken und Kosten auf die Kunden abwälzen, nicht in seinen AGB verwenden.

Zusammenfassung:

3. Die Klägerin ist ein Verbraucherschutzverein, die Beklagte ein Beförderungsunternehmen, das vornehmlich Busreisen anbietet. Die Klägerin klagt auf Unterlassung der Verwendung verschiedener Klauseln in den AGB der Beklagten. Hierbei handelt es sich vorwiegend um Klauseln, die die Beförderungspflichten der Beklagten und die Rechte der Kunden einschränken. Auch Preisnebenabsprachen liegen vor.

Das Landgericht gab der Klage überwiegend statt. Die Klauseln beschränkten unzulässig die Rechte der Kunden und verlagere Kosten und Risiken unzulässig auf diese. Insbesondere dürfe sich die Beklagte nicht die willkürliche Änderung von Abfahrtszeit- und ort vorbehalten, von den Kunden vor der Rückreise eine (kostenpflichtige) Rückversicherung über diese Umstände verlangen und die vertragliche Haftung in der vorliegenden Gestalt beschränken.

Tenor

4. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Personenbeförderungsverträge mit Verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1. April 1977, zu berufen:

(2.3) Es ist möglich, dass wir die planmäßige Abfahrtszeit und Haltestelle nach Ausstellung des Fahrscheins ändern müssen. Deswegen möchten wir Sie darauf hinweisen, sich immer kurz vor der Abfahrt über evt. Änderungen zu informieren.

(3.1) Eine Übertragung des Beförderungsvertrages bedarf der vorherigen Zustimmung der …. Eine ohne Zustimmung der … erfolgte Übertragung macht den Fahrausweis ungültig.

(3.5) In Deutschland erworbene Fahrscheine, bei welchen die Fahrt im Ausland beginnt, müssen am Abfahrtsort rückbestätigt werden.

(3.7) Eine verbindliche Bestätigung des Rückreisetermins bei einer der angegebenen Reservierungsstellen ist vier Tage im Voraus unbedingt erforderlich. Bereits im Fahrschein eingetragene Reisedaten haben nur in Verbindung mit der genannten nochmaligen Rückreservierung Gültigkeit. Dies gilt auch für über ein Computerreservierungssystem ausgestellte Fahrscheine.

(3.8) Die Buchungsstelle kann für die Durchführung (…) einer Rückreservierung eine Service-Pauschale erheben.

(7.1) Der Beförderer haftet im Rahmen des § 23 PBefG für nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführte Sachschäden bis zu einem Betrag von Euro 1.000,00 je Fahrgast.

(7.2 S. 2 lit. c) Bei Fahrten mit einer planmäßigen Dauer von über drei Stunden deren Abfahrts- oder Ankunftsort innerhalb der europäischen Union liegt und bei denen die planmäßige Wegstrecke mindestens 250 km beträgt, haben Fahrgäste bei Annullierung einer Fahrt sowie bei einer Verzögerung der Abfahrt von einem Busbahnhof folgende Ansprüche:

c) Bei Annullierung einer Fahrt sowie bei einer Verzögerung der Abfahrt von mehr als 120 Minuten oder einer Überbuchung haben die Fahrgäste die Auswahl zwischen einer zum frühest möglichen Zeitpunkt Fortsetzung der Fahrt oder Weiterreise mit geänderter Streckenführung zum im Beförderungsvertrag festgelegten Zielort ohne Aufpreis und unter vergleichbaren Bedingungen wie im Beförderungsvertrag angegeben oder der Erstattung des Fahrpreises und gegebenenfalls zum frühest möglichen Zeitpunkt kostenlose Rückfahrt mit dem Bus zum im Beförderungsvertrag festgelegten Abfahrtsort.

(7.5) Im Übrigen ist die vertragliche Haftung unabhängig vom Rechtsgrund auf den dreifachen Beförderungspreis beschränkt, sofern dem Beförderer nicht Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen werden kann…. Unberührt hiervon bleiben die Ansprüche aus unerlaubter Handlung nach §§ 823 ff. BGB bzw. nach dem Haftpflichtgesetz sowie dem Straßenverkehrsgesetz.

(8 S. 2) Fahrgäste können innerhalb von drei Monaten nach der tatsächlichen oder geplanten Durchführung eines Linienverkehrsdienstes beim Beförderer Beschwerden einreichen….

(10.2) Im Falle der Kündigung kann die … für bereits erbrachte Beförderungsleistungen entsprechende Entschädigung verlangen.

(10.3) Die Mehrkosten der vom Beförderer organisierten Rückbeförderung tragen die Parteien je zur Hälfte, darüber hinaus entstehende Kosten sind vom Fahrgast aufzubringen.

(13.3) Jeder Fahrgast ist im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen verpflichtet, bei auftretenden Leistungsstörungen alles ihm Zumutbare zu tun, um einer Behebung der Störungen beizutragen

Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an den Kläger 260,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 3.10.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

5. Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben es gehört, Rechte der Verbraucher wahrzunehmen. Er ist als qualifizierte Einrichtung i. S. v. § 4 UKlaG anerkannt.

6. Die Beklagte bietet Verbrauchern Beförderungsleistungen, insbesondere in Reisebussen an. Sie betreibt einen Telemediendienst, über den Kunden Busreisen buchen können. Den Beförderungsverträgen legt die Beklagte ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen zugrunde. Wegen des Wortlauts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird auf Bl. 25 – 43 d. A. Bezug genommen.

7. Mit Schreiben vom 27.11.2013 forderte der Kläger die Beklagte auf, wegen einzelner Klauseln in den AGB eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben (Bl. 44 – 54 d. A.). Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 20.12.2013 zunächst ab (Bl. 58 – 67 d. A.). In einer Unterlassungserklärung vom 13.5.2014 verpflichtete sich die Beklagte wegen einzelner Klauseln zur Unterlassung (Bl. 108 – 110 d. A.). Diese Unterlassungserklärung nahm der Kläger nur zum Teil an (Bl. 111 d. A.). Wegen der weiteren vorgerichtlichen Korrespondenz zwischen den Parteien wird auf Bl. 78 – 107 d. A. verwiesen.

8. Der Kläger ist der Ansicht, die Klausel in Ziffer 2.3 der AGB verstoße gegen §§ 308 Nr. 4, 309 Nr. 7, 307 Abs. 1 BGB.

9. Die Klausel enthalte ein Recht zur einseitigen Leistungsänderung, ohne dass eine Interessensabwägung vorgenommen werde. Eine solche Änderung der Leistung könne für die Kunden unzumutbar sein.

10. Zudem enthalte die Klausel eine Obliegenheit des Kunden, sich wegen einer Leistungsänderung durch die Beklagte selbst zu informieren. Das beinhalte eine Risikoverlagerung auf die Kunden. Denn sie könnten sich bei einer Leistungsänderung durch die Beklagte nicht mehr auf Unkenntnis berufen. Das benachteilige sie unangemessen. Die Klausel beinhalte nicht nur einen guten Ratschlag.

11. Die Klausel regele auch nicht nur unvorhergesehene Umstände. Es werde auch nicht lediglich eine Bitte geäußert.

12. Die Klausel in Ziffer 3.1 verstoße gegen § 307 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1, § 649 BGB. Die Klausel vereitele das Recht des Kunden, den Vertrag zu kündigen und Ansprüche aus § 649 BGB geltend zu machen. Unter welchen Voraussetzungen die Beklagte die Zustimmung verweigern dürfe, werde nicht geregelt.

13. Die Klausel in Ziffer 3.5 verstoße gegen § 307 Abs. 1 BGB. Die Klausel begründe eine weitergehende Vertragspflicht des Kunden, obwohl ein Beförderungsanspruch bestehe. Änderungen der vertraglichen Leistungspflichten müsse die Beklagte ihren Kunden mitteilen. Sie könne nicht verlangen, dass Kunden sich selbst informieren müssen. Es liege eine Risikoverlagerung zum Nachteil der Verbraucher vor.

14. Die Klausel in Ziffer 3.7 verstoße gegen §§ 307 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1, 305 b BGB. Individualabsprachen hätten Vorrang. Die Klausel beinhalte, dass ein Beförderungsanspruch entfalle, wenn keine Bestätigung des Rückreisetermins erfolge, obwohl die Beförderung vereinbart sei. Ein Beförderungsanspruch würde auch dann entfallen, wenn sich keine Änderung von Zeit und Ort ergeben würde.

15. Die Klausel in Ziffer 3.8 verstoße gegen § 307 Abs. 1 BGB. Die Klausel beinhalte eine Preisnebenabrede. Die Beklagte fordere ein weiteres Entgelt für eine Verpflichtung, die nur in ihrem Interesse bestehe. Hierin liege eine unangemessene Benachteiligung.

16. Die Klausel in 7.1 verstoße gegen § 307 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1, 249 BGB. § 23 PBefG regele nur eine vertragliche Haftungsbegrenzung, stelle aber keine gesetzliche Haftungsbegrenzung dar. Eine Angemessenheitskontrolle sei durchzuführen. Bei der Verletzung von Kardinalpflichten dürfe keine Haftungsbeschränkung erfolgen. Die Klausel differenziere hierzu nicht.

17. Die Klausel in 7.2 verstoße gegen § 307 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 BGB, Art. 19 VO (EU) 181/2011. Eine Beschränkung des Anspruches aus Art. 19 VO auf Fahrten von über 3 Stunden Dauer sehe die VO nicht vor.

18. Die Klausel in 7.5 verstoße gegen §§ 309 Nr. 7 a, 307 BGB. Die Klausel beziehe sich nach dem Wortlaut auch auf die Haftung wegen der Verletzung von Körper und Leben. Insoweit liege ein Verstoß gegen § 309 Nr. 7 a BGB vor. Zudem sei die Beschränkung auf den 3-​fachen Beförderungspreis unangemessen, weil die Schäden, die eintreten könnten, in keinem Verhältnis zum Beförderungspreis stehen würden. Bei geringen Beförderungsentgelten verbliebe nur ein geringer Haftungsbetrag. Die Rechtsprechung zu Reiseverträgen sei nicht vergleichbar, da die Reisepreise i. d. R. höher sind. Die Regelung sei zudem intransparent.

19. Die von der Beklagten abgegebene Unterlassungserklärung reiche nicht aus.

20. Die Klausel in Ziffer 8 verstoße gegen § 307 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 BGB, 195 f BGB. Verjährungsfristen seien regelmäßig länger als die bestimmten 3 Monate. Zwar seien Verfallfristen in AGB nicht per se unzulässig. Die Klausel knüpfe aber nicht an eine Kenntnis des Kunden von dem Schaden an. § 651 g Abs. 1 BGB sei nicht vergleichbar.

21. Die Unterlassungserklärung reiche nicht aus.

22. Die Klausel in Ziffer 10.2 verstoße gegen § 307 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 BGB, Art. 19 VO (EU) 181/2011. Die VO sehe generell im Falle einer Annullierung die Erstattung des Reisepreises vor. Damit weiche die Klausel von der Wertung in Art. 19 VO ab. Die Klausel berücksichtige nicht, dass erbrachte Beförderungsleistungen für den Kunden keinen Wert haben könnten.

23. Die Klausel in Ziffer 10.3 verstoße gegen § 307 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 BGB, Art. 19 VO (EU 181/2011). Die Klausel sei § 651 j Abs. 2 BGB nachgebildet. Art. 19 der VO (EU) 181/2011 sehe aber eine andere Regelung vor.

24. Die Klausel in Ziffer 13.3 verstoße gegen § 307 BGB. Die Klausel sei § 254 BGB nachgebildet. Allerdings betreffe diese Norm Schadensersatz. Die Klausel regele aber Leistungsstörungen. Leistungsstörungen müsse aber die Beklagte beseitigen, ohne dass der Kunde zur Mitwirkung verpflichtet sei.

25. Der Kläger beantragt,

26. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Personenbeförderungsverträge mit Verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1. April 1977, zu berufen:

27. (2.3) Es ist möglich, dass wir die planmäßige Abfahrtszeit und Haltestelle nach Ausstellung des Fahrscheins ändern müssen. Deswegen möchten wir Sie darauf hinweisen, sich immer kurz vor der Abfahrt über evt. Änderungen zu informieren.

28. (3.1) Eine Übertragung des Beförderungsvertrages bedarf der vorherigen Zustimmung der Deutsche Touring GmbH. (Sie wird durch die Aufnahme eines Vermerkes und die Eintragung des Namens des ein tretenden Fahrgastes in das Fahrscheinheft erteilt.) Eine ohne Zustimmung der … erfolgte Übertragung macht den Fahrausweis ungültig.

29. (3.5) In Deutschland erworbene Fahrscheine, bei welchen die Fahrt im Ausland beginnt, müssen am Abfahrtsort rückbestätigt werden.

30. (3.7) Eine verbindliche Bestätigung des Rückreisetermins bei einer der angegebenen Reservierungsstellen ist vier Tage im Voraus unbedingt erforderlich. Bereits im Fahrschein eingetragene Reisedaten haben nur in Verbindung mit der genannten nochmaligen Rückreservierung Gültigkeit. Dies gilt auch für über ein Computerreservierungssystem ausgestellte Fahrscheine.

31. (3.8) Die Buchungsstelle kann für die Durchführung (einer Buchung bzw.) einer Rückreservierung eine Service-Pauschale erheben.

32. (7.1) Der Beförderer haftet im Rahmen des § 23 PBefG für nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführte Sachschäden bis zu einem Betrag von Euro 1.000,00 je Fahrgast.

33. (7.2 lit. c) Bei Fahrten mit einer planmäßigen Dauer von über drei Stunden deren Abfahrts- oder Ankunftsort innerhalb der europäischen Union liegt und bei denen die planmäßige Wegstrecke mindestens 250 km beträgt, haben Fahrgäste bei Annullierung einer Fahrt sowie bei einer Verzögerung der Abfahrt von einem Busbahnhof folgende Ansprüche:

34. c) Bei Annullierung einer Fahrt sowie bei einer Verzögerung der Abfahrt von mehr als 120 Minuten oder einer Überbuchung haben die Fahrgäste die Auswahl zwischen einer zum frühest möglichen Zeitpunkt Fortsetzung der Fahrt oder Weiterreise mit geänderter Streckenführung zum im Beförderungsvertrag festgelegten Zielort ohne Aufpreis und unter vergleichbaren Bedingungen wie im Beförderungsvertrag angegeben oder der Erstattung des Fahrpreises und gegebenenfalls zum frühest möglichen Zeitpunkt kostenlose Rückfahrt mit dem Bus zum im Beförderungsvertrag festgelegten Abfahrtsort.

35. (7.5) Im Übrigen ist die vertragliche Haftung unabhängig vom Rechtsgrund auf den dreifachen Beförderungspreis beschränkt, sofern dem Beförderer nicht Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen werden kann. (Dies gilt nicht für die vom Beförderer verursachten Verluste oder Beschädigungen von Rollstühlen und anderen Mobilitätshilfen oder Hilfsgeräten bei Fahrten deren Abfahrts- oder Ankunftsort innerhalb der europäischen Union liegt und bei denen die planmäßige Wegstrecke mindestens 250 km beträgt. In diesem Fall entspricht die Entschädigung stets dem Wiederbeschaffungswert oder den Reparaturkosten der verloren gegangenen oder beschädigten Ausrüstung.) Unberührt hiervon bleiben die Ansprüche aus unerlaubter Handlung nach §§ 823 ff. BGB bzw. nach dem Haftpflichtgesetz sowie dem Straßenverkehrsgesetz.

36. (8) Fahrgäste können innerhalb von drei Monaten nach der tatsächlichen oder geplanten Durchführung eines Linienverkehrsdienstes beim Beförderer Beschwerden einreichen…. (Die genannten Fristen gelten nicht, wenn es um Fragen im Zusammenhang mit Entschädigung bei Tod oder Körperverletzung sowie bei Verlust oder Beschädigung von Gepäck infolge von Unfällen geht) Nach Ablauf von drei Monaten nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Fahrt können Ansprüche nur noch geltend gemacht werden, wenn der Fahrgast ohne Verschulden an der Einhaltung dieser Frist gehindert war oder Ansprüche wegen nicht offensichtlicher Mängel geltend gemacht werden.

37. (10.2) Im Falle der Kündigung kann die … für bereits erbrachte Beförderungsleistungen entsprechende Entschädigung verlangen.

38. (10.3) (Im Kündigungsfalle ist die … zur Durchführung oder Veranlassung der Rückbeförderung des zurückgetretenen Fahrgastes verpflichtet.) Die Mehrkosten der vom Beförderer organisierten Rückbeförderung tragen die Parteien je zur Hälfte, darüber hinaus entstehende Kosten sind vom Fahrgast aufzubringen.

39. (13.3) Jeder Fahrgast ist im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen verpflichtet, bei auftretenden Leistungsstörungen alles ihm Zumutbare zu tun, um einer Behebung der Störungen beizutragen (und eventuell entstehenden Schaden möglichst gering zu halten oder ganz zu vermeiden.)

40. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 260,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

41. Der Beklagte beantragt,

42. die Klage abzuweisen.

43. Die Beklagte ist der Ansicht, die Klausel in Ziffer 2.3 beziehe sich erkennbar auf Fälle, in denen es kurz vor der Abfahrt aufgrund unvorhergesehener Ereignisse zu Verspätungen komme. Es gehe nicht um Änderungen des Fahrplans. Es gehe um ungewollte Änderungen, nicht um planmäßig herbeigeführte. Zudem werde keine Verpflichtung formuliert, sondern eine Empfehlung.

44. Die Klausel in Ziffer 3.1 verstoße nicht gegen § 649 BGB. Aus dem Urteil des BGH vom 1.2.2005 folge die Zulässigkeit des Zustimmungsvorbehalts.

45. Die Rückbestätigung in Ziffer 3.5 und 3.7 diene lediglich dazu, dass die Gefahr ausgeschlossen werde, dass bei fehlender Rückbestätigung eine Rückbeförderung unterbleibe. Die Rückbeförderung werde zum Teil mit lokalen Busunternehmen ausgeführt, deren Buchungssysteme nicht mit dem Buchungssystem der Beklagten vernetzt seien. Die Beklagte reagiere lediglich auf technische Gegebenheiten. Eine Haftungsbefreiung sei nicht gewollt.

46. Die Klausel in Ziffer 3.8 sei gerechtfertigt, weil die Vertragspartner der Beklagten in bestimmten Ländern für jeden Passagier eine Nutzungsgebühr entrichten müssten.

47. Die Klausel in Ziffer 7.1 gebe wörtlich die gesetzliche Vorschrift des § 23 BPefG wieder. Insofern unterliege die Klausel der AGB-Prüfung nicht. Die Klausel stimme zudem mit § 14 BefBedV überein.

48. Das in Ziffer 7.2 enthaltene Kriterium „über 3 Stunden” gelte nicht für den Buchstaben c. in Ziffer 7.

49. Wegen der fehlenden Beschränkung der Haftung für die Verletzung von Körper und Leben in der Klausel 7.5 sei eine Unterlassungserklärung abgegeben worden.

50. Zudem gehe es hier nur um zusätzliche Ansprüche des Kunden. Eine Verschleierung liege nicht vor.

51. Wegen des letzten Satzes der Klausel in Ziffer 8 habe die Beklagte bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben.

52. Die Klausel in Ziffer 10.2 beziehe sich auf erbrachte Leistungen. Hier sei es interessensgerecht, wenn der Beklagten eine Vergütung zustehe. Art. 19 VO regele nur die Annullierung der gesamten Beförderungsleistung, nicht aber den Fall der Teildurchführung.

53. Der in der Klausel in Ziffer 10.3 geregelte Fall sei in Art. 19 VO nicht erfasst. Es sei sachgerecht, im Falle einer höheren Gewalt das Risiko zu verteilen.

54. Die Klausel in Ziffer 13.3 regele lediglich eine Schadensminderungspflicht.

55. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

56. Die Klage ist überwiegend begründet.

57. Der Kläger kann von der Beklagten die Unterlassung der im Tenor genannten AGB-Klauseln verlangen.

58. Der Kläger ist aktivlegitimiert.

59. Er ist eine qualifizierte Einrichtung i. S. d. §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 UKlaG.

60. Die Klausel in Ziffer 2.3 der AGB, wonach es der Beklagten gestattet sein soll, die planmäßige Abfahrtzeit und Haltestelle nach Ausstellung des Fahrscheins ändern zu dürfen, ist unwirksam. Die Klausel widerspricht § 308 Nr. 4 BGB. § 308 Nr. 4 BGB ist auch dann anwendbar, wenn der Änderungsvorbehalt den Zeitpunkt der Leistung betrifft. Die Klausel wurde nicht auf die für den Kunden zumutbare Fälle beschränkt, in denen ein triftiger Grund für die Änderung vorliegt. Die Klausel nennt überhaupt keine Beschränkung des Änderungsrechts. Insbesondere geschieht dies nicht durch die Verwendung des Verbs „müssen”. Eine Änderung der Abfahrtszeit und des Abfahrtortes kann auch erforderlich sein, wenn eine Änderung allein aus ökonomischen Gründen erfolgt. Dass sich die Klausel nur auf solche Fälle beziehen soll, in denen es kurz vor der Abfahrt aufgrund unvorhergesehener Ereignisse zu Verspätungen kommt und es nur um ungewollte Änderungen, nicht um planmäßig herbeigeführte gehe, kommt in der Klausel nicht zum Ausdruck. Nach dem Wortlaut der Klausel kann die Beklagte aus jedem Grund die Abfahrtszeit und den Abfahrtsort verlegen. Das Risiko, dass der Kunde die Abfahrtszeit oder den Abfahrtsort verpasst, wird allein auf den Fahrgast verlagert. Ihm wird aufgebürdet, sich über eine Veränderung zu informieren. Das ist für ihn nicht zumutbar (vgl. zum Änderungsvorbehalt bei Flügen OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 28.2.2013, Az. 16 U 86/12, R. 31, zit. nach juris).

61. Die Klausel in Ziffer 3.1 der AGB ist ebenfalls unwirksam. Sie benachteiligt die Kunden der Beklagten unangemessen i. S. d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (vgl. BGH, BGHZ 143, 104, 113 und ständig zu § 9 Abs. 1 AGBG). Die Anwendung dieses Maßstabs setzt eine Ermittlung und Abwägung der wechselseitigen Interessen voraus (BGHZ 78, 305, 309; 103, 316, 327). Die Unangemessenheit ist nur dann zu verneinen, wenn die Benachteiligung des Vertragspartners durch höherrangige (so BGHZ 114, 238, 242 zu § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG) oder zumindest gleichwertige Interessen des AGB-​Verwenders gerechtfertigt ist (BGH, Urteil vom 01. Februar 2005 – X ZR 10/04 –, Rn. 21, juris).

62. Höherrangige oder gleichwertige Interessen der Beklagten an einem Zustimmungserfordernis bei einer Übertragung des Beförderungsvertrages bestehen nicht. Zwar setzt die Abänderung eines Vertrages grundsätzlich die Zustimmung der Vertragspartner voraus. Ähnlich wie im Falle einer Übertragung eines Reisevertrages gemäß § 651 b BGB bedarf es aber keines Zustimmungserfordernisses, weil die Person des zu Befördernden für das Busunternehmen (wie auch für den Reiseveranstalter, vgl. Palandt/Sprau 74. Aufl. 2015 § 651 b R. 1) keine Bedeutung hat. Bei dem Verkauf von Busfahrten ist es der Beklagten gleichgültig, welche Personen sie befördert. Ein schützenswertes Interesse daran, dass sie verhindern darf, einen anderen Fahrgast zu befördern als den ursprünglichen Fahrgast, besteht insoweit nicht. Dies gilt auch für die Regelung, dass im Falle der Übertragung des Beförderungsvertrages der Fahrausweis ungültig wird. Wenn die Beklagte einer Übertragung des Beförderungsvertrages widersprechen würde und sich der ursprüngliche Fahrgast entschließen würde, doch die Fahrt anzutreten, hätte er keinen gültigen Ausweis mehr.

63. Die Entscheidung des BGH vom 1.2.2005 (Az. X ZR 10/04) steht dieser Auffassung des Gerichts nicht entgegen. Denn in dieser Entscheidung ging es nicht um die Wirksamkeit eines Zustimmungserfordernisses. Diese Klausel wurde in dem vom BGH entschiedenen Fall nicht angegriffen. Der BGH hatte den Ersatz von verlorenen oder gestohlenen Fahrausweisen und die Erstattung zu entscheiden, nicht das Zustimmungserfordernis.

64. Unwirksam ist ferner die Klausel in Ziffer 3.5 der AGB. Auch diese benachteiligt die Kunden der Beklagten unangemessen i. S. d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Verpflichtung, bereits erworbene Fahrscheine rückzubestätigen, bürdet dem Kunden eine Verpflichtung auf, die für ihn unzumutbar ist. Durch den Beförderungsvertrag besteht die Verpflichtung der Beklagten, den Kunden zu befördern. Diese Beförderungsverpflichtung kann nicht davon abhängen, dass der Kunde eine Erklärung abgibt, nach wie vor befördert werden zu wollen. Insbesondere im Zusammenhang mit Ziffer 3.7. der AGB bewirkt bei kundenfeindlicher Auslegung eine unterbliebene Rückbestätigung den Verlust des Beförderungsanspruches. Dafür ist aber kein sachlicher Grund ersichtlich. Technische Gegebenheiten, die allein in der Sphäre der Beklagten und ihrer Erfüllungsgehilfen ihre Ursache haben, berechtigen die Beklagte nicht, dem Reisenden weitere Verpflichtungen aufzuerlegen. Demgemäß hat auch das Landgericht Berlin Rückbestätigungsklauseln bei der Flugbeförderung für unwirksam erachtet (vgl. LG Berlin, Urt. v. 3.11.1994, RRa 95, 111).

65. Aus diesem Grund ist auch die Klausel in Ziffer 3.7 der AGB unwirksam, weil auch diese die Kunden der Beklagten unangemessen benachteiligt. Durch die Rückbestätigungsverpflichtung entledigt sich die Beklagte der eigenen Verpflichtung, den Beförderungsvertrag so zu erfüllen, wie sie ihn ihren Vertragspartnern versprochen hat, nämlich zu einem bestimmten Zeitpunkt und zu einem bestimmten Ort. Einseitige Vertragsänderungen durch die Beklagte, die Zeitpunkte und Orte verändern möchte, werden in das Risiko der Kunden gelegt, sich über solche Änderungen informieren zu müssen, wenn sie ihren Beförderungsanspruch behalten wollen.

66. Die Klausel in Ziffer 3.8 der AGB ist als unzulässige Preisnebenabsprache unwirksam.

67. Zwar beschränkt § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB die Inhaltskontrolle auf solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Darunter fallen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weder bloß deklaratorische Klauseln noch solche, die unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung oder das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung bestimmen. Hat die Regelung hingegen kein Entgelt für eine Leistung zum Gegenstand, die dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbracht wird, sondern wälzt der Verwender durch die Bestimmung allgemeine Betriebskosten, Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten oder für Tätigkeiten, die im eigenen Interesse liegen, auf den Kunden ab, so ist sie kontrollfähig. Solche (Preis-​)Nebenabreden werden durch § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht der AGB-​Kontrolle entzogen (BGH, Urteil vom 13. November 2012 – XI ZR 500/11 –, BGHZ 195, 298-​322, Rn. 13 m. w. N.).

68. Um eine solche kontrollfähige Preisnebenabrede handelt es sich bei der Klausel in Ziffer 3.8 der AGB. Das in dieser Klausel geregelte Entgelt betrifft keine Vergütung für die Beförderungsleistung, sondern die Abwälzung von zusätzlichen Kosten auf die Kunden. Diese Kosten betreffen auch keine zusätzlichen Leistungen, für die die Kunden ein zusätzliches Entgelt zahlen sollen. Die Kosten sind vielmehr bestimmt für die Durchführung einer Rückreservierung. Diese Rückreservierung, die in den vorgenannten Unterpunkten zu Ziffer 3 der AGB genannt werden, dienen dem Interesse der Beklagten, da sie eine Bestätigung begehrt, ob Reisende, die eine Fahrt gebucht haben, diese Fahrt auch antreten wollen. Der Einwand der Beklagten, dass ihre Vertragspartner in bestimmten Ländern für jeden Passagier eine Nutzungsgebühr entrichten müssen, berechtigt sie nicht zur Weiterberechnung an die Kunden. Wenn in bestimmten Ländern eine weitere Nutzungsgebühr erhoben wird, muss die Beklagte eine solche in ihre Preise einkalkulieren.

69. Unwirksam ist auch die Klausel in Ziffer 7.1 der AGB. Sie verstößt gegen das Gebot, dass Bestimmungen in AGB klar und verständlich sein müssen (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB). Diesem Gebot genügt die Klausel bereits deshalb nicht, dass sie in einem offensichtlichen Widerspruch zu der Regelung in Ziffer 7.4 steht. Dort ist eine Regelung enthalten, wonach bei Verlust und Beschädigung von Gepäck die Haftung begrenzt ist auf 1.200 € pro Gepäckstück. Die Regelung in Ziffer 7.1 betrifft generell Sachschäden und umfasst nach ihrem Wortlaut auch Schäden am Gepäck. Insofern enthalten die AGB der Beklagten einen Widerspruch, der durch die Regelungen nicht auflösbar ist. Denn es wird nicht deutlich, welche Regelung vorgreiflich ist. Es ist nicht ausgeschlossen, dass durch die Regelung in Ziffer 7.4 zwar suggeriert wird, dass eine Begrenzung der Haftung auf 1.200 € für jedes Gepäckstück bei Beschädigung oder Verlust besteht, sich die Beklagte gleichwohl auf die generelle Regelung beruft, dass ein Haftungsausschluss für Sachschäden über 1.000 € besteht, der der Regelung in Ziffer 7.4 vorgehe. Ergeben sich aus dem Zusammenspiel von Regelungen in den AGB Widersprüche, ist es Aufgabe des Verwenders, diese zu beseitigen. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass sich Verbraucher von der generellen Regelung in Ziffer 7.1 der AGB leiten lassen und einen über 1.000 € liegenden Schaden nicht geltend machen, obwohl die Regelung in Ziffer 7.4 die Geltendmachung erlaubt hätte.

70. Dass die Beklagte die Regelung in Ziffer 7.1 der Bestimmung in § 23 PBefG nachgebildet hat, erlaubt nicht die Verwendung als AGB. § 23 PBefG regelt nur eine vertragliche Haftungsbegrenzung, stellt aber keine gesetzliche Haftungsbegrenzung dar. Die Überprüfung einer Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach den Bestimmungen der §§ 307 ff BGB ist damit nicht ausgeschlossen.

71. Die Klausel in Ziffer 7.2 S. 2 lit.c der AGB ist unwirksam i. S. d. § 307 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil die Regelung nicht Art. 19 VO (EU) 181/2011 entspricht. Die Verordnung ist auf das Rechtsverhältnis der Beklagten zu ihren Kunden anwendbar, weil die Beklagte Fahrten mit Kraftomnibussen anbietet, die in den Geltungsbereich der Verordnung i. S. d. Art. 2 Abs. 1 VO (EU) 181/2011 fällt. Der Einleitungssatz in Ziffer 7.2 S. 2 der AGB nimmt Formulierungen in Art. 2 Abs. 1 der Verordnung auf. Allerdings beschränkt die Klausel den Anwendungsbereich der Verordnung auf Fahrten mit einer Dauer von über 3 Stunden. Diese Einschränkung sieht die Verordnung für ihren Geltungsbereich nicht vor. Die Beschränkung der Rechte von Reisenden auf Fahrten von über 3 Stunden Dauer findet sich zwar bei einzelnen Regelungen, so bei Art. 21 VO über Hilfeleistungen. In Art. 19 VO findet sich eine solche Einschränkung hingegen nicht. Dem Art. 19 Abs. 1 VO ist aber der Buchstabe c in Ziffer 7.2 S. 2 der AGB nachgebildet. Dort werden die Rechte der Fahrgäste entsprechend Art. 19 Abs. 1 VO beschrieben. Allerdings suggeriert der Einleitungssatz in Ziffer 7.2 S. 2 der AGB, dass diese Rechte nur bei Fahrten mit einer Dauer von über 3 Stunden bestehen. Damit schränkt die Klausel die Rechte der Fahrgäste gemäß Art. 19 Abs. 1 VO ein und benachteiligt sie unangemessen. Fahrgäste werden aufgrund der Formulierung in Ziffer 7.2 der AGB davon abgehalten, ihre Rechte gemäß Art. 19 Abs. 1 VO geltend zu machen, wenn die Fahrdauer 3 Stunden nicht überschreitet. Die Auffassung der Beklagten, dass ihre Klausel in Ziffer 7.2 lit. c diese Einschränkung nicht enthält, trifft nicht zu. Der Einleitungssatz in Ziffer 7.2 S. 2 der AGB gilt für alle nachbenannten Unterpunkte. Dem Doppelpunkt schließt sich eine Aufzählung an, die mit den Buchstaben a., b. und c. gekennzeichnet ist. Indem der Unterpunkt c. nicht als gesonderte Ziffer aufgeführt wird, sondern in der Aufzählung der Unterpunkte, wird deutlich, dass sich der Einleitungssatz in Ziffer 7.2 S. 2 auch auf den Unterpunkt c. bezieht.

72. Die Klausel in Ziffer 7.5 der AGB ist unwirksam, weil sie die vertragliche Haftung „im Übrigen” unabhängig von dem Rechtsgrund auf den 3-fachen Beförderungspreis beschränkt. Diese Haftungsbeschränkung verstößt gegen § 309 Nr. 7 a BGB, da sich die Klausel nach dem Wortlaut auch auf die Haftung wegen der Verletzung von Körper und Leben bezieht.

73. Soweit sich die Beklagte darauf berufen hat, dass sie bereits zugesichert habe, dass die Klausel ergänzt werde, dass die Haftungsbeschränkung nicht für Schäden an Leben, Körper und Gesundheit gelte, wird nicht dargelegt, dass sich die Beklagte in der Unterlassungserklärung strafbewehrt sich auch dazu verpflichtet hat, sich auf die bisherige Regelung nicht zu berufen. Der Nachsatz, wonach die Haftungsbeschränkung unberührt für die Ansprüche aus unerlaubter Handlung, nach dem Haftpflichtgesetz sowie dem Straßenverkehrsgesetz bliebe, reicht nicht aus, da sich bei einer Verletzung von Körper und Leben auch Ansprüche aus dem Beförderungsvertrag ergeben. Diese Haftung würde aber unzulässig eingeschränkt.

74. Auch die Klausel in Ziffer 8 S. 2 der AGB ist unwirksam. Zwar hat die Beklagte sich zur Unterlassung der Klausel in Ziffer 8 S. 6 verpflichtet und hat der Kläger diese Unterlassungserklärung angenommen. Insofern kann der Kläger nicht nochmal die Unterlassung dieses Satzes verlangen. Allerdings stellt auch die Formulierung in Ziffer 8 S. 2 der AGB eine unangemessene Benachteiligung i. S. d. § 307 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 BGB dar. Die Verpflichtung, Ansprüche anzumelden, um diese geltend machen zu können, sieht das Gesetz nur in bestimmten Ausnahmefällen vor (z. B. § 651 g Abs. 1 BGB). Daraus lässt sich aber kein genereller, dem Zivilrecht innewohnender Grundsatz herleiten. Fristen, nach deren Ablauf der Schuldner nicht mehr verpflichtet ist, eine Leistung zu erbringen, bestehen nur im Rahmen von Verjährungsfristen. Deren Lauf liegt aber deutlich über 3 Monaten.

75. Auch wenn aufgrund der Unterlassungserklärung keine Sanktion bei einer nicht rechtzeitigen Anmeldung mehr besteht, kann aber der Satz in Ziffer 8 S. 2 der AGB gleichwohl suggerieren, dass die Einreichefrist für Beschwerden einzuhalten ist, wenn die Beschwerde beachtet werden soll. Durch die Bestimmung einer Frist können Fahrgäste abgehalten werden, eine Beschwerde noch einzureichen, wenn die Frist verstrichen ist. Die Verwendung des Verbs „können” impliziert nicht, dass hierzu keinerlei Verpflichtung besteht. Dieses Verb kann von Verbrauchern nicht als Abgrenzung zu den Verben „sollen” und „müssen” verstanden werden, sondern auch als ausschließliche Möglichkeit für das Einreichen von Beschwerden und das Geltendmachen von Ansprüchen i. S. v. S. 1 der Ziffer 8.

76. Die Klauseln in Ziffer 10.2 und Ziffer 10.3 S. 2 der AGB sind ebenfalls unwirksam, denn sie benachteiligen die Fahrgäste unangemessen i. S. d. § 307 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Regelung, dass der Beklagten im Falle einer Kündigung wegen unvorhergesehener Umstände ein Anspruch auf Entschädigung für bereits erbrachte Beförderungsleistungen zusteht und der Fahrgast die Mehrkosten der vom Beförderer organisierten Rückbeförderung zur Hälfte sowie darüber hinaus entstehende Kosten in voller Höhe zu tragen hat, entspricht nicht der Regelung in Art. 19 VO (EU) 181/2011. Zwar mag es den AGB ähnliche Regelungen in § 651 j BGB geben. Allerdings betrifft diese Norm den Reisevertrag. Die die Fahrgastrechte im Kraftomnibusverkehr betreffende EU-​Verordnung sieht im Falle einer Annullierung andere Regelungen vor. Die Verordnung unterscheidet in Art. 19 nicht nach den Gründen für eine Annullierung, sondern regelt die Folgen einer Annullierung unabhängig von dem Grund. Die Rechtsfolgen einer Annullierung werden, wenn nicht eine anderweitige Beförderung angeboten wird, dahin gehend geregelt, dass der Fahrpreis erstattet und eine kostenlose Rückfahrt angeboten wird. Dass der Beförderer einen Teil des Fahrpreises für erbrachte Leistungen behalten darf, sieht Art. 19 Abs. 1 lit. b der Verordnung ebenso wenig vor wie eine Beteiligung des Fahrgastes an den Kosten der Rückbeförderung. Aus Art. 23 Abs. 2 der Verordnung ist zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber Gründe der höheren Gewalt wegen widrigen Wetterbedingungen und Naturkatastrophen berücksichtigt hat. Solche wirken sich aber nur auf die Rechte in Art. 21 lit. b aus, nicht aber auf die Rechte in Art. 19 Abs. 1 der VO.

77. Unzutreffend ist auch die Annahme der Beklagten, die Verordnung berücksichtige nicht eine Teildurchführung. In Art. 19 Abs. 1 lit. a der VO ist auch von einer Fortsetzung der Fahrt die Rede. In Art. 19 Abs. 1 lit. b der VO ist von einer Rückfahrt die Rede, was impliziert, dass es auch eine Hinfahrt gegeben haben kann. Gleichwohl regelt die Verordnung kein Entgelt für erbrachte Leistungen. Es ist auch nicht gerechtfertigt, den Fahrgast mit Kosten einer Teilbeförderung zu belasten, die für ihn infolge der Kündigung kein Interesse mehr haben.

78. Schließlich ist auch die Klausel gemäß 13.3 der AGB unwirksam. Auch diese benachteiligt die Kunden unangemessen i. S. d. § 307 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 BGB. Denn die Klausel regelt nicht nur eine bloße Schadensgeringhaltungspflicht. Die Klausel bezieht sich vielmehr auf Leistungsstörungen. Die Formulierung der Klausel beinhaltet, dass es sich um Störungen bei den von der Beklagten zu erbringenden Leistungen handelt. Denn nur dann können Fahrgäste zur Behebung der Störungen beitragen. Störungen in den Leistungsverpflichtungen der Beklagten hat diese alleine zu beseitigen. Die §§ 320 ff BGB sehen nicht vor, dass der Gläubiger einer Leistung Mitwirkungspflichten bei der Erbringung der Leistungen des Schuldners hat. Insbesondere muss er nicht dazu beitragen, dass der Schuldner seine Leistung erbringt. Angesichts dieses Wortlauts der Klausel wäre eine Reduzierung auf eine bloße Schadensminderungspflicht eine geltungserhaltende Reduktion, die nicht zulässig ist.

79. Der Zahlungsanspruch des Klägers beruht auf § 5 UKlaG i. V. m. § 12 Abs. 1 UWG. Der Kläger hat seine Abmahnkosten in der Klageschrift nachvollziehbar belegt. Die Beklagte hat hierzu keine Einwendungen erhoben.

80. Der Zinsanspruch beruht auf §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 BGB.

81. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte als unterlegene Partei zu tragen. Die Zuvielforderung des Klägers in Bezug auf die Klausel in Ziffer 8 S. 6 der AGB ist verhältnismäßig gering (§ 91 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

82. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO. Um den Schadensersatzanspruch gemäß § 717 Abs. 2 ZPO zu sichern dürfte eine Sicherheit in Höhe von 30.000 € ausreichend sein.

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