Rabattgewährung durch Reisebüros auf einer Preisbindung
OLG Dresden: Rabattgewährung durch Reisebüros auf einer Preisbindung
Die Klägerin machte gegenüber der Beklagten einen Unterlassungsanspruch, aufgrund von wettberwerbswidrigen Verhalten, geltend. Die Beklagte worb mit einer Werbekarte in ihrem Reisebüro mit einer Rabattgewährung für bestimmte Reisen, obwohl der Reiseveranstalter die Einhaltung seiner Preise vorgeschrieben hat.
Das Oberlandesgericht Dresden als Berufungsinstanz entschied, dass der Klägerin kein Unterlassungsanspruch aufgrund des Wettbewerbsverbots zustehe und hob das Urteil des Landesgericht damit auf.
OLG Dresden | 14 U 1679/04 (Aktenzeichen) |
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OLG Dresden: | OLG Dresden, Urt. vom 05.08.2004 |
Rechtsweg: | LG Dresden, Urt. v. 05.08.2004, Az: 42 O 570/03 |
OLG Dresden, Urt. v. 30.11.2004, Az: 14 U 1679/04 | |
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Leitsatz:
2. Eine Rabattgewährung durch Reisebüros, auf einer Preisbindung unterliegende Reisen, ist kein Wettbewerbsverstoß.
Zusammenfassung:
3. Im vorliegenden Fall warb ein Reisebüro, also der Reisevermittler mit einer Rabattaktion von 3 % bei Reisen ab 500 EUR. Die Reiseveranstalter wiederum haben die Einhaltung der Preise vorgeschrieben. Nun begehrt die Klägerin, dass zukünftig, bei vorgschriebenen Preisen für die Reisen, Preisnachlässe amzukündigen oder auch zu gewähren, verboten werden.
Das Landgericht Dresden sprach ihr einen solchen Anspruch zu. Das Oberlandesgericht als Berufungsinstanz hob dieses Urteil wieder auf.
Sollten Ankündigungen oder Gewährungen von Preisnachlässen gegen die Agenturverträge zwischen Reisevermittler und Reiseveranstalter verstoßen, so sei dies kein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Das Wettbewerbsrecht gewährt keine Durchsetzung von vertraglichen Preisverbindungen. Außerdem wurde hier mit einem Preisnachlass von lediglich 3 % geworben. Dies fällt unter die Bagatellklausel des § 3 UWG.
Der Klägerin steht also kein Unterlassungsanspruch zu.
Tenor:
4. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 05.08.2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert für die Berufungsinstanz: 7.500,00 Euro
Gründe:
5. Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch weder unter dem Gesichtspunkt eines unlauteren Vorsprungs durch Rechtsbruch (s.u. 1.) noch wegen einer irreführenden Werbung (s.u. 2.) zu. Die Klägerin begehrt gegenüber der Beklagten den Verbotsausspruch, für die Vermittlung von Reisen, bei denen der Reiseveranstalter die Einhaltung seiner Preise vorgeschrieben hat, Preisnachlässe anzukündigen und/oder zu gewähren, es sei denn, dass nachträglich, also nach Vertragsabschluss, ein Teil der Vermittlungsprovision an den Kunden abgegeben und hierauf auch in der Werbung deutlich hingewiesen wird. Anlass des Untersagungsverlangens war eine Werbekarte der Beklagten, auf der sie u.a. damit warb: „Ab Reisepreis 500,00 Euro 3 % Rabatt für Sie!“.
6. Dass die Beklagte Nachlässe auf den Reisepreis der Veranstalter tatsächlich gewährte, lässt sich nicht feststellen. Soweit es – in zwei Fällen – überhaupt zu Rückvergütungen an den Kunden kam, handelte es sich unwiderlegt um die Abgabe eines Teils der Vermittlungsprovision. Die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin knüpft ihren Vorwurf auch nicht an die konkrete Verletzungshandlung eines Gewährens solcher Preisnachlässe, sondern ihrer Ankündigung an.
7. Auch eine unlautere Ankündigung von Preisnachlässen liegt indessen nicht vor. Dem hierauf bezogenen Verbotsantrag kann deshalb ebenso wenig entsprochen werden, wie sich eine – von der Klägerin darzulegende und zu beweisende – Erstbegehungsgefahr für das Gewähren solcher Preisnachlässe darauf stützen ließe. Der Werbekarte lässt sich nicht entnehmen, dass die Beklagte als Agentur in die Preishoheit des Reiseveranstalters eingreift. So ist dort wiederholt von „wir“ die Rede, was sich ersichtlich – z.B. anhand der Vielzahl aufgeführter Reiseveranstalter – auf die Beklagte als Reisevermittlung bezieht. Auch wird dort darauf hingewiesen, dass viele Reiseveranstalter mit Rabatten locken. Die Unterscheidung zu den Veranstaltern und die Zuordnung der Herabsetzung des Reisepreises zur Beklagten wird schließlich auch dadurch deutlich, dass ein Sonderrabatt beworben wird, den „wir“, d.h. die Beklagte, anzubieten hat. Dieser Sonderrabatt wird nicht auf den Reisepreis, sondern ab einem Reisepreis von 500,00 Euro in Höhe von 3 % angekündigt. Es lässt sich demnach nicht feststellen, dass die Beklagte damit werbe, unter Bruch ihrer vertraglichen Bindung den Reisepreis von Veranstaltern herabzusetzen.
8. Auch für den Fall, dass der Werbekarte ein solches Verständnis entnommen werden könnte, läge aber kein Verstoß gegen §§ 4 Nr. 10, 3 UWG n.F. (§ 1 UWG a.F.) vor. In der Nichterfüllung vertraglicher Pflichten allein liegt kein Wettbewerbsverstoß. Das verkennt auch die Klägerin nicht, indem sie auf die Missachtung eines vertraglichen Bindungssystems verweist, wie es auch das Landgericht angenommen hat. Um eine Preisbindung für Verlagserzeugnisse, die nach GWB-Recht zulässig ist, geht es hier indessen nicht. Obgleich der Reiseveranstalter als Prinzipal die Preise des durch den Vertreter vermittelten Vertrages mit den Kunden grundsätzlich ohne kartellrechtliche Bedenken bestimmen kann, ergibt sich aus der Verletzung dieser vertraglichen Verbindung allein kein wettbewerbsrechtliches Unlauterkeitsverdikt. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass die Beklagte die Vertragstreue ihrer Mitbewerber unlauter ausgenutzt hätte. Hierzu fehlt es an einer konformen Wettbewerbslage, die durch die für alle Mitbewerber bestehenden vertraglichen Bindungen geschaffen wird. Die vorgelegten Agenturverträge von vier Reiseveranstaltern belegen eine solche konforme Wettbewerbslage nicht hinreichend. Schließlich ist es auch nicht Aufgabe des UWG, eine vertragliche Preisbindung in der Weise durchzusetzen, dass Mitbewerber gegen deren Verletzung vorgehen können (vgl. Köhler/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 UWG Rdn. 10.203).
9. Das begehrte Verbot lässt sich auch nicht auf §§ 5 Abs. 1, 3 UWG n.F. unter dem Gesichtspunkt einer irreführenden Werbung stützen. Dabei kann dahinstehen, ob – wie die Klägerin meint – eine relevante Irreführung hier in der erzeugten Fehlvorstellung liege, einen sofortigen Rabatt von 3 % zu erhalten. Denn jedenfalls fällt die Werbeaussage in dieser Hinsicht unter die Bagatellklausel nach § 3 UWG n.F. Mit dem Erfordernis einer Eignung, den Wettbewerb nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen, sollen – wie nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UWG a.F. – Verstöße, die für das Wettbewerbsgeschehen insgesamt oder für die geschützten Personenkreise allenfalls eine marginale Bedeutung haben, von einer Verfolgung ausgenommen werden (Köhler/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 3 Rdn. 48 f.; Schünemann, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 3 Rdn. 230, 252). Hier ist diese Erheblichkeitsschwelle nicht erreicht. Durch eine Fehlvorstellung über den Zeitpunkt der Rückvergütung würde die Beklagte allenfalls einen geringfügigen Wettbewerbsvorteil erlangen. Entscheidend kommt es dem Kunden darauf an, dass er den Preisnachlass erhält. Ob das schon bei Vertragsschluss, vor Reiseantritt oder – wie die Beklagte nicht ganz auszuschließen vermag – mitunter nach der Reise der Fall ist, fällt demgegenüber nicht erheblich ins Gewicht. Hinzu tritt, dass die Höhe des Preisnachlasses mit 3 % relativ niedrig ausfällt. Bei einem Reisepreis von 500,00 Euro entfaltet es keine besondere Anreizwirkung für den Umworbenen, 15,00 Euro bereits bei Vertragsschluss und nicht vor oder erst nach der Reise zu erhalten. Überdies blieb die Werbung auf den Werbekarten weitgehend unbeachtet; nur in zwei Fällen erfolgte eine Reaktion. Die Interessen der Mitbewerber sind deshalb nicht wesentlich berührt und die Gefahr einer Nachahmung gering. Schließlich ist auch ein mögliches Insolvenzrisiko der Beklagten bei diesen niedrigen Preisnachlässen nicht geeignet, dem Verstoß und seinen zu erwartenden Auswirkungen auf den Wettbewerb Gewicht beizumessen.
10. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
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