Internationale Zuständigkeit für Klage auf Ausgleichsleistung bei Flugverspätung
LG Stuttgart: Internationale Zuständigkeit für Klage auf Ausgleichsleistung bei Flugverspätung
Der Kläger hatte einen Flug gebucht, wobei eine Teilstrecke von der Beklagten abgeflogen wurde. Auf dieser Teilstrecke kam es zu einer Verspätung. Er verlangt Ausgleichszahlung.
Das Amtsgericht hat die Klage wegen Unzuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Dies bestätigte das Landgericht. Da weder Start noch Ziel der Teilstrecke im Bezirk des Gerichtes lagen, bestehe keine Zuständigkeit.
LG Stuttgart | 13 S 115/14 (Aktenzeichen) |
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LG Stuttgart: | LG Stuttgart, Urt. vom 10.12.2014 |
Rechtsweg: | LG Stuttgart, Urt. v. 10.12.2014, Az: 13 S 115/14 |
AG Nürtingen, Urt. v. 16.06.2014, Az: 11 C 6/14 | |
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Leitsatz:
2. Ein Gericht ist für eine Verspätung auf einer Teilstrecke außerhalb des Gerichtsbezirks nur zuständig, wenn der gesamte Flug im Gerichtsbezirk startet oder endet und von einem einzelnen Unternehmen durchgeführt wird.
Zusammenfassung:
3. Der Kläger hatte einen Flug von Frankfurt über Paris nach Helsinki gebucht, wobei die Teilstrecke Paris-Helsinki von der Beklagten abgeflogen wurde. Auf dieser Teilstrecke kam es zu einer Verspätung. Er verlangt Ausgleichszahlung in Frankfurt.
Das Amtsgericht hat die Klage wegen Unzuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Dies bestätigte das Landgericht. Da weder Start noch Ziel der Teilstrecke im Bezirk des Gerichtes lagen, bestehe keine Zuständigkeit. Eine Zuständigkeit bestünde nur, wenn der gesamte Flug von einer einzelnen Airline abgeflogen worden wäre.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Nürtingen vom 16. Juni 2014, Az. 11 C 6/14, wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die vorläufige Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, dass die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Berufungsstreitwert: 400,00 Euro
Gründe
I.
Der Kläger begehrt mit der Klage einen Entschädigungsanspruch in Höhe von 400,00 Euro aus Art. 7 Abs. 1 lit. b der Fluggastrechteverordnung (EU-VO 261/2004) von der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen mit Sitz in Finnland.
Der Kläger hatte für den 18.07.2013 bei der in Paris residierenden Fluggesellschaft … einen Flug von Stuttgart über Paris nach Helsinki gebucht. Die Flugnummer für den Flug von Stuttgart nach Paris lautete …, die für den Flug von Paris nach Helsinki … . Bereits bei der Buchung wurde der Kläger darauf aufmerksam gemacht, dass der Flug von Paris nach Helsinki möglicherweise von der Beklagten ausgeführt werden würde; die Beklagte war jedenfalls neben der … als ausführende Fluggesellschaft benannt (vgl. Anlage K 1, Bl. 4 d. A.).
Am 18.07.2013 wurde der Flug von Stuttgart nach Paris regulär durchgeführt. Der von der Beklagten unter der Flugnummer … ausgeführte Flug von Paris nach Helsinki, der Helsinki um 16:15 Uhr erreichen sollte, verzögerte sich; die Maschine traf erst um 19:35 Uhr und damit 3 Stunden 20 Minuten später als bei der Buchung angegeben, in Helsinki ein.
Der Kläger hat vor dem Amtsgericht Nürtingen Klage auf Zahlung der Ausgleichsentschädigung erhoben und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 400,00 Euro nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte hat im ersten Rechtszug die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Nürtingen gerügt und Klageabweisung beantragt.
Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage als unzulässig abgewiesen und dies darauf gestützt, dass das Amtsgericht Nürtingen international nicht nach Art. 5 Nr. 1 lit. b der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22.12.2000 (Brüssel-I-VO) zuständig sei. Auch aus anderen Regelungen konnte das Amtsgericht keine Zuständigkeit herleiten.
Der Kläger wendet sich aus Rechtsgründen gegen das Urteil des Amtsgerichts. Er ist der Auffassung, dass die internationale Zuständigkeit des Amtsgerichts Nürtingen aufgrund der zusammenhängenden und einheitlichen Buchung des Fluges von Stuttgart nach Helsinki zu bejahen sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Nürtingen, Az. 11 C 6/14, vom 16.06.2014 zu verurteilen, an den Kläger 400,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO ergänzend Bezug genommen. Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die vorgelegten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
II.
Die zugelassene, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehenen Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht Nürtingen seine internationale Zuständigkeit verneint und deswegen die Klage als unzulässig abgewiesen.
1.
Nachdem der Kläger den mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf Art. 7 der Fluggastrechteverordnung stützt, kann die internationale Zuständigkeit des Amtsgericht Nürtingen nicht aus Art. 33 des Montrealer Übereinkommens hergeleitet werden.
Art. 7 der Fluggastrechteverordnung gewährt eine pauschale und einheitliche Ausgleichzahlung infolge der Annullierung oder – nach der EuGH-Rechtsprechung – großen Verspätung des Flugs, welche unabhängig von den in Art. 17 ff. des Montrealer Übereinkommens geregelten Schadensersatzansprüchen ist. Der übergreifenden Anwendung des Übereinkommens von Montreal auf Ansprüche nach der Fluggastrechteverordnung steht daher entgegen, dass für Ansprüche nach dem Montrealer Übereinkommen und der Fluggastrechteverordnung unterschiedliche Regelungsrahmen gelten (EuGH, Urteil v. 9.7.2009, Az. C-204/08, BGH, Urteil vom 18.01.2011, X ZR 71/10; LG Frankfurt, Urteil v. 5.1.2012, Az. 2-24 S 145/11).
2.
Die internationale Zuständigkeit des Amtsgerichts Nürtingen kann auch nicht auf Art. 15 Abs. 1, 16 Brüssel-I-VO gestützt werden. Zwar ist nach Art. 16 Brüssel-I-VO bei Verbraucherverträgen ein Gerichtsstand am Wohnsitz des Verbrauchers begründet. Nach Art. 15 Abs. 3 Brüssel-I-VO ist der für Verbraucherverträge geltende Abschnitt 4 der Brüssel-I-VO auf Beförderungsverträge aber nicht anwendbar, so dass die internationale Zuständigkeit des Amtsgerichts Nürtingen nicht aus Art. 16 Brüssel-I-VO folgen kann.
3.
Schließlich ergibt sich auch aus Art. 5 Nr. 1 lit. b, 2. Spiegelstrich Brüssel-I-VO keine internationale Zuständigkeit des Amtsgerichts Nürtingen.
a)
Es ist höchstrichterlich geklärt, dass auch gegen das ausführende Flugunternehmen geltend gemachte Ansprüche aus Art. 7 der Fluggastrechteverordnung in den Anwendungsbereich von Art. 5 Nr. 1 lit. b, 2. Spiegelstrich Brüssel-I-VO fallen. Art. 5 lit. b, 2. Spiegelstrich Brüssel-I-VO fordert zwar grundsätzlich einen Vertrag, aus welchem die Erbringung von Dienstleistungen geschuldet ist. Der Europäische Gerichtshof hat im Urteil vom 9.7.2009 (Az. C-204/08) aber ausgeführt, dass Art. 5 Nr. 1 lit. b, 2. Spiegelstrich der Brüssel-I-VO dahin auszulegen ist, dass im Fall der Beförderung von Personen im Luftverkehr von einem Mitgliedstaat in einen anderen auf der Grundlage eines mit einer einzigen Luftfahrtgesellschaft, dem ausführenden Luftfahrtunternehmen, geschlossenen Vertrages für eine auf diesen Beförderungsvertrag und die VO (EG) Nr. 261/2004 gestützte Klage auf Ausgleichszahlungen nach Wahl des Klägers das Gericht des Ortes des Abflugs oder das des Ortes der Ankunft des Flugzeugs entsprechend der Vereinbarung dieser Orte in dem Vertrag zuständig ist. Er hat damit herausgehoben, dass Ansprüche aus der Fluggastrechteverordnung unter den Begriff der Dienstleistung fallen. Auch der Bundesgerichtshof hat diese Grundsätze in seiner Entscheidung vom 18.01.2011 (Az. X ZR 71/10) bestätigt und seine Rechtsprechung dahin weiterentwickelt, dass das Erfordernis „aus einem Vertragsverhältnis“ weit auszulegen und schon dann erfüllt sei, wenn die Streitigkeit im Zusammenhang mit einem Vertrag stehe und aus dem Vertragsverhältnis herrühre. Nachdem Voraussetzung für die Anwendung der Fluggastrechteverordnung gemäß deren Art. 3 Abs. 2 lit. a sei, dass die Fluggäste über eine bestätigte Buchung verfügen, setze dies regelmäßig das Bestehen eines Beförderungsvertrags voraus – sei es mit dem ausführenden Luftfahrtunternehmen, sei es mit einem anderen Unternehmen, für das jenes die Beförderungsleistung erbringt (BGH aaO. mit Verweis auf die Urteile v. 10.03.2009, Az. Xa ZR 61/09, v. 28. Mai 2009, Az. Xa ZR 113/08 und v. 30. April 2009, Az. Xa ZR 78/08 sowie BGH, EuGH-Vorlage v. 09.04.2013, Az. X ZR 105/12). Deswegen handele es sich auch bei dem gegen das ausführende Flugunternehmen geltend gemachten Anspruch um einen Anspruch auf vertraglicher Grundlage. Diese Rechtsauffassung teilt die Kammer uneingeschränkt.
b)
Die Kammer kann jedoch keinen Erfüllungsort für den geltend gemachten Ausgleichsanspruch im Bezirk des Amtsgerichts Nürtingen, in welchem der Flughafen Stuttgart liegt, erkennen.
Bei der Erbringung von Dienstleistungen ist Erfüllungsort der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem die Dienstleistungen nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen. Ist die Dienstleistung in verschiedenen Mitgliedstaaten erbracht worden, ist maßgebend, wo der nach wirtschaftlichen Kriterien zu ermittelnde Schwerpunkt der Dienstleistung war (EuGH Urteil v. 09.07.2009, Az. C-204/08 – Rehder). Der Ausgleichsanspruch aus Art. 7 der Fluggastrechteverordnung knüpft an den annullierten oder verspäteten Flug an, so dass sich der Erfüllungsort für die Geltendmachung dieses Anspruchs nach dem Erfüllungsort des Fluges richtet. Da sich bei Flugleistungen ein solcher Schwerpunkt nicht ermitteln lässt, steht dem Kläger ein Wahlrecht zwischen dem vereinbarten Ort des Abflugs und dem Ort der Ankunft des Fluges zu (EuGH aaO.)
Bei dem vom Kläger gebuchten Flug von Stuttgart nach Helsinki handelt es um einen in zwei Flüge unterteilten Flug. Der geltend gemachte Anspruch knüpft jedoch ausschließlich an den verspäteten Flug von Paris nach Helsinki an. Die Beklagte war auch ausschließlich für diesen Abschnitt ausführendes Flugunternehmen, so dass auch ausschließlich Paris oder Helsinki, nicht jedoch der im Bezirk des Amtsgerichts Nürtingen gelegene Flughafen Stuttgart als Erfüllungsort für den geltend gemachten Ausgleichsanspruch in Betracht kommen. Die Kammer erachtet eine weiter gehende Auslegung des Begriffs des Fluges mit der Einbeziehung des Fluges von Stuttgart nach Paris in der vorliegenden Konstellation nicht für angezeigt.
aa)
Der Begriff des Fluges wird von der Fluggastrechteverordnung autonom definiert. Die Fluggastrechteverordnung enthält jedoch keine ausdrückliche Definition dieses Begriffs, insbesondere auch nicht in Art. 2 Fluggastrechteverordnung. Die Definition des Fluges ist daher aus Sinn und Zweck der Fluggastrechteverordnung und insbesondere derjenigen Vorschriften der Verordnung zu entwickeln, die sich dieses Begriffs bedienen (EuGH, Urteil v. 10.07.2008, Az. C-173/07 – Emirates/Schenkel, BGH Urteil v. 13.11.2012, Az. X ZR 12/12). Der Bundesgerichtshof hat dazu unter Verweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ausgeführt, dass es sich bei einem „Flug“ im Sinne der Verordnung im Wesentlichen um einen Luftbeförderungsvorgang handele, der von einem Luftfahrtunternehmen durchgeführt werde. Der Bundesgerichtshof hat dabei hervorgehoben, dass der individuelle Reiseplan des einzelnen Fluggastes und der von ihm abgeschlossene Beförderungsvertrag von der Verordnung nicht in den Blick genommen werden. Vielmehr betrachte die Fluggastrechteverordnung die Fluggäste eines Flugs sozusagen als Kollektiv, dessen Mitgliedern bei einem in den Anwendungsbereich der Verordnung fallenden Flug bestimmte Rechte eingeräumt würden, die grundsätzlich unabhängig davon seien, ob die einzelnen Fluggäste nur diesen Flug oder auch weitere, dem betreffenden Flug vorangehende oder sich an ihn anschließende Flüge gebucht hätten und von welchem Luftverkehrsunternehmen diese weiteren Flüge durchgeführt würden. Eine einheitliche Buchung wirkt sich nach der Rechtsprechung des EuGH und des BGH deswegen auch nicht auf die Eigenständigkeit zweier Flüge aus (EuGH und BGH jeweils aaO). Nach dem Bundesgerichtshof ist deswegen für den Fall, dass eine Flugreise aus zwei oder mehr Flügen besteht, die jeweils von einer Fluggesellschaft unter einer bestimmten Flugnummer für eine bestimmte Route angeboten werden, die Anwendbarkeit der Fluggastrechteverordnung für jeden Flug gesondert zu prüfen (BGH a. a. O.). Die Kammer teilt auch diese Rechtsauffassung uneingeschränkt. Danach ist für die Bestimmung des Erfüllungsortes lediglich auf den Flug von Paris nach Helsinki abzustellen, wonach sich gerade keine Zuständigkeit des Amtsgerichts Nürtingen bejahen lässt.
bb)
Zutreffend hat das Amtsgericht Nürtingen auch als allgemeine Erwägung ausgeführt, dass die Beklagte auf dem Flughafen Stuttgart keinerlei Tätigkeiten entfalten musste, was für die Annahme eines Erfüllungsortes in Stuttgart aber erforderlich wäre.
cc)
Das vom Kläger angeführte Argument, es handle sich um eine zusammenhängende und einheitliche Buchung der beiden Flüge, um einen einheitlichen Beförderungsvertrag und damit auch einen einheitlichen Flug von Stuttgart nach Helsinki, woraus die Zuständigkeit des Amtsgerichts Nürtingen folge, verfängt aus Sicht der Kammer nicht. Es handelt sich bei dem Flug von Stuttgart nach Helsinki zunächst gerade nicht um eine einheitliche Dienstleistung der Beklagten, welche die Annahme eines einheitlichen Fluges rechtfertigen könnte; vielmehr wurde diese lediglich in den Vertrag des Klägers mit der … einbezogen. Allein dies genügt jedoch nicht zur Begründung eines Erfüllungsortes in Stuttgart.
(1)
Dem Kläger ist zuzugeben, dass der Bundesgerichtshof bereits mehrfach ausgeführt hat, dass bei einer aus mehreren Flügen bestehenden Flugverbindung ohne nennenswerten Aufenthalt auf den Umsteigeflughäfen der Abflugort der ersten Teilstrecke als der für den Vertrag maßgebliche Abflugort anzusehen ist (BGH, EuGH-Vorlage v. 09.04.2013, Az. X ZR 105/12; Urteil v. 28.8.2012, Az. X ZR 128/11). Ausschlaggebend für diese Entscheidungen war jedoch nicht, dass der Erst- und Folgeflug Teil eines Vertrages waren und einheitlich gebucht wurden. Allein dieser Umstand führt nicht dazu, dass der Erst- und Folgeflug in einem besonders engen und unauflöslichen Verhältnis zueinander stehen (so auch LG Frankfurt, Urteil v. 05.01.2012, Az. 2-24 S 145/11). Den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs lagen andere Fallgestaltungen als die vorliegende zugrunde: in allen Fällen hatten die dortigen Kläger alle Flüge bei einer Fluggesellschaft gebucht, welche auch sämtliche Flüge selbst durchführte. In diesem Fall (ebenso: LG Frankfurt, Urteil v. 05.01.2012, Az. 2-24 S 145/11 und ähnlich, weil durchführendes Flugunternehmen ein Tochterunternehmen, deren Verhalten über § 278 BGB zugerechnet wurde: LG Hannover, Urteil v. 10.10.2012, Az. 12 S 19/12) erscheinen diese Erwägungen gerechtfertigt, weil diesem Rechtsverhältnis ein einheitlicher Beförderungsvertrag mit dem alle Flüge ausführenden Luftfahrtunternehmen zugrunde liegt. Zudem haben die Fluggesellschaften eine derartige Abhängigkeit der Flüge hergestellt, dass der Zweitflug als Anschlussflug auf den Erstflug zu sehen war und von der Fluggesellschaft auch tatsächlich die für die weitere Flugreise maßgeblichen Leistungen, die Abfertigung der Fluggäste und die Entgegennahme ihres Reisegepäcks nebst dem Start für den die erste Teilstrecke betreffenden Flug am Abflughafen, erbracht werden (BGH, EuGH-Vorlage v. 09.04.2013, Az. X ZR 105/12). Insgesamt stellen sich die von einer einzigen Fluggesellschaft erbrachten Flüge damit als Einheit dar; die Zwischenladungen erfolgten ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen, nämlich um Fluggäste an Flughäfen absetzen und aufnehmen und so insgesamt mehr Personen transportieren zu können.
Diese Fallgestaltung stellt sich grundlegend anders als der vorliegende Fall dar: bei der Beklagten handelt es sich gerade nicht um den Vertragspartner des vom Kläger geschlossenen Beförderungsvertrags; dies war die …. Die Beklagte wurde ausschließlich in die Vertragsbeziehung des Klägers mit der … zur Durchführung des Fluges auf der Teilstrecke von Paris nach Helsinki einbezogen, was dem Kläger aufgrund des Hinweises in der Buchungsbestätigung auch bewusst war. Nachdem die Beklagte bereits nicht Partner des Beförderungsvertrages von Stuttgart nach Helsinki war und auch nicht beide Flüge durchgeführt hat, ist schon aus diesem Grund eine einheitliche Betrachtung des Fluges von Stuttgart nach Helsinki als von der Beklagten zu erbringende Leistung nicht möglich.
(2)
Die zwischen den Parteien bestehende rechtliche Beziehung, aufgrund welcher der Kläger nach den Grundsätzen eines echten Vertrages zugunsten Dritter Berechtigter i. S. d. § 328 BGB aus dem Vertrag zwischen der … und der Beklagten über die Verpflichtung, den Flug von Paris nach Helsinki durchzuführen, war sowie der möglichen Inanspruchnahme der Beklagten durch den Kläger auf der Rechtsgrundlage von Art. 7 der Fluggastrechteverordnung genügen nicht, um einen Erfüllungsort der Verpflichtung der Beklagten in Stuttgart annehmen zu können.
Allein die Berechtigung des Klägers, von der Beklagten die Durchführung des Fluges von Paris nach Helsinki verlangen zu können, genügt nicht, um eine Erfüllungshandlung der Beklagten auf dem Flughafen Stuttgart und damit im Bezirk des Amtsgerichts Nürtingen annehmen zu können. Bei der Beklagten handelt es sich um ein von der Air-France zu unterscheidendes Luftfahrtunternehmen. Die Beklagte war nicht in die Durchführung des Fluges von Stuttgart nach Paris eingebunden und hatte auch keine Erfüllungshandlungen in Stuttgart vorzunehmen. Die vom Beklagten zu erbringenden Leistungen, die Beförderung des Klägers und seines Gepäcks, war ausschließlich auf den Abschnitt von Paris nach Helsinki beschränkt. Allein die Tatsache, dass die … das Gepäck des Klägers entgegengenommen hat und dieser es erst wieder in Helsinki erhalten hat, rechtfertigt es nicht, eine Erfüllungshandlung der Beklagten am Flughafen Stuttgart anzunehmen. Der Service, ein Gepäckstück auch bei Fortsetzung der Reise durch ein anderen Luftfahrtunternehmen entgegenzunehmen um dieses erst am Ende der Reise wieder auszuhändigen, ist vielmehr Teil der Leistung des ersten Flugunternehmens.
Auch die Möglichkeit des Klägers, die Beklagte auf der Rechtsgrundlage von Art. 7 der Fluggastrechteverordnung in Anspruch nehmen zu können, genügt nicht, um einen Erfüllungsort für die Einstandspflicht der Beklagten in Stuttgart annehmen zu können. Der Anspruchsgegner für einen Anspruch aus Art. 7 der Fluggastrechteverordnung ist ausschließlich das ausführende Flugunternehmen. Art. 7 der Fluggastrechteverordnung eröffnet damit dem Fluggast die Möglichkeit, losgelost von einer vertraglichen Beziehung gegen das ausführende Flugunternehmen einen Entschädigungsanspruch geltend zu machen. Die Gewährung dieses Anspruchs hatte jedoch nicht zum Ziel, das ausführende Flugunternehmen in das Beförderungsvertragsverhältnis einzubinden; vielmehr sollte lediglich eine Sanktion in der Sphäre des „Verursachers“ von annullierten bzw. – nach der Rechtsprechung des EuGH – stark verspäteten Flügen geschaffen werden. Der Verordnungsgeber hat vielmehr bewusst davon abgesehen, bei einheitlich gebuchten Flügen eine Zurechnung des Verhaltens mehrerer ausführender Flugunternehmen vorzunehmen. Dies muss sich auch auf den Gerichtsstand auswirken.
Abschließend spricht auch eine systematische Auslegung der Brüssel-I-VO und der Fluggastrechteverordnung gegen die Annahme eines internationalen Gerichtsstands am Abflugort auch für alle weitergehenden Flüge: der Verordnungsgeber hat nach Art. 15 Abs. 3 Brüssel-I-VO Beförderungsverträge von den für Verbrauchern festgelegten Gerichtsständen ausgenommen und die internationale Zuständigkeit auch in der Fluggastrechteverordnung trotz Kenntnis des Problemkreises nicht geregelt. Deswegen ist davon auszugehen, dass der Verordnungsgeber es bei den vorgesehenen allgemeinen Regeln belassen und den Fluggast nicht weiter durch Schaffung eines Gerichtsstandes an seinem Wohnsitz bzw. dem diesem regelmäßig nahen ersten Abflugort privilegieren wollte.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Angesichts einer Vielzahl ähnlicher Rechtsstreitigkeiten und unter Berücksichtigung, dass Einzelheiten bezüglich der internationalen Zuständigkeit bei einer einheitlichen Buchung von als Anschlussflügen zu wertenden Flügen, welche von mehreren Fluggesellschaften durchgeführt werden, noch nicht geklärt sind, wird zur Fortbildung des Rechts gem. § 543 ZPO die Revision zugelassen.
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