Haftung des Luftfahrtunternehmens für durchnässtes Reisegepäck

OLG Düsseldorf: Haftung des Luftfahrtunternehmens für durchnässtes Reisegepäck

Die Klägerin nahm den beklagten Reiseveranstalter auf Schadensersatz in Anspruch, da ihre Koffer durch ein Gewitterregen auf dem Flughafengelände durchnässt worden sind und die sich darin befindenden Kleidungsstücke verfärbten.

Das OLG Düsseldorf hat der Klägerin die Zahlung zugesprochen und entschieden, dass Pauschalreiseanbieter für die beschädigungsfreie Ankunft des Reisegepäcks am Urlaubsort haften.

OLG Düsseldorf 18 U 173/91 (Aktenzeichen)
OLG Düsseldorf: OLG Düsseldorf, Urt. vom 27.02.1992
Rechtsweg: OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.02.1992, Az: 18 U 173/91
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Oberlandesgericht Düsseldorf

1. Urteil vom 27.02.1992

Aktenzeichen: 18 U 173/91


Leitsätze:

2. Pauschalreiseanbieter haften für ordnungsgemäße, insbesondere beschädigungsfreie Ankunft des Reisegepäcks am Urlaubsort.

Eine schadenfreie Gepäckbeförderung durch das Luftfahrtunternehmen ist Teil des Reisevertrages.


Zusammenfassung:

3. Die Klägerin buchte bei dem beklagten Reiseveranstalter eine Pauschalreise nach Punta Cana (Dominikanische Republik). Am Urlaubsort angekommen stellte die Klägerin fest, dass ihr Gepäck auf dem Flughafengelände von einem Gewitterregen durchnässt wurde, so dass die sich darin befindenden Kleidungsstücke verfärbt haben. Das Hotelzimmer der Klägerin war nicht verschließbar, weil das Türschloss nicht funktionierte. Aus dem Zimmer der Klägerin wurden mehrere Kleidungsstücke entwendet. Desweiteren wurde der Rückflug mehrere Stunden später als geplant durchgeführt. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz.

Das OLG Düsseldorf hat im Sinne der Klägerin entschieden und ihr die Schadensersatzzahlung zugesprochen. Zu den Leistungen des Reiseveranstalters im Rahmen einer Pauschalreise gehört auch die Gewähr für eine ordnungsgemäße, insbesondere beschädigungsfreie Ankunft des Reisegepäcks am Urlaubsort. Einen Anspruch auf Ersatz der entwendeten Kleidungsstücke steht der Klägerin nicht zu, da sie es unterlassen hat der Beklagten die Nichtverschließbarkeit der Zimmer als von ihr empfundenen Mangel der Reise gem. § 651 a II BGB anzuzeigen. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Flugverspätung, da die Fluggesellschaft in diesem Fall im Pflichtenkreis des Beklagten tätig war und der Beklagte sich ihr Verschulden als eigenes gem. § 278 BGB zuzurechnen hat.


Gründe:

4.  (Übernommen aus OLGR Düsseldorf)

5.  I. Berufungsgegenstand sind Schadensersatzansprüche der Kl., teilweise aus abgetretenem Recht, im Zusammenhang mit einer von der Kl. für sich und ihre beiden Töchter C. und M. gebuchten Pauschalreise in das von der Bekl. betriebene Clubdorf Punta Cana/Dominikanische Republik, weil Koffer der Kl. beim Transfer auf dem Flughafengelände in Miami/USA von einem Gewitterregen durchnäßt, aus den nicht verschließbaren Zimmern der Kl. und ihrer Töchter verschiedene Kleidungsstücke entwendet, der Hinflug mit einem Umweg verbunden und Hin- und Rückflüge verzögert durchgeführt worden sind.

6. II. Dafür kommen als rechtliche Grundlage allein die Gewährleistungsansprüche i.S.d. reisevertraglichen Vorschriften der §§ 651 a ff BGB in Betracht, die zur Voraussetzung haben, daß der Reiseveranstalter seine Pflichten aus § 651 c I BGB verletzt hat, die Reise so zu erbringen, daß sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern. Wenn der Reisende, wie hier die Kl., Schadensersatz wegen Nichterfüllung gem. dem § 651 f I und II BGB verlangt, ist zudem ein Vertretenmüssen des Mangels der Reise i.S.d. §§ 276, 278 BGB erforderlich, wobei die dem Reiseveranstalter obliegende Pflicht zur gewissenhaften Vorbereitung, Organisation und Durchführung der Reise Maßstab ist. Im Fall des § 651 f II BGB kommt hinzu, daß diese erheblich beeinträchtigt oder vereitelt sein muß.

7. III. Davon ausgehend würdigt der Senat den von den Parteien vorgetragenen Sachverhalt wie folgt:

8. 1. Wasserschaden

9. Das LG ist zu Recht davon ausgegangen, daß zu den von der Bekl. übernommenen Leistungen es auch gehört, die Gewähr für eine ordnungsgemäße, insb. beschädigungsfreie Ankunft des Reisegepäcks am Urlaubsort zu sorgen. Dem ist die Bekl. nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme nicht ausreichend nachgekommen. Deshalb muß die Bekl. der Kl. 3.609,50 DM erstatten.

10. Wie die Zeugen M.H. und C.H. bereits im ersten Rechtszug übereinstimmend bekundet haben, sind die Koffer der Kl. auf dem Flughafenfeld in Miami infolge eines starken Regens durchnäßt worden. Das hat die Zeugin C.H. nach ihrem Bekunden beobachtet. Die Zeugin M.H. hat etwa 20 Koffer bemerkt, die dort im Regen standen. Ob dazu auch die Koffer ihrer Mutter, der Kl., gehörten, wußte sie nicht. Sie hat aber weiter bekundet, daß ein Teil der Kleidung beim Auspacken am Urlaubsort verfärbt gewesen sei. Gestützt werden diese Aussagen durch die Bekundungen der Zeugen A. und K., die ebenfalls die im Regen stehenden Koffer in Miami gesehen haben und die beim Auspacken feuchte und verfärbte Kleidung besichtigt haben. Da der zur Schadensursache von der Bekl. angebotene Zeuge D. nach ihrem jetzigen Vortrag in Miami nicht anwesend war, bedurfte es seiner zusätzlichen Vernehmung durch den Senat nicht.

11. Durch wen letztlich dieser Schaden verursacht worden ist, kann dahinstehen. Sowohl für das Verhalten der Bediensteten der Fluggesellschaft als auch für eine etwaige Sorgfaltsverletzung von Angestellten der Flughafengesellschaft haftet die Bekl. im Rahmen des von ihr geschlossenen Pauschalreisevertrages als ihren Erfüllungsgehilfen gem. den §§ 276, 278 BGB. Denn die allgemeine Gewährleistungspflicht des Reiseveranstalters für von ihm eingeschaltete Leistungsträger, hier die Fluggesellschaft, erstreckt sich auch auf die von diesen selbst hinzugezogenen Hilfspersonen, also die Flughafenbediensteten, da deren Einschaltung dem Willen des Schuldners entspricht. Daß diese in Erfüllung der der Bekl. obliegenden Pflicht zur Gepäckbesorgung und nicht nur bei Gelegenheit der Vertragserfüllung tätig geworden sind, bedarf keiner weiteren Erörterung, ebenso wie, daß der Schaden zumindest fahrlässig verursacht worden ist.

12. Die Bekl. hat der Kl., wie die von ihr zu den Akten gereichten Unterlagen belegen bzw. durch die Aussage der in beiden Rechtszügen vernommenen Zeugin C.H. bewiesen ist, in folgendem Umfang Schadensersatz zu leisten: 2.859,50 DM. (Wird ausgeführt.)

13. Auf diesen Schaden braucht die Kl. sich ein Mitverschulden gem. § 254 BGB nicht anrechnen zu lassen. Denn die Koffer und ihr Inhalt waren bereits über mehrere Stunden feucht, als die Kl. diese in Punta Cana erhielt. Damit hatte sich der Schaden, nämlich die Unbrauchbarkeit der Kleidung und Flecken im Koffer bereits vollständig entwickelt, weil Verfärbungen nach allgemeiner Erfahrung dadurch entstehen, daß Farbstoffe sich unter Feuchtigkeitseinwirkung lösen und sofort ihrer Umgebung mitteilen. Ob dies sich über Nacht verstärkt hat, ist ohne entscheidungserhebliche Bedeutung, da die zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende Gebrauchsuntauglichkeit der Kleidung dadurch nicht weiter beeinflußt werden konnte.

14. Ersatz der geltend gemachten Reinigungskosten von 120 DM kann die Kl. als sog. Sowieso-Kosten des Urlaubs nicht verlangen. Denn ihrem Vortrag, sie lasse Kleidung nach Bedarf reinigen, läßt sich nur entnehmen, daß nach Urlaub getragene und insb. bei einer Reise in ein südliches Land verschwitzte Kleidung auch von der Kl. der üblichen Reinigung unterzogen worden wäre und ihr deshalb diese Kosten auch ohne das Schadensereignis entstanden wären.

15. Den Schaden an dem Koffer bemißt der Senat in Übereinstimmung mit der Einzelrichterin des LG gem. § 287 ZPO ebenfalls auf 750 DM. Denn insoweit ist nur das Futter der Koffer in Mitleidenschaft gezogen worden, wie die Beweisaufnahme durch den Einzelrichter des Senats ergeben hat. Die Zeugin C.H. hat dazu bekundet, das ursprünglich sehr ansprechende blau-graue Futter der Koffer sei durch den Feuchtigkeitseinfluß unansehnlich geworden, auch hätten die Koffer zunächst unangenehm gerochen. Auf Nachfragen durch den Einzelrichter hat die Zeugin aber eingeräumt, daß der unangenehme Geruch danach erheblich nachgelassen habe. Im wesentlichen habe die Kl. wegen der Futterverfärbungen die Koffer nicht mehr benutzen wollen und deshalb zum Sperrmüll gegeben. Im Ergebnis ist deshalb nicht der Wert der Koffer vollständig beeinträchtigt worden, sondern ausschließlich ihr optischer, von außen nicht feststellbarer Eindruck. In ihrer Funktion wären die Koffer durchaus ohne Funktionsbeeinträchtigungen noch zu benutzen.

16. 2. Diebstahlschaden

17. Eine Entschädigung wegen verschiedener infolge eines Diebstahls aus der Unterkunft in Punta Cana entwendeter Kleidungsstücke kann die Kl. nicht verlangen, da sie es unterlassen hat, der Bekl. die Nichtverschließbarkeit der Zimmer als von ihr empfundenen Mangel der Reise anzuzeigen, § 651 a II BGB. Deshalb kann offenbleiben, ob eine Haftung der Bekl. auch deshalb entfällt, weil diese auf die Nichtverschließbarkeit der Zimmer zu ihrem für die Reisezeit der Kl. maßgeblichen Prospekt ausdrücklich hingewiesen hat.

18. 3. Flugverzögerungen

19 a) Hinflug

20. Wie die Kl. in 2. Instanz nunmehr vorträgt, wäre sie planmäßig am 15.8.1986 gegen 14.40 Uhr von Frankfurt nach Punta Cana via Miami und dortiger Zwischenübernachtung geflogen. Statt dessen ist sie über New York gereist und hatte dort Aufenthalt von 15 Uhr bis 21 Uhr mit der Folge, daß sie verspätet in Miami ankam. Auch die Ankunft in Punta Cana war um acht Stunden ggü. der vorgesehenen Ankunftszeit verspätet.

21. Wegen der Reise über New York und der verspäteten Ankunft am Urlaubsort kann die Kl. Eine Entschädigung dennoch nicht verlangen. Denn die Reise in ein entferntes Land bringt normalerweise Unannehmlichkeiten mit sich, insb. während des eigentlichen Transportvorgangs, wenn – wie hier – mehrere Transportmittel eingesetzt werden. Im Rahmen der Massentouristik sind viele solcher Unzuträglichkeiten hinzunehmen, ohne daß der Reisende darauf Entschädigungsansprüche stützen kann (vgl. Palandt, BGB, 49. Aufl., Anm. 2 zu § 1615 c m.w.N.; Sen.Urt. vom 4.7.1990 – 18 U 47/90). Davon mußte auch die Kl. hier ausgehen. Denn bei einem Transatlantikflug ist allein schon aus flugtechnischen Gründen immer mit Verzögerungen und Umwegen zu rechnen. Darauf hat auch die Bekl. auf S. 48 der Anl. zu dem maßgeblichen Katalog in zulässiger Form hingewiesen. Dieser Gedanke findet auch hier Anwendung, da die Kl. im Ergebnis nicht anders behandelt wird, als wenn sie aus flugtechnischen Gründen mit einem Zwischenstop über New York geflogen wäre. Zudem hat die Kl. nicht vorgetragen, wann sie planmäßig in Miami gelandet wäre. Hinsichtlich des verspäteten Abflugs von Miami nach Punta Cana verweist der Senat darauf, daß es durchaus üblich ist, wenn es infolge von Starkregen zu Abflugverzögerungen wegen der mit einem Start ansonsten verbundenen Gefahren für Fluggerät und Passagiere kommt. Auch dies muß ein Reisender im Süden der USA als nicht zu ersetzende Unzuträglichkeit hinnehmen. Dort mit mitteleuropäischen Verhältnissen nicht zu vergleichende, immer wieder auftretende Wetterbedingungen, die Flugbewegungen beeinträchtigen, sind allgemein aus Presse und Rundfunk bekannt.

22. b) Rückflug

23. aa) Dieser ist deshalb durch die Kl. und ihre Töchter um einen Tag verspätet angetreten worden, weil diese durch das Verschulden der Bekl. so spät am planmäßigen Flugzeug ankamen, daß eine Mitreise aus Abfertigungsgründen nicht mehr möglich war. Dafür hat die Bekl. gem. § 651 f II BGB einzustehen, da der planmäßige Tag der Rückreise nutzlos vertan worden ist. Im hier gegebenen Fall kann der Meinungsstreit darüber, ob der Umfang des Schadensersatzes am Reisepreis zu bemessen ist oder als Anhaltspunkt das Nettoeinkommen des Reisenden heranzuziehen ist (vgl. dazu: Isermann, Reisevertragsrecht, S. 123 ff m.w.N.), dahinstehen, da die insoweit hier maßgeblichen Beträge in etwa gleich sind (Reisepreis: täglich 782,86 DM; Einkommen: täglich 690 DM) und die Kl. vom geringeren Betrag ausgeht. Die Bekl. hat mithin der Kl. 690 DM als Schadensersatz für den 30.8.1986 zu ersetzen.

24. bb) Gem. § 651 f I BGB hat die Bekl. der Kl. weiter zu ersetzen

25. Abendessen (30.8.1986)

26. 3 x 12,50 $ x 2,03 76,12 DM

27. Mittagessen (30.8.1986)

28 3 x 10,00 $ x 2,03 60,90 DM

29. Frühstück (31.8.1986)

30 3 x 5,00 $ x 2,03 30,45 DM

31. 167,47 DM.

32. Denn der verspätete Rückflug war ein Mangel der Reise, den die Bekl. zu vertreten hat. Für die damit verbundenen Folgekosten muß die Bekl. einstehen. Die der Kl. von der E. Airlines überlassenen Voucher für ein Abendessen waren infolge Überfüllung des Restaurants nicht einlösbar.

33. cc) Nicht erfaßt werden von diesem Entschädigungsanspruch die im Zusammenhang mit dem verspäteten Rückflug entstandenen Kosten, die dadurch verursacht worden sind, daß der Ehemann der Kl. vergeblich am 31.8.1986 zum Flughafen in Frankfurt gereist ist. Denn der Kl. War es im Rahmen ihrer Schadensminderungspflicht unschwer möglich, telefonisch oder telegraphisch von Miami ihren Ehemann über die verspätete Ankunft zu informieren, zumal sie durch den verpaßten planmäßigen Flug dazu ausreichend Gelegenheit hatte und, wie ihr Schreiben vom 3.9.1986 beweist, sie daran offensichtlich zu spät gedacht hat. Ggü. diesem Verschulden der Kl. an den insoweit eingetretenen Schaden tritt ein etwaiges Verschulden der Bekl. zurück, zumal die Kl. nach ihrem Bekunden an dem Gelingen dieses Versprechens ohnehin zu zweifeln hatte.

34. dd) Die im Zusammenhang mit den Umbuchungskosten für den Rückflug entstandenen Zinsen hat die Kl. trotz eines entspr. Hinweises durch die Bekl. nicht belegt. …

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